Erwin Gehrts

Verlegeort
Uhlandstr. 41 a
Bezirk/Ortsteil
Lichtenrade
Verlegedatum
21. März 2007
Geboren
18. April 1890 in Hamburg
Beruf
Journalist
Hingerichtet
10. Februar 1943 in Plötzensee

Erwin Gehrts bezeichnete sich selbst als konservativen Sozialisten – aus heutiger Sicht scheint das eine zutreffende Beschreibung zu sein. Geboren am 18. April 1890 in Hamburg als Sohn eines Kaufmanns, wuchs Erwin Gehrts in der wilhelminischen Zeit heran. Über seine Jugend und Schulzeit ist nicht viel bekannt, er besuchte eine Lehrerbildungsanstalt in Uetersen/Holstein, war kurze Zeit als Lehrer tätig und legte schließlich nach privater Vorbereitung das Abitur am Realgymnasium in Elmshorn ab. In diesen Jahren schloss er sich dem Wandervogel an, einer bürgerlichen Jugendbewegung, der er zeitlebens verbunden blieb. Ab 1913 studierte er Literatur- und Naturwissenschaften in Freiburg/Breisgau. <br />
<br />
Gleich mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914 meldete sich Erwin Gehrts freiwillig. Er kämpfte zunächst als Infanterist an der Westfront, ab 1916 gehörte er der Luftwaffe an. Nun erkundete er als Aufklärungsflieger gegnerische Stellungen in Belgien und fotografierte diese, ein riskantes Unterfangen, für das er mehrere hohe Auszeichnungen erhielt. Seine Erfahrungen im Krieg verstärkten noch seine gläubige Grundeinstellung zum Fliegen. Im November 1918 wurde er im Range eines Leutnants aus der Luftwaffe entlassen. <br />
<br />
In den ersten Jahren der Weimarer Republik engagierte sich Erwin Gehrts parteipolitisch, war von 1919 bis 1921 Mitglied der Deutschen Volkspartei (DVP). Er arbeitete als politischer Journalist, zunächst in Oberhausen. In seiner Freizeit leitete er die Ortsgruppe Wesel des „Wandervogel Völkischen Bundes“. 1922 begann er bei der Herner Zeitung als Journalist. Sein Interesse galt insbesondere gesellschaftspolitischen Fragen, die er auch in Vorträgen erläuterte. Im selben Jahr heiratete er Hildegard Kremer. Die Ehe war schweren Schicksalsschlägen ausgesetzt: im Juli 1924 starb eine kleine Tochter, ein Jahr später starb seine Frau nach der Geburt des Sohnes Hans-Erwin (* 12.11.1925) im Wochenbett. Er heiratete 1927 ein zweites Mal. Auch die Ehe mit Erika Berger wurde durch den Tod eines Kindes überschattet, das nach nur drei Monaten starb. Am 1. Oktober 1930 kam die Tochter Barbara zur Welt. In diesen Jahren war Erwin Gehrts Chefredakteur des „Generalanzeigers für Oberhausen, Sterkrode, Osterfeld und das nordwestliche Industriegebiet“. <br />
<br />
Ab Oktober 1932 lebte Erwin Gehrts mit seiner Familie in Berlin, er war jetzt Chefredakteur bei der der christlich-sozialen Zeitung „Tägliche Rundschau“. Bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die Zeitung für drei Monate verboten, danach musste sie Insolvenz anmelden. Erwin Gehrts war arbeitslos, versuchte erfolglos, seine Familie als freier Journalist und Schriftsteller durchzubringen und als Bildreporter zu arbeiten. <br />
<br />
Als er 1935 von seinem ehemaligen Vorgesetzten, General Klepke, das Angebot bekam, in das Reichsluftfahrtministerium einzutreten, nahm er es nach kurzem Zögern an. Im Range eines Hauptmannes leitete er zunächst die Abteilung für Fernaufklärung und Luftbildwesen, anschließend die Vorschriften- und Lehrmittelabteilung. 1937 veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel „Der Aufklärungsflieger“. Im Jahre 1938 arbeitete er als Adjutant des Generals der Luftwaffe beim Oberbefehlshaber des Heeres. <br />
<br />
Doch Erwin Gehrts blieb auf Distanz zum herrschenden Regime, dessen zunehmend menschenverachtende Politik seinen persönlichen Wertmaßstäben widersprach, er war Mitglied der Bekennenden Kirche. Diese Haltung teilte er mit dem ebenfalls für das Reichsluftfahrtministerium tätigen Harro Schulze-Boysen. Diesen hatte er schon 1928 in Diskussionsrunden der politisch-kulturellen Zeitschrift „Der Gegner“ kennengelernt, nun verstärkte sich der Kontakt, wurde vertraulicher. In den Jahren 1941/42 tauschten sich die beiden Männer schließlich über politische und dienstliche Fragen aus. Erwin Gehrts kam in direkten Kontakt mit der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“. Als Angehöriger des Militärs und damit Geheimnisträger von Verschluss- und Geheimen Kommandosachen konnte er die Gruppe mit wichtigen Informationen versorgen, in deren weit verzweigte Widerstandsaktivitäten war er vermutlich aber nicht eingeweiht. Sicher ist nur, dass er die regimekritischen Schriften der Schulze-Boysen/Harnack-Gruppe las und mit ihren Mitgliedern die politische Lage analysierte und diskutierte.<br />
<br />
Im Zuge einer Verhaftungswelle von Mitgliedern der „Roten Kapelle“ wurde Erwin Gehrts am 9. Oktober 1942 in seinem Haus in der Uhlandstraße 41a in Lichtenrade festgenommen. Im Dezember 1942 wurde er vor dem Reichskriegsgericht angeklagt, im Januar 1943 schließlich wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zum Tode verurteilt.<br />
<br />
Seine Frau und die Kinder durften ihn für 15 Minuten besuchen, Erwin Gehrts schrieb ihnen mehrere Briefe aus dem Gefängnis, aus denen seine tiefe Liebe und Verbundenheit, aber auch seine Gefasstheit spricht: „Sorgt Euch nicht um mich! Ich bin bereit, innerlich bereit, den letzten Gang in völliger Abgeschlossenheit zu gehen“, schrieb er in einem seiner letzten Briefe. Am 10. Februar 1943 wurde er im Alter von 52 Jahren in Berlin-Plötzensee durch das Fallbeil hingerichtet. <br />
<br />
Erwin Gehrts hatte in seinem Testament genaue Vorgaben für seine Trauerfeier hinterlassen und als Beisetzungsort seiner Urne Elberfeld bestimmt. Letzteres blieb ihm versagt, da sein Leichnam der Anatomie zur Verfügung gestellt wurde.

Erwin Gehrts bezeichnete sich selbst als konservativen Sozialisten – aus heutiger Sicht scheint das eine zutreffende Beschreibung zu sein. Geboren am 18. April 1890 in Hamburg als Sohn eines Kaufmanns, wuchs Erwin Gehrts in der wilhelminischen Zeit heran. Über seine Jugend und Schulzeit ist nicht viel bekannt, er besuchte eine Lehrerbildungsanstalt in Uetersen/Holstein, war kurze Zeit als Lehrer tätig und legte schließlich nach privater Vorbereitung das Abitur am Realgymnasium in Elmshorn ab. In diesen Jahren schloss er sich dem Wandervogel an, einer bürgerlichen Jugendbewegung, der er zeitlebens verbunden blieb. Ab 1913 studierte er Literatur- und Naturwissenschaften in Freiburg/Breisgau.

Gleich mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914 meldete sich Erwin Gehrts freiwillig. Er kämpfte zunächst als Infanterist an der Westfront, ab 1916 gehörte er der Luftwaffe an. Nun erkundete er als Aufklärungsflieger gegnerische Stellungen in Belgien und fotografierte diese, ein riskantes Unterfangen, für das er mehrere hohe Auszeichnungen erhielt. Seine Erfahrungen im Krieg verstärkten noch seine gläubige Grundeinstellung zum Fliegen. Im November 1918 wurde er im Range eines Leutnants aus der Luftwaffe entlassen.

In den ersten Jahren der Weimarer Republik engagierte sich Erwin Gehrts parteipolitisch, war von 1919 bis 1921 Mitglied der Deutschen Volkspartei (DVP). Er arbeitete als politischer Journalist, zunächst in Oberhausen. In seiner Freizeit leitete er die Ortsgruppe Wesel des „Wandervogel Völkischen Bundes“. 1922 begann er bei der Herner Zeitung als Journalist. Sein Interesse galt insbesondere gesellschaftspolitischen Fragen, die er auch in Vorträgen erläuterte. Im selben Jahr heiratete er Hildegard Kremer. Die Ehe war schweren Schicksalsschlägen ausgesetzt: im Juli 1924 starb eine kleine Tochter, ein Jahr später starb seine Frau nach der Geburt des Sohnes Hans-Erwin (* 12.11.1925) im Wochenbett. Er heiratete 1927 ein zweites Mal. Auch die Ehe mit Erika Berger wurde durch den Tod eines Kindes überschattet, das nach nur drei Monaten starb. Am 1. Oktober 1930 kam die Tochter Barbara zur Welt. In diesen Jahren war Erwin Gehrts Chefredakteur des „Generalanzeigers für Oberhausen, Sterkrode, Osterfeld und das nordwestliche Industriegebiet“.

Ab Oktober 1932 lebte Erwin Gehrts mit seiner Familie in Berlin, er war jetzt Chefredakteur bei der der christlich-sozialen Zeitung „Tägliche Rundschau“. Bald nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die Zeitung für drei Monate verboten, danach musste sie Insolvenz anmelden. Erwin Gehrts war arbeitslos, versuchte erfolglos, seine Familie als freier Journalist und Schriftsteller durchzubringen und als Bildreporter zu arbeiten.

Als er 1935 von seinem ehemaligen Vorgesetzten, General Klepke, das Angebot bekam, in das Reichsluftfahrtministerium einzutreten, nahm er es nach kurzem Zögern an. Im Range eines Hauptmannes leitete er zunächst die Abteilung für Fernaufklärung und Luftbildwesen, anschließend die Vorschriften- und Lehrmittelabteilung. 1937 veröffentlichte er ein Buch mit dem Titel „Der Aufklärungsflieger“. Im Jahre 1938 arbeitete er als Adjutant des Generals der Luftwaffe beim Oberbefehlshaber des Heeres.

Doch Erwin Gehrts blieb auf Distanz zum herrschenden Regime, dessen zunehmend menschenverachtende Politik seinen persönlichen Wertmaßstäben widersprach, er war Mitglied der Bekennenden Kirche. Diese Haltung teilte er mit dem ebenfalls für das Reichsluftfahrtministerium tätigen Harro Schulze-Boysen. Diesen hatte er schon 1928 in Diskussionsrunden der politisch-kulturellen Zeitschrift „Der Gegner“ kennengelernt, nun verstärkte sich der Kontakt, wurde vertraulicher. In den Jahren 1941/42 tauschten sich die beiden Männer schließlich über politische und dienstliche Fragen aus. Erwin Gehrts kam in direkten Kontakt mit der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“. Als Angehöriger des Militärs und damit Geheimnisträger von Verschluss- und Geheimen Kommandosachen konnte er die Gruppe mit wichtigen Informationen versorgen, in deren weit verzweigte Widerstandsaktivitäten war er vermutlich aber nicht eingeweiht. Sicher ist nur, dass er die regimekritischen Schriften der Schulze-Boysen/Harnack-Gruppe las und mit ihren Mitgliedern die politische Lage analysierte und diskutierte.

Im Zuge einer Verhaftungswelle von Mitgliedern der „Roten Kapelle“ wurde Erwin Gehrts am 9. Oktober 1942 in seinem Haus in der Uhlandstraße 41a in Lichtenrade festgenommen. Im Dezember 1942 wurde er vor dem Reichskriegsgericht angeklagt, im Januar 1943 schließlich wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zum Tode verurteilt.

Seine Frau und die Kinder durften ihn für 15 Minuten besuchen, Erwin Gehrts schrieb ihnen mehrere Briefe aus dem Gefängnis, aus denen seine tiefe Liebe und Verbundenheit, aber auch seine Gefasstheit spricht: „Sorgt Euch nicht um mich! Ich bin bereit, innerlich bereit, den letzten Gang in völliger Abgeschlossenheit zu gehen“, schrieb er in einem seiner letzten Briefe. Am 10. Februar 1943 wurde er im Alter von 52 Jahren in Berlin-Plötzensee durch das Fallbeil hingerichtet.

Erwin Gehrts hatte in seinem Testament genaue Vorgaben für seine Trauerfeier hinterlassen und als Beisetzungsort seiner Urne Elberfeld bestimmt. Letzteres blieb ihm versagt, da sein Leichnam der Anatomie zur Verfügung gestellt wurde.