Jenny Basch geb. Kaufmann

Verlegeort
Pestalozzistr. 14
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
26. April 2012
Geboren
31. Oktober 1882 in Posen / Poznań
Deportation
am 13. Juni 1942 nach Sobibór
Ermordet

Jenny Basch wurde als Jenny Kaufmann am 31. Oktober 1882 in Posen geboren. Ihr Vater war der Lehrer Mayer Max Kaufmann, seine Frau war Hanchen geb. Schachno. Jenny hatte drei ältere Brüder, Philipp, Ewald und Hugo, und drei jüngere Schwestern, Clara, Hedwig und Rosa. Hedwig starb bereits als Kleinkind. 1904 heiratete Jenny den zwei Jahre älteren Friseur Martin Basch aus Fraustadt in Posen, heute Wschowa. 1913 zog das Paar nach Posen, zu den Eltern Kaufmann. Im Juli 1915 ging Martin Basch zum Militär und nach dem Krieg, im August 1921, übersiedelten er und Jenny nach Berlin, an den Monbijouplatz 4, wo Martin wieder als Friseur tätig war. Mitte der 30er Jahre verstarb er jedoch, und wir finden 1937 Jenny Basch, Witwe, erstmals im Adressbuch. Sie hatte im Jahr davor eine Wohnung in der Pestalozzistraße 14 bezogen. <br />
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Das Haus Pestalozzistraße 14/15 war 1884/85 für den Geheimen Postbaurat Wilhelm Tuckermann gebaut worden. Bereits 1887, damals noch Nr. 2 und 3 der „Strasse 11“, wohnten dort mehrere Mietparteien. Nach Pestalozzi wurde die Straße ein Jahr später benannt und erst 1897 erhielten die beiden Häuser die Nummern 14 und 15. Wilhelm Tuckermann wohnte selbst in der Nr. 15, auch „Villa Tuckermann“ genannt, ein Verwandter von ihm in dem anderen Haus. 1910 erwarben der jüdische Kaufmann Bernhard Samuel Jacobsohn und seine Frau Betty Sophie das Gartengrundstück hinter den Wohnhäusern und ließen dort eine Privatsynagoge erbauen, die am 9. Mai 1912 eingeweiht wurde. Die Synagoge wurde dann 1915 von der jüdischen Gemeinde übernommen, die Mietshäuser an der Straßenfront blieben Eigentum von Tuckermann. Nach seinem Tod 1919 blieben die Häuser im Besitz der Erbengemeinschaft. Zu den Mietern gehörte auch die Jüdische Gemeinde, die Wohlfahrtseinrichtungen wie Suppenküchen, später auch Einrichtungen der „Jüdischen Winterhilfe“ dort unterhielt. 1930 erstand die Jüdische Gemeinde auch die Wohnhäuser und hatte so einen direkteren Zugang zu den Wohnungen. So wohnten hier dann auch der Rabbiner Wezer Cycowicz und andere Angestellte der Gemeinde und es konnten auch wohnungslos gewordene Gemeindemitglieder untergebracht werden. Auch Jenny Basch erhielt hier eine Wohnung.<br />
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In den auf ihren Einzug folgenden Jahren musste Jenny Basch erleben, wie ihr Leben durch Antisemitismus und diskriminierende Maßnahmen der NS-Regierung zunehmend erschwert wurde. Nach dem Novemberpogrom am 9./10. November 1938 häuften sich noch mal die Verordnungen gegen Juden, sie sollten vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden, durften nicht in Theater, Konzerte, Kinos usw., zu bestimmten Zeiten durften sie gar nicht mehr auf die Straße, durften nur von 4 bis 5 Uhr nachmittags einkaufen. Alle Wertgegenstände mussten sie abliefern, Rundfunkgeräte wurden beschlagnahmt, Telefonanschlüsse gekündigt. Hinzu kamen Zwangseinweisungen von Juden, die anderswo ihre Wohnungen räumen mussten, um für Nichtjuden „Platz zu machen“. Jenny Basch musste ihre Wohnung laut Ergänzungskarte von 1939 mit der über 80-jährigen Johanna Labaschin, geb. Broh und mit Julie Bernstein teilen. Außerdem wohnte die 4-jährige Karin Jenny Ascher bei ihr, und es bleibt unklar, welcher der drei Frauen das Kind – vielleicht als Enkelin oder Nichte – zuzuordnen ist. Diese Ergänzungskarten waren Bestandteil der Volkszählung vom Mai 1939, auf ihnen wurde registriert, wer wie viele jüdische Großeltern hatte. Obwohl das Statistikgeheimnis zugesichert wurde, kann man sich denken, dass diese Kartei für die Judenverfolgung missbraucht wurde, z.B. bei der Zwangsverpflichtung zur Arbeit. Und tatsächlich wurden Jenny Basch und Julie Bernstein zum 25. September 1941 zum „Reichsarbeitsdienst“ zwangsverpflichtet.<br />
<br />
1942 ist Jenny Basch nicht mehr im Adressbuch Berlin verzeichnet. Allerdings wohnte sie im Frühjahr 1942 noch in der Pestalozzistraße. Ende Mai oder Anfang Juni dieses Jahres wurde sie von dort von der Gestapo in die als Sammellager missbrauchte Synagoge in der Levetzowstraße 7-8 verschleppt, von wo aus sie mit weiteren 745 Berliner Juden zunächst nach Lublin deportiert wurde. Im gleichen Zug waren außerdem mindesten 36 Potsdamer Juden, darunter viele Kinder der „Israelitischen Erziehungsanstalt“ in Beelitz. Das Datum dieser Deportation ist nicht ganz eindeutig. Während allgemein der 13. Juni 1942 genannt wird, gibt es auch Hinweise dafür, dass der Zug schon am 2. Juni abfuhr. <br />
<br />
Noch im Ankunftsbahnhof von Lublin wurde auf einem Nebengleis eine Reihe von Männern zur Zwangsarbeit ausgesucht und in das Lager Majdanek geschickt. Obwohl Jenny Basch wie auch andere auf der Deportationsliste als „arbeitsfähig“ eingestuft wurde, scheint es keine Frauen unter den Zwangsarbeitern gegeben zu haben. Alle anderen, also auch Jenny Basch, wurden in das Vernichtungslager Sobibór weitergeleitet und dort kurz nach der Ankunft in Gaskammern durch Motorabgase ermordet. <br />
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Jennys Bruder Ewald Kaufmann, der zuletzt in Friedrichshain gewohnt hatte, wurde am 26. Oktober 1942 mit seiner Familie nach Riga deportiert und dort ermordet. Für sie liegen Stolpersteine vor dem Haus Boxhagener Straße 50. Zu den anderen Geschwistern von Jenny Basch finden sich keine Daten in den Gedenkbüchern.<br />
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Jenny Basch wurde als Jenny Kaufmann am 31. Oktober 1882 in Posen geboren. Ihr Vater war der Lehrer Mayer Max Kaufmann, seine Frau war Hanchen geb. Schachno. Jenny hatte drei ältere Brüder, Philipp, Ewald und Hugo, und drei jüngere Schwestern, Clara, Hedwig und Rosa. Hedwig starb bereits als Kleinkind. 1904 heiratete Jenny den zwei Jahre älteren Friseur Martin Basch aus Fraustadt in Posen, heute Wschowa. 1913 zog das Paar nach Posen, zu den Eltern Kaufmann. Im Juli 1915 ging Martin Basch zum Militär und nach dem Krieg, im August 1921, übersiedelten er und Jenny nach Berlin, an den Monbijouplatz 4, wo Martin wieder als Friseur tätig war. Mitte der 30er Jahre verstarb er jedoch, und wir finden 1937 Jenny Basch, Witwe, erstmals im Adressbuch. Sie hatte im Jahr davor eine Wohnung in der Pestalozzistraße 14 bezogen.

Das Haus Pestalozzistraße 14/15 war 1884/85 für den Geheimen Postbaurat Wilhelm Tuckermann gebaut worden. Bereits 1887, damals noch Nr. 2 und 3 der „Strasse 11“, wohnten dort mehrere Mietparteien. Nach Pestalozzi wurde die Straße ein Jahr später benannt und erst 1897 erhielten die beiden Häuser die Nummern 14 und 15. Wilhelm Tuckermann wohnte selbst in der Nr. 15, auch „Villa Tuckermann“ genannt, ein Verwandter von ihm in dem anderen Haus. 1910 erwarben der jüdische Kaufmann Bernhard Samuel Jacobsohn und seine Frau Betty Sophie das Gartengrundstück hinter den Wohnhäusern und ließen dort eine Privatsynagoge erbauen, die am 9. Mai 1912 eingeweiht wurde. Die Synagoge wurde dann 1915 von der jüdischen Gemeinde übernommen, die Mietshäuser an der Straßenfront blieben Eigentum von Tuckermann. Nach seinem Tod 1919 blieben die Häuser im Besitz der Erbengemeinschaft. Zu den Mietern gehörte auch die Jüdische Gemeinde, die Wohlfahrtseinrichtungen wie Suppenküchen, später auch Einrichtungen der „Jüdischen Winterhilfe“ dort unterhielt. 1930 erstand die Jüdische Gemeinde auch die Wohnhäuser und hatte so einen direkteren Zugang zu den Wohnungen. So wohnten hier dann auch der Rabbiner Wezer Cycowicz und andere Angestellte der Gemeinde und es konnten auch wohnungslos gewordene Gemeindemitglieder untergebracht werden. Auch Jenny Basch erhielt hier eine Wohnung.

In den auf ihren Einzug folgenden Jahren musste Jenny Basch erleben, wie ihr Leben durch Antisemitismus und diskriminierende Maßnahmen der NS-Regierung zunehmend erschwert wurde. Nach dem Novemberpogrom am 9./10. November 1938 häuften sich noch mal die Verordnungen gegen Juden, sie sollten vom öffentlichen Leben ausgeschlossen werden, durften nicht in Theater, Konzerte, Kinos usw., zu bestimmten Zeiten durften sie gar nicht mehr auf die Straße, durften nur von 4 bis 5 Uhr nachmittags einkaufen. Alle Wertgegenstände mussten sie abliefern, Rundfunkgeräte wurden beschlagnahmt, Telefonanschlüsse gekündigt. Hinzu kamen Zwangseinweisungen von Juden, die anderswo ihre Wohnungen räumen mussten, um für Nichtjuden „Platz zu machen“. Jenny Basch musste ihre Wohnung laut Ergänzungskarte von 1939 mit der über 80-jährigen Johanna Labaschin, geb. Broh und mit Julie Bernstein teilen. Außerdem wohnte die 4-jährige Karin Jenny Ascher bei ihr, und es bleibt unklar, welcher der drei Frauen das Kind – vielleicht als Enkelin oder Nichte – zuzuordnen ist. Diese Ergänzungskarten waren Bestandteil der Volkszählung vom Mai 1939, auf ihnen wurde registriert, wer wie viele jüdische Großeltern hatte. Obwohl das Statistikgeheimnis zugesichert wurde, kann man sich denken, dass diese Kartei für die Judenverfolgung missbraucht wurde, z.B. bei der Zwangsverpflichtung zur Arbeit. Und tatsächlich wurden Jenny Basch und Julie Bernstein zum 25. September 1941 zum „Reichsarbeitsdienst“ zwangsverpflichtet.

1942 ist Jenny Basch nicht mehr im Adressbuch Berlin verzeichnet. Allerdings wohnte sie im Frühjahr 1942 noch in der Pestalozzistraße. Ende Mai oder Anfang Juni dieses Jahres wurde sie von dort von der Gestapo in die als Sammellager missbrauchte Synagoge in der Levetzowstraße 7-8 verschleppt, von wo aus sie mit weiteren 745 Berliner Juden zunächst nach Lublin deportiert wurde. Im gleichen Zug waren außerdem mindesten 36 Potsdamer Juden, darunter viele Kinder der „Israelitischen Erziehungsanstalt“ in Beelitz. Das Datum dieser Deportation ist nicht ganz eindeutig. Während allgemein der 13. Juni 1942 genannt wird, gibt es auch Hinweise dafür, dass der Zug schon am 2. Juni abfuhr.

Noch im Ankunftsbahnhof von Lublin wurde auf einem Nebengleis eine Reihe von Männern zur Zwangsarbeit ausgesucht und in das Lager Majdanek geschickt. Obwohl Jenny Basch wie auch andere auf der Deportationsliste als „arbeitsfähig“ eingestuft wurde, scheint es keine Frauen unter den Zwangsarbeitern gegeben zu haben. Alle anderen, also auch Jenny Basch, wurden in das Vernichtungslager Sobibór weitergeleitet und dort kurz nach der Ankunft in Gaskammern durch Motorabgase ermordet.

Jennys Bruder Ewald Kaufmann, der zuletzt in Friedrichshain gewohnt hatte, wurde am 26. Oktober 1942 mit seiner Familie nach Riga deportiert und dort ermordet. Für sie liegen Stolpersteine vor dem Haus Boxhagener Straße 50. Zu den anderen Geschwistern von Jenny Basch finden sich keine Daten in den Gedenkbüchern.