Julius Baer

Verlegeort
Markgraf-Albrecht-Str. 14
Bezirk/Ortsteil
Halensee
Verlegedatum
08. Mai 2012
Geboren
23. April 1899 in Berlin
Beruf
Arbeiter
Deportation
am 03. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Das Ehepaar Julius und Ernestine Baer wohnte etliche Jahre in der Markgraf-Albrecht-Straße 5 im Gartenhaus parterre rechts. Sie hatten zwei Zimmer mit Küche für 60 RM im Monat gemietet. Vermieterin war Wanda Schäfer, vermutlich die Frau des Hauseigentümers Friedrich Schäfer, der früher ein Baugeschäft hatte und selbst im Vorderhaus, einem Gründerzeitbau mit Säulenportal, wohnte. Sie war jedenfalls nach den Kategorien der Nazis als „Arierin“ ausgewiesen.<br />
<br />
Julius Baer wurde am 23. April 1899 in Berlin geboren, seine Frau Ernestine Baer, geb. Bottstein, am 15. Juni 1895 (abweichend wird auch der 15. Mai 1895 als Geburtsdatum genannt) ebenfalls in Berlin. Sie waren unauffällige und in bescheidenen Verhältnissen lebende Menschen. Er war früher Arbeiter bei der Fahrbereitschaft der Stadt Berlin gewesen und hatte dort einen Wochenlohn von 30 RM verdient. Sie war Arbeiterin in der Kartonagenfabrik Walter Keil, Köpenicker Straße 39, wo sie einen Wochenlohn von 23 RM bekam. Zusammen hatten sie also etwas mehr als 200 Reichsmark im Monat zur Verfügung, also blieben ihnen abzüglich der Miete rund 150 RM zum Leben – für damalige Verhältnisse nicht viel.<br />
<br />
Am 2. März 1943 machte Ernestine Baer in ihrer Vermögenserklärung Angaben zu ihrem Eigentum, die recht dürftig ausfielen. Sie ließ eintragen: Zimmer „komplett“ und Hausrat „verschiedenes“. In der Spalte Damenkleidung gab sie an: „Abwanderungsbedarf“. Die Höhe ihres Gesamtvermögens bezifferte sie auf „10.- RM“.<br />
<br />
Einen Tag, bevor die beiden nach Auschwitz deportiert wurden, wies Ernestine Baer schriftlich darauf hin, dass ihr drei Tage Lohn nicht bezahlt worden seien. Selbst diesen geringfügigen Betrag wollte sich der Nazi-Staat von der Kartonagenfabrik Keil nachträglich auszahlen lassen. Die Oberfinanzkasse leitete eine „Vermögensbeschlagnahmesache“ ein, verbuchte aber schließlich am 10. November 1944 weniger als einen Tageslohn, nämlich die lächerliche Summe von 3,27 RM. Ähnliche Umstände machte die Deutsche Bank, die am 15. November 1944 das Konto von Ernestine Baer auflöste und 8 RM an die Oberfinanzkasse überwies. Diese Verfügung war mit drei Unterschriften versehen. Zwei Finanzbeamte bestätigten am folgenden Tag den Eingang der 8 RM.<br />
<br />
Mehrere Monate nach der Deportation der Eheeleute schickte der Obergerichtsvollzieher H. Schlassuns, Langensteiner Weg 4, zwei Schätzer in die Wohnung, die das Mobiliar und den Hausrat auf 345 RM taxierten, wovon sie 34,50 RM für ihre Dienste abzogen. Nach amtlichen Angaben wurde die Wohnung am 21. Oktober 1943 geräumt, nach Darstellung der Wirtin jedoch erst im Februar 1944, seitdem sei sie „von Bombengeschädigten bewohnt“. Daran hatte sie ein Interesse, denn am 10. Januar 1944 mahnte sie rückständige Miete für März bis Dezember in Höhe von 600 RM an. Ein halbes Jahr später wurden 469,80 RM überwiesen.<br />
<br />
In diesem Fall hat sich also der NS-Staat nicht am Hab und Gut der Ermordeten bereichern können, sondern eher ein Minus gemacht.<br />
<br />
In einem der umfangreichsten Transporte vom Bahnhof Berlin-Grunewald überhaupt ist das Ehepaar Baer am 3. März 1943 mit 1726 Menschen nach Auschwitz deportiert worden, von denen 1033 sofort in den Gaskammern von Birkenau getötet wurden. Zum Gedenken an Julius und Ernestine Baer, die damals 43 und 47 Jahre alt waren, sind auf Wunsch von Eigentümer und Bewohnern zwei Stolpersteine vor einem Haus schräg gegenüber, Markgraf-Albrecht-Straße 14, verlegt worden.

Das Ehepaar Julius und Ernestine Baer wohnte etliche Jahre in der Markgraf-Albrecht-Straße 5 im Gartenhaus parterre rechts. Sie hatten zwei Zimmer mit Küche für 60 RM im Monat gemietet. Vermieterin war Wanda Schäfer, vermutlich die Frau des Hauseigentümers Friedrich Schäfer, der früher ein Baugeschäft hatte und selbst im Vorderhaus, einem Gründerzeitbau mit Säulenportal, wohnte. Sie war jedenfalls nach den Kategorien der Nazis als „Arierin“ ausgewiesen.

Julius Baer wurde am 23. April 1899 in Berlin geboren, seine Frau Ernestine Baer, geb. Bottstein, am 15. Juni 1895 (abweichend wird auch der 15. Mai 1895 als Geburtsdatum genannt) ebenfalls in Berlin. Sie waren unauffällige und in bescheidenen Verhältnissen lebende Menschen. Er war früher Arbeiter bei der Fahrbereitschaft der Stadt Berlin gewesen und hatte dort einen Wochenlohn von 30 RM verdient. Sie war Arbeiterin in der Kartonagenfabrik Walter Keil, Köpenicker Straße 39, wo sie einen Wochenlohn von 23 RM bekam. Zusammen hatten sie also etwas mehr als 200 Reichsmark im Monat zur Verfügung, also blieben ihnen abzüglich der Miete rund 150 RM zum Leben – für damalige Verhältnisse nicht viel.

Am 2. März 1943 machte Ernestine Baer in ihrer Vermögenserklärung Angaben zu ihrem Eigentum, die recht dürftig ausfielen. Sie ließ eintragen: Zimmer „komplett“ und Hausrat „verschiedenes“. In der Spalte Damenkleidung gab sie an: „Abwanderungsbedarf“. Die Höhe ihres Gesamtvermögens bezifferte sie auf „10.- RM“.

Einen Tag, bevor die beiden nach Auschwitz deportiert wurden, wies Ernestine Baer schriftlich darauf hin, dass ihr drei Tage Lohn nicht bezahlt worden seien. Selbst diesen geringfügigen Betrag wollte sich der Nazi-Staat von der Kartonagenfabrik Keil nachträglich auszahlen lassen. Die Oberfinanzkasse leitete eine „Vermögensbeschlagnahmesache“ ein, verbuchte aber schließlich am 10. November 1944 weniger als einen Tageslohn, nämlich die lächerliche Summe von 3,27 RM. Ähnliche Umstände machte die Deutsche Bank, die am 15. November 1944 das Konto von Ernestine Baer auflöste und 8 RM an die Oberfinanzkasse überwies. Diese Verfügung war mit drei Unterschriften versehen. Zwei Finanzbeamte bestätigten am folgenden Tag den Eingang der 8 RM.

Mehrere Monate nach der Deportation der Eheeleute schickte der Obergerichtsvollzieher H. Schlassuns, Langensteiner Weg 4, zwei Schätzer in die Wohnung, die das Mobiliar und den Hausrat auf 345 RM taxierten, wovon sie 34,50 RM für ihre Dienste abzogen. Nach amtlichen Angaben wurde die Wohnung am 21. Oktober 1943 geräumt, nach Darstellung der Wirtin jedoch erst im Februar 1944, seitdem sei sie „von Bombengeschädigten bewohnt“. Daran hatte sie ein Interesse, denn am 10. Januar 1944 mahnte sie rückständige Miete für März bis Dezember in Höhe von 600 RM an. Ein halbes Jahr später wurden 469,80 RM überwiesen.

In diesem Fall hat sich also der NS-Staat nicht am Hab und Gut der Ermordeten bereichern können, sondern eher ein Minus gemacht.

In einem der umfangreichsten Transporte vom Bahnhof Berlin-Grunewald überhaupt ist das Ehepaar Baer am 3. März 1943 mit 1726 Menschen nach Auschwitz deportiert worden, von denen 1033 sofort in den Gaskammern von Birkenau getötet wurden. Zum Gedenken an Julius und Ernestine Baer, die damals 43 und 47 Jahre alt waren, sind auf Wunsch von Eigentümer und Bewohnern zwei Stolpersteine vor einem Haus schräg gegenüber, Markgraf-Albrecht-Straße 14, verlegt worden.