Emanuel Berger

Verlegeort
Giesebrechtstr. 12
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
08. Mai 2011
Geboren
09. Juni 1872 in Kattowitz (Schlesien) / Katowice
Deportation
am 02. Februar 1943 nach Theresienstadt
Ermordet
November 1943 im Ghetto Theresienstadt

Emanuel Berger wurde in Rosdzin bei Kattowitz am 9. Juni 1872 geboren. Sein Vater war sehr wahrscheinlich der Klempnermeister Samuel Berger. Auch Emanuel wurde Klempnermeister und etablierte sich 1898 in Kattowitz in der Beatestraße 13. Vermutlich hatte er das Geschäft vom Vater übernommen, der nun weiter in Kattowitz in der Sachsstraße wohnte. Um diese Zeit wahrscheinlich heiratete Emanuel Amanda Sachs, denn 1900 kam ihr erstes Kind auf die Welt.<br />
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Amanda Sachs war in Kattowitz am 3. Juli 1872 geboren worden. Leider wissen wir nichts über ihr Elternhaus und ihre Jugend, im Adressbuch Kattowitz kommt der Name Sachs öfter vor. Es ist lediglich dokumentiert, dass sie einen Bruder Ernst Sachs hatte, der später auch in Berlin lebte. Amanda heiratete Emanuel Berger und gebar am 8. Februar 1900 in Kattowitz ihre Tochter Erna. Als ihr Sohn Alfred ein Jahr später am 30. Mai auf die Welt kam, waren Bergers in die Schillerstraße umgezogen. 1903 bekamen sie eine zweite Tochter, Ilse. <br />
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Die Familie zog in Kattowitz noch mehrmals um, 1914 wohnten sie in der Rathausstraße 10. Dann, noch während des Ersten Weltkrieges, siedelte Emanuel Berger nach Berlin um. Im Adressbuch ist er erstmals 1918 genannt, als Klempnermeister in der Paulstraße 33 in Moabit. Zwei Jahre später hatte er ein Unternehmen – nun als „Baugeschäft“ eingetragen - in Charlottenburg in der Kantstraße 69, dort war auch seine Wohnung. 1925 ließ er das Geschäft mit einem weiteren Gesellschafter in das Handelsregister eintragen, er gab an, 20 Arbeiter und Angestellte zu beschäftigen. Auch als er 1932 das Haus Giesebrechtstraße 12 kaufte – auf den Namen von Amanda eingetragen – blieben Geschäft und Wohnung in der Kantstraße. Erst 1935 gab Emanuel Berger die Kantstraße 69 auf, und zog mit dem Baugeschäft in sein Haus in der Giesebrechtstraße. Mit der Machtübernahme der Nazis und der wachsenden Diskriminierung und Verfolgung der Juden waren auch Emanuel Bergers Geschäfte schwieriger geworden. Nichtjüdische Kundschaft blieb weg, jüdische war nicht mehr so auftragsfreudig. Nach einer Aufstellung von Lohnnachweisen der Baugenossenschaft hatten diese zwar 1936 etwa den gleichen Umfang wie 1930, zwischendurch waren sie aber erheblich höher gewesen. 1938 sanken sie auf die Hälfte. Durch Verordnung vom Dezember 1938 konnten jüdische Gewerbetreibende gezwungen werden, ihr Geschäft an Nichtjuden zu verkaufen und tatsächlich wurde Emanuel Berger genötigt, die Firma zum 31.12.38 zu löschen. Folgt man dem Adressbuch, konnte sich Emanuel bis 1941 noch als Bauunternehmer halten, nun mit dem stigmatisierenden Zwangsbeinamen „Israel“ - Frauen mussten zusätzlich dem eigenen den Namen „Sara“ führen. <br />
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Das Haus in der Giesebrechtsstraße hatten Emanuel und Amanda bereits 1939 verkaufen müssen an den Arzt Johannes Ludwig Schmitt, eine schillernde Figur: Ehemaliger Freikorpskämpfer und Anhänger der „Schwarzen Front“, Freund von Rudolf Heß und Otto Strasser, war er zeitweise auch in Opposition zur NSDAP geraten und in Sachsenhausen interniert worden. Beim Kauf des Hauses hatte sich noch eine „Preisstoppstelle“ eingemischt, und den ursprünglich vereinbarten Kaufpreis um 12000 RM herabgesetzt. Nach Abzug der Hypothekenschulden blieb ein geschrumpfter Betrag übrig, den Schmitt nach dem Krieg behauptete so überwiesen zu haben, dass Bergers darüber verfügen könnten. Er gab überdies an, nur aus Freundschaft zu Amanda Berger das Haus gekauft zu haben. Es bleibt aber sehr fraglich, ob sie überhaupt etwas von dem Verkauf hatte, da jüdische Konten inzwischen gesperrt waren und ihnen nur ein Betrag für das nackte Existenzminimum abzuheben erlaubt wurde.<br />
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Dies war nur eine der vielen Maßnahmen, mit denen die Nazis Berufs- und Alltagsleben für Juden nach und nach unmöglich machten. Der Sohn Alfred war schon kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 nach Paris gegangen und musste 1940 vor den Deutschen weiter in das unbesetzte Südfrankreich, nach Nizza, flüchten. Tochter Ilse, die 1925 Martin Lewinski geheiratet hatte aber acht Jahre später geschieden wurde, wohnte zunächst wieder bei den Eltern und arbeitete im Baugeschäft. 1937 ging auch sie nach Frankreich zu ihrem Bruder. Auch die älteste Tochter, Erna, war inzwischen von ihrem Mann Heinz Goldschmidt geschieden und lebte und arbeitete in der Giesebrechtstraße beim Vater. Sie blieb trotz Judenverfolgung bei den Eltern. Aber ihre Tochter Lieselotte war schon 1934, als sie 13 Jahre alt war, zur Sicherheit ebenfalls zu Alfred nach Frankreich geschickt worden.<br />
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Möglicherweise hatten auch Emanuel, Amanda und Erna Berger (sie hatte 1939 ihren Mädchennamen wieder angenommen) auch geplant, nach Frankreich zu flüchten. Sie hatten bereits die sog. „ Reichsfluchtsteuer “ hinterlegt, eine weitere Maßregelung von Juden. Aber Bergers warteten zu lang, sei es, weil sie hofften, das Geschäft doch noch retten zu können, sei es, weil sie kein Visum bekommen konnten, was nach Kriegsausbruch sowieso kaum noch möglich war. 1941 wurde Juden die Ausreise ganz und gar verboten, und die Familie blieb verarmt, entrechtet und gedemütigt in Berlin zurück.<br />
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Ende Januar 1943 bekamen alle drei – zu unterschiedlichen Zeitpunkten – den Deportationsbescheid. Amanda und Emanuel mussten wahrscheinlich noch erleben, wie Erna abgeholt wurde bevor sie wenige Tage später das gleiche Schicksal erlitten. Erna Berger, geschiedene Goldschmidt, wurde am 29. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert, wo sie wenige Wochen später ermordet wurde. Vier Tage nach Erna, am 2. Februar, verschleppte man Amanda und Emanuel nach Theresienstadt. In diesem von der NS-Propaganda euphemistisch als „Altersghetto“ bezeichneten Lager herrschten entsetzliche Lebensbedingungen: Die Wohnräume heruntergekommen und brutal überfüllt, die Nahrung unzureichend, die hygienischen Bedingungen katastrophal. Hunger, Kälte, Krankheiten und Seuchen suchten die Bewohner heim und rafften viele dahin. Emanuel Berger starb schon am 3. November des Jahres, Amanda musste noch einen harten Winter durchleben und erlag den todbringenden Umständen am 6. April 1944.<br />
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Alfred, Ilse und Ernas Tochter Lieselotte überlebten in Frankreich. 1952 wurde das Haus Giesebrechtstraße 12 zurückgegeben und Ilse, inzwischen verheiratete Sztark, lebte dort bis zu ihrem Tode 1963.<br />
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Emanuel Berger wurde in Rosdzin bei Kattowitz am 9. Juni 1872 geboren. Sein Vater war sehr wahrscheinlich der Klempnermeister Samuel Berger. Auch Emanuel wurde Klempnermeister und etablierte sich 1898 in Kattowitz in der Beatestraße 13. Vermutlich hatte er das Geschäft vom Vater übernommen, der nun weiter in Kattowitz in der Sachsstraße wohnte. Um diese Zeit wahrscheinlich heiratete Emanuel Amanda Sachs, denn 1900 kam ihr erstes Kind auf die Welt.

Amanda Sachs war in Kattowitz am 3. Juli 1872 geboren worden. Leider wissen wir nichts über ihr Elternhaus und ihre Jugend, im Adressbuch Kattowitz kommt der Name Sachs öfter vor. Es ist lediglich dokumentiert, dass sie einen Bruder Ernst Sachs hatte, der später auch in Berlin lebte. Amanda heiratete Emanuel Berger und gebar am 8. Februar 1900 in Kattowitz ihre Tochter Erna. Als ihr Sohn Alfred ein Jahr später am 30. Mai auf die Welt kam, waren Bergers in die Schillerstraße umgezogen. 1903 bekamen sie eine zweite Tochter, Ilse.

Die Familie zog in Kattowitz noch mehrmals um, 1914 wohnten sie in der Rathausstraße 10. Dann, noch während des Ersten Weltkrieges, siedelte Emanuel Berger nach Berlin um. Im Adressbuch ist er erstmals 1918 genannt, als Klempnermeister in der Paulstraße 33 in Moabit. Zwei Jahre später hatte er ein Unternehmen – nun als „Baugeschäft“ eingetragen - in Charlottenburg in der Kantstraße 69, dort war auch seine Wohnung. 1925 ließ er das Geschäft mit einem weiteren Gesellschafter in das Handelsregister eintragen, er gab an, 20 Arbeiter und Angestellte zu beschäftigen. Auch als er 1932 das Haus Giesebrechtstraße 12 kaufte – auf den Namen von Amanda eingetragen – blieben Geschäft und Wohnung in der Kantstraße. Erst 1935 gab Emanuel Berger die Kantstraße 69 auf, und zog mit dem Baugeschäft in sein Haus in der Giesebrechtstraße. Mit der Machtübernahme der Nazis und der wachsenden Diskriminierung und Verfolgung der Juden waren auch Emanuel Bergers Geschäfte schwieriger geworden. Nichtjüdische Kundschaft blieb weg, jüdische war nicht mehr so auftragsfreudig. Nach einer Aufstellung von Lohnnachweisen der Baugenossenschaft hatten diese zwar 1936 etwa den gleichen Umfang wie 1930, zwischendurch waren sie aber erheblich höher gewesen. 1938 sanken sie auf die Hälfte. Durch Verordnung vom Dezember 1938 konnten jüdische Gewerbetreibende gezwungen werden, ihr Geschäft an Nichtjuden zu verkaufen und tatsächlich wurde Emanuel Berger genötigt, die Firma zum 31.12.38 zu löschen. Folgt man dem Adressbuch, konnte sich Emanuel bis 1941 noch als Bauunternehmer halten, nun mit dem stigmatisierenden Zwangsbeinamen „Israel“ - Frauen mussten zusätzlich dem eigenen den Namen „Sara“ führen.

Das Haus in der Giesebrechtsstraße hatten Emanuel und Amanda bereits 1939 verkaufen müssen an den Arzt Johannes Ludwig Schmitt, eine schillernde Figur: Ehemaliger Freikorpskämpfer und Anhänger der „Schwarzen Front“, Freund von Rudolf Heß und Otto Strasser, war er zeitweise auch in Opposition zur NSDAP geraten und in Sachsenhausen interniert worden. Beim Kauf des Hauses hatte sich noch eine „Preisstoppstelle“ eingemischt, und den ursprünglich vereinbarten Kaufpreis um 12000 RM herabgesetzt. Nach Abzug der Hypothekenschulden blieb ein geschrumpfter Betrag übrig, den Schmitt nach dem Krieg behauptete so überwiesen zu haben, dass Bergers darüber verfügen könnten. Er gab überdies an, nur aus Freundschaft zu Amanda Berger das Haus gekauft zu haben. Es bleibt aber sehr fraglich, ob sie überhaupt etwas von dem Verkauf hatte, da jüdische Konten inzwischen gesperrt waren und ihnen nur ein Betrag für das nackte Existenzminimum abzuheben erlaubt wurde.

Dies war nur eine der vielen Maßnahmen, mit denen die Nazis Berufs- und Alltagsleben für Juden nach und nach unmöglich machten. Der Sohn Alfred war schon kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 nach Paris gegangen und musste 1940 vor den Deutschen weiter in das unbesetzte Südfrankreich, nach Nizza, flüchten. Tochter Ilse, die 1925 Martin Lewinski geheiratet hatte aber acht Jahre später geschieden wurde, wohnte zunächst wieder bei den Eltern und arbeitete im Baugeschäft. 1937 ging auch sie nach Frankreich zu ihrem Bruder. Auch die älteste Tochter, Erna, war inzwischen von ihrem Mann Heinz Goldschmidt geschieden und lebte und arbeitete in der Giesebrechtstraße beim Vater. Sie blieb trotz Judenverfolgung bei den Eltern. Aber ihre Tochter Lieselotte war schon 1934, als sie 13 Jahre alt war, zur Sicherheit ebenfalls zu Alfred nach Frankreich geschickt worden.

Möglicherweise hatten auch Emanuel, Amanda und Erna Berger (sie hatte 1939 ihren Mädchennamen wieder angenommen) auch geplant, nach Frankreich zu flüchten. Sie hatten bereits die sog. „ Reichsfluchtsteuer “ hinterlegt, eine weitere Maßregelung von Juden. Aber Bergers warteten zu lang, sei es, weil sie hofften, das Geschäft doch noch retten zu können, sei es, weil sie kein Visum bekommen konnten, was nach Kriegsausbruch sowieso kaum noch möglich war. 1941 wurde Juden die Ausreise ganz und gar verboten, und die Familie blieb verarmt, entrechtet und gedemütigt in Berlin zurück.

Ende Januar 1943 bekamen alle drei – zu unterschiedlichen Zeitpunkten – den Deportationsbescheid. Amanda und Emanuel mussten wahrscheinlich noch erleben, wie Erna abgeholt wurde bevor sie wenige Tage später das gleiche Schicksal erlitten. Erna Berger, geschiedene Goldschmidt, wurde am 29. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert, wo sie wenige Wochen später ermordet wurde. Vier Tage nach Erna, am 2. Februar, verschleppte man Amanda und Emanuel nach Theresienstadt. In diesem von der NS-Propaganda euphemistisch als „Altersghetto“ bezeichneten Lager herrschten entsetzliche Lebensbedingungen: Die Wohnräume heruntergekommen und brutal überfüllt, die Nahrung unzureichend, die hygienischen Bedingungen katastrophal. Hunger, Kälte, Krankheiten und Seuchen suchten die Bewohner heim und rafften viele dahin. Emanuel Berger starb schon am 3. November des Jahres, Amanda musste noch einen harten Winter durchleben und erlag den todbringenden Umständen am 6. April 1944.

Alfred, Ilse und Ernas Tochter Lieselotte überlebten in Frankreich. 1952 wurde das Haus Giesebrechtstraße 12 zurückgegeben und Ilse, inzwischen verheiratete Sztark, lebte dort bis zu ihrem Tode 1963.