Mathilde Mathel Jacob

Verlegeort
Altonaer Str. 26
Historischer Name
Altonaer Str. 11
Bezirk/Ortsteil
Hansaviertel
Verlegedatum
Mai 2011
Geboren
08. März 1873 in Berlin
Beruf
Sekretärin
Deportation
am 27. Juli 1942 nach Theresienstadt
Tot
14. April 1943 im Ghetto Theresienstadt

Mathilde Jacob, genannt Mathel, wurde am 8. März 1873 in Berlin geboren. Ihre Eltern waren der jüdische Fleischwarenhändler Julius Jacob und seine Frau Emilie, geb. Bernhard. Mathilde Jacob war das älteste von insgesamt acht Kindern des Ehepaars. Über ihre Kindheit, ihre Jugend und frühen Erwachsenenjahre ist nichts bekannt. Überliefert ist, dass sie 1907, als 34-jährige, nicht verheiratete Frau, ein kleines Büro für Schreib- und Übersetzungsarbeiten eröffnete, in der damaligen Zeit durchaus ungewöhnlich. Zu ihren Kunden zählten bald namhafte Sozialdemokraten wie z.B. Julian Marchlewski, Franz Mehring und Karl Radek. Für ihren weiteren Lebensweg einschneidend war, dass ab Dezember 1913 auch Rosa Luxemburg zu ihrem Kundenstamm gehörte. <br />
Aus der zunächst rein beruflichen Beziehung muss in den folgenden Jahren eine innige und vertrauensvolle Freundschaft entstanden sein, die auch auf gemeinsamen politischen Überzeugungen fußte. So war es Mathilde Jacob, die Rosa Luxemburg während ihrer Zuchthausstrafen regelmäßig besuchte und dabei mit allem Notwendigen versorgte und die zugleich Briefe und Schriften aus dem Gefängnis hinaus- und hineinschmuggelte. Auch arbeitete Mathilde Jacob mit Leo Jogiches, Rosa Luxemburgs langjährigem ehemaligen Lebensgefährten und politischem Weggefährten, während des Ersten Weltkrieges eng zusammen. Als es am Ende des Krieges – maßgeblich unterstützt von den Spartakisten, an deren Spitze Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht standen – zum revolutionären Umsturz in Deutschland kam, war Mathilde Jacob als aktive Unterstützerin an der Seite Rosa Luxemburgs, ebenso wie während des Gründungskongresses der KPD bei dem Jahreswechsel 1918/19.<br />
Nach der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts im Januar 1919 und als auch Leo Jogiches im März desselben Jahres ermordet wurde, lag die Verantwortung für die Finanzen der noch jungen KPD bei Mathilde Jacob. Mindestens eine Gefängnisstrafe, von Anfang August bis Ende September 1919, musste auch Mathilde Jacob überstehen.<br />
In den folgenden Jahren arbeitete sie sehr eng mit Paul Levi, dem ehemaligen Rechtsanwalt von Rosa Luxemburg und ebenfalls Gründungsmitglied der KPD, zusammen. Wie er trat auch Mathilde Jacob wegen gravierender politischer Meinungsverschiedenheiten 1921 aus der KPD aus. Gemeinsam mit Paul Levi war sie in den folgenden Jahren verantwortliche Redakteurin der Zeitschrift „Unser Weg“, herausgegeben von der von Paul Levi gegründeten Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft sowie für die Pressekorrespondenz „Sozialistische Politik und Wirtschaft“. 1922 wurde Mathilde Jacob Mitglied der SPD. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie weiterhin mit ihrem Schreibbüro. <br />
Mathilde Jacob war zudem verantwortlich für den Nachlass von Rosa Luxemburg, ein Umstand, den die KPD-Mitglieder nur sehr schwer akzeptieren konnten, wie verletzende und beleidigende Bemerkungen auf dem VII. Jenaer-KPD-Parteitag im August 1921 erkennen lassen.<br />
Nach dem Tod von Paul Levi im Jahr 1930 war Mathilde Jacob wahrscheinlich nicht mehr politisch aktiv. Dass die Machtübernahme der NSDAP für sie als Jüdin eine Phase voller Repressalien und Drangsalierungen mit existentieller Bedrohung bedeuten würde – dessen war sie sich als politisch denkende Frau sicherlich bewusst. Inwieweit sie mit Widerstandskreisen in Kontakt stand, ist nicht bekannt.<br />
Noch kurz vor Kriegsbeginn, im Juni 1939, gelang es Mathilde Jacob nach allen Regeln der Konspirativität, große und bedeutende Teile des Nachlasses von Rosa Luxemburg dem amerikanischen Historiker Ralph H. Lutz von der Hoover Institution in Stanford/USA zu übergeben. Den Kontakt hatte die in die USA emigrierte Sozialistin Angelica Balabanoff hergestellt. Mit der Diplomatenpost der US-amerikanischen Botschaft konnten diese wichtigen zeitgeschichtlichen Dokumente in die USA geschafft werden.<br />
Etwa zeitgleich bemühte sich Mathilde Jacob gemeinsam mit der Familie ihres Bruders Walter um eine Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland. Wiederholt richtete sie Briefe an die Schwester von Paul Levi, die inzwischen in den Vereinigten Staaten von Amerika lebte. Doch alle Bemühungen blieben vergeblich. Am 27. Juli 1942 wurde sie mit dem „30. Alterstransport“ von Berlin in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Sie starb dort an den unerträglichen Lebensbedingungen am 14. April 1943 im Alter von 70 Jahren.<br />

Mathilde Jacob, genannt Mathel, wurde am 8. März 1873 in Berlin geboren. Ihre Eltern waren der jüdische Fleischwarenhändler Julius Jacob und seine Frau Emilie, geb. Bernhard. Mathilde Jacob war das älteste von insgesamt acht Kindern des Ehepaars. Über ihre Kindheit, ihre Jugend und frühen Erwachsenenjahre ist nichts bekannt. Überliefert ist, dass sie 1907, als 34-jährige, nicht verheiratete Frau, ein kleines Büro für Schreib- und Übersetzungsarbeiten eröffnete, in der damaligen Zeit durchaus ungewöhnlich. Zu ihren Kunden zählten bald namhafte Sozialdemokraten wie z.B. Julian Marchlewski, Franz Mehring und Karl Radek. Für ihren weiteren Lebensweg einschneidend war, dass ab Dezember 1913 auch Rosa Luxemburg zu ihrem Kundenstamm gehörte.
Aus der zunächst rein beruflichen Beziehung muss in den folgenden Jahren eine innige und vertrauensvolle Freundschaft entstanden sein, die auch auf gemeinsamen politischen Überzeugungen fußte. So war es Mathilde Jacob, die Rosa Luxemburg während ihrer Zuchthausstrafen regelmäßig besuchte und dabei mit allem Notwendigen versorgte und die zugleich Briefe und Schriften aus dem Gefängnis hinaus- und hineinschmuggelte. Auch arbeitete Mathilde Jacob mit Leo Jogiches, Rosa Luxemburgs langjährigem ehemaligen Lebensgefährten und politischem Weggefährten, während des Ersten Weltkrieges eng zusammen. Als es am Ende des Krieges – maßgeblich unterstützt von den Spartakisten, an deren Spitze Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht standen – zum revolutionären Umsturz in Deutschland kam, war Mathilde Jacob als aktive Unterstützerin an der Seite Rosa Luxemburgs, ebenso wie während des Gründungskongresses der KPD bei dem Jahreswechsel 1918/19.
Nach der Ermordung Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts im Januar 1919 und als auch Leo Jogiches im März desselben Jahres ermordet wurde, lag die Verantwortung für die Finanzen der noch jungen KPD bei Mathilde Jacob. Mindestens eine Gefängnisstrafe, von Anfang August bis Ende September 1919, musste auch Mathilde Jacob überstehen.
In den folgenden Jahren arbeitete sie sehr eng mit Paul Levi, dem ehemaligen Rechtsanwalt von Rosa Luxemburg und ebenfalls Gründungsmitglied der KPD, zusammen. Wie er trat auch Mathilde Jacob wegen gravierender politischer Meinungsverschiedenheiten 1921 aus der KPD aus. Gemeinsam mit Paul Levi war sie in den folgenden Jahren verantwortliche Redakteurin der Zeitschrift „Unser Weg“, herausgegeben von der von Paul Levi gegründeten Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft sowie für die Pressekorrespondenz „Sozialistische Politik und Wirtschaft“. 1922 wurde Mathilde Jacob Mitglied der SPD. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie weiterhin mit ihrem Schreibbüro.
Mathilde Jacob war zudem verantwortlich für den Nachlass von Rosa Luxemburg, ein Umstand, den die KPD-Mitglieder nur sehr schwer akzeptieren konnten, wie verletzende und beleidigende Bemerkungen auf dem VII. Jenaer-KPD-Parteitag im August 1921 erkennen lassen.
Nach dem Tod von Paul Levi im Jahr 1930 war Mathilde Jacob wahrscheinlich nicht mehr politisch aktiv. Dass die Machtübernahme der NSDAP für sie als Jüdin eine Phase voller Repressalien und Drangsalierungen mit existentieller Bedrohung bedeuten würde – dessen war sie sich als politisch denkende Frau sicherlich bewusst. Inwieweit sie mit Widerstandskreisen in Kontakt stand, ist nicht bekannt.
Noch kurz vor Kriegsbeginn, im Juni 1939, gelang es Mathilde Jacob nach allen Regeln der Konspirativität, große und bedeutende Teile des Nachlasses von Rosa Luxemburg dem amerikanischen Historiker Ralph H. Lutz von der Hoover Institution in Stanford/USA zu übergeben. Den Kontakt hatte die in die USA emigrierte Sozialistin Angelica Balabanoff hergestellt. Mit der Diplomatenpost der US-amerikanischen Botschaft konnten diese wichtigen zeitgeschichtlichen Dokumente in die USA geschafft werden.
Etwa zeitgleich bemühte sich Mathilde Jacob gemeinsam mit der Familie ihres Bruders Walter um eine Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland. Wiederholt richtete sie Briefe an die Schwester von Paul Levi, die inzwischen in den Vereinigten Staaten von Amerika lebte. Doch alle Bemühungen blieben vergeblich. Am 27. Juli 1942 wurde sie mit dem „30. Alterstransport“ von Berlin in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Sie starb dort an den unerträglichen Lebensbedingungen am 14. April 1943 im Alter von 70 Jahren.