Benedict Lachmann

Verlegeort
Bayerischer Platz 13 -14
Bezirk/Ortsteil
Schöneberg
Verlegedatum
05. August 2011
Geboren
08. Februar 1878 in Culm / Chełmno
Beruf
Buchhändler und Schriftsteller
Deportation
am 18. Oktober 1941 nach Łódź / Litzmannstadt
Ermordet
04. Dezember 1941 in Łódź / Litzmannstadt

Benedict Lachmann wurde am 8. Februar 1878 in Culm/Westpreußen (heute: Chełmno/Pommern) geboren. Die Eltern Wolff Lachmann und Emma, geb. Meier, hatten noch einen weiteren Sohn, Georg, und drei Töchter namens Anna, Rosa und Martha. <br />
<br />
Als Beruf gab Lachmann 1915 erstmals „Schriftsteller“ an. Seit August 1919 war er Herausgeber einer der wenigen deutschsprachigen anarchistischen Zeitschriften „Der individualistische Anarchist“, um den Schriften des Junghegelianers Max Stirner (1806–1856) und der Bewegung des individualistischen Anarchismus eine breitere Grundlage zu geben.<br />
<br />
Gleichzeitig gründete er in Anlehnung an die seit 1910 in Wien bestehende Vereinigung gleichen Namens die „Vereinigung individualistischer Anarchisten“ in Berlin. Seine Auseinandersetzung mit dem Begriff des „Anarchismus“ ist auch in seinem Textbeitrag in dem Buch „Wir brauchen einen Anarchismus des XX. Jahrhunderts. Anarchie im Alltag. Auf den Spuren anarchistischer Pädagogik: Meinungen, Analysen, Tatsachen und Konsequenzen“ zu lesen. Er veröffentlichte weitere Titel, teilweise unter Pseudonym, wie „Antibarbarus“, „Was ist Sozialismus?“ (1919) oder „Two Essays on Egoism“ (zusammen mit Herbert Stourzh).<br />
<br />
Darüber hinaus gab er als Verleger eine Anthologie zum Thema „Theater. Berlin“ (1914) sowie ein Buch von Paul Bekker zum Thema „Wesensformen der Musik“ (1925) heraus, später von Theodor W. Adorno hochgelobt. Im Jahre 1939 erschien sein letztes Buch „Der Bürgerkönig. Frankreich zwischen den Revolutionen 1830–1848“ im Verlag E. Löwe, Berlin. <br />
<br />
Mit seiner libertären, anarchistischen Einstellung hatte sich Lachmann von der jüdischen Tradition zunehmend entfernt und trat 1906 aus der Jüdischen Gemeinde aus. Auffallend sind seine häufigen Wohnungswechsel – 1909 Passauer Straße 6–7, 1910 bis 1912 Ansbacher Straße 10, in der Nähe des Wittenbergplatzes, beide Adressen damals im Bezirk Berlin-Charlottenburg (heute Schöneberg), 1915 Sedanstraße 17 in Berlin-Steglitz (heute Brigittenstraße), 1917 bis 1919 in Schöneberg in der Eisenacher Straße 10, 1920 bis 1921 Eisenacher Straße 34. <br />
<br />
Während des Ersten Weltkriegs, 1917, gründete er eine Buch- und Musikalienhandlung in der Salzburger Straße 10 in Schöneberg, die er aber 1924 wieder aufgab, nachdem er 1919 ganz in der Nähe eine weitere Buchhandlung, mit Leihbücherei, am Bayerischen Platz 13-14, Ecke Speyerer Straße eröffnet hatte. Sein literarischer und philosophisch-intellektueller Sachverstand sowie sein politischer Standort zogen gebildete und namhafte Kunden an, beispielsweise Albert Einstein, Gottfried Benn oder den Journalisten und Autor Curt Riess. Die Lachmannsche Buchhandlung ist noch heute in literarischen und Buchhändlerkreisen legendär.<br />
<br />
Lachmann wird als auffällige Persönlichkeit beschrieben: sehr groß und hager, leicht gebeugt, sein schwarzes Haar trug er wie ein Bohèmien. Er verkehrte regelmäßig im „Romanischen Café“ am Kurfürstendamm 238 (heute: Budapester Straße 43) in Berlin-Charlottenburg, Treffpunkt für Künstler und Intellektuelle. <br />
<br />
Gesundheitliche Probleme veranlassten ihn Anfang der 1930er Jahre, seinem „arischen“ ersten Sortimenter Paul Behr die Geschäftsführung zu übergeben. Lachmann hielt sich 1936 einige Zeit in London auf, ob zu Vorbereitungen für die Emigration, ist unklar. Unter dem Druck der Nazis – und wohl auch auf Betreiben Behrs – war er schließlich gezwungen, die Buchhandlung am 16. April 1937 an Paul Behr zu verkaufen. Unter anderem hatte ihm der Bund Reichsdeutscher Buchhändler e.V. die Einstellung von „arischen“ Lehrlingen verweigert. Hinweise, dass sich sein Nachfolger seinen Zahlungsverpflichtungen entzog und Lachmann von den Zuwendungen anderer Menschen abhängig wurde, können nicht mit Sicherheit bestätigt werden.<br />
<br />
Aus London zurück, wohnte er wieder unter verschiedenen Adressen in Berlin-Schöneberg. Anfang 1937 zog er von der Freisinger Straße 11 in die Martin-Luther-Straße 90, lebte 1938 in der Heilbronner Straße 30, dann musste er 1939 zwangsweise in die Bayreuther Straße 26 umziehen.<br />
<br />
Benedict Lachmann war für die Nationalsozialisten offenbar eine große intellektuelle Bedrohung, denn bereits am 18. Oktober 1941 kam der 63-Jährige mit dem allerersten Transport, der von Berlin abging, nach Łódź und wurde dort am 4. Dezember 1941 ermordet. <br />
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Seine Schwester Martha Lachmann, verheiratete Leighton, konnte noch nach Australien auswandern. Sie widmete ihrem Bruder und ihren beiden Schwestern in der Datenbank von Yad Vashem ein Gedenkblatt.

Benedict Lachmann wurde am 8. Februar 1878 in Culm/Westpreußen (heute: Chełmno/Pommern) geboren. Die Eltern Wolff Lachmann und Emma, geb. Meier, hatten noch einen weiteren Sohn, Georg, und drei Töchter namens Anna, Rosa und Martha.

Als Beruf gab Lachmann 1915 erstmals „Schriftsteller“ an. Seit August 1919 war er Herausgeber einer der wenigen deutschsprachigen anarchistischen Zeitschriften „Der individualistische Anarchist“, um den Schriften des Junghegelianers Max Stirner (1806–1856) und der Bewegung des individualistischen Anarchismus eine breitere Grundlage zu geben.

Gleichzeitig gründete er in Anlehnung an die seit 1910 in Wien bestehende Vereinigung gleichen Namens die „Vereinigung individualistischer Anarchisten“ in Berlin. Seine Auseinandersetzung mit dem Begriff des „Anarchismus“ ist auch in seinem Textbeitrag in dem Buch „Wir brauchen einen Anarchismus des XX. Jahrhunderts. Anarchie im Alltag. Auf den Spuren anarchistischer Pädagogik: Meinungen, Analysen, Tatsachen und Konsequenzen“ zu lesen. Er veröffentlichte weitere Titel, teilweise unter Pseudonym, wie „Antibarbarus“, „Was ist Sozialismus?“ (1919) oder „Two Essays on Egoism“ (zusammen mit Herbert Stourzh).

Darüber hinaus gab er als Verleger eine Anthologie zum Thema „Theater. Berlin“ (1914) sowie ein Buch von Paul Bekker zum Thema „Wesensformen der Musik“ (1925) heraus, später von Theodor W. Adorno hochgelobt. Im Jahre 1939 erschien sein letztes Buch „Der Bürgerkönig. Frankreich zwischen den Revolutionen 1830–1848“ im Verlag E. Löwe, Berlin.

Mit seiner libertären, anarchistischen Einstellung hatte sich Lachmann von der jüdischen Tradition zunehmend entfernt und trat 1906 aus der Jüdischen Gemeinde aus. Auffallend sind seine häufigen Wohnungswechsel – 1909 Passauer Straße 6–7, 1910 bis 1912 Ansbacher Straße 10, in der Nähe des Wittenbergplatzes, beide Adressen damals im Bezirk Berlin-Charlottenburg (heute Schöneberg), 1915 Sedanstraße 17 in Berlin-Steglitz (heute Brigittenstraße), 1917 bis 1919 in Schöneberg in der Eisenacher Straße 10, 1920 bis 1921 Eisenacher Straße 34.

Während des Ersten Weltkriegs, 1917, gründete er eine Buch- und Musikalienhandlung in der Salzburger Straße 10 in Schöneberg, die er aber 1924 wieder aufgab, nachdem er 1919 ganz in der Nähe eine weitere Buchhandlung, mit Leihbücherei, am Bayerischen Platz 13-14, Ecke Speyerer Straße eröffnet hatte. Sein literarischer und philosophisch-intellektueller Sachverstand sowie sein politischer Standort zogen gebildete und namhafte Kunden an, beispielsweise Albert Einstein, Gottfried Benn oder den Journalisten und Autor Curt Riess. Die Lachmannsche Buchhandlung ist noch heute in literarischen und Buchhändlerkreisen legendär.

Lachmann wird als auffällige Persönlichkeit beschrieben: sehr groß und hager, leicht gebeugt, sein schwarzes Haar trug er wie ein Bohèmien. Er verkehrte regelmäßig im „Romanischen Café“ am Kurfürstendamm 238 (heute: Budapester Straße 43) in Berlin-Charlottenburg, Treffpunkt für Künstler und Intellektuelle.

Gesundheitliche Probleme veranlassten ihn Anfang der 1930er Jahre, seinem „arischen“ ersten Sortimenter Paul Behr die Geschäftsführung zu übergeben. Lachmann hielt sich 1936 einige Zeit in London auf, ob zu Vorbereitungen für die Emigration, ist unklar. Unter dem Druck der Nazis – und wohl auch auf Betreiben Behrs – war er schließlich gezwungen, die Buchhandlung am 16. April 1937 an Paul Behr zu verkaufen. Unter anderem hatte ihm der Bund Reichsdeutscher Buchhändler e.V. die Einstellung von „arischen“ Lehrlingen verweigert. Hinweise, dass sich sein Nachfolger seinen Zahlungsverpflichtungen entzog und Lachmann von den Zuwendungen anderer Menschen abhängig wurde, können nicht mit Sicherheit bestätigt werden.

Aus London zurück, wohnte er wieder unter verschiedenen Adressen in Berlin-Schöneberg. Anfang 1937 zog er von der Freisinger Straße 11 in die Martin-Luther-Straße 90, lebte 1938 in der Heilbronner Straße 30, dann musste er 1939 zwangsweise in die Bayreuther Straße 26 umziehen.

Benedict Lachmann war für die Nationalsozialisten offenbar eine große intellektuelle Bedrohung, denn bereits am 18. Oktober 1941 kam der 63-Jährige mit dem allerersten Transport, der von Berlin abging, nach Łódź und wurde dort am 4. Dezember 1941 ermordet.

Seine Schwester Martha Lachmann, verheiratete Leighton, konnte noch nach Australien auswandern. Sie widmete ihrem Bruder und ihren beiden Schwestern in der Datenbank von Yad Vashem ein Gedenkblatt.