Dr. Benno Gradenwitz

Verlegeort
Cuxhavener Straße 5
Bezirk/Ortsteil
Hansaviertel
Geboren
28. Februar 1882 in Rawitsch (Posen) / Rawicz
Beruf
Arzt
Deportation
am 03. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Benno Baruch Gradenwitz wurde am 28. Februar 1882 in Rawitsch (dem heutigen Rawicz in Polen) geboren. Er war der Sohn des Rabbiners Menachem Josef Gradenwitz (1845–1913) und der aus Posen (Poznań) stammenden Johanna Gradenwitz, geborene Jaffé (1843–1917). Die Familie der Gradenwitz war in der im Südwestteil Posens gelegenen Stadt seit langer Zeit ansässig. Sie war es auch, die 1755 den ersten Rabbiner der Gemeinde stellte, Menachem Mendel Gradenwitz. Zur Zeit der Geburt von Benno gehörten etwa 1100 der rund 10.000 Einwohner der Stadt zur jüdischen Gemeinde. Benno Gradenwitz wuchs im Kreis von fünf Geschwistern auf: Seine älteren Brüder Hirsch und Rafael Rudolph waren 1876 und 1878 zur Welt gekommen, das Geburtsjahr seiner Schwester Flora und seines Bruders Adolf ist nicht bekannt, seine jüngere Schwester Lea wurde 1885 geboren. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Benno Gradenwitz und seiner Geschwister in Rawitsch haben sich sonst keine Quellen erhalten.<br />
<br />
Nach seinem Schulabschluss studierte Benno Gradenwitz in Berlin Medizin, promovierte Ende der 1900er-Jahre und erhielt 1908 seine Approbation. Ab 1909 war er als niedergelassener Allgemeinpraktiker und Wundarzt mit Praxis in der Chodowieckistraße 1 im Prenzlauer Berg ansässig. 1911/1912 verlegte er seinen Wohnsitz und die Praxis in die Elbinger Straße 58 (die heutige Danziger Straße), Ecke Greifswalder Straße 48, und war hier als praktischer Arzt und Kinderarzt bis in die 1930er-Jahre tätig. 1911 trat Benno Gradenwitz aus der Jüdischen Gemeinde aus und wurde Mitglied der Israelitischen Synagogen-Gemeinde Adass Jisroel zu Berlin, die ihren Sitz in der Artilleriestraße 31 (der heutigen Tucholskystraße 40) hatte und ab 1909 ein eigenes Krankenheim in Berlin unterhielt. Anfang der 1910er-Jahre heiratete Benno Gradenwitz die sieben Jahre jüngere, aus Frankfurt am Main stammende Rosa Emanuel. Das Ehepaar bekam in den nächsten Jahren drei Kinder: Ihre Söhne Martin Josef und Kurt Georg wurden 1914 und 1919 geboren, ihre Tochter Flora Philipp kam 1916 zur Welt. Ob Benno Gradenwitz in der Zeit des Ersten Weltkriegs eingezogen wurde oder sich freiwillig meldete, ist nicht bekannt. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der ausgehenden Kaiserzeit und der Weimarer Republik geben könnten.<br />
<br />
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Benno Gradenwitz und seine Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Abgesehen von Boykottmaßnahmen, behördlichen Schikanen und Verhaftungsaktionen wurde die Schlinge für jüdische Ärzte durch eine Flut von Verordnungen und Gesetzen schrittweise enger gezogen: So wurde mit insgesamt sieben Verordnungen von 1933 bis 1937 „nichtarischen“ Ärzten nach und nach die Kassenzulassung entzogen; mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 waren sie vom öffentlichen Gesundheitswesen ausgeschlossen, mit der Verordnung vom 20. November 1933 durften sie keine ärztlichen Fortbildungskurse mehr besuchen und wurden vom ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeschlossen; ab dem Jahr 1936 durften sie nicht mehr mit „deutschstämmigen“ Ärzten zusammenarbeiten. Am 30. September 1938 wurde Dr. Benno Gradenwitz wie allen jüdischen Ärzten und Ärztinnen mit der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ die Approbation entzogen. Nach dem Entzug der Zulassung praktizierte Dr. Gradenwitz noch als „Krankenbehandler“ ausschließlich jüdische Patienten – die einzige ihm noch erlaubte Form, als Arzt tätig zu sein. Seine Frau Rosa war bei ihm als Helferin tätig. 1939/1940 musste das Ehepaar seinen Wohnsitz in der Greifswalder Straße aufgeben und zog vermutlich zur Untermiete in eine 4-Zimmer-Wohnung in der Cuxhavener Straße 5 im Hansaviertel. Ihre Kinder hatten sich in den 1930er-Jahren ins Ausland retten können: Ihr Sohn Kurt Georg ging 1935 nach England, wo er als Kenneth Jacob Gradon lebte. Ihre Tochter Flora Philipp konnte sich ebenfalls nach England retten. Sie lebte später in Israel. Martin Josef flüchtete in das englische Mandatsgebiet Palästina. Ob auch Benno und Rosa Gradenwitz Pläne verfolgten, das Land zu verlassen, ist nicht bekannt. Sollten sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese. In Berlin wurde das Leben für das Ehepaar Ende der 1930er-Jahre und Anfang der 1940er-Jahre zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.<br />
<br />
Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlin mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Die Eheleute Gradenwitz lebten noch bis 1943 in Berlin. Im Zuge der „Fabrik-Aktion“, mit der die letzten offiziell in Berlin lebenden Juden deportiert werden sollten, wurden Benno Gradenwitz und seine Ehefrau im Frühjahr 1943 verhaftet und in eines der Berliner Sammellager verschleppt. Von dort aus wurde der damals 62-Jährige zusammen mit seiner Frau Rosa mit dem „33. Osttransport“ am 3. März 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.<br />
<br />
Ihre Kinder überlebten genauso im Exil wie Bennos Bruder Rafael Gradenwitz. Bennos Schwester Lea Gradenwitz hatte 1910 in Hamburg Isidor Isaak geheiratet. Über ihr weiteres Schicksal ist bislang ebenso wenig bekannt wie über das von Bennos Geschwistern Flora und Adolf Gradenwitz. Bennos Bruder Dr. Hirsch Gradenwitz lebte seit 1921 mit seiner Familie als Gemeinderabbiner in Hanau und floh mit seiner Frau Rosa Gradenwitz, geborene Bondi, 1939 über Frankfurt in die Niederlande. Dort wurde er, nachdem die Wehrmacht das Land besetzt hatte, verhaftet und zwischen dem 20. Juni 1943 und dem 16. November 1943 im Sammellager Westerbork inhaftiert. Aus Westerbork wurde er nach Auschwitz deportiert und nach seiner Ankunft im Vernichtungslager am 19. November 1943 ermordet.

Benno Baruch Gradenwitz wurde am 28. Februar 1882 in Rawitsch (dem heutigen Rawicz in Polen) geboren. Er war der Sohn des Rabbiners Menachem Josef Gradenwitz (1845–1913) und der aus Posen (Poznań) stammenden Johanna Gradenwitz, geborene Jaffé (1843–1917). Die Familie der Gradenwitz war in der im Südwestteil Posens gelegenen Stadt seit langer Zeit ansässig. Sie war es auch, die 1755 den ersten Rabbiner der Gemeinde stellte, Menachem Mendel Gradenwitz. Zur Zeit der Geburt von Benno gehörten etwa 1100 der rund 10.000 Einwohner der Stadt zur jüdischen Gemeinde. Benno Gradenwitz wuchs im Kreis von fünf Geschwistern auf: Seine älteren Brüder Hirsch und Rafael Rudolph waren 1876 und 1878 zur Welt gekommen, das Geburtsjahr seiner Schwester Flora und seines Bruders Adolf ist nicht bekannt, seine jüngere Schwester Lea wurde 1885 geboren. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Benno Gradenwitz und seiner Geschwister in Rawitsch haben sich sonst keine Quellen erhalten.

Nach seinem Schulabschluss studierte Benno Gradenwitz in Berlin Medizin, promovierte Ende der 1900er-Jahre und erhielt 1908 seine Approbation. Ab 1909 war er als niedergelassener Allgemeinpraktiker und Wundarzt mit Praxis in der Chodowieckistraße 1 im Prenzlauer Berg ansässig. 1911/1912 verlegte er seinen Wohnsitz und die Praxis in die Elbinger Straße 58 (die heutige Danziger Straße), Ecke Greifswalder Straße 48, und war hier als praktischer Arzt und Kinderarzt bis in die 1930er-Jahre tätig. 1911 trat Benno Gradenwitz aus der Jüdischen Gemeinde aus und wurde Mitglied der Israelitischen Synagogen-Gemeinde Adass Jisroel zu Berlin, die ihren Sitz in der Artilleriestraße 31 (der heutigen Tucholskystraße 40) hatte und ab 1909 ein eigenes Krankenheim in Berlin unterhielt. Anfang der 1910er-Jahre heiratete Benno Gradenwitz die sieben Jahre jüngere, aus Frankfurt am Main stammende Rosa Emanuel. Das Ehepaar bekam in den nächsten Jahren drei Kinder: Ihre Söhne Martin Josef und Kurt Georg wurden 1914 und 1919 geboren, ihre Tochter Flora Philipp kam 1916 zur Welt. Ob Benno Gradenwitz in der Zeit des Ersten Weltkriegs eingezogen wurde oder sich freiwillig meldete, ist nicht bekannt. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der ausgehenden Kaiserzeit und der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Benno Gradenwitz und seine Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Abgesehen von Boykottmaßnahmen, behördlichen Schikanen und Verhaftungsaktionen wurde die Schlinge für jüdische Ärzte durch eine Flut von Verordnungen und Gesetzen schrittweise enger gezogen: So wurde mit insgesamt sieben Verordnungen von 1933 bis 1937 „nichtarischen“ Ärzten nach und nach die Kassenzulassung entzogen; mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 waren sie vom öffentlichen Gesundheitswesen ausgeschlossen, mit der Verordnung vom 20. November 1933 durften sie keine ärztlichen Fortbildungskurse mehr besuchen und wurden vom ärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeschlossen; ab dem Jahr 1936 durften sie nicht mehr mit „deutschstämmigen“ Ärzten zusammenarbeiten. Am 30. September 1938 wurde Dr. Benno Gradenwitz wie allen jüdischen Ärzten und Ärztinnen mit der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ die Approbation entzogen. Nach dem Entzug der Zulassung praktizierte Dr. Gradenwitz noch als „Krankenbehandler“ ausschließlich jüdische Patienten – die einzige ihm noch erlaubte Form, als Arzt tätig zu sein. Seine Frau Rosa war bei ihm als Helferin tätig. 1939/1940 musste das Ehepaar seinen Wohnsitz in der Greifswalder Straße aufgeben und zog vermutlich zur Untermiete in eine 4-Zimmer-Wohnung in der Cuxhavener Straße 5 im Hansaviertel. Ihre Kinder hatten sich in den 1930er-Jahren ins Ausland retten können: Ihr Sohn Kurt Georg ging 1935 nach England, wo er als Kenneth Jacob Gradon lebte. Ihre Tochter Flora Philipp konnte sich ebenfalls nach England retten. Sie lebte später in Israel. Martin Josef flüchtete in das englische Mandatsgebiet Palästina. Ob auch Benno und Rosa Gradenwitz Pläne verfolgten, das Land zu verlassen, ist nicht bekannt. Sollten sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese. In Berlin wurde das Leben für das Ehepaar Ende der 1930er-Jahre und Anfang der 1940er-Jahre zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlin mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Die Eheleute Gradenwitz lebten noch bis 1943 in Berlin. Im Zuge der „Fabrik-Aktion“, mit der die letzten offiziell in Berlin lebenden Juden deportiert werden sollten, wurden Benno Gradenwitz und seine Ehefrau im Frühjahr 1943 verhaftet und in eines der Berliner Sammellager verschleppt. Von dort aus wurde der damals 62-Jährige zusammen mit seiner Frau Rosa mit dem „33. Osttransport“ am 3. März 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Ihre Kinder überlebten genauso im Exil wie Bennos Bruder Rafael Gradenwitz. Bennos Schwester Lea Gradenwitz hatte 1910 in Hamburg Isidor Isaak geheiratet. Über ihr weiteres Schicksal ist bislang ebenso wenig bekannt wie über das von Bennos Geschwistern Flora und Adolf Gradenwitz. Bennos Bruder Dr. Hirsch Gradenwitz lebte seit 1921 mit seiner Familie als Gemeinderabbiner in Hanau und floh mit seiner Frau Rosa Gradenwitz, geborene Bondi, 1939 über Frankfurt in die Niederlande. Dort wurde er, nachdem die Wehrmacht das Land besetzt hatte, verhaftet und zwischen dem 20. Juni 1943 und dem 16. November 1943 im Sammellager Westerbork inhaftiert. Aus Westerbork wurde er nach Auschwitz deportiert und nach seiner Ankunft im Vernichtungslager am 19. November 1943 ermordet.