Gertrud Tikotin geb. Samuel

Verlegeort
Sanderstraße 28
Bezirk/Ortsteil
Neukölln
Verlegedatum
14. November 2009
Geboren
27. Juni 1876 in Glogau (Schlesien) / Głogów
Deportation
am 01. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Gertrud Tikotin wurde als Gertrud Samuel fünf Jahre nach der deutschen Reichsgründung in der niederschlesischen Stadt Glogau (polnisch Głogów) geboren. 1908 heiratete sie Aron Tikotin, der Adolf genannt wurde. Ihr Mann war ausgebildeter Kaufmann und Buchhalter und brachte es bis zum stellvertretenden Direktor des großen Maschinenbauunternehmens Orenstein & Koppel. Während der Weimarer Republik besaß er Häuser in Kreuzberg und arbeitete als selbständiger Bücherrevisor. Gertrud Tikotin war seine zweite Frau. Aron Tikotins Sohn Felix, der aus seiner ersten Ehe stammte, starb 1928 an Tuberkulose. Mit Gertrud hatte er eine gemeinsame Tochter namens Eva.<br />
<br />
Eva Tikotin, die 1909 in Berlin zur Welt kam, ergriff den Beruf der Sekretärin. Als SPD- und KPD-Mitglied emigrierte sie aus Furcht vor politischer und „rassischer“ Verfolgung im Januar 1939 ohne Begleitung nach London, wo sie noch im selben Jahr ihren Sohn Frank zur Welt brachte.<br />
<br />
Gertrud Tikotin, die zu diesem Zeitpunkt im Bezirk Tiergarten lebte, litt unter der Abwesenheit ihrer Tochter und bedauerte es sehr, dass sie ihren Enkel nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekam. Nach Zeugenaussagen war Gertrud Tikotin eine herzliche Frau, die bemüht war, Freundschaften und den Kontakt zwischen den Familienmitgliedern zu pflegen. Als 1940 ihr Mann Aron starb, war Gertrud Tikotin fortan auf sich allein gestellt. War sie in den 1930er Jahren bereits einige Male umgezogen, musste sie nun erneut mehrfach ihre Wohnung wechseln. Zuletzt lebte sie als Untermieterin von Bertha Köppen und deren Kindern im dritten Stock des Hauses in der Sanderstraße 28 in Berlin-Neukölln.<br />
<br />
Obwohl sie bereits über 60 Jahre alt war (in der Regel wurden Frauen bis 50, ab 1940 auch Frauen bis 55 Jahren zur Zwangsarbeit eingezogen) musste sie im Krone-Preßwerk in Berlin in der Rüstungsindustrie arbeiten. 19 Mark pro Woche erhielt sie als Entlohnung für diese Arbeit. Im Rahmen der „Fabrikaktion“, der Verhaftung und Deportation der letzten in Berlin verbliebenen jüdischen Zwangsarbeiter, wurde auch Gertrud Tikotin festgenommen und wenige Tage später am 1. März 1943 in einem Transport mit insgesamt 1722 Insassen nach Auschwitz verschleppt. Dort verliert sich ihre Spur. Ihre Tochter Eva kehrte zwei Jahre nach Kriegsende mit ihrem Sohn nach Deutschland zurück und erhielt den Status als „Opfer des Faschismus“.

Gertrud Tikotin wurde als Gertrud Samuel fünf Jahre nach der deutschen Reichsgründung in der niederschlesischen Stadt Glogau (polnisch Głogów) geboren. 1908 heiratete sie Aron Tikotin, der Adolf genannt wurde. Ihr Mann war ausgebildeter Kaufmann und Buchhalter und brachte es bis zum stellvertretenden Direktor des großen Maschinenbauunternehmens Orenstein & Koppel. Während der Weimarer Republik besaß er Häuser in Kreuzberg und arbeitete als selbständiger Bücherrevisor. Gertrud Tikotin war seine zweite Frau. Aron Tikotins Sohn Felix, der aus seiner ersten Ehe stammte, starb 1928 an Tuberkulose. Mit Gertrud hatte er eine gemeinsame Tochter namens Eva.

Eva Tikotin, die 1909 in Berlin zur Welt kam, ergriff den Beruf der Sekretärin. Als SPD- und KPD-Mitglied emigrierte sie aus Furcht vor politischer und „rassischer“ Verfolgung im Januar 1939 ohne Begleitung nach London, wo sie noch im selben Jahr ihren Sohn Frank zur Welt brachte.

Gertrud Tikotin, die zu diesem Zeitpunkt im Bezirk Tiergarten lebte, litt unter der Abwesenheit ihrer Tochter und bedauerte es sehr, dass sie ihren Enkel nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekam. Nach Zeugenaussagen war Gertrud Tikotin eine herzliche Frau, die bemüht war, Freundschaften und den Kontakt zwischen den Familienmitgliedern zu pflegen. Als 1940 ihr Mann Aron starb, war Gertrud Tikotin fortan auf sich allein gestellt. War sie in den 1930er Jahren bereits einige Male umgezogen, musste sie nun erneut mehrfach ihre Wohnung wechseln. Zuletzt lebte sie als Untermieterin von Bertha Köppen und deren Kindern im dritten Stock des Hauses in der Sanderstraße 28 in Berlin-Neukölln.

Obwohl sie bereits über 60 Jahre alt war (in der Regel wurden Frauen bis 50, ab 1940 auch Frauen bis 55 Jahren zur Zwangsarbeit eingezogen) musste sie im Krone-Preßwerk in Berlin in der Rüstungsindustrie arbeiten. 19 Mark pro Woche erhielt sie als Entlohnung für diese Arbeit. Im Rahmen der „Fabrikaktion“, der Verhaftung und Deportation der letzten in Berlin verbliebenen jüdischen Zwangsarbeiter, wurde auch Gertrud Tikotin festgenommen und wenige Tage später am 1. März 1943 in einem Transport mit insgesamt 1722 Insassen nach Auschwitz verschleppt. Dort verliert sich ihre Spur. Ihre Tochter Eva kehrte zwei Jahre nach Kriegsende mit ihrem Sohn nach Deutschland zurück und erhielt den Status als „Opfer des Faschismus“.