Charlotte Bloch geb. Riess

Verlegeort
Markgrafendamm 35
Bezirk/Ortsteil
Friedrichshain
Verlegedatum
27. März 2008
Geboren
08. Juli 1893 in Berlin
Deportation
am 10. Januar 1944 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 15. Mai 1944 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Charlotte Riess wurde am 8. Juli 1893 in Berlin geboren. Sie war die Tochter des Kaufmanns Josef Riess und der Amalie Riess, geborene Michaeli. Charlotte wuchs im Kreis ihrer zwei Schwestern Gertrud und Erna auf. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Charlotte und ihren Geschwistern haben sich keine Informationen erhalten. Ihre Eltern und sie gehörten aber zur Jüdischen Gemeinde Berlins.<br />
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Nach ihrem Schulabschluss war Charlotte Riess wie ihre beiden Schwestern für die Stadtverwaltung Berlins tätig und arbeitete ab 1915 als Büroangestellte im Magistrat von Berlin. Sie war für eine staatliche Wohlfahrtsbehörde tätig, die sich nach der Erinnerung ihrer Tochter in der Stralauer Allee befand. Im Januar 1923 heiratete sie den Maler Ernst Ahlert, der tschechischslowakischer Nationalität war. Mit ihm verließ sie Berlin und lebte in Bratislava, das damals im deutschsprachigen Raum als Preßburg bezeichnet wurde. Am 26. November 1927 kam ihre Tochter Eva Ahlert zur Welt. Nach dem frühen Tod ihres Mannes 1929 kehrte Charlotte mit ihrer damals zweijährigen Tochter nach Berlin zurück, wo sie ihre alte Anstellung im Magistrat wieder antreten konnte und eine 2-Zimmer-Wohnung in der zweiten Etage des Vorderhauses am Marktgrafendamm 35 in Friedrichshain bezog.<br />
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Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen die verwitwete Charlotte Ahlert und ihre Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Die in der Weimarer Republik nach ihrer langjährigen Verwaltungsdienstzeit kurz vor der Verbeamtung stehende Charlotte Ahlert wurde im Frühjahr 1933 fristlos aus dem städtischen Dienst entlassen und musste von da an ihren Unterhalt als Fabrikarbeiterin verdienen. 1934 wurde ihre Tochter Eva eingeschult. Sie besuchte bis 1942 eine Volksschule in Berlin-Stralau. Ab Herbst 1939 musste Charlotte Ahlert Zwangsarbeit in einer als kriegswichtig eingestuften Berliner Gummifabrik leisten. Zuletzt war sie Zwangsarbeiterin in einer Fesselballon-Fabrik der „Luftschiffbau Zeppelin GmbH“ in Tempelhof. Im Februar 1940 heiratete Charlotte Ahlert in zweiter Ehe den aus Bayern stammenden, dreizehn Jahre älteren Max Bloch, der jedoch nach wenigen Monaten, am 14. Juni 1940, in Berlin verstarb. Mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnte sich die zweifach verwitwete Charlotte Bloch nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Nach den Erinnerungen ihrer Tochter wurde sie in den Jahren 1942 und 1943 mehrfach verhaftet, nach kurzen Inhaftierungen aber wieder freigelassen.<br />
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Der Entrechtung und Ausgrenzung folgte die Deportation: Im Frühjahr 1944 musste Charlotte Bloch ihre Berliner Wohnung am Marktgrafendamm 35 verlassen. In der Wohnung verblieb zunächst noch ihre Untermieterin Frau Rodt. Charlotte Bloch wurde im Sammellager im ehemaligen Altenheim der Jüdischen Gemeinde in der Großen Hamburger Straße 26 interniert. Von dort aus wurde die 50-Jährige mit dem „99. Alterstransport“ am 10. Januar 1944 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Nach Monaten, die Charlotte in den katastrophalen Bedingungen des Ghettos überdauern musste, wurde sie am 15. Mai 1944 aus Theresienstadt weiter in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft – ermordet.<br />
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Charlottes Tochter Eva, die nach NS-Kategorien als „Mischling 1. Grades“ galt, überlebte die NS-Verfolgung. Nach der Deportation ihrer Mutter wurde für die 16-Jährige mit Frau Marie Dallmann ein gesetzlicher Vormund bestellt, die sich in der unmittelbaren Zeit nach der Verschleppung ihrer Mutter darum bemühte, die Wohnungseinrichtung für ihr Mündel zu sichern. Eva Ahlert befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer Lehre als Strickerin bei einer Firma Klose. Zuvor hatte sie 1942 und 1943 eine Textilfachschule besucht. Laut ihren Schilderungen fand sie nach der Deportation ihrer Mutter Unterschlupf bei einer Freundin in der Charlottenburger Sybelstraße 6. Vom Arbeitsamt wurde die 16-Jährige ab 1944 noch zu Zwangsarbeit in einem Gartenbaubetrieb herangezogen. Eva Ahlert erlebte das Kriegsende in Berlin und zog später in die USA, wo auch ihre Tanten, die beiden Schwestern Charlottes, lebten.

Charlotte Riess wurde am 8. Juli 1893 in Berlin geboren. Sie war die Tochter des Kaufmanns Josef Riess und der Amalie Riess, geborene Michaeli. Charlotte wuchs im Kreis ihrer zwei Schwestern Gertrud und Erna auf. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Charlotte und ihren Geschwistern haben sich keine Informationen erhalten. Ihre Eltern und sie gehörten aber zur Jüdischen Gemeinde Berlins.

Nach ihrem Schulabschluss war Charlotte Riess wie ihre beiden Schwestern für die Stadtverwaltung Berlins tätig und arbeitete ab 1915 als Büroangestellte im Magistrat von Berlin. Sie war für eine staatliche Wohlfahrtsbehörde tätig, die sich nach der Erinnerung ihrer Tochter in der Stralauer Allee befand. Im Januar 1923 heiratete sie den Maler Ernst Ahlert, der tschechischslowakischer Nationalität war. Mit ihm verließ sie Berlin und lebte in Bratislava, das damals im deutschsprachigen Raum als Preßburg bezeichnet wurde. Am 26. November 1927 kam ihre Tochter Eva Ahlert zur Welt. Nach dem frühen Tod ihres Mannes 1929 kehrte Charlotte mit ihrer damals zweijährigen Tochter nach Berlin zurück, wo sie ihre alte Anstellung im Magistrat wieder antreten konnte und eine 2-Zimmer-Wohnung in der zweiten Etage des Vorderhauses am Marktgrafendamm 35 in Friedrichshain bezog.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen die verwitwete Charlotte Ahlert und ihre Familie. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Die in der Weimarer Republik nach ihrer langjährigen Verwaltungsdienstzeit kurz vor der Verbeamtung stehende Charlotte Ahlert wurde im Frühjahr 1933 fristlos aus dem städtischen Dienst entlassen und musste von da an ihren Unterhalt als Fabrikarbeiterin verdienen. 1934 wurde ihre Tochter Eva eingeschult. Sie besuchte bis 1942 eine Volksschule in Berlin-Stralau. Ab Herbst 1939 musste Charlotte Ahlert Zwangsarbeit in einer als kriegswichtig eingestuften Berliner Gummifabrik leisten. Zuletzt war sie Zwangsarbeiterin in einer Fesselballon-Fabrik der „Luftschiffbau Zeppelin GmbH“ in Tempelhof. Im Februar 1940 heiratete Charlotte Ahlert in zweiter Ehe den aus Bayern stammenden, dreizehn Jahre älteren Max Bloch, der jedoch nach wenigen Monaten, am 14. Juni 1940, in Berlin verstarb. Mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnte sich die zweifach verwitwete Charlotte Bloch nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Nach den Erinnerungen ihrer Tochter wurde sie in den Jahren 1942 und 1943 mehrfach verhaftet, nach kurzen Inhaftierungen aber wieder freigelassen.

Der Entrechtung und Ausgrenzung folgte die Deportation: Im Frühjahr 1944 musste Charlotte Bloch ihre Berliner Wohnung am Marktgrafendamm 35 verlassen. In der Wohnung verblieb zunächst noch ihre Untermieterin Frau Rodt. Charlotte Bloch wurde im Sammellager im ehemaligen Altenheim der Jüdischen Gemeinde in der Großen Hamburger Straße 26 interniert. Von dort aus wurde die 50-Jährige mit dem „99. Alterstransport“ am 10. Januar 1944 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Nach Monaten, die Charlotte in den katastrophalen Bedingungen des Ghettos überdauern musste, wurde sie am 15. Mai 1944 aus Theresienstadt weiter in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort – vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft – ermordet.

Charlottes Tochter Eva, die nach NS-Kategorien als „Mischling 1. Grades“ galt, überlebte die NS-Verfolgung. Nach der Deportation ihrer Mutter wurde für die 16-Jährige mit Frau Marie Dallmann ein gesetzlicher Vormund bestellt, die sich in der unmittelbaren Zeit nach der Verschleppung ihrer Mutter darum bemühte, die Wohnungseinrichtung für ihr Mündel zu sichern. Eva Ahlert befand sich zu diesem Zeitpunkt in einer Lehre als Strickerin bei einer Firma Klose. Zuvor hatte sie 1942 und 1943 eine Textilfachschule besucht. Laut ihren Schilderungen fand sie nach der Deportation ihrer Mutter Unterschlupf bei einer Freundin in der Charlottenburger Sybelstraße 6. Vom Arbeitsamt wurde die 16-Jährige ab 1944 noch zu Zwangsarbeit in einem Gartenbaubetrieb herangezogen. Eva Ahlert erlebte das Kriegsende in Berlin und zog später in die USA, wo auch ihre Tanten, die beiden Schwestern Charlottes, lebten.