Hugo Gimpel

Verlegeort
Bamberger Str. 22
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
15. Oktober 2008
Geboren
21. Dezember 1878 in Rostock (Mecklenburg)
Deportation
am 01. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Hugo Gimpel wurde am 21. Dezember 1878 in Rostock als Sohn von Max und Julie Gimpel geb. Weil geboren. Gemeinsam mit seiner Schwester Adele wuchs er in Rostock auf. Die Großfamilie Gimpel war bekannt und erfolgreich in Rostock; so führte Hugos Vater Max mit seinem Bruder Julius eine „Tuch-, Leinen-, Manufactur- und Modewaaren-Handlung. Anfertigung sämmtl. Damen- und Herrengarderobe“. Ein dritter Bruder, Julius, führte das „Producten-Geschäft“ J. Gimpel & Söhne.

Wann Hugo Rostock genau verließ, wissen wir nicht, aber ab 1910 entdecken wir ihn im Telefonbuch als Mitgeschäftsführer bei der Firma Heinrich Kothe GmbH in der Zwinglistraße 20, die sich auf „Zelte und Markisen, wasserdichte Stoffe, Pferdedecken, Bootsausrüstungen“ spezialisiert hat. In der Folge machte er sich selbstständig und gründete 1914 unter seinem Namen ein Geschäft für Trikotagen und Strümpfe in der Freisinger Straße 1 in Berlin-Schöneberg; als Prokuristin wird die 1891 in Lyck (Ostpreußen) geborene Margarete Gimpel, geborene Scharlach aufgeführt – offenbar seine erste Ehefrau, wobei unklar ist, wann die Heirat stattgefunden hatte. In den Akten des Landesarchivs können wir zahlreiche Ortswechsel der Firma nachverfolgen: Ab 1915 ist sie am Spittelmarkt 15 unter der Bezeichnung „Agentur und Kommission in Woll-, Strumpf- und Wirkwaren, Arbeiter-Bekleidung“ zu finden, 1921 nimmt die Firma, nunmehr in der Kaiser-Wilhelm-Str. 4 ansässig, einen Mitgesellschafter Fritz Pietschmann auf, mit dem Hinweis: „Die Prokura der Frau Margarete Gimpel bleibt bestehen.“ Doch die weitere Entwicklung der Firma erscheint glücklos gewesen zu sein: 1924 schied Fritz Pietschmann wieder aus, und ab 1927 finden sich in der Korrespondenz mit dem Handelsregister mehrere Bitten um Aufschub einer angedrohten Löschung aus dem Handelsregister, jeweils mit der Zusicherung, dass innerhalb von sechs Monaten die Wiederaufnahme des Betriebs erfolgen werde. Im Mai 1928 stellte das Handelsregister lakonisch fest: „Gimpel betreibt Straßenhandel“ und löschte die Firma im Handelsregister, da ein „stehendes Geschäft“ bis dahin nicht mehr eröffnet wurde. Auch die Ehe mit Margarete wurde geschieden.

Wie Hugo Gimpel die folgenden Jahre verbrachte, wissen wir nicht, außer, dass er 1931 in der Aschaffenburger Straße 14 gemeldet war. Wir erfahren erst wieder, dass er in zweiter Ehe Frieda Gimpel, geb. Heumann heiratete.

Hugos zweite Ehefrau Frau Frieda war am 30. Juni 1894 in Celle als Tochter von Simon Heumann, (1861-1934) und Ida Heumann, geb. Grafenberg (1868-1933) zur Welt gekommen und wuchs dort mit ihren jüngeren Geschwistern Hans und Alice auf. Als junge Frau arbeitete Frieda in Celle im "Berliner Warenhaus" der Brüder Freidberg, dem damals größten Warenhaus Celles am Markt 5 (ein Stolperstein erinnert heute an dieser Stelle daran). Kurz vor ihrem 21. Geburtstag, am 15. Juni 1915, heiratete sie den Niederländer Eli Cosmann in Berlin; die Ehe wurde 18 Jahre später, im Jahr 1933, geschieden.

Drei Jahre später, am 4. November 1935, heirateten Frieda und Hugo. Möglicherweise brachte Frieda ein Kind aus erster Ehe mit (in einer Quelle wird ein Adoptivkind von Hugo erwähnt). 1939 waren sie in der Bamberger Straße 22 gemeldet - vermutlich zwangseingewiesen, da bei der Hauptmieterin Clara Rieger noch sechs weitere Untermietparteien untergebracht waren. Ab einem bestimmten Zeitpunkt muss das Ehepaar versucht haben, unterzutauchen; in der Gedenkbuchdatei steht: „Sie lebten versteckt, bis sie gefunden wurden.“

Frieda und Hugo Gimpel wurden am 1. März 1943 über das Sammellager Große Hamburger Str. 26 zusammen mit über 1.700 Menschen mit dem „31. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert. Es handelte sich um den ersten "Transport" nach der sog. Fabrikaktion am 27. Februar, bei der jüdische Zwangsarbeiter direkt an ihrem Arbeitsplatz festgenommen wurden. Wir müssen also davon ausgehen, dass Hugo und Frieda zur Zwangsarbeit verpflichtet worden waren. Dafür spricht auch, dass sie  nicht zusammen auf der Deportationsliste registriert wurden: Frieda hatte die Nr. 143, Hugo die 1622. Von 1.736 Menschen dieses Zuges wurden in Auschwitz nur 677 als arbeitsfähig registriert, 1.059 Männer, Frauen und Kinder wurden sofort ermordet. Frieda und Hugo waren zu diesem Zeitpunkt 48 und 64 Jahre alt, so dass sie wahrscheinlich überlebte sie den Tag ihrer Ankunft nicht überlebten.

Einen Tag nach Hugo und Frieda wurde Hugos erste Ehefrau Margarete Gimpel nach Auschwitz deportiert und dort umgebracht. Auch Friedas Bruder Hans, ihre Schwägerin Herta und ihre 14-jährige Nichte Hildegard wurden in Auschwitz ermordet. Nur Friedas Schwester Alice überlebte den Holocaust. Sie starb 1966 in Montevideo.