Elise Kohn geb. Wohl

Verlegeort
Bergfriedstraße 6
Historischer Name
Fürstenstraße 15
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
07. Oktober 2020
Geboren
26. September 1872 in Preußisch Holland (Ostpreußen) / Pasłęk
Deportation
am 03. Oktober 1942 nach Theresienstadt
Ermordet
25. August 1943 in Theresienstadt

Elise Wohl kam am 26. September 1872 in Preußisch Holland (heute Pasłęk in Polen) im damaligen Ostpreußen zur Welt. Preußisch Holland liegt 70 km südöstlich von Danzig. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Elise Wohl haben sich keine Zeugnisse erhalten. Sie heiratete um 1896 in ihrer Heimatstadt den am 22. November 1867 im westpreußischen Schöneck geborenen Isidor Kohn.<br />
Das Paar bekam acht Kinder: Alfred wurde 1898 in Schöneck geboren, Erich 1899 in Danzig-Langfuhr, Ilse Elisabeth 1901 in Frankfurt am Main. Spätestens ab 1903 lebte die Familie wieder dauerhaft in Schöneck, wo 1903 Grete (gest. 1913), 1907 Max Emanuel, 1909 Johannes Albert, 1911 Anna Erika und 1917 Charlotte Marie zur Welt kamen. Isidor Kohn verdiente den Lebensunterhalt der Familie als Kaufmann, Elise Kohn war Hausfrau. Laut den Kindern lebte die Familie in gutbürgerlichen Verhältnissen.<br />
Um 1920 zog die Familie nach Berlin, nachdem ihre Heimatstadt Schöneck aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags an Polen abgetreten worden war.<br />
In den 1920er-Jahren betrieb Isidor Kohn ein Kolonialwarengeschäft in der Wrangelstraße 136 in Kreuzberg. In den frühen 1930er-Jahren zog die Familie in die Fürstenstraße 15 (das Haus existiert nicht mehr, dort befindet sich heute die Bergfriedstraße 6). Laut der Tochter Anna Erika bewohnten sie dort eine 2-Zimmer-Wohnung mit Küche. Sohn Max Kohn schilderte gegenüber dem Wiedergutmachungsamt, dass seine Mutter sehr musikalisch war: „In Berlin besaßen meine Eltern u.a. ein Klavier und unsere Mutter spielte täglich darauf, weil es für sie, die sonst vollkommen zurückgezogen lebte, ein Lebensbedürfnis war.“<br />
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Kohn. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. <br />
Die überlebenden Kinder schilderten nach dem Krieg gegenüber dem Entschädigungsamt: „Mein Vater besaß in Berlin, Großgörschenstraße 29 ein Restaurant, das aus einem Vereinszimmer, Lokal, zwei Zimmern und Küche bestand. Ungefähr 1930 verpachtete mein Vater das gesamte Lokal mit Vereinsraum an einen Herrn Specker. Mein Vater lebte mit seiner Familie von den Pachteinnahmen, die sich meiner Erinnerung nach auf 4800 RM jährlich beliefen. Schon vor der Machtübernahme war Herr Specker mit der Pacht in Rückstand geraten. 1934 weigerte sich der Pächter weiterhin seine Pacht zu zahlen, weil mein Vater jüdischer Herkunft war und es war meinem Vater nicht möglich, diese Pacht gerichtlich einzutreiben. Seitdem blieb er ohne irgendwelches Einkommen.“<br />
Die älteste Tochter Ilse brachte im Mai 1933 in Berlin ein Mädchen namens Gisela zur Welt. Ilse war nicht verheiratet, Vater des Kindes soll ein „Arier“ gewesen sein, der offenbar nur unregelmäßig Unterhalt zahlte. Ilse und Gisela Kohn wohnten bei den Eltern bzw. Großeltern in der Fürstenstraße 15.<br />
Im März 1939 wurde Ilse Kohn aufgrund einer Denunzierung wegen angeblicher „Rassenschande“ von der Gestapo verhaftet. Vom Polizeipräsidium Alexanderplatz wurde sie in das KZ Ravensbrück verschleppt, wo sie schwere Zwangsarbeit in einem Steinbruch verrichten musste. Ihr Vater versuchte alles, um sie freizubekommen. Nach vielen Bemühungen gelang es der Jüdischen Gemeinde Berlin, für Ilse eine Stellung als Hausangestellte in England und eine Einreiseerlaubnis zu beschaffen. Sie wurde daraufhin Anfang Juli 1939 aus dem KZ entlassen und wanderte einige Tage später nach England aus. Ihre Tochter Gisela konnte sie aber nicht mitnehmen, diese hielt sich dann teils bei ihren Großeltern, teils bei der Familie ihres Onkels Erich auf.<br />
Isidor und Elise Kohn wurden am 3. Oktober 1942 mit dem „3. großen Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Nach der Deportation der Großeltern wurde der Jüdischen Gemeinde die Vormundschaft über Gisela Kohn übertragen. Zuletzt lebte sie bei einem Ehepaar Pottlitzer in der Hirtenstraße 22, unweit des Alexanderplatzes. Die Neunährige wurde am 4. März 1943 mit dem „34. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert, wo sie wahrscheinlich gleich nach der Ankunft ermordet wurde.<br />
Isidor Kohn kam am 30. Mai 1943 in Theresienstadt ums Leben. Seine Frau Elise überlebte ihn nur um drei Monate, sie starb dort am 25. August 1943. Laut ihrer Todesfallanzeige soll die Todesursache „Herzschwäche“ gewesen sein.<br />
Der älteste Sohn Alfred wurde mit seiner Frau und den beiden Töchtern ebenfalls in Auschwitz ermordet. Sohn Erich überlebte die Shoah aufgrund seiner Ehe mit einer „Arierin“. Die anderen Söhne und Töchter waren rechtzeitig nach Südamerika, Palästina und England ausgewandert.

Elise Wohl kam am 26. September 1872 in Preußisch Holland (heute Pasłęk in Polen) im damaligen Ostpreußen zur Welt. Preußisch Holland liegt 70 km südöstlich von Danzig. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Elise Wohl haben sich keine Zeugnisse erhalten. Sie heiratete um 1896 in ihrer Heimatstadt den am 22. November 1867 im westpreußischen Schöneck geborenen Isidor Kohn.
Das Paar bekam acht Kinder: Alfred wurde 1898 in Schöneck geboren, Erich 1899 in Danzig-Langfuhr, Ilse Elisabeth 1901 in Frankfurt am Main. Spätestens ab 1903 lebte die Familie wieder dauerhaft in Schöneck, wo 1903 Grete (gest. 1913), 1907 Max Emanuel, 1909 Johannes Albert, 1911 Anna Erika und 1917 Charlotte Marie zur Welt kamen. Isidor Kohn verdiente den Lebensunterhalt der Familie als Kaufmann, Elise Kohn war Hausfrau. Laut den Kindern lebte die Familie in gutbürgerlichen Verhältnissen.
Um 1920 zog die Familie nach Berlin, nachdem ihre Heimatstadt Schöneck aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags an Polen abgetreten worden war.
In den 1920er-Jahren betrieb Isidor Kohn ein Kolonialwarengeschäft in der Wrangelstraße 136 in Kreuzberg. In den frühen 1930er-Jahren zog die Familie in die Fürstenstraße 15 (das Haus existiert nicht mehr, dort befindet sich heute die Bergfriedstraße 6). Laut der Tochter Anna Erika bewohnten sie dort eine 2-Zimmer-Wohnung mit Küche. Sohn Max Kohn schilderte gegenüber dem Wiedergutmachungsamt, dass seine Mutter sehr musikalisch war: „In Berlin besaßen meine Eltern u.a. ein Klavier und unsere Mutter spielte täglich darauf, weil es für sie, die sonst vollkommen zurückgezogen lebte, ein Lebensbedürfnis war.“
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Kohn. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.
Die überlebenden Kinder schilderten nach dem Krieg gegenüber dem Entschädigungsamt: „Mein Vater besaß in Berlin, Großgörschenstraße 29 ein Restaurant, das aus einem Vereinszimmer, Lokal, zwei Zimmern und Küche bestand. Ungefähr 1930 verpachtete mein Vater das gesamte Lokal mit Vereinsraum an einen Herrn Specker. Mein Vater lebte mit seiner Familie von den Pachteinnahmen, die sich meiner Erinnerung nach auf 4800 RM jährlich beliefen. Schon vor der Machtübernahme war Herr Specker mit der Pacht in Rückstand geraten. 1934 weigerte sich der Pächter weiterhin seine Pacht zu zahlen, weil mein Vater jüdischer Herkunft war und es war meinem Vater nicht möglich, diese Pacht gerichtlich einzutreiben. Seitdem blieb er ohne irgendwelches Einkommen.“
Die älteste Tochter Ilse brachte im Mai 1933 in Berlin ein Mädchen namens Gisela zur Welt. Ilse war nicht verheiratet, Vater des Kindes soll ein „Arier“ gewesen sein, der offenbar nur unregelmäßig Unterhalt zahlte. Ilse und Gisela Kohn wohnten bei den Eltern bzw. Großeltern in der Fürstenstraße 15.
Im März 1939 wurde Ilse Kohn aufgrund einer Denunzierung wegen angeblicher „Rassenschande“ von der Gestapo verhaftet. Vom Polizeipräsidium Alexanderplatz wurde sie in das KZ Ravensbrück verschleppt, wo sie schwere Zwangsarbeit in einem Steinbruch verrichten musste. Ihr Vater versuchte alles, um sie freizubekommen. Nach vielen Bemühungen gelang es der Jüdischen Gemeinde Berlin, für Ilse eine Stellung als Hausangestellte in England und eine Einreiseerlaubnis zu beschaffen. Sie wurde daraufhin Anfang Juli 1939 aus dem KZ entlassen und wanderte einige Tage später nach England aus. Ihre Tochter Gisela konnte sie aber nicht mitnehmen, diese hielt sich dann teils bei ihren Großeltern, teils bei der Familie ihres Onkels Erich auf.
Isidor und Elise Kohn wurden am 3. Oktober 1942 mit dem „3. großen Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert. Nach der Deportation der Großeltern wurde der Jüdischen Gemeinde die Vormundschaft über Gisela Kohn übertragen. Zuletzt lebte sie bei einem Ehepaar Pottlitzer in der Hirtenstraße 22, unweit des Alexanderplatzes. Die Neunährige wurde am 4. März 1943 mit dem „34. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert, wo sie wahrscheinlich gleich nach der Ankunft ermordet wurde.
Isidor Kohn kam am 30. Mai 1943 in Theresienstadt ums Leben. Seine Frau Elise überlebte ihn nur um drei Monate, sie starb dort am 25. August 1943. Laut ihrer Todesfallanzeige soll die Todesursache „Herzschwäche“ gewesen sein.
Der älteste Sohn Alfred wurde mit seiner Frau und den beiden Töchtern ebenfalls in Auschwitz ermordet. Sohn Erich überlebte die Shoah aufgrund seiner Ehe mit einer „Arierin“. Die anderen Söhne und Töchter waren rechtzeitig nach Südamerika, Palästina und England ausgewandert.