Erna (Esther) Bachner geb. Widmann

Verlegeort
Berolinastraße 32
Historischer Name
Landsberger Straße 32
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Geboren
14. Juni 1898 in Krakau / Kraków
Ermordet
1943 in Auschwitz-Birkenau

Erna (Esther) Widmann wurde am 14. Juni 1898 in Kraków/Krakau geboren. Seit ihrem dritten Lebensjahr wohnte sie mit ihren jüdischen Eltern Joseph und Amalia, geborene Gronner-Wellner, und ihren Geschwistern Alfred und Mia in Berlin. Sie besuchte eine Mittelschule für Mädchen. In Berlin lernte sie Abraham Bachner kennen und beide heirateten im September 1920. Das Ehepaar Bachner bewohnte eine Achtraumwohnung in der Kaiser-Wilhelm-Straße 30 (heutige Karl-Liebknecht-Straße) in Berlin-Mitte. In der Nähe der Wohnung befand sich auch der Betrieb von Abraham. Er war Inhaber eines Herren-Konfektions-Geschäfts und beschäftigte bis zu zehn Angestellte. Erna Bachner kümmerte sich um den Haushalt und half bei der Buchführung im Betrieb ihres Mannes. Ihr erster Sohn James (Shymon Josef) wurde am 24. Mai 1922 geboren sein Bruder Fred kam am 26. September 1925 zur Welt. In der Familie wurde Deutsch gesprochen, auch wenn sich die Eltern mehr als Polen gefühlt haben sollen. Sie lebten nicht streng orthodox, gingen nicht jede Woche in die Synagoge, aber hielten den Sabbat ein und die Mutter kochte koscheres Essen. Die Eltern gingen gerne ins Theater, zu kulturellen Veranstaltungen und unternahmen Sonntagsausflüge in den Tiergarten.<br />
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Nach der Machtübernahme Hitlers 1933 und den antijüdischen Maßnahmen im gesamten Land bekam auch Familie Bachner die Repressionen zu spüren. Im Juli 1933 wurde mit dem „Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit“ vermehrt jüdischen Immigranten aus Osteuropa die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. Davon waren auch die Bachners betroffen, da der Geburtsort der Eltern nach dem Ersten Weltkrieg in Polen lag. Somit musste Abraham für die ganze Familie die polnische Staatsbürgerschaft beantragen. Zu diesem Zeitpunkt begannen die Bachners in Berlin verschiedene Ausreisepläne nach Argentinien und in die USA zu fokussieren, da sie dort weitere Verwandte hatten. Ernas Bruder Alfred war bereits 1918 nach Amsterdam emigriert und ihre Eltern folgten ihm 1934. Als das Geschäft infolge des „Judenboykotts“ schlechter lief, zog die Familie Bachner 1934 in eine günstigere Fünfzimmerwohnung in der Landsberger Straße 32. Schließlich musste Abraham den Laden aufgrund seiner jüdischen Herkunft 1938/1939 zwangsweise aufgeben. <br />
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Vom 27. bis zum 29. Oktober 1938 wurden in einer ersten Massenausweisung ca. 10.000 bis 17.000 polnische Juden nach Polen abgeschoben. In den frühen Morgenstunden des 28. Oktober 1938 erhielten Abraham und James ihren Ausweisungsbescheid von der Polizei. Während James sich seiner Verhaftung entziehen konnte, da sein Bescheid fälschlicherweise auf „Johannes Bachner“ ausgestellt worden war, gelang Abraham die Flucht durch den Dienstboteneingang. Um einer Verhaftung zu entgehen, wollten Abraham und James vor Ablauf der Passgültigkeit nach Polen zu ihren Verwandten reisen. Über Frankfurt an der Oder nahmen Vater und Sohn den Zug bis zur deutsch-polnischen Grenze in Bytom/Beuthen, Oberschlesien. Der Grenzübergang wurde sowohl von der deutschen als auch von der polnischen Seite versperrt und die Ausgewiesenen mussten die Nacht auf dem offenen Feld verbringen. Die lokale jüdische Gemeinde versorgte die Menschen mit Essen und Decken, da die polnischen Beamten auf Befehle am Montag warten mussten. Anschließend wurden sie in eine Schulhalle verlegt und sollten von der polnischen Stadtpolizei registriert werden. Unter dem Vorwand die Toilette zu benutzen, konnten Abraham und James vor der Registrierung verschwinden und fuhren mit dem Zug nach Chrzanów/Krenau, wo sie am späten Abend bei Abrahams Onkel Samuel eintrafen. Unterdessen blieben Erna und Fred in Berlin, beide konnten erst im Juni 1939 mit neuen Pässen nach Polen folgen. <br />
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Während des Novemberpogroms 1938 waren Erna und Fred bei Abrahams Tante Rosa untergekommen, da die Berliner Wohnung und Werkstatt am 9. November 1938 vollkommen zerstört wurden. Ernas Schwester Mia floh zusammen mit ihrem Ehemann Bobby mit dem Auto nach Amsterdam zu ihren Verwandten. Die Großeltern und Ernas Bruder wurden im Sommer 1942 aus den seit 1940 besetzten Niederlanden deportiert und ermordet. Nur Mia und ihr Mann konnten sich verstecken und überlebten den Krieg.<br />
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Die Familie Bachner wurde nach der „Polenaktion“ bei ihren Verwandten in Chrzanów/Krenau aufgenommen, aber im September 1939 nach Kriegsbeginn in ein Ghetto umgesiedelt, wo sie in einer Uniformfabrik arbeiteten. Das Ghetto Krenau/Chrzanów mit ca. 4.000 Juden wurde vom 16. Februar bis 18. Februar 1943 durch die Polizeikompanie Sosnowitz, die Reiterstaffel und die Gestapo Kattowitz aufgelöst und ins Durchgangslager Sosnowitz/Sosnowiec gebracht. Von dort wurden Transporte nach Trautenau, Freystatt und in die Reichsautobahnlager Markstätt und Gogolin organisiert. Am Morgen der Deportation hatte Fred seine Mutter vor einer anstehenden Razzia gewarnt. Er hielt sich in den Feldern versteckt und erfuhr erst anschließend von ihrer Deportation nach Auschwitz. Erna Bachner wurde dort vermutlich nicht mehr registriert, sondern sofort nach der Ankunft in den Gaskammern ermordet. Ihr Todesdatum ist deshalb unsicher zu datieren. Ihr Mann und ihre Söhne wurden in verschiedene Konzentrationslager deportiert. Sie überlebten den Krieg und fanden sich wieder. Am 3. Januar 1947 emigrierten sie zusammen nach New York und bauten sich in den USA ein neues Leben auf.<br />

Erna (Esther) Widmann wurde am 14. Juni 1898 in Kraków/Krakau geboren. Seit ihrem dritten Lebensjahr wohnte sie mit ihren jüdischen Eltern Joseph und Amalia, geborene Gronner-Wellner, und ihren Geschwistern Alfred und Mia in Berlin. Sie besuchte eine Mittelschule für Mädchen. In Berlin lernte sie Abraham Bachner kennen und beide heirateten im September 1920. Das Ehepaar Bachner bewohnte eine Achtraumwohnung in der Kaiser-Wilhelm-Straße 30 (heutige Karl-Liebknecht-Straße) in Berlin-Mitte. In der Nähe der Wohnung befand sich auch der Betrieb von Abraham. Er war Inhaber eines Herren-Konfektions-Geschäfts und beschäftigte bis zu zehn Angestellte. Erna Bachner kümmerte sich um den Haushalt und half bei der Buchführung im Betrieb ihres Mannes. Ihr erster Sohn James (Shymon Josef) wurde am 24. Mai 1922 geboren sein Bruder Fred kam am 26. September 1925 zur Welt. In der Familie wurde Deutsch gesprochen, auch wenn sich die Eltern mehr als Polen gefühlt haben sollen. Sie lebten nicht streng orthodox, gingen nicht jede Woche in die Synagoge, aber hielten den Sabbat ein und die Mutter kochte koscheres Essen. Die Eltern gingen gerne ins Theater, zu kulturellen Veranstaltungen und unternahmen Sonntagsausflüge in den Tiergarten.

Nach der Machtübernahme Hitlers 1933 und den antijüdischen Maßnahmen im gesamten Land bekam auch Familie Bachner die Repressionen zu spüren. Im Juli 1933 wurde mit dem „Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit“ vermehrt jüdischen Immigranten aus Osteuropa die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. Davon waren auch die Bachners betroffen, da der Geburtsort der Eltern nach dem Ersten Weltkrieg in Polen lag. Somit musste Abraham für die ganze Familie die polnische Staatsbürgerschaft beantragen. Zu diesem Zeitpunkt begannen die Bachners in Berlin verschiedene Ausreisepläne nach Argentinien und in die USA zu fokussieren, da sie dort weitere Verwandte hatten. Ernas Bruder Alfred war bereits 1918 nach Amsterdam emigriert und ihre Eltern folgten ihm 1934. Als das Geschäft infolge des „Judenboykotts“ schlechter lief, zog die Familie Bachner 1934 in eine günstigere Fünfzimmerwohnung in der Landsberger Straße 32. Schließlich musste Abraham den Laden aufgrund seiner jüdischen Herkunft 1938/1939 zwangsweise aufgeben.

Vom 27. bis zum 29. Oktober 1938 wurden in einer ersten Massenausweisung ca. 10.000 bis 17.000 polnische Juden nach Polen abgeschoben. In den frühen Morgenstunden des 28. Oktober 1938 erhielten Abraham und James ihren Ausweisungsbescheid von der Polizei. Während James sich seiner Verhaftung entziehen konnte, da sein Bescheid fälschlicherweise auf „Johannes Bachner“ ausgestellt worden war, gelang Abraham die Flucht durch den Dienstboteneingang. Um einer Verhaftung zu entgehen, wollten Abraham und James vor Ablauf der Passgültigkeit nach Polen zu ihren Verwandten reisen. Über Frankfurt an der Oder nahmen Vater und Sohn den Zug bis zur deutsch-polnischen Grenze in Bytom/Beuthen, Oberschlesien. Der Grenzübergang wurde sowohl von der deutschen als auch von der polnischen Seite versperrt und die Ausgewiesenen mussten die Nacht auf dem offenen Feld verbringen. Die lokale jüdische Gemeinde versorgte die Menschen mit Essen und Decken, da die polnischen Beamten auf Befehle am Montag warten mussten. Anschließend wurden sie in eine Schulhalle verlegt und sollten von der polnischen Stadtpolizei registriert werden. Unter dem Vorwand die Toilette zu benutzen, konnten Abraham und James vor der Registrierung verschwinden und fuhren mit dem Zug nach Chrzanów/Krenau, wo sie am späten Abend bei Abrahams Onkel Samuel eintrafen. Unterdessen blieben Erna und Fred in Berlin, beide konnten erst im Juni 1939 mit neuen Pässen nach Polen folgen.

Während des Novemberpogroms 1938 waren Erna und Fred bei Abrahams Tante Rosa untergekommen, da die Berliner Wohnung und Werkstatt am 9. November 1938 vollkommen zerstört wurden. Ernas Schwester Mia floh zusammen mit ihrem Ehemann Bobby mit dem Auto nach Amsterdam zu ihren Verwandten. Die Großeltern und Ernas Bruder wurden im Sommer 1942 aus den seit 1940 besetzten Niederlanden deportiert und ermordet. Nur Mia und ihr Mann konnten sich verstecken und überlebten den Krieg.

Die Familie Bachner wurde nach der „Polenaktion“ bei ihren Verwandten in Chrzanów/Krenau aufgenommen, aber im September 1939 nach Kriegsbeginn in ein Ghetto umgesiedelt, wo sie in einer Uniformfabrik arbeiteten. Das Ghetto Krenau/Chrzanów mit ca. 4.000 Juden wurde vom 16. Februar bis 18. Februar 1943 durch die Polizeikompanie Sosnowitz, die Reiterstaffel und die Gestapo Kattowitz aufgelöst und ins Durchgangslager Sosnowitz/Sosnowiec gebracht. Von dort wurden Transporte nach Trautenau, Freystatt und in die Reichsautobahnlager Markstätt und Gogolin organisiert. Am Morgen der Deportation hatte Fred seine Mutter vor einer anstehenden Razzia gewarnt. Er hielt sich in den Feldern versteckt und erfuhr erst anschließend von ihrer Deportation nach Auschwitz. Erna Bachner wurde dort vermutlich nicht mehr registriert, sondern sofort nach der Ankunft in den Gaskammern ermordet. Ihr Todesdatum ist deshalb unsicher zu datieren. Ihr Mann und ihre Söhne wurden in verschiedene Konzentrationslager deportiert. Sie überlebten den Krieg und fanden sich wieder. Am 3. Januar 1947 emigrierten sie zusammen nach New York und bauten sich in den USA ein neues Leben auf.