Hedwig Ruben

Verlegeort
Dahlmannstr. 10
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
24. Juli 2012
Geboren
07. März 1883 in Birnbaum (Posen) / Międzychód
Flucht in den Tod
31. Mai 1942 in Berlin

Hedwig Ruben, geboren am 7. März 1883 in Birnbaum (heute: Międzychód/Polen), lebte mit ihrem Bruder Martin seit Mitte der 1930er Jahre in der Dahlmannstraße 10 in einer Wohnung im Vorderhaus im 2. Stock. Die Ehefrau ihres Bruders, Erna, geb. Loewi, zog nach der Vermählung im Februar 1942 ebenfalls in die Wohnung.<br />
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Im Landeshauptarchiv Brandenburg in Potsdam gibt es eine Akte von Hedwig Ruben, jedoch ohne die Vermögenserklärung, die Juden üblicherweise vor ihrer Deportation ausfüllen mussten. Aus den vorhandenen Unterlagen lässt sich schließen, dass sich Hedwig Ruben nach all den Jahren der Verfolgung und Entrechtung durch die Nationalsozialisten, nachdem sie den Deportationsbescheid erhalten hatte, am 31. Mai 1942 das Leben nahm. In der zynischen Amtssprache eines Sachbearbeiters der Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg heißt es in einem Schreiben an die Deutsche Bank vom 10. Dezember 1942: „Das Vermögen der Jüdin Hedwig Sara Ruben ist durch Bekanntmachung vom 9. August 1942 (Deutscher Reichsanzeiger Nr. 197 vom 24.8.1942) als dem Deutschen Reich verfallen erklärt worden. Die Verwaltung und Verwertung des verfallenden Vermögens liegt laut § 8 Abs. 2 gem. der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1942 dem Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg ob. Nach meinen Feststellungen hat sich die Jüdin durch Freitod ihrer vorgesehenen Abschiebung entzogen…“<br />
<br />
Die ganze Akte ist ein Dokument der eiskalten Arbeitsweise der Nazibürokratie bei der Planung, Ausführung und Verwaltung ihrer Verbrechen. Einnahmen aus dem beschlagnahmten Vermögen und dem Verkauf des Mobiliars sowie Ausgaben für Miete, Strom, Wasser, Gerichtsvollzieher wurden genauestens mit Datum, Namen, Stempel, meist unleserlicher Unterschrift dokumentiert.<br />
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Der nach dem „Freitod“ von Hedwig Ruben in der Wohnung gebliebene Bruder Martin Ruben und seine Ehefrau Erna, geb. Loewi, mussten nicht nur diesen Schock und Verlust bewältigen, sondern auch die Angst, ebenfalls deportiert zu werden. In den folgenden Monaten wurden sie von verschiedenen Ämtern drangsaliert. So wurde z.B. der Wert des Mobiliars von Hedwig Ruben vom Obergerichtsvollzieher geschätzt, aus der Wohnung herausgeholt und an interessierte Arier verkauft. Alles ist fein säuberlich dokumentiert worden. In einem Vermerk heißt es, dass die Wohnung am 22. November 1942 geräumt worden sei, was in einer weiteren Notiz jedoch nur auf die Möbel von Hedwig Ruben bezogen wird, da in der Wohnung Martin und Erna Ruben sowie zwei Untermieter blieben und der Hausbesitzer immer wieder die ausstehende Miete von monatlich etwa 100 RM für die „Judenwohnung Hedwig Ruben“ anmahnte, die dann von der Vermögensverwertungsstelle überwiesen wurde.<br />
<br />
Die Erbschaftssteuerstelle des Finanzamtes Hansa wandte sich nach dem „Freitod“ von Hedwig Ruben offensichtlich auch an Martin Ruben und schrieb am 7. Dezember 1942 an die Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg, dass „der Erbe der am 31.5.1942 verstorbenen ledigen Jüdin Hedwig Sara Ruben, ihr Bruder Martin Israel Ruben, durch Schreiben vom 22.11.1942 mitgeteilt habe, dass laut Auskunft der Deutschen Bank das Vermögen von der Gestapo beschlagnahmt worden sei“.<br />
<br />
Die Akte Hedwig Ruben wurde noch während des ganzen Jahres 1943 weiter geführt, also eineinhalb Jahre nach ihrer Flucht in den Tod: Nachdem der Untermieter Sally Hofmann, geboren am 1. August 1891 und seine Ehefrau Edith, geb. Klath, am 15. Februar 1943 „abgeschoben“ und Erna und Martin Ruben am 2. März 1943 deportiert und in Auschwitz ermordet worden waren, wurde am 8. Juli 1943 das Inventar der „Judenwohnung Ruben, Dahlmannstraße 10, V.II“ auf etwa 2000 RM geschätzt. Von August bis Oktober 1943 wurden Buffet, Bücherschrank, Schreibtisch, Sessel, Ausziehtisch mit sieben Stühlen, Kleiderschrank und Messingbettgestell an verschiedene Leute, auch Hausbewohner, im Wert von 1450 RM verkauft, alles wieder penibel und mit diversen Unterschriften in der Akte dokumentiert. Während des ganzen Jahres 1943 mahnte die Hausverwaltung immer wieder ausstehende Mietzahlungen an, die dann von der Vermögensverwertungsstelle überwiesen wurden. Die Wohnung wurde letztlich im November 1943 geräumt.

Hedwig Ruben, geboren am 7. März 1883 in Birnbaum (heute: Międzychód/Polen), lebte mit ihrem Bruder Martin seit Mitte der 1930er Jahre in der Dahlmannstraße 10 in einer Wohnung im Vorderhaus im 2. Stock. Die Ehefrau ihres Bruders, Erna, geb. Loewi, zog nach der Vermählung im Februar 1942 ebenfalls in die Wohnung.

Im Landeshauptarchiv Brandenburg in Potsdam gibt es eine Akte von Hedwig Ruben, jedoch ohne die Vermögenserklärung, die Juden üblicherweise vor ihrer Deportation ausfüllen mussten. Aus den vorhandenen Unterlagen lässt sich schließen, dass sich Hedwig Ruben nach all den Jahren der Verfolgung und Entrechtung durch die Nationalsozialisten, nachdem sie den Deportationsbescheid erhalten hatte, am 31. Mai 1942 das Leben nahm. In der zynischen Amtssprache eines Sachbearbeiters der Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg heißt es in einem Schreiben an die Deutsche Bank vom 10. Dezember 1942: „Das Vermögen der Jüdin Hedwig Sara Ruben ist durch Bekanntmachung vom 9. August 1942 (Deutscher Reichsanzeiger Nr. 197 vom 24.8.1942) als dem Deutschen Reich verfallen erklärt worden. Die Verwaltung und Verwertung des verfallenden Vermögens liegt laut § 8 Abs. 2 gem. der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1942 dem Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg ob. Nach meinen Feststellungen hat sich die Jüdin durch Freitod ihrer vorgesehenen Abschiebung entzogen…“

Die ganze Akte ist ein Dokument der eiskalten Arbeitsweise der Nazibürokratie bei der Planung, Ausführung und Verwaltung ihrer Verbrechen. Einnahmen aus dem beschlagnahmten Vermögen und dem Verkauf des Mobiliars sowie Ausgaben für Miete, Strom, Wasser, Gerichtsvollzieher wurden genauestens mit Datum, Namen, Stempel, meist unleserlicher Unterschrift dokumentiert.

Der nach dem „Freitod“ von Hedwig Ruben in der Wohnung gebliebene Bruder Martin Ruben und seine Ehefrau Erna, geb. Loewi, mussten nicht nur diesen Schock und Verlust bewältigen, sondern auch die Angst, ebenfalls deportiert zu werden. In den folgenden Monaten wurden sie von verschiedenen Ämtern drangsaliert. So wurde z.B. der Wert des Mobiliars von Hedwig Ruben vom Obergerichtsvollzieher geschätzt, aus der Wohnung herausgeholt und an interessierte Arier verkauft. Alles ist fein säuberlich dokumentiert worden. In einem Vermerk heißt es, dass die Wohnung am 22. November 1942 geräumt worden sei, was in einer weiteren Notiz jedoch nur auf die Möbel von Hedwig Ruben bezogen wird, da in der Wohnung Martin und Erna Ruben sowie zwei Untermieter blieben und der Hausbesitzer immer wieder die ausstehende Miete von monatlich etwa 100 RM für die „Judenwohnung Hedwig Ruben“ anmahnte, die dann von der Vermögensverwertungsstelle überwiesen wurde.

Die Erbschaftssteuerstelle des Finanzamtes Hansa wandte sich nach dem „Freitod“ von Hedwig Ruben offensichtlich auch an Martin Ruben und schrieb am 7. Dezember 1942 an die Vermögensverwertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg, dass „der Erbe der am 31.5.1942 verstorbenen ledigen Jüdin Hedwig Sara Ruben, ihr Bruder Martin Israel Ruben, durch Schreiben vom 22.11.1942 mitgeteilt habe, dass laut Auskunft der Deutschen Bank das Vermögen von der Gestapo beschlagnahmt worden sei“.

Die Akte Hedwig Ruben wurde noch während des ganzen Jahres 1943 weiter geführt, also eineinhalb Jahre nach ihrer Flucht in den Tod: Nachdem der Untermieter Sally Hofmann, geboren am 1. August 1891 und seine Ehefrau Edith, geb. Klath, am 15. Februar 1943 „abgeschoben“ und Erna und Martin Ruben am 2. März 1943 deportiert und in Auschwitz ermordet worden waren, wurde am 8. Juli 1943 das Inventar der „Judenwohnung Ruben, Dahlmannstraße 10, V.II“ auf etwa 2000 RM geschätzt. Von August bis Oktober 1943 wurden Buffet, Bücherschrank, Schreibtisch, Sessel, Ausziehtisch mit sieben Stühlen, Kleiderschrank und Messingbettgestell an verschiedene Leute, auch Hausbewohner, im Wert von 1450 RM verkauft, alles wieder penibel und mit diversen Unterschriften in der Akte dokumentiert. Während des ganzen Jahres 1943 mahnte die Hausverwaltung immer wieder ausstehende Mietzahlungen an, die dann von der Vermögensverwertungsstelle überwiesen wurden. Die Wohnung wurde letztlich im November 1943 geräumt.