Leopold Simon

Verlegeort
Badstraße 44
Bezirk/Ortsteil
Gesundbrunnen
Verlegedatum
07. März 2018
Geboren
12. Juni 1902 in Czarnikau (Posen)/Czarnków
Beruf
Juwelier und Uhrmacher
Deportation
am 01. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
März 1943 in Auschwitz

Leopold Simon wurde am 12. Juni 1902 in Czarnikau in der Provinz Posen geboren. Wir wissen nicht viel über seine Jugend. Fest steht, dass er nach Berlin zog, denn er war ab 1917 hier polizeilich gemeldet. Da er noch sehr jung war, ist zu vermuten, dass er in Berlin das Uhrmacherhandwerk lernte. <br />
Am 20. März 1931 heiratete Leopold Käthe Leschnik, deren Vater ebenfalls aus Czarnikau stammte und der in Berlin sehr erfolgreich zwei Uhren- und Juwelierläden betrieb. Zu vermuten ist, dass die Familien sich schon in Posen kannten und eventuell auch professionell miteinander zu tun hatten. Seine Schwägerin Irene Zimmt schrieb über seine Frau Käthe: „Meine Schwester hat von meinem Vater Michaelis Leschnik (…) eine Mitgift von 10 000 Reichsmark in bar sowie eine Aussteuer erhalten, die alles, Möbel, Wäsche und sonstigen Hausrat umfasste. Nach der Eheschließung hat sich meine Schwester selbständig gemacht und ein Uhren- und Goldwarengeschäft mit einer Werkstatt zur Reparatur von Uhren eröffnet (…). Meine Schwester war nach der Eheschließung in diesem Geschäft als Verkäuferin tätig, während ihr Mann etwa anfallende Uhrenreparaturen durchführte.“<br />
Im Berliner Adressbuch von 1932 findet man zum ersten Mal den Eintrag eines Geschäftes von Leopold Simon in der Bülowstraße 11, gleich am Nollendorfplatz. Im Mai 1933 brachte seine Frau Käthe ihre Tochter Erika Esther zur Welt. Ein halbes Jahr später, im Oktober 1933, erlebten sie, wie seine Schwägerin Irene und deren Mann nach Palästina auswanderten. Sicherlich wird es im Familienverbund Diskussionen darum gegeben haben – offensichtlich ist, dass Leopold und Käthe beschlossen, die vermeintlich sichere Existenz in Berlin für ein Leben in der Ungewissheit im unerschlossenen und heißen Palästina nicht aufzugeben. Im Oktober 1935 wurde ihr Sohn Heinz geboren. Im Jahr zuvor scheinen Leopold Simon und seine Familie umgezogen zu sein, denn ab 1935 findet sich das Goldwarengeschäft in der Schöneberger Grunewaldstraße 63 im Berliner Adressbuch. Mehrere Angestellte waren dort beschäftigt. An den hinteren Teil des Ladens war eine Wohnung angegliedert, in der die Simons auch lebten. Obwohl die antijüdischen Maßnahmen der Nazis sich auch auf den Boykott jüdischer Geschäfte bezogen, lief das Geschäft gut. Dies änderte sich schlagartig mit dem Novemberpogrom 1938. Schwägerin Irene schreibt später: „In der Kristallnacht drangen mehrere Personen von der Straße in das Goldwarengeschäft ein. Meine Schwester verließ darauf fluchtartig durch das auf den Hof hinausgehende Fenster mit ihrer Familie die Wohnung und kam so zu meinen Eltern. Das Uhrwarengeschäft und die sich daran anschließende Wohnung wurden in der Kristallnacht vollkommen zerstört, nachdem die Wertgegenstände geplündert waren." Die Familie Simon zog zu den Schwiegereltern Leschnik in die Weddinger Badstraße. „Weder mein Schwager, noch meine Schwester haben sich in der Folgezeit getraut, den Laden oder die Wohnung in der Grunewaldstraße nochmals zu betreten“, schreibt Irene. Ihrer Existenzgrundlage beraubt, mussten Leopold und Käthe erleben, wie Michaelis Leschnik, dessen Geschäft ebenfalls im Novemberpogrom zerstört und geplündert wurde, sich aus Verzweiflung ob der hoffnungslosen Lage im März 1939 das Leben nahm. Johanna Leschnik, Käthes Mutter, wurde gezwungen, nach Wilmersdorf in eine sogenannte „Judenwohnung“ zu ziehen. <br />
Auch die Simons mussten am 15. September 1940 ihre Wohnung aufgeben und in die Oranienburger Straße 90 ziehen, wo sie bei einem jüdischen Fleischer im Hinterhaus drei leere Zimmer zugewiesen bekamen. Eine Freundin seiner Frau Käthe beschrieb die Wohnsituation als „die Räucherkammern einer Schlächterei“. Am 11. Juni 1941 kam hier ihr Sohn Micha zur Welt, sein Namen sollte an Käthes Vater Michaelis Leschnik erinnern. Doch durften sie ihn so nicht nennen, da die Nationalsozialisten mit der Namensänderungsverordnung vom August 1938 jüdischen Eltern keine freie Namenswahl mehr erlaubten. Sie waren gezwungen, aus einer vorgegebenen Liste mit vermeintlich jüdischen Namen, die die Kinder als Juden identifizierbar machen sollten, einen auszusuchen und wählten „Mechel“, da dies dem Namen Micha nahekam. Auf dem Gedenkstein an Michaelis Leschnik und seine Familie, den Irene Zimmt nach dem Krieg auf dem Jüdischen Friedhof errichten ließ, ist „Micha“ zu lesen und nicht „Mechel“.<br />
Das Jahr 1942 muss für Leopold und seine Familie von zunehmender Angst geprägt gewesen sein. Erst mussten sie den Selbstmord von der Tante Käthes erleben, die sich angesichts ihrer Deportation für die Flucht in den Tod entschied. Dann wurde Käthes Mutter, Johanna Leschnik, im Sommer deportiert – die fehlenden Lebenszeichen von ihr werden mit Sorge und Argwohn aufgenommen worden sein. <br />
Wir wissen nichts über die Diskussionen und Einschätzungen der Lage, die das Ehepaar Simon ganz sicherlich geführt haben müssen. Wir wissen nicht, ob z.B. der Anschlag der Herbert-Baum-Gruppe auf die Propagandaausstellung „Das Sowjetparadies“ von den Simons gutgeheißen wurde oder nicht. Fest steht, dass die folgende Repressionswelle auch sie erfassen sollte. Käthe Simon hatte dem jungen Widerstandskämpfer Felix Heymann, der Teil der Herbert-Baum-Gruppe war und der nach der einsetzenden Verhaftungswelle untergetaucht war, bei einem befreundeten Ehepaar eine Bleibe organisiert. „Im Dezember 1942 wurde Frau Simon auf Anzeige, weil sie einen jungen Widerstandskämpfer verborgen hatte, verhaftet. Sie war bis August 1943 in Untersuchungshaft in Berlin-Moabit, wo ich sie alle vier Wochen besuchen durfte.“ So beschrieb eine Schulfreundin Käthes in den 1950er Jahren die Lage. <br />
Während der Zeit, in der Käthe in Untersuchungshaft saß, musste Leopold Zwangsarbeit leisten und seine drei Kinder sich selbst überlassen. Am 27. Februar 1943 wurde er, vermutlich direkt vom Arbeitsplatz, im Rahmen der „Fabrikaktion“ verhaftet und in ein Sammellager gebracht. Die drei Kinder müssen mehrere Tage auf sich gestellt gewesen sein, denn sie wurden erst kurz vor der anstehenden Deportation aus der Wohnung geholt und mit ihrem Vater am 1. März 1943 nach Auschwitz deportiert. Es ist nicht gesagt, dass sie die Reise in den Tod gemeinsam erlebt haben, denn Leopold findet man unter der Nr. 336 auf der Transportliste, während die Namen der Kinder mit den Nummern 1839-1841 versehen wurden. Wir wissen nicht, ob sie im selben Viehwaggon eingepfercht wurden und ob sie überhaupt voneinander wussten. Da Leopold Simons Name nicht in Auschwitz registriert wurde, ist davon auszugehen, dass er, wie seine Kinder, direkt nach der Ankunft in den Gaskammern ermordet wurde.<br />

Leopold Simon wurde am 12. Juni 1902 in Czarnikau in der Provinz Posen geboren. Wir wissen nicht viel über seine Jugend. Fest steht, dass er nach Berlin zog, denn er war ab 1917 hier polizeilich gemeldet. Da er noch sehr jung war, ist zu vermuten, dass er in Berlin das Uhrmacherhandwerk lernte.
Am 20. März 1931 heiratete Leopold Käthe Leschnik, deren Vater ebenfalls aus Czarnikau stammte und der in Berlin sehr erfolgreich zwei Uhren- und Juwelierläden betrieb. Zu vermuten ist, dass die Familien sich schon in Posen kannten und eventuell auch professionell miteinander zu tun hatten. Seine Schwägerin Irene Zimmt schrieb über seine Frau Käthe: „Meine Schwester hat von meinem Vater Michaelis Leschnik (…) eine Mitgift von 10 000 Reichsmark in bar sowie eine Aussteuer erhalten, die alles, Möbel, Wäsche und sonstigen Hausrat umfasste. Nach der Eheschließung hat sich meine Schwester selbständig gemacht und ein Uhren- und Goldwarengeschäft mit einer Werkstatt zur Reparatur von Uhren eröffnet (…). Meine Schwester war nach der Eheschließung in diesem Geschäft als Verkäuferin tätig, während ihr Mann etwa anfallende Uhrenreparaturen durchführte.“
Im Berliner Adressbuch von 1932 findet man zum ersten Mal den Eintrag eines Geschäftes von Leopold Simon in der Bülowstraße 11, gleich am Nollendorfplatz. Im Mai 1933 brachte seine Frau Käthe ihre Tochter Erika Esther zur Welt. Ein halbes Jahr später, im Oktober 1933, erlebten sie, wie seine Schwägerin Irene und deren Mann nach Palästina auswanderten. Sicherlich wird es im Familienverbund Diskussionen darum gegeben haben – offensichtlich ist, dass Leopold und Käthe beschlossen, die vermeintlich sichere Existenz in Berlin für ein Leben in der Ungewissheit im unerschlossenen und heißen Palästina nicht aufzugeben. Im Oktober 1935 wurde ihr Sohn Heinz geboren. Im Jahr zuvor scheinen Leopold Simon und seine Familie umgezogen zu sein, denn ab 1935 findet sich das Goldwarengeschäft in der Schöneberger Grunewaldstraße 63 im Berliner Adressbuch. Mehrere Angestellte waren dort beschäftigt. An den hinteren Teil des Ladens war eine Wohnung angegliedert, in der die Simons auch lebten. Obwohl die antijüdischen Maßnahmen der Nazis sich auch auf den Boykott jüdischer Geschäfte bezogen, lief das Geschäft gut. Dies änderte sich schlagartig mit dem Novemberpogrom 1938. Schwägerin Irene schreibt später: „In der Kristallnacht drangen mehrere Personen von der Straße in das Goldwarengeschäft ein. Meine Schwester verließ darauf fluchtartig durch das auf den Hof hinausgehende Fenster mit ihrer Familie die Wohnung und kam so zu meinen Eltern. Das Uhrwarengeschäft und die sich daran anschließende Wohnung wurden in der Kristallnacht vollkommen zerstört, nachdem die Wertgegenstände geplündert waren." Die Familie Simon zog zu den Schwiegereltern Leschnik in die Weddinger Badstraße. „Weder mein Schwager, noch meine Schwester haben sich in der Folgezeit getraut, den Laden oder die Wohnung in der Grunewaldstraße nochmals zu betreten“, schreibt Irene. Ihrer Existenzgrundlage beraubt, mussten Leopold und Käthe erleben, wie Michaelis Leschnik, dessen Geschäft ebenfalls im Novemberpogrom zerstört und geplündert wurde, sich aus Verzweiflung ob der hoffnungslosen Lage im März 1939 das Leben nahm. Johanna Leschnik, Käthes Mutter, wurde gezwungen, nach Wilmersdorf in eine sogenannte „Judenwohnung“ zu ziehen.
Auch die Simons mussten am 15. September 1940 ihre Wohnung aufgeben und in die Oranienburger Straße 90 ziehen, wo sie bei einem jüdischen Fleischer im Hinterhaus drei leere Zimmer zugewiesen bekamen. Eine Freundin seiner Frau Käthe beschrieb die Wohnsituation als „die Räucherkammern einer Schlächterei“. Am 11. Juni 1941 kam hier ihr Sohn Micha zur Welt, sein Namen sollte an Käthes Vater Michaelis Leschnik erinnern. Doch durften sie ihn so nicht nennen, da die Nationalsozialisten mit der Namensänderungsverordnung vom August 1938 jüdischen Eltern keine freie Namenswahl mehr erlaubten. Sie waren gezwungen, aus einer vorgegebenen Liste mit vermeintlich jüdischen Namen, die die Kinder als Juden identifizierbar machen sollten, einen auszusuchen und wählten „Mechel“, da dies dem Namen Micha nahekam. Auf dem Gedenkstein an Michaelis Leschnik und seine Familie, den Irene Zimmt nach dem Krieg auf dem Jüdischen Friedhof errichten ließ, ist „Micha“ zu lesen und nicht „Mechel“.
Das Jahr 1942 muss für Leopold und seine Familie von zunehmender Angst geprägt gewesen sein. Erst mussten sie den Selbstmord von der Tante Käthes erleben, die sich angesichts ihrer Deportation für die Flucht in den Tod entschied. Dann wurde Käthes Mutter, Johanna Leschnik, im Sommer deportiert – die fehlenden Lebenszeichen von ihr werden mit Sorge und Argwohn aufgenommen worden sein.
Wir wissen nichts über die Diskussionen und Einschätzungen der Lage, die das Ehepaar Simon ganz sicherlich geführt haben müssen. Wir wissen nicht, ob z.B. der Anschlag der Herbert-Baum-Gruppe auf die Propagandaausstellung „Das Sowjetparadies“ von den Simons gutgeheißen wurde oder nicht. Fest steht, dass die folgende Repressionswelle auch sie erfassen sollte. Käthe Simon hatte dem jungen Widerstandskämpfer Felix Heymann, der Teil der Herbert-Baum-Gruppe war und der nach der einsetzenden Verhaftungswelle untergetaucht war, bei einem befreundeten Ehepaar eine Bleibe organisiert. „Im Dezember 1942 wurde Frau Simon auf Anzeige, weil sie einen jungen Widerstandskämpfer verborgen hatte, verhaftet. Sie war bis August 1943 in Untersuchungshaft in Berlin-Moabit, wo ich sie alle vier Wochen besuchen durfte.“ So beschrieb eine Schulfreundin Käthes in den 1950er Jahren die Lage.
Während der Zeit, in der Käthe in Untersuchungshaft saß, musste Leopold Zwangsarbeit leisten und seine drei Kinder sich selbst überlassen. Am 27. Februar 1943 wurde er, vermutlich direkt vom Arbeitsplatz, im Rahmen der „Fabrikaktion“ verhaftet und in ein Sammellager gebracht. Die drei Kinder müssen mehrere Tage auf sich gestellt gewesen sein, denn sie wurden erst kurz vor der anstehenden Deportation aus der Wohnung geholt und mit ihrem Vater am 1. März 1943 nach Auschwitz deportiert. Es ist nicht gesagt, dass sie die Reise in den Tod gemeinsam erlebt haben, denn Leopold findet man unter der Nr. 336 auf der Transportliste, während die Namen der Kinder mit den Nummern 1839-1841 versehen wurden. Wir wissen nicht, ob sie im selben Viehwaggon eingepfercht wurden und ob sie überhaupt voneinander wussten. Da Leopold Simons Name nicht in Auschwitz registriert wurde, ist davon auszugehen, dass er, wie seine Kinder, direkt nach der Ankunft in den Gaskammern ermordet wurde.