Margarete Wittenberg geb. Goldstrom

Verlegeort
Bamberger Str. 55
Bezirk/Ortsteil
Schöneberg
Verlegedatum
21. August 2006
Geboren
01. März 1885 in Wittenberg
Beruf
Schneiderin
Deportation
am 26. Oktober 1942 nach Riga
Ermordet
29. Oktober 1942 in Riga

Margarete Wittenberg wurde am 1. März 1885 in Wittenberg geboren. Die Eltern Hermann Goldstrom und Franziska, geb. Schmidt, hatten vermutlich nur diese eine Tochter. Margarete Goldstrom schloss das Mädchenlyzeum in Wittenberg ab und wurde anschließend in Berlin zur Schneiderin ausgebildet. <br />
<br />
Bis zu ihrer Heirat mit Sally (David) Wittenberg am 24. Dezember 1906 arbeitete sie in diesem Beruf. Sally Wittenberg, geboren 1883 in Neustadt/Pinne, im Westen der Provinz Posen, heute Lwówek in Südostpommern, war Textilkaufmann und in verschiedenen Modefachgeschäften tätig. <br />
<br />
Margarete Wittenberg gebar vier Kinder: Hans Julius (geboren 1907, er starb als 15jähriger an den Folgen einer Blinddarmoperation), Ernst Herbert (geboren 1913), Suse (geboren 1924) und Hermine (s. dort, geboren 1926). <br />
<br />
Seit den 1920er Jahren lebte die Familie in einer Dreizimmer-Wohnung in der Bamberger Straße 55 in Berlin-Schöneberg. Sally Wittenberg war inzwischen Vertreter für Weine und andere alkoholische Getränke; er arbeitete für verschiedene Spirituosenfirmen in Hanau, Liegnitz und Flensburg, der Familie ging es wirtschaftlich recht gut. Alle drei Kinder besuchten höhere Schulen. Es stand eine Haushaltshilfe zur Verfügung und alljährlich gab es eine Ferienreise, gelegentlich auch ins Ausland. <br />
<br />
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten und den Aufforderungen zum Judenboykott entzogen die Lieferfirmen Sally Wittenberg 1933 die Vertretungen. Infolgedessen verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der Familie erheblich. Sie war fortan auf die Unterstützung eines Bruders von Sally angewiesen, auch wenn Margarete Wittenberg 1933 in Heimarbeit ihren Beruf als Schneiderin für Kinderkleider und -mäntel wieder aufnahm. Obwohl sie ausschließlich auf jüdische Kunden angewiesen war, konnte sie mit ihrer Arbeit den notwendigsten Unterhalt der Familie sichern. Sie arbeitete dabei sowohl für Modegeschäfte wie für Privatkunden. Ab 1935/36 blieb diese Klientel jedoch zunehmend aus, denn zahlreiche Juden verließen jetzt Deutschland. Nur hin und wieder erhielt sie noch Aufträge und war nach Aussage der emigrierten Tochter Suse Frydman seit 1938 arbeitslos. <br />
<br />
Wie die Tochter Suse berichtete, wurde ihr Vater nach der Reichspogromnacht im November 1938 vor Aufregung herzkrank. Am 26. August 1940 starb Sally Wittenberg und wurde am 30. August auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee begraben. <br />
<br />
Im Jahre 1936 hatte der Sohn Ernst Herbert einen Brief erhalten, er müsse innerhalb von 72 Stunden Deutschland verlassen. Er flüchtete zunächst nach Dänemark und anschließend nach Jugoslawien. Dort lernte er seine spätere Ehefrau Michael kennen. Im Jahre 1938 wanderten sie nach Palästina aus und lebten im Kibbuz Givat Brenner. Dort arbeitete er als Kraftwagenfahrer. <br />
<br />
Suse und Hermine turnten beide in dem jüdischen Sportverein Maccabi. Dieser Verein beschaffte Auswanderungspapiere für Kinder, die nach Palästina emigrieren wollten. Diese wurden aber nur ab einem bestimmten Alter ausgestellt. Suse konnte 1939 nach Palästina auswandern, Hermine war jedoch noch zu jung dafür. Sie blieb mit ihrer Mutter in Berlin zurück. Suse heiratete später Ber (Dov) Frydman und lebte mit ihm in Tel Aviv-Jaffa, bis sie dort verstarben. <br />
<br />
Nach dem Tod ihres Mannes wurden Margarete Wittenberg, die ihre Wohnung jetzt alleine mit ihrer jüngsten Tochter Hermine teilte, die Untermieterinnen Charlotte Oppenheimer und Margarethe Jacobsohn zugeteilt. Nur noch durch kleine Näharbeiten konnten sich Mutter und Tochter am Leben erhalten. <br />
<br />
Ab 1941 wurde Margarete Wittenberg, nunmehr 56 Jahre alt, zur Zwangsarbeit bei Siemens herangezogen. Auch Hermine musste mit erst 15 Jahren Zwangsarbeit bei der Firma Blaupunkt leisten. <br />
<br />
Am 8. Februar 1942 schrieb Margarete Wittenberg ihrer Tochter Suse einen letzten Brief. Sie wurde mit dem „22. Osttransport“ vom 26. Oktober 1942 nach Riga deportiert und dort am 29. Oktober 1942, unmittelbar nach ihrer Ankunft, ermordet. <br />
<br />
Die 16-jährige Tochter Hermine blieb alleine mit den beiden Untermieterinnen in der Wohnung zurück. Diese wurden am 8. Februar 1943 abgeholt und deportiert. Und nur 11 Tage später, am 19. Februar 1943, hat die Gestapo auch Hermine und das Ehepaar Frieda und Hugo Translateur, das ihr als letzte Untermieter zugeteilt worden war, zur Deportation nach Auschwitz aus der Wohnung geholt. <br />
<br />
Akten der Oberfinanzdirektion im Brandenburgischen Landeshauptarchiv geben Auskunft über den Verkauf des Wohnungsinventars zugunsten des Deutschen Reiches. Der Hausverwalter stellte dabei der Oberfinanzdirektion noch Mietausfälle in Rechnung und erwarb für sich persönlich zwei Teppiche.

Margarete Wittenberg wurde am 1. März 1885 in Wittenberg geboren. Die Eltern Hermann Goldstrom und Franziska, geb. Schmidt, hatten vermutlich nur diese eine Tochter. Margarete Goldstrom schloss das Mädchenlyzeum in Wittenberg ab und wurde anschließend in Berlin zur Schneiderin ausgebildet.

Bis zu ihrer Heirat mit Sally (David) Wittenberg am 24. Dezember 1906 arbeitete sie in diesem Beruf. Sally Wittenberg, geboren 1883 in Neustadt/Pinne, im Westen der Provinz Posen, heute Lwówek in Südostpommern, war Textilkaufmann und in verschiedenen Modefachgeschäften tätig.

Margarete Wittenberg gebar vier Kinder: Hans Julius (geboren 1907, er starb als 15jähriger an den Folgen einer Blinddarmoperation), Ernst Herbert (geboren 1913), Suse (geboren 1924) und Hermine (s. dort, geboren 1926).

Seit den 1920er Jahren lebte die Familie in einer Dreizimmer-Wohnung in der Bamberger Straße 55 in Berlin-Schöneberg. Sally Wittenberg war inzwischen Vertreter für Weine und andere alkoholische Getränke; er arbeitete für verschiedene Spirituosenfirmen in Hanau, Liegnitz und Flensburg, der Familie ging es wirtschaftlich recht gut. Alle drei Kinder besuchten höhere Schulen. Es stand eine Haushaltshilfe zur Verfügung und alljährlich gab es eine Ferienreise, gelegentlich auch ins Ausland.

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten und den Aufforderungen zum Judenboykott entzogen die Lieferfirmen Sally Wittenberg 1933 die Vertretungen. Infolgedessen verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der Familie erheblich. Sie war fortan auf die Unterstützung eines Bruders von Sally angewiesen, auch wenn Margarete Wittenberg 1933 in Heimarbeit ihren Beruf als Schneiderin für Kinderkleider und -mäntel wieder aufnahm. Obwohl sie ausschließlich auf jüdische Kunden angewiesen war, konnte sie mit ihrer Arbeit den notwendigsten Unterhalt der Familie sichern. Sie arbeitete dabei sowohl für Modegeschäfte wie für Privatkunden. Ab 1935/36 blieb diese Klientel jedoch zunehmend aus, denn zahlreiche Juden verließen jetzt Deutschland. Nur hin und wieder erhielt sie noch Aufträge und war nach Aussage der emigrierten Tochter Suse Frydman seit 1938 arbeitslos.

Wie die Tochter Suse berichtete, wurde ihr Vater nach der Reichspogromnacht im November 1938 vor Aufregung herzkrank. Am 26. August 1940 starb Sally Wittenberg und wurde am 30. August auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee begraben.

Im Jahre 1936 hatte der Sohn Ernst Herbert einen Brief erhalten, er müsse innerhalb von 72 Stunden Deutschland verlassen. Er flüchtete zunächst nach Dänemark und anschließend nach Jugoslawien. Dort lernte er seine spätere Ehefrau Michael kennen. Im Jahre 1938 wanderten sie nach Palästina aus und lebten im Kibbuz Givat Brenner. Dort arbeitete er als Kraftwagenfahrer.

Suse und Hermine turnten beide in dem jüdischen Sportverein Maccabi. Dieser Verein beschaffte Auswanderungspapiere für Kinder, die nach Palästina emigrieren wollten. Diese wurden aber nur ab einem bestimmten Alter ausgestellt. Suse konnte 1939 nach Palästina auswandern, Hermine war jedoch noch zu jung dafür. Sie blieb mit ihrer Mutter in Berlin zurück. Suse heiratete später Ber (Dov) Frydman und lebte mit ihm in Tel Aviv-Jaffa, bis sie dort verstarben.

Nach dem Tod ihres Mannes wurden Margarete Wittenberg, die ihre Wohnung jetzt alleine mit ihrer jüngsten Tochter Hermine teilte, die Untermieterinnen Charlotte Oppenheimer und Margarethe Jacobsohn zugeteilt. Nur noch durch kleine Näharbeiten konnten sich Mutter und Tochter am Leben erhalten.

Ab 1941 wurde Margarete Wittenberg, nunmehr 56 Jahre alt, zur Zwangsarbeit bei Siemens herangezogen. Auch Hermine musste mit erst 15 Jahren Zwangsarbeit bei der Firma Blaupunkt leisten.

Am 8. Februar 1942 schrieb Margarete Wittenberg ihrer Tochter Suse einen letzten Brief. Sie wurde mit dem „22. Osttransport“ vom 26. Oktober 1942 nach Riga deportiert und dort am 29. Oktober 1942, unmittelbar nach ihrer Ankunft, ermordet.

Die 16-jährige Tochter Hermine blieb alleine mit den beiden Untermieterinnen in der Wohnung zurück. Diese wurden am 8. Februar 1943 abgeholt und deportiert. Und nur 11 Tage später, am 19. Februar 1943, hat die Gestapo auch Hermine und das Ehepaar Frieda und Hugo Translateur, das ihr als letzte Untermieter zugeteilt worden war, zur Deportation nach Auschwitz aus der Wohnung geholt.

Akten der Oberfinanzdirektion im Brandenburgischen Landeshauptarchiv geben Auskunft über den Verkauf des Wohnungsinventars zugunsten des Deutschen Reiches. Der Hausverwalter stellte dabei der Oberfinanzdirektion noch Mietausfälle in Rechnung und erwarb für sich persönlich zwei Teppiche.