Fanny Friedländer geb. Alexander

Verlegeort
Schlüterstr. 49
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
05. Juni 2004
Geboren
05. Januar 1879 in Berlin
Deportation
am 09. Dezember 1942 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Fanny Friedländer war eine waschechte Berlinerin. Hier wurde sie als Fanny Alexander am 5. Januar 1879 geboren; hier lebte sie; hier heiratete sie ihren Mann Ismar Friedländer; hier bekam sie ihre zwei Kinder: Zunächst Tochter Ilse, die in den 1930er Jahren italienische Staatsbürgerin wurde, weil sie einen Herrn Sapuppo heiratete. Später wanderte sie in die USA aus. Drei Jahre nach Ilse, am 15. Juli 1910, wurde der Stammhalter Adolf geboren.<br />
<br />
Fanny Friedländer und ihr Mann Ismar führten zusammen drei Damenhut-Geschäfte, die alle in der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg lagen. Nach dem Tod ihres Mannes 1935 kamen bedrückende Zeiten auf Fanny Friedländer zu. Die Familie war zwar wohlhabend, auch weil sie rechtzeitig vor den nationalsozialistischen Pressionen gegen jüdische Geschäftsleute ihre drei Hutläden hatte schließen oder verkaufen können. Doch nach der Machtübernahme der Nazis musste man von der Substanz leben. Da passte es, dass in die 3 ½-Zimmer-Wohnung in der Schlüterstraße 49, Vorderhaus, 2. Stock, eine Untermieterin eingewiesen wurde. Das sparte Kosten. Die monatliche Miete für Fanny Friedländer betrug 120 Reichsmark. Eine zusammen mit ihrem Sohn Adolf geplante Auswanderung – die Kisten waren schon nach England verschickt – scheiterte.<br />
<br />
In den Monaten vor ihrer Deportation am 9. Dezember 1942 war Fanny Friedländer offenbar unter einer anderen Adresse gemeldet; tatsächlich aber wohnte sie bei ihrem Sohn Adolf in der Schlüterstraße. Das geht aus einem Schreiben des Obergerichtsvollziehers Neumann hervor, der am 11. Februar 1943 bei einer „erfolglosen“ Suche nach verwertbarem Mobiliar der Deportierten notierte: „Fanny Friedländer hat bei ihrem Sohn gewohnt, welcher die Wohnung gemietet hat und auch Eigentümer der Einrichtungsgegenstände ist. Der Sohn wohnt noch heute in der Wohnung und ist bei der Jüdischen Gemeinde tätig.“ Dafür erstellte er eine Kostenrechnung: „Schätzgebühr 1 RM, Fahrkosten 1 RM, Schreibgebühr 0,50 RM“.<br />
<br />
Unmittelbar vor ihrer Deportation war Fanny Friedländer in das Jüdische Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 „verbracht“ worden. Dorthin stellte die Geheime Staatspolizei ihr auch die „Einziehungsverfügung“ über ihr Vermögen zu. In einer Vermögenserklärung, die Fanny Friedländer am 5. Dezember 1942 hatte ausfüllen müssen, hatte sie als Höhe des Gesamtvermögens eine Summe von „circa 11 500 RM“ eingetragen; ob von ihr selber oder von anderer Hand, ist nachträglich nicht mehr zu ermitteln. Dieses Geld wollte sich der Nazi-Staat nicht entgehen lassen. Wir erwähnen diese im Grunde privaten Angaben deshalb, um aufzuzeigen, wie skrupellos sich die Nazis und ihre Helfer auch der materiellen Ausbeutung ihrer Opfer verschrieben hatten.<br />
<br />
Am 9. Dezember 1942 sollte Fanny Friedländer mit einem der letzten „Alterstransporte“ nach Theresienstadt deportiert werden. Doch wegen organisatorischer Probleme wurde ihr Zug als Teil des „24. Osttransport“ nach Auschwitz umgeleitet. Dort registrierten am 10. Dezember 1942 die SS-Mannschaften den Eingang von 1060 Menschen. Nach einer „Selektion“ an der berüchtigten Rampe in Auschwitz-Birkenau wurden 137 Männer sowie 25 Frauen als Häftlinge in das Lager eingewiesen. Die übrigen 898 Deportierten wurden in den Gaskammern ermordet. Hier fand offenkundig auch Fanny Friedländer den furchtbaren und unregistrierten Tod.<br />
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Für die Schreibtischtäter in Berlin war die „Judensache“ Fanny Friedländer noch nicht beendet. Am 22. Oktober 1943 – über zehn Monate nach ihrer Ermordung – beschwerte sich die Vermögensbewertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten von Berlin-Brandenburg beim Hauptplanungsamt der Stadt Berlin unter dem Betreff „Räumung von Judenwohnung“: „Die Wohnung der schon seit Dezember 1942 abgeschobenen Jüdin Fanny Sara Friedländer ist noch nicht geräumt. Auch von Untermieter ist die Wohnung seit Februar 42 frei. Ich bitte, unverzüglich für die Räumung der Wohnung zu sorgen.“ Auch der Vermieter beschwerte sich über ausstehende Mietzahlungen. Mit dem Gruß „Heil Hitler“ verlangte er von den Behörden „Miete für April bis Juli, jeweils 120 RM“. So steht es in den Akten des Landeshauptarchivs Berlin-Brandenburg.

Fanny Friedländer war eine waschechte Berlinerin. Hier wurde sie als Fanny Alexander am 5. Januar 1879 geboren; hier lebte sie; hier heiratete sie ihren Mann Ismar Friedländer; hier bekam sie ihre zwei Kinder: Zunächst Tochter Ilse, die in den 1930er Jahren italienische Staatsbürgerin wurde, weil sie einen Herrn Sapuppo heiratete. Später wanderte sie in die USA aus. Drei Jahre nach Ilse, am 15. Juli 1910, wurde der Stammhalter Adolf geboren.

Fanny Friedländer und ihr Mann Ismar führten zusammen drei Damenhut-Geschäfte, die alle in der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg lagen. Nach dem Tod ihres Mannes 1935 kamen bedrückende Zeiten auf Fanny Friedländer zu. Die Familie war zwar wohlhabend, auch weil sie rechtzeitig vor den nationalsozialistischen Pressionen gegen jüdische Geschäftsleute ihre drei Hutläden hatte schließen oder verkaufen können. Doch nach der Machtübernahme der Nazis musste man von der Substanz leben. Da passte es, dass in die 3 ½-Zimmer-Wohnung in der Schlüterstraße 49, Vorderhaus, 2. Stock, eine Untermieterin eingewiesen wurde. Das sparte Kosten. Die monatliche Miete für Fanny Friedländer betrug 120 Reichsmark. Eine zusammen mit ihrem Sohn Adolf geplante Auswanderung – die Kisten waren schon nach England verschickt – scheiterte.

In den Monaten vor ihrer Deportation am 9. Dezember 1942 war Fanny Friedländer offenbar unter einer anderen Adresse gemeldet; tatsächlich aber wohnte sie bei ihrem Sohn Adolf in der Schlüterstraße. Das geht aus einem Schreiben des Obergerichtsvollziehers Neumann hervor, der am 11. Februar 1943 bei einer „erfolglosen“ Suche nach verwertbarem Mobiliar der Deportierten notierte: „Fanny Friedländer hat bei ihrem Sohn gewohnt, welcher die Wohnung gemietet hat und auch Eigentümer der Einrichtungsgegenstände ist. Der Sohn wohnt noch heute in der Wohnung und ist bei der Jüdischen Gemeinde tätig.“ Dafür erstellte er eine Kostenrechnung: „Schätzgebühr 1 RM, Fahrkosten 1 RM, Schreibgebühr 0,50 RM“.

Unmittelbar vor ihrer Deportation war Fanny Friedländer in das Jüdische Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 „verbracht“ worden. Dorthin stellte die Geheime Staatspolizei ihr auch die „Einziehungsverfügung“ über ihr Vermögen zu. In einer Vermögenserklärung, die Fanny Friedländer am 5. Dezember 1942 hatte ausfüllen müssen, hatte sie als Höhe des Gesamtvermögens eine Summe von „circa 11 500 RM“ eingetragen; ob von ihr selber oder von anderer Hand, ist nachträglich nicht mehr zu ermitteln. Dieses Geld wollte sich der Nazi-Staat nicht entgehen lassen. Wir erwähnen diese im Grunde privaten Angaben deshalb, um aufzuzeigen, wie skrupellos sich die Nazis und ihre Helfer auch der materiellen Ausbeutung ihrer Opfer verschrieben hatten.

Am 9. Dezember 1942 sollte Fanny Friedländer mit einem der letzten „Alterstransporte“ nach Theresienstadt deportiert werden. Doch wegen organisatorischer Probleme wurde ihr Zug als Teil des „24. Osttransport“ nach Auschwitz umgeleitet. Dort registrierten am 10. Dezember 1942 die SS-Mannschaften den Eingang von 1060 Menschen. Nach einer „Selektion“ an der berüchtigten Rampe in Auschwitz-Birkenau wurden 137 Männer sowie 25 Frauen als Häftlinge in das Lager eingewiesen. Die übrigen 898 Deportierten wurden in den Gaskammern ermordet. Hier fand offenkundig auch Fanny Friedländer den furchtbaren und unregistrierten Tod.

Für die Schreibtischtäter in Berlin war die „Judensache“ Fanny Friedländer noch nicht beendet. Am 22. Oktober 1943 – über zehn Monate nach ihrer Ermordung – beschwerte sich die Vermögensbewertungsstelle des Oberfinanzpräsidenten von Berlin-Brandenburg beim Hauptplanungsamt der Stadt Berlin unter dem Betreff „Räumung von Judenwohnung“: „Die Wohnung der schon seit Dezember 1942 abgeschobenen Jüdin Fanny Sara Friedländer ist noch nicht geräumt. Auch von Untermieter ist die Wohnung seit Februar 42 frei. Ich bitte, unverzüglich für die Räumung der Wohnung zu sorgen.“ Auch der Vermieter beschwerte sich über ausstehende Mietzahlungen. Mit dem Gruß „Heil Hitler“ verlangte er von den Behörden „Miete für April bis Juli, jeweils 120 RM“. So steht es in den Akten des Landeshauptarchivs Berlin-Brandenburg.