Adolf Friedländer

Verlegeort
Schlüterstr. 49
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
05. Juni 2004
Geboren
15. Juli 1910 in Berlin
Beruf
Kaufmann
Deportation
am 17. März 1943 nach
Überlebt

Adolf Friedländer wurde am 15. Juli 1910 in Berlin geboren. Seine Eltern waren Fanny Friedländer, geborene Alexander, und Ismar Friedländer. Die beiden betrieben drei Damenhut-Geschäfte, die alle in der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg lagen. Kurz vor Beginn der nationalsozialistischen Pressionen schlossen oder verkauften die Eltern ihre Geschäfte. Adolfs Vater starb 1935 in Berlin. Adolfs drei Jahre ältere Schwester Ilse heiratete früh und zog nach Italien. Später lebte sie in den USA.<br />
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Nach dem Studium an der Technischen Universität Berlin, das er als Diplom-Kaufmann abschloss, begann Adolf Friedländer eine Promotion, die er aber nicht beenden konnte, weil sein Doktorvater Professor Hirsch in die USA emigrierte. Sein Geld verdiente Adolf beim Jüdischen Kulturbund, wo er zuletzt Verwaltungschef war. Nach Auflösung des Kulturbundes 1941 arbeitete er bei der Jüdischen Gemeinde in Berlin. Zusammen mit seiner Mutter Fanny wohnte Adolf Friedländer zuletzt in einer 3 ½ Zimmer-Wohnung in der Schlüterstraße 49, in die zusätzlich eine jüdische Untermieterin eingewiesen wurde. Eine zusammen mit der Mutter geplante Auswanderung – viele Kisten waren schon nach England verschickt – scheiterte.<br />
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Am 9. Dezember 1942 wurde Adolfs Mutter zusammen mit 1060 Schicksalsgefährten von Berlin-Grunewald mit dem als „24. Osttransport“ getarnten Deportationszug nach Auschwitz verschleppt. Dort wurde Fanny Friedländer unmittelbar nach ihrer Ankunft am 10. Dezember in den unregistrierten Tod geschickt. Sie starb in der Gaskammer.<br />
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Drei Monate später, am 15. März 1943, wurde auch der damals 32-jährige Adolf Friedländer von der Polizei „abgeholt“. Zwei Tage später musste er im Bahnhof Grunewald den Deportationszug besteigen. Ziel des letzten „Großtransports“ aus Berlin (Bezeichnung „I/90“) mit insgesamt über 1285 Personen – unter ihnen befanden sich auch viele Juden aus der sogenannten „Fabrik-Aktion“ der Gestapo – war Theresienstadt. Dies war zwar keine industrialisierte Mordstätte wie Auschwitz, dennoch überlebten in diesem Zwischenreich zwischen Leben und Tod aus diesem Transport nur 219 Menschen. Unter ihnen befand sich Adolf Friedländer. Er wurde am 8. Mai 1945 von der Roten Armee befreit.<br />
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Damit ist seine Geschichte nicht beendet. Denn trotz der unvorstellbaren Leiden und Schrecken, die Adolf Friedländer in Theresienstadt und dem Außenlager Wulkow erleiden musste, begann hier auch sein Glück: Im Februar 1945 traf er im Lager völlig überraschend auf Margot Bendheim, eine elf Jahre jüngere Jüdin aus Berlin-Kreuzberg, die er aus der Arbeit im Jüdischen Kulturbund in Berlin kannte. Sie hatte ein unglaubliches Schicksal hinter sich:<br />
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Zusammen mit ihrer Mutter Auguste Bendheim und ihrem vier Jahre jüngeren Bruder Ralph (der Vater war schon zuvor deportiert und ermordet worden) hatte die 21-Jährige die Flucht aus Berlin vorbereitet. Doch unmittelbar vor dem „Stichtag“ schlug die Gestapo am 20. Januar 1943 zu und verhaftete Ralph. Die Mutter war darüber so verzweifelt, dass sie dem sensiblen Jungen freiwillig in die Deportation folgte. Beide kamen nach Auschwitz. Die Mutter wurde dort sofort vergast, Ralph starb einen Monat später. Ihrer Tochter Margot hinterließ sie in letzter Minute folgende Botschaft: „Ich habe mich entschlossen, mit Ralph zu gehen, wohin immer das auch sein mag. Versuche, dein Leben zu machen.“<br />
<br />
Fünfzehn Monate schaffte Margot es, sich im Untergrund zu verbergen. Ständig musste sie ihre Unterkunft wechseln, immer war sie auf die Hilfe anderer angewiesen. Dreimal entkam sie der Gestapo nur um Haaresbreite. Um weniger „jüdisch“ auszusehen, färbte sie ihre schwarzen Haare tizianrot, ließ sich sogar ihre Nase operieren. Doch im April 1944 wurde sie von für die Nazis arbeitenden jüdischen „Greifern“ verhaftet und ins KZ Theresienstadt verschleppt. Nur mit Glück überlebte sie. Noch im Lager fragte Adolf Friedländer sie: „Kannst Du Dir ein Leben mit mir vorstellen?“ Margot Bendheim nickte wortlos.<br />
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Im Juli 1946 bestiegen die beiden als Ehepaar ein Auswanderungsschiff nach New York. Margot Friedländer arbeitete dort als Änderungsschneiderin und Reiseagentin, ihr Mann Adolf in hohen Positionen bei Jüdischen Organisationen. Nach seinem Tod am 25. Dezember 1997 fand Margot Friedländer den Weg nach Deutschland zurück, das sie genau wie ihr Mann eigentlich nie mehr betreten wollte. 2008 erschien ihre Autobiografie Versuche, dein Leben zu machen (im Rowohlt-Verlag). 2011 erhielt sie für ihr engagiertes Auftreten als Zeitzeugin des Holocaust das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Adolf Friedländer wurde am 15. Juli 1910 in Berlin geboren. Seine Eltern waren Fanny Friedländer, geborene Alexander, und Ismar Friedländer. Die beiden betrieben drei Damenhut-Geschäfte, die alle in der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg lagen. Kurz vor Beginn der nationalsozialistischen Pressionen schlossen oder verkauften die Eltern ihre Geschäfte. Adolfs Vater starb 1935 in Berlin. Adolfs drei Jahre ältere Schwester Ilse heiratete früh und zog nach Italien. Später lebte sie in den USA.

Nach dem Studium an der Technischen Universität Berlin, das er als Diplom-Kaufmann abschloss, begann Adolf Friedländer eine Promotion, die er aber nicht beenden konnte, weil sein Doktorvater Professor Hirsch in die USA emigrierte. Sein Geld verdiente Adolf beim Jüdischen Kulturbund, wo er zuletzt Verwaltungschef war. Nach Auflösung des Kulturbundes 1941 arbeitete er bei der Jüdischen Gemeinde in Berlin. Zusammen mit seiner Mutter Fanny wohnte Adolf Friedländer zuletzt in einer 3 ½ Zimmer-Wohnung in der Schlüterstraße 49, in die zusätzlich eine jüdische Untermieterin eingewiesen wurde. Eine zusammen mit der Mutter geplante Auswanderung – viele Kisten waren schon nach England verschickt – scheiterte.

Am 9. Dezember 1942 wurde Adolfs Mutter zusammen mit 1060 Schicksalsgefährten von Berlin-Grunewald mit dem als „24. Osttransport“ getarnten Deportationszug nach Auschwitz verschleppt. Dort wurde Fanny Friedländer unmittelbar nach ihrer Ankunft am 10. Dezember in den unregistrierten Tod geschickt. Sie starb in der Gaskammer.

Drei Monate später, am 15. März 1943, wurde auch der damals 32-jährige Adolf Friedländer von der Polizei „abgeholt“. Zwei Tage später musste er im Bahnhof Grunewald den Deportationszug besteigen. Ziel des letzten „Großtransports“ aus Berlin (Bezeichnung „I/90“) mit insgesamt über 1285 Personen – unter ihnen befanden sich auch viele Juden aus der sogenannten „Fabrik-Aktion“ der Gestapo – war Theresienstadt. Dies war zwar keine industrialisierte Mordstätte wie Auschwitz, dennoch überlebten in diesem Zwischenreich zwischen Leben und Tod aus diesem Transport nur 219 Menschen. Unter ihnen befand sich Adolf Friedländer. Er wurde am 8. Mai 1945 von der Roten Armee befreit.

Damit ist seine Geschichte nicht beendet. Denn trotz der unvorstellbaren Leiden und Schrecken, die Adolf Friedländer in Theresienstadt und dem Außenlager Wulkow erleiden musste, begann hier auch sein Glück: Im Februar 1945 traf er im Lager völlig überraschend auf Margot Bendheim, eine elf Jahre jüngere Jüdin aus Berlin-Kreuzberg, die er aus der Arbeit im Jüdischen Kulturbund in Berlin kannte. Sie hatte ein unglaubliches Schicksal hinter sich:

Zusammen mit ihrer Mutter Auguste Bendheim und ihrem vier Jahre jüngeren Bruder Ralph (der Vater war schon zuvor deportiert und ermordet worden) hatte die 21-Jährige die Flucht aus Berlin vorbereitet. Doch unmittelbar vor dem „Stichtag“ schlug die Gestapo am 20. Januar 1943 zu und verhaftete Ralph. Die Mutter war darüber so verzweifelt, dass sie dem sensiblen Jungen freiwillig in die Deportation folgte. Beide kamen nach Auschwitz. Die Mutter wurde dort sofort vergast, Ralph starb einen Monat später. Ihrer Tochter Margot hinterließ sie in letzter Minute folgende Botschaft: „Ich habe mich entschlossen, mit Ralph zu gehen, wohin immer das auch sein mag. Versuche, dein Leben zu machen.“

Fünfzehn Monate schaffte Margot es, sich im Untergrund zu verbergen. Ständig musste sie ihre Unterkunft wechseln, immer war sie auf die Hilfe anderer angewiesen. Dreimal entkam sie der Gestapo nur um Haaresbreite. Um weniger „jüdisch“ auszusehen, färbte sie ihre schwarzen Haare tizianrot, ließ sich sogar ihre Nase operieren. Doch im April 1944 wurde sie von für die Nazis arbeitenden jüdischen „Greifern“ verhaftet und ins KZ Theresienstadt verschleppt. Nur mit Glück überlebte sie. Noch im Lager fragte Adolf Friedländer sie: „Kannst Du Dir ein Leben mit mir vorstellen?“ Margot Bendheim nickte wortlos.

Im Juli 1946 bestiegen die beiden als Ehepaar ein Auswanderungsschiff nach New York. Margot Friedländer arbeitete dort als Änderungsschneiderin und Reiseagentin, ihr Mann Adolf in hohen Positionen bei Jüdischen Organisationen. Nach seinem Tod am 25. Dezember 1997 fand Margot Friedländer den Weg nach Deutschland zurück, das sie genau wie ihr Mann eigentlich nie mehr betreten wollte. 2008 erschien ihre Autobiografie Versuche, dein Leben zu machen (im Rowohlt-Verlag). 2011 erhielt sie für ihr engagiertes Auftreten als Zeitzeugin des Holocaust das Bundesverdienstkreuz am Bande.