Auguste Weißler geb. Hayn

Verlegeort
Meiningenallee 7
Bezirk/Ortsteil
Westend
Verlegedatum
2013
Geboren
08. Februar 1860 in Kempen (Posen) / Kępno
Deportation
am 16. Juni 1943 nach Theresienstadt
Tot
in Theresienstadt

Auguste Weißler wurde am 8. Februar 1860 in Kempen, Provinz Posen (Poznań) als Auguste Heyn geboren. Sie lebte zuerst in Königshütte (Schlesien), später, nach ihrer Heirat am 23. September 1883 mit Adolf Weißler, in Halle/Saale, wo ihre drei Söhne studierten – Otto, geboren am 15. Oktober 1884, Ernst, geboren am 28. Mai 1887, und Friedrich, geboren am 28. April 1891 in Königshütte. Adolf Weißler lehnte das Judentum aus Überzeugung ab und ließ die drei Kinder, zum Entsetzen seiner jüdischen Frau Auguste, christlich taufen.<br />
<br />
In Halle traf die Familie und damit besonders Auguste Weißler der erste Schicksalsschlag: Ihr Mann Adolf, ein bedeutender Notar, der ein kaisertreuer Nationalist war, nahm sich wegen der von ihm als Schmach empfundenen Verträge von Versailles das Leben.<br />
<br />
1932 zog Auguste Weißler mit ihren drei Söhnen nach Magdeburg, wo Friedrich Landgerichtsdirektor war. Bald wurde die jüdische Herkunft für Auguste und ihre Kinder zum Verhängnis. Friedrich wurde am 21. Juli 1933 als „Nichtarier“ und politisch „Unzuverlässiger“ vom Staatsdienst ausgeschlossen. In Berlin fand er bei der Bekennenden Kirche eine Anstellung als juristischer Mitarbeiter. So zog die Familie Weißler – Auguste, Friedrich, dessen Frau Johanna und deren Kinder Ulrich und Johannes – 1933 nach Neu-Westend in die Meiningenallee 7.<br />
<br />
Dort trafen sie die nächsten Schicksalsschläge: 1935 starb ihr Sohn Otto an einer in den Dokumenten nicht spezifizierten Krankheit, 1936 wurde Friedrich von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) wegen seiner Mitarbeit an einer Denkschrift der Evangelischen Kirche zur Verletzung moralisch-ethischer Werte durch das Naziregime verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert, wo er am 19. Februar 1937 nach Folterungen starb.<br />
<br />
Augustes Enkel Johannes Weißler hat in seinem Buch „Die Weißlers. Ein deutsches Familienschicksal“ beschrieben, wie seine Großmutter von nun an still und zurückgezogen in ihrem Zimmer in der Meiningenallee 7 lebte. Zu ihrem Sohn Ernst hatte sie, wie zu anderen Verwandten, solange sie noch nicht geflüchtet waren, nur telefonischen Kontakt. Ernst musste 1939 nach China auswandern. Und ihr Enkelsohn Ulrich musste, als „jüdischer Mischling“ eingestuft, 14-jährig seine Schulbildung in England fortsetzen. Die Ausreise nach England organisierte das Büro des Pastors Heinrich Grüber von der Bekennenden Kirche, das die Emigration von mehr als tausend überwiegend konvertierten Juden aus Berlin schaffte. So wurde Auguste immer einsamer.<br />
<br />
Nach dem „Erlass zum Tragen des Judensterns“ 1941, der sichtbar an Mantel oder Kleidungsstück anzubringen war, verließ sie die Wohnung nicht mehr. Zu Beginn des Luftkrieges verboten die Nazis den Juden generell das Betreten der Luftschutzkeller; ein Verbot, das der Luftschutzwart der Meiningenallee 7 im Einverständnis mit den anderen Mietern mutig ignorierte.<br />
Auguste Weißler wurde am 3. Juni 1943 von der Gestapo abgeholt. In unfassbarer Akribie stellte ein Gerichtsvollzieher ihre Vermögensverhältnisse fest. Mit kleinstem Gepäck musste sie sich im Sammellager Große Hamburger Straße 26 registrieren lassen, wo sie gezwungen wurde, schriftlich die „freiwillige“ Überweisung ihres Barvermögens auf ein „Effektensonderdepot“ zu bestätigen. Von diesem Betrag wurden noch 200 RM für „Pflege- und Transportkosten nach Theresienstadt“ abgezogen.<br />
<br />
83-jährig überstand Auguste Weißler die Deportation am 16. Juni 1943 mit einem Zug der Reichsbahn ins Ghetto Theresienstadt. Aber am 20. November hielt sie die Qualen nicht mehr aus und starb an körperlicher Schwäche. Die Familie erfuhr von ihrem Tod durch eine handgeschriebene Postkarte aus Theresienstadt, die ein Verwandter, der dort interniert war, verschicken konnte.<br />
<br />
Friedrich Weißler ist in Stahnsdorf bei Berlin beerdigt. Der frühere OdF-Platz in Stahnsdorf wurde am 5. März 1992 zur Erinnerung an den kirchlichen Widerstandskämpfer in Friedrich-Weißler-Platz umbenannt. In Magdeburg ist seit 2005 der Dr.-Weißler-Weg nach ihm benannt, und 2006 wurde für den Juristen eine Gedenktafel am Landgericht enthüllt.<br />

Auguste Weißler wurde am 8. Februar 1860 in Kempen, Provinz Posen (Poznań) als Auguste Heyn geboren. Sie lebte zuerst in Königshütte (Schlesien), später, nach ihrer Heirat am 23. September 1883 mit Adolf Weißler, in Halle/Saale, wo ihre drei Söhne studierten – Otto, geboren am 15. Oktober 1884, Ernst, geboren am 28. Mai 1887, und Friedrich, geboren am 28. April 1891 in Königshütte. Adolf Weißler lehnte das Judentum aus Überzeugung ab und ließ die drei Kinder, zum Entsetzen seiner jüdischen Frau Auguste, christlich taufen.

In Halle traf die Familie und damit besonders Auguste Weißler der erste Schicksalsschlag: Ihr Mann Adolf, ein bedeutender Notar, der ein kaisertreuer Nationalist war, nahm sich wegen der von ihm als Schmach empfundenen Verträge von Versailles das Leben.

1932 zog Auguste Weißler mit ihren drei Söhnen nach Magdeburg, wo Friedrich Landgerichtsdirektor war. Bald wurde die jüdische Herkunft für Auguste und ihre Kinder zum Verhängnis. Friedrich wurde am 21. Juli 1933 als „Nichtarier“ und politisch „Unzuverlässiger“ vom Staatsdienst ausgeschlossen. In Berlin fand er bei der Bekennenden Kirche eine Anstellung als juristischer Mitarbeiter. So zog die Familie Weißler – Auguste, Friedrich, dessen Frau Johanna und deren Kinder Ulrich und Johannes – 1933 nach Neu-Westend in die Meiningenallee 7.

Dort trafen sie die nächsten Schicksalsschläge: 1935 starb ihr Sohn Otto an einer in den Dokumenten nicht spezifizierten Krankheit, 1936 wurde Friedrich von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) wegen seiner Mitarbeit an einer Denkschrift der Evangelischen Kirche zur Verletzung moralisch-ethischer Werte durch das Naziregime verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert, wo er am 19. Februar 1937 nach Folterungen starb.

Augustes Enkel Johannes Weißler hat in seinem Buch „Die Weißlers. Ein deutsches Familienschicksal“ beschrieben, wie seine Großmutter von nun an still und zurückgezogen in ihrem Zimmer in der Meiningenallee 7 lebte. Zu ihrem Sohn Ernst hatte sie, wie zu anderen Verwandten, solange sie noch nicht geflüchtet waren, nur telefonischen Kontakt. Ernst musste 1939 nach China auswandern. Und ihr Enkelsohn Ulrich musste, als „jüdischer Mischling“ eingestuft, 14-jährig seine Schulbildung in England fortsetzen. Die Ausreise nach England organisierte das Büro des Pastors Heinrich Grüber von der Bekennenden Kirche, das die Emigration von mehr als tausend überwiegend konvertierten Juden aus Berlin schaffte. So wurde Auguste immer einsamer.

Nach dem „Erlass zum Tragen des Judensterns“ 1941, der sichtbar an Mantel oder Kleidungsstück anzubringen war, verließ sie die Wohnung nicht mehr. Zu Beginn des Luftkrieges verboten die Nazis den Juden generell das Betreten der Luftschutzkeller; ein Verbot, das der Luftschutzwart der Meiningenallee 7 im Einverständnis mit den anderen Mietern mutig ignorierte.
Auguste Weißler wurde am 3. Juni 1943 von der Gestapo abgeholt. In unfassbarer Akribie stellte ein Gerichtsvollzieher ihre Vermögensverhältnisse fest. Mit kleinstem Gepäck musste sie sich im Sammellager Große Hamburger Straße 26 registrieren lassen, wo sie gezwungen wurde, schriftlich die „freiwillige“ Überweisung ihres Barvermögens auf ein „Effektensonderdepot“ zu bestätigen. Von diesem Betrag wurden noch 200 RM für „Pflege- und Transportkosten nach Theresienstadt“ abgezogen.

83-jährig überstand Auguste Weißler die Deportation am 16. Juni 1943 mit einem Zug der Reichsbahn ins Ghetto Theresienstadt. Aber am 20. November hielt sie die Qualen nicht mehr aus und starb an körperlicher Schwäche. Die Familie erfuhr von ihrem Tod durch eine handgeschriebene Postkarte aus Theresienstadt, die ein Verwandter, der dort interniert war, verschicken konnte.

Friedrich Weißler ist in Stahnsdorf bei Berlin beerdigt. Der frühere OdF-Platz in Stahnsdorf wurde am 5. März 1992 zur Erinnerung an den kirchlichen Widerstandskämpfer in Friedrich-Weißler-Platz umbenannt. In Magdeburg ist seit 2005 der Dr.-Weißler-Weg nach ihm benannt, und 2006 wurde für den Juristen eine Gedenktafel am Landgericht enthüllt.