Anna Kaufmann geb. Goldschmidt

Verlegeort
Dieffenbachstraße 45
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Geboren
19. Dezember 1889 in Harburg (Provinz Hannover) / Hamburg-Harburg
Deportation
am 25. Januar 1942 nach Riga
Ermordet
in Riga

Wir begannen unser Projekt „Stolpersteine“ mit einem Besuch im Landesarchiv. Unsere Aufgabe war es, ein Schicksal von vielen Millionen näher zu dokumentieren, obwohl jedes Opfer des Nazi-Regimes nicht vergessen werden darf. Unter den vielen verstaubten Akten und vergilbten Seiten fiel unser Augenmerk dann auf Anna Kaufmann. Ihre Lebensgeschichte ist genauso interessant wie jede andere auch, welche von den Nazis ausgelöscht wurde, aber trotzdem übte ihr Schicksal eine ganz besondere Faszination auf uns aus.<br />
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Anna Kaufmann, geb. Goldschmidt, wurde am 19. Dezember 1889 in Harburg geboren, damals zum Kreis Hannover gehörend, heute zu Hamburg. Über ihre Kindheit und Jugend ist nichts in der Akte zu lesen. Sie lebte in Berlin-Kreuzberg in der Dieffenbachstraße 44-45. Sie war Jüdin, verheiratet mit Martin Brandt, geboren am 28. August 1872, und hatte mit ihm zusammen drei Kinder: Robert Josef, Lisa Magarete und Rolf Ludwig.<br />
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Martin Brandt starb im Jahr 1941, nach seinem Tod heiratete Anna erneut, und zwar Oskar Kaufmann, geboren am 25. Juli 1879. Die Hochzeit fand am 20. Januar 1942 statt, also mitten im Krieg in großer Not. Trotz ihrer Liebe zueinander werden beide gewusst oder zumindest erahnt haben, welches schreckliche Schicksal sie ereilen wird. Annas Sohn Robert Josef und ihre Tochter Lisa Magarete hatten Deutschland etwa 1939 mit viel Glück verlassen können und bangten im Ausland um ihre Mutter, deren Mann und ihren Bruder.<br />
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Sehr tragisch ist, dass Anna Kaufmann, ihr 17-jähriger Sohn Rolf und ihr neuer Mann fünf Tage nach der Hochzeit am 25. Januar 1942 aus ihrer Wohnung geholt und nach Riga deportiert wurden. In der Akte liest sich das als „ausgesiedelt“. Über das Schicksal von Anna Kaufmann und ihrem Ehemann ist nichts bekannt, sie gelten als „verschollen“ und sind wahrscheinlich gleich ermordet worden. Rolf Ludwig Brandt starb im KZ Selaspils.<br />
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In der Akte werden Angaben über die Vermögensverhältnisse von Frau Kaufmann gemacht. Die Familie war ziemlich wohlhabend. Zu ihrem Besitz zählten unter anderem mehrere Grundstücke, Wertpapiere, Sparbücher und sieben Bankkonten. Sogar Besitztümer wie Servietten, Taschentücher, Kleidung und Möbel wurden aufgelistet. Frau Kaufmann beschäftigte 22 Jahre lang Gertrud Rollnick, eine „Arierin“ im Haushalt, die dann nach der Deportation anderweitig untergebracht wurde. Auch hatten die Kaufmanns Untermieter, Herrn Müller und Frau Isaacsohn. <br />
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Im Anschluss an das Stolperstein-Projekt waren wir mit der Klasse in Auschwitz:<br />
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Die Stimmung im Bus war bedrückt. Obwohl wir alle eine bestimmte Vorstellung vom KZ hatten, wussten wir nicht wirklich, was uns erwartet. Vor unserer Besichtigung im Lager wurden wir mit einem Film im Museum auf das Geschehene „eingestimmt“. Als wir dann vor dem Tor mit der Aufschrift „Arbeit Macht Frei“ standen, wurde vielen von uns mulmig zumute. Keiner konnte fassen, wie viel Mühe und Eifer man in die Einrichtung der KZs gesteckt hatte, mit dem einzigen Ziel, Deutschland von allen Nicht-Ariern zu befreien. In diesem Lager musste ich immer wieder an Anna Kaufmann denken.<br />
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Totenbleich verließen wir das Konzentrationslager Auschwitz/Birkenau. Die Bilder, die wir gesehen hatten, werden uns ein Leben lang prägen. Die ausgestellten Haufen an Haaren, Brillen und weiterem sind ein trauriger Beweis, dass dieser Alptraum wirklich stattgefunden hat. Beim Anblick der Verbrennungsöfen oder der Sträflingsjacken für Säuglinge nur als Beispiel, empfanden viele eine Leere in sich, die sich nicht beschreiben lässt. Es ist unfassbar, wie Menschen über andere Leben entschieden haben und das auf so eine grausame Art und Weise.<br />
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Wir wissen nicht, was mit Anna Kaufmann passiert ist, aber man kann sich vorstellen, dass sie genauso wenig von den unmenschlichen Bedingungen, die sie das Leben kosteten, verschont blieb, wie all die anderen 6 Millionen Menschen auch.

Wir begannen unser Projekt „Stolpersteine“ mit einem Besuch im Landesarchiv. Unsere Aufgabe war es, ein Schicksal von vielen Millionen näher zu dokumentieren, obwohl jedes Opfer des Nazi-Regimes nicht vergessen werden darf. Unter den vielen verstaubten Akten und vergilbten Seiten fiel unser Augenmerk dann auf Anna Kaufmann. Ihre Lebensgeschichte ist genauso interessant wie jede andere auch, welche von den Nazis ausgelöscht wurde, aber trotzdem übte ihr Schicksal eine ganz besondere Faszination auf uns aus.

Anna Kaufmann, geb. Goldschmidt, wurde am 19. Dezember 1889 in Harburg geboren, damals zum Kreis Hannover gehörend, heute zu Hamburg. Über ihre Kindheit und Jugend ist nichts in der Akte zu lesen. Sie lebte in Berlin-Kreuzberg in der Dieffenbachstraße 44-45. Sie war Jüdin, verheiratet mit Martin Brandt, geboren am 28. August 1872, und hatte mit ihm zusammen drei Kinder: Robert Josef, Lisa Magarete und Rolf Ludwig.

Martin Brandt starb im Jahr 1941, nach seinem Tod heiratete Anna erneut, und zwar Oskar Kaufmann, geboren am 25. Juli 1879. Die Hochzeit fand am 20. Januar 1942 statt, also mitten im Krieg in großer Not. Trotz ihrer Liebe zueinander werden beide gewusst oder zumindest erahnt haben, welches schreckliche Schicksal sie ereilen wird. Annas Sohn Robert Josef und ihre Tochter Lisa Magarete hatten Deutschland etwa 1939 mit viel Glück verlassen können und bangten im Ausland um ihre Mutter, deren Mann und ihren Bruder.

Sehr tragisch ist, dass Anna Kaufmann, ihr 17-jähriger Sohn Rolf und ihr neuer Mann fünf Tage nach der Hochzeit am 25. Januar 1942 aus ihrer Wohnung geholt und nach Riga deportiert wurden. In der Akte liest sich das als „ausgesiedelt“. Über das Schicksal von Anna Kaufmann und ihrem Ehemann ist nichts bekannt, sie gelten als „verschollen“ und sind wahrscheinlich gleich ermordet worden. Rolf Ludwig Brandt starb im KZ Selaspils.

In der Akte werden Angaben über die Vermögensverhältnisse von Frau Kaufmann gemacht. Die Familie war ziemlich wohlhabend. Zu ihrem Besitz zählten unter anderem mehrere Grundstücke, Wertpapiere, Sparbücher und sieben Bankkonten. Sogar Besitztümer wie Servietten, Taschentücher, Kleidung und Möbel wurden aufgelistet. Frau Kaufmann beschäftigte 22 Jahre lang Gertrud Rollnick, eine „Arierin“ im Haushalt, die dann nach der Deportation anderweitig untergebracht wurde. Auch hatten die Kaufmanns Untermieter, Herrn Müller und Frau Isaacsohn.

Im Anschluss an das Stolperstein-Projekt waren wir mit der Klasse in Auschwitz:

Die Stimmung im Bus war bedrückt. Obwohl wir alle eine bestimmte Vorstellung vom KZ hatten, wussten wir nicht wirklich, was uns erwartet. Vor unserer Besichtigung im Lager wurden wir mit einem Film im Museum auf das Geschehene „eingestimmt“. Als wir dann vor dem Tor mit der Aufschrift „Arbeit Macht Frei“ standen, wurde vielen von uns mulmig zumute. Keiner konnte fassen, wie viel Mühe und Eifer man in die Einrichtung der KZs gesteckt hatte, mit dem einzigen Ziel, Deutschland von allen Nicht-Ariern zu befreien. In diesem Lager musste ich immer wieder an Anna Kaufmann denken.

Totenbleich verließen wir das Konzentrationslager Auschwitz/Birkenau. Die Bilder, die wir gesehen hatten, werden uns ein Leben lang prägen. Die ausgestellten Haufen an Haaren, Brillen und weiterem sind ein trauriger Beweis, dass dieser Alptraum wirklich stattgefunden hat. Beim Anblick der Verbrennungsöfen oder der Sträflingsjacken für Säuglinge nur als Beispiel, empfanden viele eine Leere in sich, die sich nicht beschreiben lässt. Es ist unfassbar, wie Menschen über andere Leben entschieden haben und das auf so eine grausame Art und Weise.

Wir wissen nicht, was mit Anna Kaufmann passiert ist, aber man kann sich vorstellen, dass sie genauso wenig von den unmenschlichen Bedingungen, die sie das Leben kosteten, verschont blieb, wie all die anderen 6 Millionen Menschen auch.