Julius Wassmund

Verlegeort
Binzstraße 2
Bezirk/Ortsteil
Pankow
Verlegedatum
23. März 2015
Geboren
04. Februar 1868 in Berlin
Beruf
Kaufmann
Deportation
am 31. Juli 1942 nach Ghetto Theresienstadt
Ermordet
11. Januar 1943 in Theresienstadt

Julius Wassmund erblickte am 4. Februar 1868 in Berlin, in der Katharinenstraße 11, das Licht der Welt. Sein Vater, Abraham Wassmund, arbeitete zu dieser Zeit als „Schneider für Herren“. Mit ihm zusammen führte Julius seit 1897 die Firma J. & A. Wassmund, eine Luxuspapierfabrik; 1915 wurde er Inhaber der Firma Lösch & Co., Möbel-Speicher und Verkauf. In der Zwischenzeit hatte Julius Wassmund Margarete Wolff geheiratet, die am 14. November 1877 ebenfalls in Berlin geboren worden war. Im Jahr 1907 wurde Tochter Lily geboren. Lily war Schülerin des heutigen Ossietzky-Gymnasiums, des damaligen Lyzeums Pankow, Abiturjahrgang 1926. Sie ist die gleiche Steintreppe hochgehetzt wie wir, wenn sie mal zu spät kam, sie saß in den Klassenräumen, in denen wir jetzt sitzen. <br />
Nach mehreren Umzügen, wie dem Berliner Adressbuch zu entnehmen ist, zog die Familie Wassmund im Jahr 1911 in die Binzstraße 2. Dort führte Julius Wassmund ab 1921 einen pharmazeutischen Versandhandel (Dr. R. E. Müller & Co.). Über dreißig Jahre lang, von 1911 bis 1942 lebten sie dort. Im Adressbuch ist sogar noch 1943 vermerkt: „Wassmund, J. Kfm. T [Telefon]“.<br />
Lily Wassmund heiratete Rudolf Dörrier, den späteren Ortschronisten Pankows. Dörrier charakterisierte in seinen Aufzeichnungen Julius und Margarete Wassmund, die bis in die dreißiger Jahre hinein ein ganz normales Leben in Berlin führten, als weltoffen und liberal. Erst nach 1933 wurden sie immer mehr mit dem Antisemitismus konfrontiert. Im Jahr 1938 ließ sich die ganze Familie in der katholischen Kirchengemeinde St. Georg taufen. Nach dem Novemberpogrom 1938 leitete Julius Wassmund erste Schritte zu einer Auswanderung ein. Ein Ausreiseantrag nach Paris lief für die ganze Familie: für seine Frau Margarete, für Lily, seine Tochter, die mit ihrem Mann Rudolf in einer „privilegierten“ Mischehe lebte, und für die Enkeltochter Vera. Der Kriegsbeginn im September 1939 setzte diesen Bemühungen ein Ende. Seit dem 1. September 1941 mussten Julius und Margarete Wassmund, wie alle Jüdinnen und Juden, den gelben Stern tragen. Julius widersetzte sich der Verordnung und betrat die Öffentlichkeit auch weiterhin ohne den „Judenstern“. Damit ging er ein hohes Risiko ein.<br />
Die Familie bemühte sich ständig, der Verfolgung zu entkommen und ein Überleben zu ermöglichen. Eine Option sahen sie darin, die in Polen geborene Mutter von Julius als „Arierin“ auszugeben. Sie hatten die Hoffnung, dass Stammbaumnachforschungen in Polen kompliziert seien und lange dauern würden. Auch nach dem vermeintlich letzten Rettungsstrohhalm, der ihm 1939 von einem Sachbearbeiter im Passamt gereicht wurde, griff Julius Wassmund verzweifelt. Er zahlte die geforderte Summe von 1.500 Reichsmark für die positive Bearbeitung seiner Unterlagen. Die versprochenen lebensrettenden Unterlagen sah er jedoch nie, das gezahlte Geld auch nicht mehr. Er war einem Betrüger aufgesessen, der aus ihrer Not auch noch Kapital schlug.<br />
<br />
Ein noch schwererer Schlag erfolgte 1940, als der familieneigene Betrieb „arisiert“ wurde und das Ehepaar damit seine komplette Lebensgrundlage verlor. Danach kam Rudolf Dörrier allein für den Lebensunterhalt der Familie auf. Nach all diesen Geschehnissen zog sich das Ehepaar Wassmund ganz zurück. Oft gingen sie nur abends auf den kleinen Hinterhof, um Luft zu schnappen, sonst blieben sie in ihrer Wohnung. Die Lebensmitteleinkäufe erledigte ihre Tochter.<br />
Am 24. Juli 1942 bekamen sie die gefürchteten Listen, in die sämtliche Vermögenswerte einzutragen waren. Diese Listen galten als Vorstufe der Deportation. Julius Wassmund fuhr einen Tag später zur Gestapo-Leitstelle in die Burgstraße. Er kehrte nicht zurück. Rudolf Dörrier versuchte eine Sprecherlaubnis einzuholen, doch er wurde nur wüst beschimpft und abgewiesen. Am 31. Juli 1942 wurden Julius und Margarete Wassmund in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Von dort erreichten Rudolf und Lily nur noch wenige Karten. Julius Wassmund starb am 11. Januar 1943 und sein Frau Margarete am 22. Februar 1943. Über die genauen Todesumstände ist nichts bekannt. Die Angehörigen erhielten die üblichen Todesfallanzeigen mit frei erfundenen Todesursachen.<br />

Julius Wassmund erblickte am 4. Februar 1868 in Berlin, in der Katharinenstraße 11, das Licht der Welt. Sein Vater, Abraham Wassmund, arbeitete zu dieser Zeit als „Schneider für Herren“. Mit ihm zusammen führte Julius seit 1897 die Firma J. & A. Wassmund, eine Luxuspapierfabrik; 1915 wurde er Inhaber der Firma Lösch & Co., Möbel-Speicher und Verkauf. In der Zwischenzeit hatte Julius Wassmund Margarete Wolff geheiratet, die am 14. November 1877 ebenfalls in Berlin geboren worden war. Im Jahr 1907 wurde Tochter Lily geboren. Lily war Schülerin des heutigen Ossietzky-Gymnasiums, des damaligen Lyzeums Pankow, Abiturjahrgang 1926. Sie ist die gleiche Steintreppe hochgehetzt wie wir, wenn sie mal zu spät kam, sie saß in den Klassenräumen, in denen wir jetzt sitzen.
Nach mehreren Umzügen, wie dem Berliner Adressbuch zu entnehmen ist, zog die Familie Wassmund im Jahr 1911 in die Binzstraße 2. Dort führte Julius Wassmund ab 1921 einen pharmazeutischen Versandhandel (Dr. R. E. Müller & Co.). Über dreißig Jahre lang, von 1911 bis 1942 lebten sie dort. Im Adressbuch ist sogar noch 1943 vermerkt: „Wassmund, J. Kfm. T [Telefon]“.
Lily Wassmund heiratete Rudolf Dörrier, den späteren Ortschronisten Pankows. Dörrier charakterisierte in seinen Aufzeichnungen Julius und Margarete Wassmund, die bis in die dreißiger Jahre hinein ein ganz normales Leben in Berlin führten, als weltoffen und liberal. Erst nach 1933 wurden sie immer mehr mit dem Antisemitismus konfrontiert. Im Jahr 1938 ließ sich die ganze Familie in der katholischen Kirchengemeinde St. Georg taufen. Nach dem Novemberpogrom 1938 leitete Julius Wassmund erste Schritte zu einer Auswanderung ein. Ein Ausreiseantrag nach Paris lief für die ganze Familie: für seine Frau Margarete, für Lily, seine Tochter, die mit ihrem Mann Rudolf in einer „privilegierten“ Mischehe lebte, und für die Enkeltochter Vera. Der Kriegsbeginn im September 1939 setzte diesen Bemühungen ein Ende. Seit dem 1. September 1941 mussten Julius und Margarete Wassmund, wie alle Jüdinnen und Juden, den gelben Stern tragen. Julius widersetzte sich der Verordnung und betrat die Öffentlichkeit auch weiterhin ohne den „Judenstern“. Damit ging er ein hohes Risiko ein.
Die Familie bemühte sich ständig, der Verfolgung zu entkommen und ein Überleben zu ermöglichen. Eine Option sahen sie darin, die in Polen geborene Mutter von Julius als „Arierin“ auszugeben. Sie hatten die Hoffnung, dass Stammbaumnachforschungen in Polen kompliziert seien und lange dauern würden. Auch nach dem vermeintlich letzten Rettungsstrohhalm, der ihm 1939 von einem Sachbearbeiter im Passamt gereicht wurde, griff Julius Wassmund verzweifelt. Er zahlte die geforderte Summe von 1.500 Reichsmark für die positive Bearbeitung seiner Unterlagen. Die versprochenen lebensrettenden Unterlagen sah er jedoch nie, das gezahlte Geld auch nicht mehr. Er war einem Betrüger aufgesessen, der aus ihrer Not auch noch Kapital schlug.

Ein noch schwererer Schlag erfolgte 1940, als der familieneigene Betrieb „arisiert“ wurde und das Ehepaar damit seine komplette Lebensgrundlage verlor. Danach kam Rudolf Dörrier allein für den Lebensunterhalt der Familie auf. Nach all diesen Geschehnissen zog sich das Ehepaar Wassmund ganz zurück. Oft gingen sie nur abends auf den kleinen Hinterhof, um Luft zu schnappen, sonst blieben sie in ihrer Wohnung. Die Lebensmitteleinkäufe erledigte ihre Tochter.
Am 24. Juli 1942 bekamen sie die gefürchteten Listen, in die sämtliche Vermögenswerte einzutragen waren. Diese Listen galten als Vorstufe der Deportation. Julius Wassmund fuhr einen Tag später zur Gestapo-Leitstelle in die Burgstraße. Er kehrte nicht zurück. Rudolf Dörrier versuchte eine Sprecherlaubnis einzuholen, doch er wurde nur wüst beschimpft und abgewiesen. Am 31. Juli 1942 wurden Julius und Margarete Wassmund in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Von dort erreichten Rudolf und Lily nur noch wenige Karten. Julius Wassmund starb am 11. Januar 1943 und sein Frau Margarete am 22. Februar 1943. Über die genauen Todesumstände ist nichts bekannt. Die Angehörigen erhielten die üblichen Todesfallanzeigen mit frei erfundenen Todesursachen.