Erika Esther Simon

Verlegeort
Badstraße 44
Bezirk/Ortsteil
Gesundbrunnen
Verlegedatum
07. März 2018
Geboren
10. Mai 1933 in
Deportation
am 01. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
März 1943 in Auschwitz

Erika Esther Simon wurde am 10. Mai 1933 in Berlin geboren. Sie wuchs in einem rituell geführten jüdischen Haushalt auf, ihre Eltern Käthe und Leopold Simon betrieben ein gut laufendes Juwelier- und Goldwarengeschäft in der Bülowstraße in Berlin Schöneberg. Als sie ein Jahr alt war, zogen ihre Eltern in die Grunewaldstraße 63 um und lebten in einer Wohnung hinter ihrem Laden. Ob Erika den Umzug bewusst mitbekommen hat, ist zu bezweifeln, aber die Geburt ihres Bruders Heinz im Oktober 1935 kann sie mit zweieinhalb Jahren durchaus bewusst erlebt haben. Wir wissen kaum etwas über ihre frühe Kindheit, aber vermutlich war sie geprägt von den immer stärker werdenden Drangsalierungen der jüdischen Bevölkerung in Deutschland. <br />
Als Fünfjährige musste Erika erleben, wie das Geschäft ihrer Eltern in der Pogromnacht im November 1938 vollständig zerstört und geplündert wurde, ihre Tante gab später davon Zeugnis: „In der Kristallnacht drangen mehrere Personen von der Straße in das Goldwarengeschäft ein. Meine Schwester verließ darauf fluchtartig durch das auf den Hof hinausgehende Fenster mit ihrer Familie die Wohnung und kam so zu meinen Eltern. Das Uhrwarengeschäft und die sich daran anschließende Wohnung wurden in der Kristallnacht vollkommen zerstört, nachdem die Wertgegenstände geplündert waren.“ Die Panik der Eltern, die mit ihren beiden kleinen Kindern fluchtartig ihr Zuhause verlassen mussten, wird sich mit Sicherheit auf die Kinder übertragen haben. Der gewalttätige Mob auf der Straße, die Plünderungen und Brandschatzungen in der Nacht des 9. November 1938 werden auf sie einen tiefen Eindruck gemacht haben. Erika Esther und ihre Familie kamen bei den Großeltern Leschnik in der Weddinger Badstraße unter, sie sah ihr altes Zuhause nie wieder. <br />
Ihr Großvater Michaelis Leschnik war ein erfolgreicher Uhrmacher und Juwelier, dessen Weddinger Geschäft in der Pogromnacht ebenfalls zerstört wurde. Aus Verzweiflung über den Verlust seines Lebenswerkes und Angst vor dem Kommenden nahm er sich im Frühjahr 1939 in der benachbarten Panke das Leben. Auch dies wird ein einschneidendes, furchtbares Ereignis im Leben der fast sechsjährigen Erika gewesen sein. Dann musste sie erleben, wie ihre Großmutter Johanna Leschnik gezwungen wurde, in den weit entfernten Westen in eine sogenannte Judenwohnung zu ziehen. Schließlich erhielten auch Erika und ihre Familie die Anweisung, ab sofort bei einem jüdischen Fleischer in der Oranienburger Straße zu leben. Eine Freundin ihrer Mutter beschrieb die Wohnung als „die Räucherkammern einer Schlächterei“. <br />
Am 11. Juni 1941 kam hier Erikas kleiner Bruder Micha zur Welt, sein Namen sollte an Erikas Großvater Michaelis Leschnik erinnern. Doch durften ihre Eltern ihn so nicht nennen, da die Nationalsozialisten mit der Namensänderungsverordnung vom August 1938 jüdischen Eltern keine freie Namenswahl mehr erlaubten. Sie waren gezwungen, aus einer vorgegebenen Liste mit vermeintlich jüdischen Namen, die die Kinder als Juden identifizierbar machen sollten, einen auszusuchen und wählten „Mechel“, da dies dem Namen Micha nahekam. Auf dem Gedenkstein an Michaelis Leschnik und seine Familie, den Erikas Tante Irene Zimmt nach dem Krieg auf dem Jüdischen Friedhof errichten ließ, ist „Micha“ zu lesen und nicht „Mechel“. <br />
Je älter Erika wurde, desto schlimmer wurden die Zustände um sie herum. Im Januar 1942 beging ihre Großtante angesichts ihrer bevorstehenden Deportation Selbstmord. Dann wurde im Juni 1942 ihre Großmutter nach Sobibor deportiert. Die Sorge der Eltern, die von der Großmutter keine Lebenszeichen mehr bekamen, wird sie wahrgenommen haben. Am schlimmsten hat Erika aber vermutlich die Verhaftung ihrer Mutter Käthe getroffen, die im Dezember 1942 in Untersuchungshaft in Moabit genommen wurde, weil sie einem untergetauchten Widerstandskämpfer der Herbert-Baum-Gruppe ein Obdach organisiert hatte. <br />
Ihr Vater Leopold musste in dieser Zeit Zwangsarbeit leisten, Erika war mit ihren zehn Jahren als Älteste tagsüber vermutlich allein für das Wohl ihrer kleinen Geschwister verantwortlich. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Am 27. Februar 1943 wurde Leopold Simon, direkt vom Arbeitsplatz im Rahmen der „Fabrikaktion“ verhaftet und in ein Sammellager gebracht. Erika und ihre zwei Geschwister waren die nächsten Tage ohne Nachricht vom Vater und auf sich gestellt, denn sie wurden erst kurz vor der anstehenden Deportation aus der Wohnung geholt und mit ihrem Vater am 1. März 1943 nach Auschwitz deportiert. Es ist nicht gesagt, dass sie die Reise in den Tod gemeinsam erlebt haben, denn Leopold findet man unter der Nr. 336 auf der Transportliste, während die Namen der Kinder mit den Nummern 1839 bis 1841 versehen wurden. Erika und ihre Geschwister sind, wie auch ihr Vater, direkt nach der Ankunft in Auschwitz ermordet worden. <br />
Erikas Mutter Käthe wurde aus dem Gefängnis heraus nach Auschwitz deportiert. Sie wurde von ihrer Schwester nach dem Krieg auf einem Bild von der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erkannt, doch verliert sich damit ihre Spur.<br />

Erika Esther Simon wurde am 10. Mai 1933 in Berlin geboren. Sie wuchs in einem rituell geführten jüdischen Haushalt auf, ihre Eltern Käthe und Leopold Simon betrieben ein gut laufendes Juwelier- und Goldwarengeschäft in der Bülowstraße in Berlin Schöneberg. Als sie ein Jahr alt war, zogen ihre Eltern in die Grunewaldstraße 63 um und lebten in einer Wohnung hinter ihrem Laden. Ob Erika den Umzug bewusst mitbekommen hat, ist zu bezweifeln, aber die Geburt ihres Bruders Heinz im Oktober 1935 kann sie mit zweieinhalb Jahren durchaus bewusst erlebt haben. Wir wissen kaum etwas über ihre frühe Kindheit, aber vermutlich war sie geprägt von den immer stärker werdenden Drangsalierungen der jüdischen Bevölkerung in Deutschland.
Als Fünfjährige musste Erika erleben, wie das Geschäft ihrer Eltern in der Pogromnacht im November 1938 vollständig zerstört und geplündert wurde, ihre Tante gab später davon Zeugnis: „In der Kristallnacht drangen mehrere Personen von der Straße in das Goldwarengeschäft ein. Meine Schwester verließ darauf fluchtartig durch das auf den Hof hinausgehende Fenster mit ihrer Familie die Wohnung und kam so zu meinen Eltern. Das Uhrwarengeschäft und die sich daran anschließende Wohnung wurden in der Kristallnacht vollkommen zerstört, nachdem die Wertgegenstände geplündert waren.“ Die Panik der Eltern, die mit ihren beiden kleinen Kindern fluchtartig ihr Zuhause verlassen mussten, wird sich mit Sicherheit auf die Kinder übertragen haben. Der gewalttätige Mob auf der Straße, die Plünderungen und Brandschatzungen in der Nacht des 9. November 1938 werden auf sie einen tiefen Eindruck gemacht haben. Erika Esther und ihre Familie kamen bei den Großeltern Leschnik in der Weddinger Badstraße unter, sie sah ihr altes Zuhause nie wieder.
Ihr Großvater Michaelis Leschnik war ein erfolgreicher Uhrmacher und Juwelier, dessen Weddinger Geschäft in der Pogromnacht ebenfalls zerstört wurde. Aus Verzweiflung über den Verlust seines Lebenswerkes und Angst vor dem Kommenden nahm er sich im Frühjahr 1939 in der benachbarten Panke das Leben. Auch dies wird ein einschneidendes, furchtbares Ereignis im Leben der fast sechsjährigen Erika gewesen sein. Dann musste sie erleben, wie ihre Großmutter Johanna Leschnik gezwungen wurde, in den weit entfernten Westen in eine sogenannte Judenwohnung zu ziehen. Schließlich erhielten auch Erika und ihre Familie die Anweisung, ab sofort bei einem jüdischen Fleischer in der Oranienburger Straße zu leben. Eine Freundin ihrer Mutter beschrieb die Wohnung als „die Räucherkammern einer Schlächterei“.
Am 11. Juni 1941 kam hier Erikas kleiner Bruder Micha zur Welt, sein Namen sollte an Erikas Großvater Michaelis Leschnik erinnern. Doch durften ihre Eltern ihn so nicht nennen, da die Nationalsozialisten mit der Namensänderungsverordnung vom August 1938 jüdischen Eltern keine freie Namenswahl mehr erlaubten. Sie waren gezwungen, aus einer vorgegebenen Liste mit vermeintlich jüdischen Namen, die die Kinder als Juden identifizierbar machen sollten, einen auszusuchen und wählten „Mechel“, da dies dem Namen Micha nahekam. Auf dem Gedenkstein an Michaelis Leschnik und seine Familie, den Erikas Tante Irene Zimmt nach dem Krieg auf dem Jüdischen Friedhof errichten ließ, ist „Micha“ zu lesen und nicht „Mechel“.
Je älter Erika wurde, desto schlimmer wurden die Zustände um sie herum. Im Januar 1942 beging ihre Großtante angesichts ihrer bevorstehenden Deportation Selbstmord. Dann wurde im Juni 1942 ihre Großmutter nach Sobibor deportiert. Die Sorge der Eltern, die von der Großmutter keine Lebenszeichen mehr bekamen, wird sie wahrgenommen haben. Am schlimmsten hat Erika aber vermutlich die Verhaftung ihrer Mutter Käthe getroffen, die im Dezember 1942 in Untersuchungshaft in Moabit genommen wurde, weil sie einem untergetauchten Widerstandskämpfer der Herbert-Baum-Gruppe ein Obdach organisiert hatte.
Ihr Vater Leopold musste in dieser Zeit Zwangsarbeit leisten, Erika war mit ihren zehn Jahren als Älteste tagsüber vermutlich allein für das Wohl ihrer kleinen Geschwister verantwortlich. Aber es sollte noch schlimmer kommen. Am 27. Februar 1943 wurde Leopold Simon, direkt vom Arbeitsplatz im Rahmen der „Fabrikaktion“ verhaftet und in ein Sammellager gebracht. Erika und ihre zwei Geschwister waren die nächsten Tage ohne Nachricht vom Vater und auf sich gestellt, denn sie wurden erst kurz vor der anstehenden Deportation aus der Wohnung geholt und mit ihrem Vater am 1. März 1943 nach Auschwitz deportiert. Es ist nicht gesagt, dass sie die Reise in den Tod gemeinsam erlebt haben, denn Leopold findet man unter der Nr. 336 auf der Transportliste, während die Namen der Kinder mit den Nummern 1839 bis 1841 versehen wurden. Erika und ihre Geschwister sind, wie auch ihr Vater, direkt nach der Ankunft in Auschwitz ermordet worden.
Erikas Mutter Käthe wurde aus dem Gefängnis heraus nach Auschwitz deportiert. Sie wurde von ihrer Schwester nach dem Krieg auf einem Bild von der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erkannt, doch verliert sich damit ihre Spur.