Simon Hayek

Verlegeort
Prinz-Friedrich-Leopold-Str. 31
Bezirk/Ortsteil
Nikolassee
Verlegedatum
26. Oktober 2019
Geboren
14. August 1871 in Wieselburg / Moson
Beruf
Chemiker und Destillateur
Flucht
12/1938 Gaya (Kyjov) Tschechoslowakei
Verhaftet
Oktober 1938 bis November 1938 in Polizeigefängnis Alexanderplatz
Deportation
am 23. Januar 1943 nach Theresienstadt
Verstorben an den Folgen von Haft und Folter
23. Januar 1943 in Transportkrankenhaus Kyjov

Simon Hayek, von Beruf Chemiker und Destillateur, „war ein Mann des Fortschritts, der schon am Anfang des Jahrhunderts dem handwerklichen Gewerbe technische Neuheiten herantrug, und ein Pionier in der Spirituosen-Industrie“ – so beschrieb ihn am 1. Oktober 1953 die Fachzeitschrift „Die Branntweinwirtschaft“ anlässlich des 50-jährigen Bestehens der von ihm gegründeten Essenzen-Fabrik Hayek. Doch dieses Firmen-Jubiläum konnte Simon Hayek als Verfolgter und im Holocaust umgekommener jüdischer Unternehmer nicht erleben.<br />
Simon Hayek wurde am 14. August 1871 in Wieselburg (heute Teil der ungarischen Stadt Mosonmagyaróvár) geboren, seine Eltern waren Josef und Antonie Hayek, beide jüdischen Glaubens. Er wuchs deutschsprachig in der Gemeinde Gaya (Mähren), dem heutigen Kyjov (Tschechien), auf und war tschechischer Staatsangehöriger. Im Jahre 1895 heiratete er die aus Schlesien stammende Marianna (Marie) Palisa, die römisch-katholischen Glaubens war. <br />
Während seiner beruflichen Reisen (Wanderjahre) zwischen 1896 und 1903 durch Österreich-Ungarn, die Schweiz, Deutschland, Frankreich und Holland wurden drei seiner sechs Kinder geboren: Walter, Wilhelm und Katja. In Königsberg (Ostpreußen) übernahm er im Jahr 1900 die Stellung als leitender Destillateur der damals sehr bekannten Spirituosen- und Likörfabrik A. Menthal und gründete dort die erste moderne Destillateurschule.<br />
Im Jahre 1903 ließ sich Simon Hayek als Destillateur in Berlin nieder und gründete am 1. Oktober desselben Jahres die weit über Berlin hinaus bekannt gewordene Essenzenfabrik S. Hayek in der Uhlandstraße 135 in Berlin-Wilmersdorf. Seine selbstständige Berufstätigkeit seit 1903 bestand aus dem Import und dem Vertrieb von Rohstoffen für die Spirituosen-Industrie, der Entwicklung und Lieferung von Betriebseinrichtungen und Rezepturen, der Honorarberatung der Spirituosen-Industrie und Vertretungen inländischer Firmen. Außerdem vertrieb er in seinem Buchverlag die von ihm geschriebenen Standardwerke, Hayek’s Kontraktionstabellen für Alkohol-Wasser-Mischungen, Hayek’s Umrechnungstabellen und Hayek’s Apparaturen. Er verfasste Leitartikel und Antworten auf fachliche Anfragen in der „Deutschen Destillateur-Zeitung“. Die von ihm entwickelten Destillations-Apparaturen erhielten 1905 das Patent vom Kaiserlichen Patentamt in Berlin.<br />
Zwischen 1903 und 1907 wurden drei weitere Kinder geboren: Karl, Rosa und Ilse. Die Söhne Walter und Wilhelm Hayek waren bereits seit ihrer Jugend in der Firma ihres Vaters tätig, der jüngste Sohn Karl verstarb im Jahre 1922. Am 16. November 1932 verstarb Simon Hayeks Ehefrau Marianna. <br />
Spätestens seit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war Simon Hayek der drohenden Vernichtung seines Gewerbebetriebs in Berlin ausgesetzt. Der anhaltende Boykott seiner Firma intensivierte sich ab 1933 von Jahr zu Jahr. Letztlich war er gezwungen, seine gesamten Vermögens- und Sachwerte im Laufe der Jahre zu veräußern, um die boykottierte Firma S. Hayek weiter aufrechtzuerhalten und damit die finanzielle Existenz der Familie zu sichern. Er war gezwungen, die Wohnungseinrichtung, Kunstgegenstände, hochwertigen Schmuck und Aktien zu verkaufen. Die Versicherungs- und Versorgungsleistungen konnten nicht mehr gezahlt werden, die geleisteten Prämienzahlungen und seine Lebensversicherung musste er zurückkaufen. <br />
Die von ihm herausgegebenen Standardwerke konnten nicht mehr vertrieben werden. Er war gezwungen, das Verlagsrecht dieser Tabellen an eine Konkurrenzfirma zu verkaufen. <br />
Mit Wirkung vom 1. Januar 1938 übertrug Simon Hayek seine Firma den beiden ältesten Söhnen Walter und Wilhelm (von den Nazis als „halbjüdisch“ bezeichnet) als oHG Gebrüder Hayek. Er konnte damit die Vernichtung seines Unternehmens verhindern. <br />
Bis 1933 hatte Simon Hayek in einer 7-Zimmer-Wohnung in Berlin-Charlottenburg, Kaiserdamm 35, gelebt. Infolge seiner wirtschaftlichen Notlage durch die nationalsozialistischen Vernichtungsmaßnahmen konnte er in der Wohnung nicht bleiben und musste in die Neue Kantstr. 5 umziehen. Nachdem auch dort eine Existenz unmöglich geworden war, nahm ihn im Jahre 1936 die mit seiner Schwiegertochter Helene Hayek befreundete Else Berger in der von ihr bewohnten Villa in Berlin-Nikolassee, Prinz-Friedrich-Leopoldt-Str. 31, auf. Dort lebte er nach ihrer Aussage bis zu seiner Verhaftung im Jahre 1938.<br />
Im Oktober 1938 wurde Simon Hayek während der sogenannten Sudetenkrise in das Polizeigefängnis Berlin-Alexanderplatz eingeliefert und als Geisel inhaftiert. Dort hielt man ihn zwei Monate lang fest. Nach seiner Entlassung war er in einem schlechten körperlichen und geistigen Zustand, wie seine Söhne schrieben. Da er den NS-Gewaltmaßnahmen ausgesetzt war, konnte er nicht mehr in Berlin verbleiben. Sein Sohn Walter Hayek brachte ihn Ende 1938 von Berlin zu dem befreundeten jüdischen Ehepaar Eisinger nach Gaya (Kyjov) in die Tschechoslowakei. In Gaya war er als Jude bei dem Jüdischen Ältestenrat in Prag registriert und seit 1941 verpflichtet, den Judenstern zu tragen. <br />
Im Januar 1943 wurde von Gaya (Kyjov) die gesamte jüdische Bevölkerung der Region in vier Transporten nach Theresienstadt deportiert. Am 23. Januar 1943 wurde Simon Hayek als Schwerstkranker zur Deportation nach Theresienstadt in die Transport-Sammelstelle Uh. Brod gebracht und verstarb dort im Transportkrankenhaus Kyjov am selben Tag.<br />
Trotz Verfolgung durch die Gestapo und zeitweiliger Flucht nach Tschechien hielten sein Sohn Wilhelm Hayek und dessen Ehefrau Helene Hayek die Firma Hayek bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs aufrecht. Im Jahre 1945 begannen sie mit dem Wiederaufbau der Essenzenfabrik Hayek in Berlin-Charlottenburg, die bis 1977 existierte.<br />

Simon Hayek, von Beruf Chemiker und Destillateur, „war ein Mann des Fortschritts, der schon am Anfang des Jahrhunderts dem handwerklichen Gewerbe technische Neuheiten herantrug, und ein Pionier in der Spirituosen-Industrie“ – so beschrieb ihn am 1. Oktober 1953 die Fachzeitschrift „Die Branntweinwirtschaft“ anlässlich des 50-jährigen Bestehens der von ihm gegründeten Essenzen-Fabrik Hayek. Doch dieses Firmen-Jubiläum konnte Simon Hayek als Verfolgter und im Holocaust umgekommener jüdischer Unternehmer nicht erleben.
Simon Hayek wurde am 14. August 1871 in Wieselburg (heute Teil der ungarischen Stadt Mosonmagyaróvár) geboren, seine Eltern waren Josef und Antonie Hayek, beide jüdischen Glaubens. Er wuchs deutschsprachig in der Gemeinde Gaya (Mähren), dem heutigen Kyjov (Tschechien), auf und war tschechischer Staatsangehöriger. Im Jahre 1895 heiratete er die aus Schlesien stammende Marianna (Marie) Palisa, die römisch-katholischen Glaubens war.
Während seiner beruflichen Reisen (Wanderjahre) zwischen 1896 und 1903 durch Österreich-Ungarn, die Schweiz, Deutschland, Frankreich und Holland wurden drei seiner sechs Kinder geboren: Walter, Wilhelm und Katja. In Königsberg (Ostpreußen) übernahm er im Jahr 1900 die Stellung als leitender Destillateur der damals sehr bekannten Spirituosen- und Likörfabrik A. Menthal und gründete dort die erste moderne Destillateurschule.
Im Jahre 1903 ließ sich Simon Hayek als Destillateur in Berlin nieder und gründete am 1. Oktober desselben Jahres die weit über Berlin hinaus bekannt gewordene Essenzenfabrik S. Hayek in der Uhlandstraße 135 in Berlin-Wilmersdorf. Seine selbstständige Berufstätigkeit seit 1903 bestand aus dem Import und dem Vertrieb von Rohstoffen für die Spirituosen-Industrie, der Entwicklung und Lieferung von Betriebseinrichtungen und Rezepturen, der Honorarberatung der Spirituosen-Industrie und Vertretungen inländischer Firmen. Außerdem vertrieb er in seinem Buchverlag die von ihm geschriebenen Standardwerke, Hayek’s Kontraktionstabellen für Alkohol-Wasser-Mischungen, Hayek’s Umrechnungstabellen und Hayek’s Apparaturen. Er verfasste Leitartikel und Antworten auf fachliche Anfragen in der „Deutschen Destillateur-Zeitung“. Die von ihm entwickelten Destillations-Apparaturen erhielten 1905 das Patent vom Kaiserlichen Patentamt in Berlin.
Zwischen 1903 und 1907 wurden drei weitere Kinder geboren: Karl, Rosa und Ilse. Die Söhne Walter und Wilhelm Hayek waren bereits seit ihrer Jugend in der Firma ihres Vaters tätig, der jüngste Sohn Karl verstarb im Jahre 1922. Am 16. November 1932 verstarb Simon Hayeks Ehefrau Marianna.
Spätestens seit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten war Simon Hayek der drohenden Vernichtung seines Gewerbebetriebs in Berlin ausgesetzt. Der anhaltende Boykott seiner Firma intensivierte sich ab 1933 von Jahr zu Jahr. Letztlich war er gezwungen, seine gesamten Vermögens- und Sachwerte im Laufe der Jahre zu veräußern, um die boykottierte Firma S. Hayek weiter aufrechtzuerhalten und damit die finanzielle Existenz der Familie zu sichern. Er war gezwungen, die Wohnungseinrichtung, Kunstgegenstände, hochwertigen Schmuck und Aktien zu verkaufen. Die Versicherungs- und Versorgungsleistungen konnten nicht mehr gezahlt werden, die geleisteten Prämienzahlungen und seine Lebensversicherung musste er zurückkaufen.
Die von ihm herausgegebenen Standardwerke konnten nicht mehr vertrieben werden. Er war gezwungen, das Verlagsrecht dieser Tabellen an eine Konkurrenzfirma zu verkaufen.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1938 übertrug Simon Hayek seine Firma den beiden ältesten Söhnen Walter und Wilhelm (von den Nazis als „halbjüdisch“ bezeichnet) als oHG Gebrüder Hayek. Er konnte damit die Vernichtung seines Unternehmens verhindern.
Bis 1933 hatte Simon Hayek in einer 7-Zimmer-Wohnung in Berlin-Charlottenburg, Kaiserdamm 35, gelebt. Infolge seiner wirtschaftlichen Notlage durch die nationalsozialistischen Vernichtungsmaßnahmen konnte er in der Wohnung nicht bleiben und musste in die Neue Kantstr. 5 umziehen. Nachdem auch dort eine Existenz unmöglich geworden war, nahm ihn im Jahre 1936 die mit seiner Schwiegertochter Helene Hayek befreundete Else Berger in der von ihr bewohnten Villa in Berlin-Nikolassee, Prinz-Friedrich-Leopoldt-Str. 31, auf. Dort lebte er nach ihrer Aussage bis zu seiner Verhaftung im Jahre 1938.
Im Oktober 1938 wurde Simon Hayek während der sogenannten Sudetenkrise in das Polizeigefängnis Berlin-Alexanderplatz eingeliefert und als Geisel inhaftiert. Dort hielt man ihn zwei Monate lang fest. Nach seiner Entlassung war er in einem schlechten körperlichen und geistigen Zustand, wie seine Söhne schrieben. Da er den NS-Gewaltmaßnahmen ausgesetzt war, konnte er nicht mehr in Berlin verbleiben. Sein Sohn Walter Hayek brachte ihn Ende 1938 von Berlin zu dem befreundeten jüdischen Ehepaar Eisinger nach Gaya (Kyjov) in die Tschechoslowakei. In Gaya war er als Jude bei dem Jüdischen Ältestenrat in Prag registriert und seit 1941 verpflichtet, den Judenstern zu tragen.
Im Januar 1943 wurde von Gaya (Kyjov) die gesamte jüdische Bevölkerung der Region in vier Transporten nach Theresienstadt deportiert. Am 23. Januar 1943 wurde Simon Hayek als Schwerstkranker zur Deportation nach Theresienstadt in die Transport-Sammelstelle Uh. Brod gebracht und verstarb dort im Transportkrankenhaus Kyjov am selben Tag.
Trotz Verfolgung durch die Gestapo und zeitweiliger Flucht nach Tschechien hielten sein Sohn Wilhelm Hayek und dessen Ehefrau Helene Hayek die Firma Hayek bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs aufrecht. Im Jahre 1945 begannen sie mit dem Wiederaufbau der Essenzenfabrik Hayek in Berlin-Charlottenburg, die bis 1977 existierte.