Sophie Maas geb. Lesser

Verlegeort
Wielandstr. 17
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
01. Juli 2010
Geboren
25. Februar 1867 in Königsberg / Kaliningrad
Deportation
am 01. September 1942 nach Theresienstadt
Ermordet
03. Oktober 1942 in Theresienstadt

Sophie Maas wurde als Sophie Lesser am 25. Februar 1867 in Königsberg geboren. Ihr Vater Louis Heinrich Lesser hatte dort zwei Jahre zuvor Anna Fanny Rosenthal geheiratet. Er war Kaufmann, möglicherweise hatte er dort eine Kalkbrennerei, denn 1872 taucht er erstmalig im Berliner Adressbuch als „Kalkbrennereibesitzer“ auf. Er muss kurz davor nach Berlin übergesiedelt haben, im gleichen Jahr 1872 ist er zwar auch noch im Königsberger Adressbuch verzeichnet, aber seine Tochter Paula, Sophies Schwester, kam am 30. November des Jahres bereits in Berlin zur Welt. Ein Jahr darauf hatte Louis Lesser gewechselt zum „Glacéhandschuhfabrikant“, zwei Jahre später handelte er in Baumaterialien. Da war Sophie 8 Jahre alt. Diesen Teil ihrer Kindheit verbrachte sie in der Nähe des Landwehrkanals, Schellingstraße 16, hinter der (heutigen) Staatsbibliothek. Um 1880 starb der Vater, die Mutter zog mit den Kindern – wir wissen nicht, ob Sophie und Paula noch mehr Geschwister hatten – in die Schöneberger Blumenthalstraße. Dort wohnte Sophie bis zu ihrer Heirat im April 1893 mit dem 9 Jahre älteren Sigmund Maas. Das junge Paar zog nach Moskau, wo ihre zwei Kinder geboren wurden: Helene am 16.10. 1895 und Ernst Boris am 17.8.1902.<br />
<br />
1915, im Ersten Weltkrieg, wurde die Familie „als Reichsdeutsche“ ausgewiesen, und zog wieder nach Berlin. Sigmund Maas betätigte sich vermutlich weiterhin kaufmännisch. <br />
Wo sich die Familie in Berlin niederließ, ist schwer zu ermitteln, da in den Adressbüchern der Nachname mal als Maas, aber auch Maaß oder Maß geschrieben wird, die Vornamen häufig nur abgekürzt wiedergegeben sind. Möglich das Sigmund identisch ist mit einem Siegmund Maaß, Rentier, der in der Uhlandstraße, später in der Kaiserallee wohnte. Belegbar ist, dass seine Tochter Helene 1921 Otto Bernstein heiratete, mit ihm zunächst nach Zagreb zog und vier Jahre später zurück nach Berlin kam, sich 1931 scheiden ließ und anschließend mit ihrem 1922 geborenen Sohn Gerd eine Wohnung in der Wielandstraße 17 nahm. Auch Sophie und Sigmund Maas wohnten ab April 1931 in der Wielandstraße 17, und, da im Adressbuch nur Helene Bernstein, Buchhalterin, verzeichnet ist, kann als sicher gelten, dass sie gemeinsam in einer Wohnung lebten. Dort starb an Weihnachten 1935 Sigmund. Eine Witwe Maß, Sophie bzw. Maas, Sophie kennt das Adressbuch in der Wielandstraße 17 erst ab 1940. Vermutlich übernahm sie die Wohnung der Tochter, nachdem diese 1939 nach England emigrierte.<br />
<br />
Inzwischen wohnten bei Sophie noch ihre Schwester Paula, verwitwete Alschwang, und deren Schwägerin, Marie Bernstein geb. Alschwang, 1866 in Moskau zur Welt gekommen und auch verwitwet. Zeitweise lebte auch Otto Bernstein in der Wohnung, vermutlich Helenes geschiedener Mann. Die Alschwangs und die Maas’ kannten sich wohl aus Moskau, möglicherweise auch die Bernsteins.<br />
<br />
Durch seinen Tod blieb Sigmund Maas das erspart, was Sophie und ihre Mitbewohnerinnen in den folgenden Jahren erleben mussten. Immer mehr antijüdische Maßnahmen schränkten das Leben deutscher Juden ein, ihre Rechte wurden zunehmend beschnitten, sie wurden isoliert und zur Auswanderung ermuntert, was aber wiederum mit hohen Kosten wie Sondersteuern und Verlust des Vermögens verbunden war. Besonders Nach den Novemberpogromen 1938 wurden Juden nahezu komplett aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen, sie durften nicht mehr in Konzerte, Theater oder Kinos, zu bestimmten Zeiten überhaupt nicht auf die Straße; Rundfunkgeräte und auch Wertgegenständen waren abzugeben und viele diskriminierende Verordnungen mehr. Die Auswanderung wurde weiter erschwert, ab Kriegsbeginn nahezu unmöglich gemacht. Helene gelang es noch im August 1939 nach England auszuwandern, Sophies Sohn Ernst Boris schaffte es noch im April 1940 in die USA zu flüchten.<br />
<br />
Ende August 1942 wurden Sophie Maas und Marie Bernstein zusammen mit anderen Bewohnern der Wielandstraße 17 abgeholt, in das zum Sammellager umfunktionierte jüdische Altersheim in der Großen Hamburger Straße 26 gebracht, und am 1. September nach Theresienstadt deportiert.<br />
<br />
Theresienstadt war keineswegs ein „Altersghetto“, wo Juden in Ruhe ihren Lebensabend verbringen konnten, wie die Nationalsozialisten behaupteten. Vielmehr war es ein weiteres Lager, in dem Menschen unter katastrophalen und menschenverachtenden Bedingungen zusammengepfercht wurden. Dort wurde Sophie Maas im Gebäude L207 untergebracht, wo sie vier Wochen später, am 3. Oktober 1942 starb, angeblich an Altersschwäche, in Wirklichkeit an den unmenschlichen Lebensumständen.<br />
<br />
Ihre Schwester Paula mochte nicht die eigene Deportation abwarten, sie nahm sich am 19. November 1942 das Leben. Deren Schwägerin Marie hielt das menschenunwürdige Dasein in Theresienstadt bis zum 18. April 1944 aus, dann erlag auch sie den dortigen Lebensumständen. Otto Bernstein wurde in einem anderen „Transport“ ebenfalls nach Theresienstadt verbracht, überlebte und legte nach dem Krieg Zeugnis ab, u.a. über Sophie Maas’ Wohnung in der Wielandstraße 17.<br />

Sophie Maas wurde als Sophie Lesser am 25. Februar 1867 in Königsberg geboren. Ihr Vater Louis Heinrich Lesser hatte dort zwei Jahre zuvor Anna Fanny Rosenthal geheiratet. Er war Kaufmann, möglicherweise hatte er dort eine Kalkbrennerei, denn 1872 taucht er erstmalig im Berliner Adressbuch als „Kalkbrennereibesitzer“ auf. Er muss kurz davor nach Berlin übergesiedelt haben, im gleichen Jahr 1872 ist er zwar auch noch im Königsberger Adressbuch verzeichnet, aber seine Tochter Paula, Sophies Schwester, kam am 30. November des Jahres bereits in Berlin zur Welt. Ein Jahr darauf hatte Louis Lesser gewechselt zum „Glacéhandschuhfabrikant“, zwei Jahre später handelte er in Baumaterialien. Da war Sophie 8 Jahre alt. Diesen Teil ihrer Kindheit verbrachte sie in der Nähe des Landwehrkanals, Schellingstraße 16, hinter der (heutigen) Staatsbibliothek. Um 1880 starb der Vater, die Mutter zog mit den Kindern – wir wissen nicht, ob Sophie und Paula noch mehr Geschwister hatten – in die Schöneberger Blumenthalstraße. Dort wohnte Sophie bis zu ihrer Heirat im April 1893 mit dem 9 Jahre älteren Sigmund Maas. Das junge Paar zog nach Moskau, wo ihre zwei Kinder geboren wurden: Helene am 16.10. 1895 und Ernst Boris am 17.8.1902.

1915, im Ersten Weltkrieg, wurde die Familie „als Reichsdeutsche“ ausgewiesen, und zog wieder nach Berlin. Sigmund Maas betätigte sich vermutlich weiterhin kaufmännisch.
Wo sich die Familie in Berlin niederließ, ist schwer zu ermitteln, da in den Adressbüchern der Nachname mal als Maas, aber auch Maaß oder Maß geschrieben wird, die Vornamen häufig nur abgekürzt wiedergegeben sind. Möglich das Sigmund identisch ist mit einem Siegmund Maaß, Rentier, der in der Uhlandstraße, später in der Kaiserallee wohnte. Belegbar ist, dass seine Tochter Helene 1921 Otto Bernstein heiratete, mit ihm zunächst nach Zagreb zog und vier Jahre später zurück nach Berlin kam, sich 1931 scheiden ließ und anschließend mit ihrem 1922 geborenen Sohn Gerd eine Wohnung in der Wielandstraße 17 nahm. Auch Sophie und Sigmund Maas wohnten ab April 1931 in der Wielandstraße 17, und, da im Adressbuch nur Helene Bernstein, Buchhalterin, verzeichnet ist, kann als sicher gelten, dass sie gemeinsam in einer Wohnung lebten. Dort starb an Weihnachten 1935 Sigmund. Eine Witwe Maß, Sophie bzw. Maas, Sophie kennt das Adressbuch in der Wielandstraße 17 erst ab 1940. Vermutlich übernahm sie die Wohnung der Tochter, nachdem diese 1939 nach England emigrierte.

Inzwischen wohnten bei Sophie noch ihre Schwester Paula, verwitwete Alschwang, und deren Schwägerin, Marie Bernstein geb. Alschwang, 1866 in Moskau zur Welt gekommen und auch verwitwet. Zeitweise lebte auch Otto Bernstein in der Wohnung, vermutlich Helenes geschiedener Mann. Die Alschwangs und die Maas’ kannten sich wohl aus Moskau, möglicherweise auch die Bernsteins.

Durch seinen Tod blieb Sigmund Maas das erspart, was Sophie und ihre Mitbewohnerinnen in den folgenden Jahren erleben mussten. Immer mehr antijüdische Maßnahmen schränkten das Leben deutscher Juden ein, ihre Rechte wurden zunehmend beschnitten, sie wurden isoliert und zur Auswanderung ermuntert, was aber wiederum mit hohen Kosten wie Sondersteuern und Verlust des Vermögens verbunden war. Besonders Nach den Novemberpogromen 1938 wurden Juden nahezu komplett aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen, sie durften nicht mehr in Konzerte, Theater oder Kinos, zu bestimmten Zeiten überhaupt nicht auf die Straße; Rundfunkgeräte und auch Wertgegenständen waren abzugeben und viele diskriminierende Verordnungen mehr. Die Auswanderung wurde weiter erschwert, ab Kriegsbeginn nahezu unmöglich gemacht. Helene gelang es noch im August 1939 nach England auszuwandern, Sophies Sohn Ernst Boris schaffte es noch im April 1940 in die USA zu flüchten.

Ende August 1942 wurden Sophie Maas und Marie Bernstein zusammen mit anderen Bewohnern der Wielandstraße 17 abgeholt, in das zum Sammellager umfunktionierte jüdische Altersheim in der Großen Hamburger Straße 26 gebracht, und am 1. September nach Theresienstadt deportiert.

Theresienstadt war keineswegs ein „Altersghetto“, wo Juden in Ruhe ihren Lebensabend verbringen konnten, wie die Nationalsozialisten behaupteten. Vielmehr war es ein weiteres Lager, in dem Menschen unter katastrophalen und menschenverachtenden Bedingungen zusammengepfercht wurden. Dort wurde Sophie Maas im Gebäude L207 untergebracht, wo sie vier Wochen später, am 3. Oktober 1942 starb, angeblich an Altersschwäche, in Wirklichkeit an den unmenschlichen Lebensumständen.

Ihre Schwester Paula mochte nicht die eigene Deportation abwarten, sie nahm sich am 19. November 1942 das Leben. Deren Schwägerin Marie hielt das menschenunwürdige Dasein in Theresienstadt bis zum 18. April 1944 aus, dann erlag auch sie den dortigen Lebensumständen. Otto Bernstein wurde in einem anderen „Transport“ ebenfalls nach Theresienstadt verbracht, überlebte und legte nach dem Krieg Zeugnis ab, u.a. über Sophie Maas’ Wohnung in der Wielandstraße 17.