Ella Jacobowitz geb. Hefter

Verlegeort
Wilhelmsaue 5
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
29. November 2005
Geboren
07. August 1886 in Berlin
Beruf
Schneiderin
Deportation
am 09. Dezember 1942 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Ella Jacobowitz geb. Hefter, ist am 07. August 1886 in Berlin geboren. Sie lebte mit drei gleichnamigen Jacobowitz’ im Haus Wilhelmsaue 5.

Ella Jacobowitz, die eigentlich Esther Else hieß, kam am 7. August 1886 als Tochter des jüdischen Kaufmanns Mendel Hefter (ca.1858–1923) und seiner Frau Adele (Eidel), geb. Friedmann (1857–1930) in Berlin auf die Welt . Ihre Eltern stammten aus Jarosław (heute in Polen). Der Ort lag in Galizien, in einem Gebiet, das abwechselnd russisch, polnisch oder österreich-ungarisch war, und in dem Polen, Ukrainer und viele Juden lebten – und in dem eine ganz besondere Kultur entstanden war.

Im Jahr ihrer Geburt wohnten die Eltern in der Amalienstraße in Berlin-Mitte, nicht weit entfernt von der Linien- und Hirtenstraße im Viertel der zugewanderten „Ostjuden“. Ellas älterer Bruder Jacob war 1883 dort auf die Welt gekommen, die Schwester Deborah (genannt Dora) wurde 1887 in der Straßburgerstraße, die Schwester Martha 1894 in der Linienstraße geboren. Um 1900 lebte die Familie in der Mendelssohnstraße, dann in der Meyerbeerstraße – der Wohnungswechsel gehörte zu Ellas Kindheit. Die Nachbarn waren Händler und Handwerker, die „Fabriken“ lagen auf einer einzigen Etage. Auch Vater Mendel Hefter bezeichnete sich bald als „Fabrikant“. Er besaß mit einem Kompagnon und dann allein eine der damaligen Damenmode entsprechende „Taillenverschluss- und Stahlstäbefabrik“. (Später, als die Frauen sich vom Korsett befreit hatten, sollte er anderes produzieren.) Das Geschäft muss gut gegangen sein. Die Familie zog noch vor dem Ersten Weltkrieg in die Eisenzahnstraße in der Nähe des Kurfürstendamms, und die Eltern sollten dort bis zu ihrem Tod mit den unverheirateten, aber berufstätigen Schwestern bleiben.

Auch Ella Hefter war seit ihrer Jugend berufstätig, arbeitete als Damenschneiderin und nach Jahren in der Konfektion in leitender Position als Direktrice. Sie besaß nach der Erinnerung ihrer Schwester Martha bereits vor der Ehe eine eigene „Werkstätte für feine Damenröcke“ mit angestellten Näherinnen, Zuschneidern und Büglern.

Am 3. Juni 1920 heiratete Ella Hefter den 1881 in Berlin geborenen staatenlosen Kaufmann Ludwig Jacobowitz. Ihr Ehemann stammte aus einer großen Familie, die seit 1914 in der Heinersdorferstraße 26 (ab 1925 Heinrich-Roller-Straße) in Berlin-Mitte lebte. Seine Mutter Ernestine (1854–1919) war kurz vor der Eheschließung ihres Sohnes gestorben, sein 1849 geborener Vater Moritz Jacobowitz (zuerst Kürschner, dann Kaufmann) starb 1924 in der Heinersdorferstraße.

Ehemann Ludwig Jakobowitz besaß mit seinem Schwager Jacob Hefter (1883–1955) die Firma „Hefter & Jacobowitz“, eine „Kostümrockfabrik“ in der Spandauer Straße 19. (Nicht weit davon befand sich das bekannte Kaufhaus von Nathan Israel.)

Die Ehe von Ella und Ludwig Jacobowitz blieb kinderlos. Das Ehepaar scheint anfangs ohne eigenen Haushalt gewesen zu sein. Ende der 1920er-Jahre wohnte es in einem Neubau in der Koblenzer Straße 14. Im Jahr 1929 verließ Ellas Bruder Jacob Hefter Berlin und zog mit seiner Ehefrau Hildegard, geb. Kaufmann, und der gemeinsamen Tochter Ursula nach Bochum im Ruhrgebiet und von dort später in das nicht weit entfernte Hattingen, wo er das Bekleidungsgeschäft seines Schwiegervaters übernahm.

Aus der gemeinsamen „Fabrik“ wurde (zusätzlich) ein Großhandel. Ludwig Jacobowitz besuchte die Kunden, Ella Jacobowitz arbeitete in ihrem erlernten Metier. Das Geschäft „florierte“, und Mitte der 1930er-Jahre zog das Ehepaar in eine 4-Zimmer-Wohnung in der Kaiserallee 48 (heute Bundesallee). Die Wohnung mit Esszimmer und Herrenzimmer war dem guten Einkommen entsprechend eingerichtet.

Nach dem Beginn der NS-Diktatur wurde die Familie von Ella Jacobowitz noch kleiner: Ihre Schwester Martha verließ ebenfalls Berlin, zog 1935 nach Leipzig und emigrierte von dort 1939 nach Großbritannien. In demselben Jahr floh Bruder Jacob (nun Jacques) Hefter mit seiner Familie über die Niederlande nach Kolumbien und später in die USA.

Seit 1938 arbeitete Ella Jacobowitz in der Wohnung Kaiserallee 48 und ihr Ehemann weiterhin als Vertreter. Ihre Schwester Deborah (Dora), die nach Martha Hefters Erinnerung zuletzt Krankenschwester, aber eigentlich Buchhalterin war, wohnte 1939 für kurze Zeit ebenfalls in dieser Wohnung. Dann wird sie auf der Meldekarte des Polizeireviers als „unbekannt verzogen“ notiert. (Sie könnte nach Dresden gegangen sein und später nach Berlin zurückgekehrt.)

Der Ehemann von Ella Jacobowitz hatte drei unverheiratete Geschwister: Martin (*1877), Julius (*1887) und Jenny (*1891). Sie wohnten seit 1935 in einer 3-Zimmer-Wohnung im dritten Stock der Wilhelmsaue 5 in Berlin-Wilmersdorf. Nach den Notierungen im Berliner Adressbuch war Martin Jacobowitz der Haushaltsvorstand, sprich Hauptmieter, 1938/39 gefolgt von seinem Bruder Julius. Martin Jacobowitz starb 1941 im Jüdischen Krankenhaus.

1939 wohnte in der Wohnung eine Untermieterin, die nicht zur Familie gehörte: Anna Michalowski (1869–1943). Sie wurde am 20.August 1942 aus der Helmstedter Straße 23 nach Theresienstadt deportiert und kam dort 1943 um. – Im März 1942 zogen Ella und Ludwig Jacobowitz aus der Kaiserallee als Untermieter in ein möbliertes Zimmer in der Wilhelmsaue 5. Dies könnte das Zimmer von Anna Michalowski gewesen sein.

Am 9. Dezember 1942 wurden Ella Jacobowitz, ihr Ehemann Ludwig, Schwager Julius und Schwägerin Jenny Jacobowitz mit dem „24. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Ellas Schwester Deborah (Dora) Hefter lebte nur wenig länger: Am 24. August 1943 wurde auch sie aus ihrer letzten Unterkunft in der Prinzregentenstraße nach Auschwitz verschleppt und getötet.