Johanna Seidel

Verlegeort
Isländische Str. 17
Bezirk/Ortsteil
Prenzlauer Berg
Verlegedatum
18. März 2011
Geboren
04. April 1904 in Oppeln / Opole
Deportation
am 19. Oktober 1942 nach Riga
Ermordet
22. Oktober 1942 in Riga

Johanna Juliusberger wurde am 4. April 1904 in Oppeln (dem heutigen Opole) geboren. Die an der Oder zwischen Breslau (Wrocław) und Kattowitz (Katowice) gelegene Stadt hatte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem wichtigen Verwaltungs- und Industriezentrum Oberschlesiens entwickelt. Johanna war die Tochter des aus Groß Strelitz (Strzelce Opolskie) stammenden Kaufmanns Salo Juliusberger und seiner Ehefrau Karoline, geborene Glass. Ihre Eltern hatte im Dezember 1893 in Breslau geheiratet und sich kurz darauf in Oppeln niedergelassen. Hier war am 10. November 1894 ihr erstes Kind zur Welt gekommen, Johannas ältere Schwester Margarete. Ihr Bruder Emanuel Markus wurde 1898 und ihre Schwester Elfriede 1899 geboren. Zwei weitere Geschwister verstarben vor der Geburt Johannas 1901 und 1904 im Säuglings- und Kleinkindalter. Zum Zeitpunkt der Geburt von Johanna lebte die Familie in einer Wohnung im Stadtzentrum Oppelns am Sebastiansplatz 15 (dem heutigen plac Świętego Sebastiana). Über die Kindheit und Jugend von Johanna Juliusberger und ihrer drei Geschwister in Oppeln haben sich keine Informationen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zu der relativ kleinen jüdischen Gemeinde der Stadt, der um die Jahrhundertwende etwa 700 der 20.000 Einwohner angehörten.<br />
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In den 1920er-Jahren lernte Johanna den Kaufmann Alfred Seidel kennen. Der gebürtige Berliner hielt sich in dieser Zeit vermutlich geschäftlich in Oppeln auf. Am 24. Juni 1926 heiratete das Paar und knapp ein Jahr später wurde in Oppeln ihr erstes Kind, ihr Sohn Horst Wolfgang, geboren. Die Schwestern von Johanna waren bereits verheiratet: Elfriede hatte 1919 den Kaufmann Karl Schuba geheiratet und ihre Schwester Margarete 1922 den Kaufmann Manfred Faerber. Nach der Geburt ihres Sohnes verließ Johanna Seidel ihre Geburtsstadt und zog mit ihrem Ehemann nach Berlin, wo das Ehepaar eine Wohnung in der Wisbyer Straße 27e im Prenzlauer Berg bezog und im Januar 1929 und im Juli 1930 ihre Töchter Inge und Vera zur Welt kamen. Am 10. August 1931 bezogen die Seidels eine neue Wohnung in der Isländischen Straße 17, unweit ihrer letzten Adresse. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der letzten Jahre der Weimar Republik geben könnten.<br />
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Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden oder Geltungsjuden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen das Ehepaar Seidel und ihre Kinder. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Anders als ihr Schwager Hans Seidel, der bei der Berliner Polizei arbeitete, konnte Johannas Ehemann in den ersten Jahren der NS-Zeit aber noch berufliche Aufstiegschancen nutzen. Er war 1933/1934 als Versicherungsoberinspektor tätig und leitete 1934/1935 eine Versicherungs-Generalagentur in Berlin. Hans Seidel, der formal bis 1935 im Dienst verblieb, wurde mit dem „Reichsbürgergesetz“ wie alle verbliebenen jüdischen Beamten Ende 1935 zwangsweise in den Ruhestand versetzt und kurze Zeit später in Berlin verhaftet. Er war einer der Sachsenhausen-Häftlinge, die ab Juli 1937 das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar errichten mussten. Für die Familie bedeutete Hans’ Verhaftung sicher eine Zäsur, die jeden Zweifel an der Durchsetzung willkürlicher Gewalt gegen sie ausräumen musste. Ob das Ehepaar Johanna und Alfred Seidel in der Folge konkrete Schritte zur Ausreise unternahmen, ist allerdings nicht bekannt. Sollten Pläne bestanden haben, so scheiterten diese. 1936 starb Johannas Vater Salo im Alter von 64 Jahren in Oppeln. In der seit den 1920er-Jahren bewohnten Familienwohnung in der Oderstraße 5 verblieb ihre Mutter Karoline, die in den lokalen Adressbüchern seitdem als Fürsorgeempfängerin geführt wurde. Zwei Jahre nach dem Tod von Salo verstarb auch Johannas Schwiegervater Joseph Seidel.<br />
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Das Leben der Familie Seidel in Berlin wurde immer mehr zum Überlebenskampf. 1938 floh Hans Seidel aus Buchenwald und lebte seitdem versteckt in der böhmischen Ortschaft Sterndorf (dem heutigen Hvězda). Es ist anzunehmen, dass die Familienmitglieder in den Fokus der Gestapo rückten und sich Befragungen haben unterziehen lassen müssen. Die Kinder von Johanna besuchten jüdische Volksschulen. Seit 1935 sah ein Erlass eine „möglichst vollständige Rassentrennung“ in Schulen vor und nach den Pogromen im November 1938 wurde jüdischen Kindern und Jugendlichen der Besuch von öffentlichen Schulen verboten. Auch in Johannas Geburtsstadt, wo nach wie vor ihre Mutter und ihr Bruder Emanuel Markus lebten, kam es im November 1938 zu schweren Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung. Die Synagoge an der Hafenstraße wurde in Brand gesteckt und zerstört. Im Jahr 1939 wurde ein zweiter Schwager von Johanna, der in München Gladbach (heute Mönchengladbach) lebende Kurt Seidel, dessen Tochter ein Jahr zuvor zur Welt gekommen war, verhaftet und in ein Städtisches Zuchthaus verbracht. Ab März 1939 musste Johanna Seidel Zwangsarbeit im Goerzwerk von Zeiss Ikon in Zehlendorf als Montiererin leisten. Ihre Kinder arbeiteten nach der Schule als sogenannte jugendliche Helfer bei Institutionen der Jüdischen Gemeinde: Inge und Vera im Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße 2 im Wedding, Horst Wolfgang als Gärtner der Jüdischen Kultusvereinigung.<br />
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Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt in den Jahren 1939/1940 muss Johannas Ehemann Richtung Süden geflohen sein. Er wurde in Österreich verhaftet und am 13. Juni 1940 von Innsbruck in das KZ Sachsenhausen deportiert. Nach der Verhaftung ihres Vaters besuchten die drei Kinder Johannas gemeinsam – möglicherweise damit sie sich gegenseitig einen gewissen Schutz bieten konnten – die 5. Jüdische Volksschule in Pankow, die unter immer schwierigeren Bedingungen noch bis Ende Juni 1942 Unterricht erteilte, bevor jeglicher private oder öffentliche Schulunterricht jüdischer Kinder gesetzlich verboten wurde. Ende 1941 erreichte Johanna die Nachricht vom Tod ihres Mannes. Er war am 30. September 1941 im Alter von 37 Jahren im KZ Buchenwald ermordet worden. Wenige Wochen später verstarb ihre Mutter Karoline in Oppeln. Bis zu ihrem Tod hatte sich ihr in Oppeln verbliebener Bruder Emanuel Markus, der als Tiefbauarbeiter schwerer körperlicher Zwangsarbeit ausgesetzt war, um die 75-Jährige gekümmert. Bevor Johanna Seidel deportiert wurde, musste sie noch die Deportation ihrer Schwiegermutter Bertha Seidel, geborene Itzig, miterleben, die am 17. August 1942 aus ihrer Berliner Wohnung in das Ghetto Theresienstadt verschleppt wurde und kaum drei Wochen später am 6. September 1942 den katastrophalen Bedingungen im Ghetto zum Opfer fiel. Am 19. Oktober 1942 wurde Johanna Seidel gemeinsam mit ihren damals 15, 13 und zwölf Jahre alten Kindern Horst Wolfgang, Inge und Vera mit dem „21. Osttransport“ über den Güterbahnhof Moabit in das Ghetto Riga deportiert. Dort angekommen, wurden die vier unmittelbar nach ihrer Ankunft am Morgen des 22. Oktobers 1942 in den umliegenden Wäldern erschossen.<br />
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Nur wenige der Familienangehörigen Johannas überlebten die NS-Verfolgung. Ihre Schwägerin Paula Jenny Manasse, geborene Seidel, war am 25. Januar 1942 nach Riga deportiert und dort ermordet worden. Ihr Schwager Kurt Seidel war im Februar 1942 in das KZ Mauthausen deportiert worden, wo er ermordet wurde. Das Schicksal von dessen Tochter und ihrer Mutter ist ungeklärt. Johannas Schwager Hans Seidel erlebte das Kriegsende versteckt in Berlin und emigrierte später mit seiner Frau in die USA. Das Schicksal von Johannas Schwester Elfriede Juliusberger, verheiratete Schuba, und ihres Ehemannes Karl Schuba ist ungeklärt. Ihre Schwester Margarete Faerber wurde mit ihrem Ehemann Manfred Faerber und deren 1920 und 1924 geborenen Kindern Albert und Gerda 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Margaretes und Manfreds zweiter Sohn Gunter überlebte im Exil. Er konnte vermutlich mit einem Kindertransport nach England gerettet werden, wo er sich nach dem Krieg aufhielt. Das Schicksal von Johannas Bruder Emanuel Markus ist ungeklärt.

Johanna Juliusberger wurde am 4. April 1904 in Oppeln (dem heutigen Opole) geboren. Die an der Oder zwischen Breslau (Wrocław) und Kattowitz (Katowice) gelegene Stadt hatte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem wichtigen Verwaltungs- und Industriezentrum Oberschlesiens entwickelt. Johanna war die Tochter des aus Groß Strelitz (Strzelce Opolskie) stammenden Kaufmanns Salo Juliusberger und seiner Ehefrau Karoline, geborene Glass. Ihre Eltern hatte im Dezember 1893 in Breslau geheiratet und sich kurz darauf in Oppeln niedergelassen. Hier war am 10. November 1894 ihr erstes Kind zur Welt gekommen, Johannas ältere Schwester Margarete. Ihr Bruder Emanuel Markus wurde 1898 und ihre Schwester Elfriede 1899 geboren. Zwei weitere Geschwister verstarben vor der Geburt Johannas 1901 und 1904 im Säuglings- und Kleinkindalter. Zum Zeitpunkt der Geburt von Johanna lebte die Familie in einer Wohnung im Stadtzentrum Oppelns am Sebastiansplatz 15 (dem heutigen plac Świętego Sebastiana). Über die Kindheit und Jugend von Johanna Juliusberger und ihrer drei Geschwister in Oppeln haben sich keine Informationen erhalten. Ihre Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zu der relativ kleinen jüdischen Gemeinde der Stadt, der um die Jahrhundertwende etwa 700 der 20.000 Einwohner angehörten.

In den 1920er-Jahren lernte Johanna den Kaufmann Alfred Seidel kennen. Der gebürtige Berliner hielt sich in dieser Zeit vermutlich geschäftlich in Oppeln auf. Am 24. Juni 1926 heiratete das Paar und knapp ein Jahr später wurde in Oppeln ihr erstes Kind, ihr Sohn Horst Wolfgang, geboren. Die Schwestern von Johanna waren bereits verheiratet: Elfriede hatte 1919 den Kaufmann Karl Schuba geheiratet und ihre Schwester Margarete 1922 den Kaufmann Manfred Faerber. Nach der Geburt ihres Sohnes verließ Johanna Seidel ihre Geburtsstadt und zog mit ihrem Ehemann nach Berlin, wo das Ehepaar eine Wohnung in der Wisbyer Straße 27e im Prenzlauer Berg bezog und im Januar 1929 und im Juli 1930 ihre Töchter Inge und Vera zur Welt kamen. Am 10. August 1931 bezogen die Seidels eine neue Wohnung in der Isländischen Straße 17, unweit ihrer letzten Adresse. Leider haben sich keine weiteren Zeugnisse erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der letzten Jahre der Weimar Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden oder Geltungsjuden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen das Ehepaar Seidel und ihre Kinder. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Anders als ihr Schwager Hans Seidel, der bei der Berliner Polizei arbeitete, konnte Johannas Ehemann in den ersten Jahren der NS-Zeit aber noch berufliche Aufstiegschancen nutzen. Er war 1933/1934 als Versicherungsoberinspektor tätig und leitete 1934/1935 eine Versicherungs-Generalagentur in Berlin. Hans Seidel, der formal bis 1935 im Dienst verblieb, wurde mit dem „Reichsbürgergesetz“ wie alle verbliebenen jüdischen Beamten Ende 1935 zwangsweise in den Ruhestand versetzt und kurze Zeit später in Berlin verhaftet. Er war einer der Sachsenhausen-Häftlinge, die ab Juli 1937 das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar errichten mussten. Für die Familie bedeutete Hans’ Verhaftung sicher eine Zäsur, die jeden Zweifel an der Durchsetzung willkürlicher Gewalt gegen sie ausräumen musste. Ob das Ehepaar Johanna und Alfred Seidel in der Folge konkrete Schritte zur Ausreise unternahmen, ist allerdings nicht bekannt. Sollten Pläne bestanden haben, so scheiterten diese. 1936 starb Johannas Vater Salo im Alter von 64 Jahren in Oppeln. In der seit den 1920er-Jahren bewohnten Familienwohnung in der Oderstraße 5 verblieb ihre Mutter Karoline, die in den lokalen Adressbüchern seitdem als Fürsorgeempfängerin geführt wurde. Zwei Jahre nach dem Tod von Salo verstarb auch Johannas Schwiegervater Joseph Seidel.

Das Leben der Familie Seidel in Berlin wurde immer mehr zum Überlebenskampf. 1938 floh Hans Seidel aus Buchenwald und lebte seitdem versteckt in der böhmischen Ortschaft Sterndorf (dem heutigen Hvězda). Es ist anzunehmen, dass die Familienmitglieder in den Fokus der Gestapo rückten und sich Befragungen haben unterziehen lassen müssen. Die Kinder von Johanna besuchten jüdische Volksschulen. Seit 1935 sah ein Erlass eine „möglichst vollständige Rassentrennung“ in Schulen vor und nach den Pogromen im November 1938 wurde jüdischen Kindern und Jugendlichen der Besuch von öffentlichen Schulen verboten. Auch in Johannas Geburtsstadt, wo nach wie vor ihre Mutter und ihr Bruder Emanuel Markus lebten, kam es im November 1938 zu schweren Ausschreitungen gegen die jüdische Bevölkerung. Die Synagoge an der Hafenstraße wurde in Brand gesteckt und zerstört. Im Jahr 1939 wurde ein zweiter Schwager von Johanna, der in München Gladbach (heute Mönchengladbach) lebende Kurt Seidel, dessen Tochter ein Jahr zuvor zur Welt gekommen war, verhaftet und in ein Städtisches Zuchthaus verbracht. Ab März 1939 musste Johanna Seidel Zwangsarbeit im Goerzwerk von Zeiss Ikon in Zehlendorf als Montiererin leisten. Ihre Kinder arbeiteten nach der Schule als sogenannte jugendliche Helfer bei Institutionen der Jüdischen Gemeinde: Inge und Vera im Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße 2 im Wedding, Horst Wolfgang als Gärtner der Jüdischen Kultusvereinigung.

Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt in den Jahren 1939/1940 muss Johannas Ehemann Richtung Süden geflohen sein. Er wurde in Österreich verhaftet und am 13. Juni 1940 von Innsbruck in das KZ Sachsenhausen deportiert. Nach der Verhaftung ihres Vaters besuchten die drei Kinder Johannas gemeinsam – möglicherweise damit sie sich gegenseitig einen gewissen Schutz bieten konnten – die 5. Jüdische Volksschule in Pankow, die unter immer schwierigeren Bedingungen noch bis Ende Juni 1942 Unterricht erteilte, bevor jeglicher private oder öffentliche Schulunterricht jüdischer Kinder gesetzlich verboten wurde. Ende 1941 erreichte Johanna die Nachricht vom Tod ihres Mannes. Er war am 30. September 1941 im Alter von 37 Jahren im KZ Buchenwald ermordet worden. Wenige Wochen später verstarb ihre Mutter Karoline in Oppeln. Bis zu ihrem Tod hatte sich ihr in Oppeln verbliebener Bruder Emanuel Markus, der als Tiefbauarbeiter schwerer körperlicher Zwangsarbeit ausgesetzt war, um die 75-Jährige gekümmert. Bevor Johanna Seidel deportiert wurde, musste sie noch die Deportation ihrer Schwiegermutter Bertha Seidel, geborene Itzig, miterleben, die am 17. August 1942 aus ihrer Berliner Wohnung in das Ghetto Theresienstadt verschleppt wurde und kaum drei Wochen später am 6. September 1942 den katastrophalen Bedingungen im Ghetto zum Opfer fiel. Am 19. Oktober 1942 wurde Johanna Seidel gemeinsam mit ihren damals 15, 13 und zwölf Jahre alten Kindern Horst Wolfgang, Inge und Vera mit dem „21. Osttransport“ über den Güterbahnhof Moabit in das Ghetto Riga deportiert. Dort angekommen, wurden die vier unmittelbar nach ihrer Ankunft am Morgen des 22. Oktobers 1942 in den umliegenden Wäldern erschossen.

Nur wenige der Familienangehörigen Johannas überlebten die NS-Verfolgung. Ihre Schwägerin Paula Jenny Manasse, geborene Seidel, war am 25. Januar 1942 nach Riga deportiert und dort ermordet worden. Ihr Schwager Kurt Seidel war im Februar 1942 in das KZ Mauthausen deportiert worden, wo er ermordet wurde. Das Schicksal von dessen Tochter und ihrer Mutter ist ungeklärt. Johannas Schwager Hans Seidel erlebte das Kriegsende versteckt in Berlin und emigrierte später mit seiner Frau in die USA. Das Schicksal von Johannas Schwester Elfriede Juliusberger, verheiratete Schuba, und ihres Ehemannes Karl Schuba ist ungeklärt. Ihre Schwester Margarete Faerber wurde mit ihrem Ehemann Manfred Faerber und deren 1920 und 1924 geborenen Kindern Albert und Gerda 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Margaretes und Manfreds zweiter Sohn Gunter überlebte im Exil. Er konnte vermutlich mit einem Kindertransport nach England gerettet werden, wo er sich nach dem Krieg aufhielt. Das Schicksal von Johannas Bruder Emanuel Markus ist ungeklärt.