Franz Imberg

Verlegeort
Ansbacher Straße 70
Bezirk/Ortsteil
Schöneberg
Verlegedatum
10. Juni 2022
Geboren
27. Dezember 1865 in Berlin
Beruf
Rechtsanwalt, Notar
Tot
03. Februar 1942 in Berlin
Biografie

Franz Imberg wurde am 27.12.1865 als Sohn des Kaufmanns und Berliner Stadtverordneten Louis
Imberg und seiner Ehefrau Bertha geb. Russ in eine Berliner Familie hineingeboren.
Louis Imberg arbeitete zusammen mit seinem Bruder Julius als Lederhändler in der Firma „L.
Imberg und Company“.
Franz hatte noch zwei ältere Schwestern: Fanny Vogelsdorff (1859 -1936) und Elise Russ (1863-
1936). Wo er zur Schule gegangen ist und wo er Jura studiert hat, wissen wir nicht.

Beruflicher Werdegang und Familiengründung
1889 und 1893 legt er die beiden juristischen Staatsprüfungen ab und war zunächst unentgeltlich
als Gerichtsassessor beim Amtsgericht Köpenick beschäftigt. Als Rechtsanwalt wurde er am
1.12.1894 zunächst beim Landgericht I in Berlin zugelassen. Ab 1.6.1906 dann auch bei den
Landgerichten II und III.

1895 finden wir den Rechtsanwalt beim Langericht I, Franz Imberg, erstmalig mit einem eigenen
Eintrag im Berliner Adressbuch mit eigenem Büro in Berlin-Mitte „SW, Krausenstr. 35 (am
Dönhoffplatz)“, wohnhaft noch bei den Eltern in der Joachimthaler Str. 6 in Charlottenburg.
Am 4. April 1897 heiratete der jetzt 31jährige Rechtanwalt Franz Imberg die 20jährige Clara geb.
Reimann. Er wohnte da bereits nicht mehr bei seinen Eltern, sondern in Schöneberg in der
Potsdamer Str. 23a.

Am 21. Juni 1899 wurde in Berlin in der Potsdamer Str. 23a das erste Kind des Ehepaares Imberg,
die Tochter Hilde geboren. Im Jahr darauf starb der Vater von Franz, Louis Imberg und erhielt auf
dem Jüdischen Friedhof ein repräsentatives Grabmal. Kurze Zeit danach finden wir die Familie in einer vermutlich deutlich größeren Wohnung in der Potsdamer 136/137 in der Nähe des Potsdamer Platzes.
„Am 7. April 1905 erschien der Rechtsanwalt Franz Imberg, wohnhaft in Berlin, Potsdamer Str.
136/137 vor einem Standesbeamten und zeigte an, dass von der Clara Imberg, geborene Reimann,
seiner Ehefrau, beide mosaischer Region, in seiner Wohnung am 6. April 1905 ein toter Knabe
geboren worden sei.“
Gut zwei Jahre später wurde am 7.11.1907 in derselben Wohnung erneut ein Sohn, Heinz Louis
Imberg, geboren.

Im Berliner Adressbuch 1911 finden wir Franz Imberg, Rechtsanwalt beim Landgericht I, II und III,
nun in der Potsdamer 113, Villa III, Sprechstunde nur noch von 41/2 - 6 ½ Uhr nachmittags.
Er wohnte mit seiner Familie nun in einer 11-Zimmer-Wohnung, in der auch die Rechtsanwaltspraxis untergebracht war. 1912 wurde Rechtsanwalt Franz Imberg zum Notar beim Amtsgericht Berlin-Schöneberg ernannt. Seit 1913 durfte er sich „Justizrat“ nennen.

Tochter Hilde heiratete 1921 den Doktor der Staatswissenschaften und Besitzer einer
Tapetenfabrik in Moabit, Dr. Eduard Liepmann. Sie bekamen zwei Kinder, die Schwestern Ruth
(*1923) und Lisa (*1926).


1931 oder 1932 gründete Franz Imberg eine Sozietät mit einem nichtjüdischen Rechtsanwalt und
Notar. Die Praxis beschäftigte zu dieser Zeit außerdem 4 – 5 Bürokräfte. Franz Imberg war jetzt
bereits Mitte 60. Seinem steigenden gesellschaftlichen Ansehen entsprach, dass die Wohnadressen von Mal zu Mal vornehmer werden. Die Familie konnte sich inzwischen ein sorgloses gut bürgerliches Leben
leisten. Jedenfalls bis 1933.


Diskriminierung, Entrechtung und Verfolgung
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten begann sehr schnell die Diskriminierung
auch der jüdischen Juristen. Am 1. April 1933 riefen die Nazis zum sog. „Judenboykott“ auf. Ob
auch in der Potsdamer Str. 113 SA-Männer vor der Rechtsanwalts- und Notariatspraxis standen und
die Klienten am Betreten zu hindern versuchten, wissen wir nicht.

Am 7. April 1933 trat ein „Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft“ in Kraft, das
„nichtarischen“ Rechtsanwälten die Zulassung zum 30. September 1933 entzog. Von dieser
Bestimmung sollten nur Anwälte ausgenommen werden, die bereits seit dem 1. August 1914
zugelassen oder durch das sog. „Frontkämpferprivileg“ geschützt waren. Wahrscheinlich hat Franz
Imberg im 1. Weltkrieg nicht an der Front gekämpft, auf jeden Fall lag seine Zulassung als
Rechtsanwalt und Notar deutlich vor dem Stichtag, so dass er zunächst als Anwalt weiterarbeiten
durfte.

Sein Sohn Heinz (Henry) allerdings, der von 1925 bis 1929 in Berlin und Freiburg i.Br. Rechts- und
Staatswissenschaften studiert hatte und 1933 die zweite juristische Staatsprüfung ablegte, konnte
durch die antisemitische Gesetzgebung seine die juristische Laufbahn nicht fortzusetzen.
Der ursprüngliche Plan, in die Sozietät seines Vaters zu arbeiten, war damit gescheitert. Er
versuchte sich 1934 in Spanien eine berufliche Existenz als Importvertreter aufzubauen. Als 1936
der Spanische Bürgerkrieg begann, floh er weiter nach England.

1935 musste das Sozietätsverhältnis mit dem „arischen“ Sozius aufgelöst werden. Franz Imberg
führte zunächst die Praxis in der Potsdamer Str. 113 allein weiter. Allerdings gingen die Einnahmen
deutlich zurück. Ein Jahr später wurde ihm die Notariatszulassung entzogen.

Vermutlich in diesem Jahr 1936 musste er auch die große Praxis in der Potsdamer Str. 113
aufgeben. Er zog mit seiner Frau in eine Wohnung in der Neuen Ansbacher Str. 17. Das Haus
gehörte ihm seit Anfang des Jahrhunderts. Dort arbeitete er zunächst als Rechtsanwalt weiter, bis
ihm zum 30. November 1938 schließlich die Zulassung entzogen wird. Man zwang ihn, seinem Namen den Zwangsvornamen „Israel“ hinzuzufügen. Das Haus in der Neuen Ansbacher Str. 17 (heute Ansbacher Str. 70), musste er 1939 verkaufen und war nun Mieter im eigenen Haus.

Wie seine Frau Clara musste auch Justizrat Imberg von September 1941 an bis zu seinem Tode den
entwürdigenden Judenstern tragen. Auf einer Karteikarte im Brandenburgischen Landeshauptarchiv ist der Stempel „Reichsfeinde“ zu lesen. Mit Datum vom 1. Februar 1942 wurde sein Vermögen zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen. Zwei Tage später war Franz Imberg tot. Auf der Sterbeurkunde ist als Todesursache „Arteriosklerose der Herzkranzarterien“ vermerkt.

In allen Gedenkbüchern wird im Gegensatz dazu davon ausgegangen, dass Franz Imberg sich das
Leben genommen hat. Auch in der Familie existiert diese Vermutung. Aber seine Kinder waren
nicht mehr in Berlin, als er starb. Auch Tochter Hilde war mit ihrem Mann bereits 1939 nach
Palästina geflohen. Franz Imberg wurde auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee in einem einfachen
Grab bestattet.