Anna Matzdorf geb. Michaelis

Verlegeort
Fregestr. 78
Bezirk/Ortsteil
Schöneberg
Verlegedatum
28. März 2013
Geboren
12. Februar 1888 in Berlin
Deportation
am 14. Dezember 1942 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Geboren am 12. Februar 1888 in Berlin als Tochter von Reinhold und Rosa Michaelis, studierte Anna Michaelis an der Berliner Kunstgewerbeschule. Sie heiratete den Juristen Dr. Martin Matzdorf. Die beiden Töchter Eva und Hilda wurden 1914 in Berlin und 1920 in Guben geboren. Von 1917 bis 1926 lebte die Familie in Guben, wo Martin Matzdorf zunächst Richter beim Landgericht und ab November 1919 beim Amtsgericht war. Mit der Versetzung an das Amtsgericht Berlin-Tempelhof zog die Familie 1926 zurück nach Berlin und wohnte in der Fregestraße 78, 2. Etage. Insbesondere Anna hatten in Guben kulturelle Angebote gefehlt, nun konnten Ausstellungen, Theater und Konzerte auch Anregungen für ihre Töchter sein. Die Familie gehörte zur liberalen Gemeinde in der Prinzregentenstraße 69–70. <br />
Seit 1926 Richter beim Arbeitsgericht, wurde Dr. Martin Matzdorf Anfang 1929 Vorsitzender der Kammer 8 für Handlungsgehilfen und -lehrlinge. <br />
<br />
Als am 7. April die Gesetze der Nationalsozialisten zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in Kraft traten und damit Dr. Martin Matzdorf als Jude nicht mehr in öffentlichen Ämter arbeiten durfte, wurde er zuerst zeitweise beurlaubt bzw. suspendiert. Im November 1933 erfolgte dann die endgültige Entlassung als Richter am Arbeitsgericht; lediglich mit einem kleinen Ruhegehalt, da er im August 1914 zu Beginn des Ersten Weltkrieges noch keine feste Planstelle gehabt hatte und kein Frontsoldat aufgrund seiner Sehschwäche gewesen war. <br />
Ab 1936 bemühte sich Anna Matzdorf über einen Studienfreund des Vaters um Affidavits (Bürgschaften) zur Einreise in die USA. Dr. Martin Matzdorfs Geburtsort wurde nach dem Ersten Weltkrieg ein Teil Polens, so dass er von von da an unter polnisches Recht gestellt wurde und die für Polen geltenden Einreisebestimmungen in die USA einhalten musste. Dies bedeutete eine Frist von fünf Jahren bis zur Einreise in die USA. Die Geldbeträge, die die New Yorker Freunde als Sicherheit für die Einreise der Familie überwiesen wurden von London aus, aufgrund eines Fehlers an sie zurücktransferiert. So zerschlug sich die Hoffnung auf die Ausreise. <br />
Den Töchtern gelang im November 1938 auf Vermittlung einer Freundin von Anna Matzdorf die Emigration nach Großbritannien. Im Februar 1941 mussten die Matzdorfs in Berlin eine Untermieterin namens Emma Matzdorff aufnehmen, die jedoch nicht mit den Matzdorf´s verwandt war.<br />
Dr. Martin Matzdorf wurde Zwangsarbeiter bei der Reinickendorfer Maschinenbaufirma W. Schubert. Zum 1. November 1942 mussten die Eheleute die Wohnung aufgeben, die Möbel und den Haushalt bei einer Steglitzer Spedition einlagern. Sie wurden als Untermieter bei Max Gutter in der Kirchstraße 25 (heute: Schmiljahnstraße) eingewiesen. <br />
<br />
Anfang Dezember 1942 kamen Anna und Martin Matzdorf, inzwischen 54 und 65 Jahre alt, in das seit April 1942 eröffnete Sammellager Große Hamburger Straße 26. Nach einer letzten Vermögenserklärung wurde ihnen am 14. Dezember 1942 die Enteignung mitgeteilt. Am Tag darauf wurden Anna und Martin Matzdorf mit 850 Menschen über den Güterbahnhof Moabit-Putlitzbrücke nach Auschwitz deportiert. Hier wurden sie wahrscheinlich bei der Ankunft am 15. Dezember zum Tod in den Gaskammern selektiert.<br />
<br />
Nach Kriegsende suchten die Töchter vergeblich nach den Eltern und ließen sie 1948 für tot erklären. Beide heirateten in England, ebenfalls aus Deutschland zur Emigration gezwungene Männer.<br />
1959 erreichten Eva und Hilda nach jahrelangen Auseinandersetzungen eine Wiedergutmachungszahlung. <br />
Hilda und ihr Mann Gerard Tichauer bekamen ein Kind namens Lydia Anne, geboren 1958. Eva und ihr Mann Benno Weill zogen nach ihrer Berentung zurück in seinen Geburtsort Münchren im Jahr 1970. Beide Ehemänner sind verstorben, ebenfalls Eva Weill am 2. August 2015 im Alter von 100 Jahren in München.<br />
Hilda, mittlerweile ebenfalls 100 Jahre alt und Lydia leben weiterhin in Harrow, London, England.<br />
<br />
Am 28. November 2012 wurde für Martin Matzdorf und drei weitere Arbeitsrichter auf dem Magdeburger Platz 1, Arbeitsgericht Berlin-Tiergarten, Stolpersteine verlegt und eine Gedenktafel enthüllt. <br />
Am 28. März 2013 von einer Anwohnerin Stolpersteine für Anna und Martin Matzdorf vor dem ehemaligen Wohnhaus verlegt.<br />
Hilda und ihre Tochter Lydia Tichauer konnten im April 2013 anlässlich der Buchvorstellung "Jüdische Richter in der Berliner Arbeitsgerichtbarkeit 1933" am Arbeitsgericht Berlin teilnehmen. In diesem Buch wird auch die Biographie von Dr. Martin Matzdorf mit Anmerkungen seiner Tochter Hilda beschrieben. Im Zusammenhang mit dieser Reise besuchten die beiden Frauen auch die verlegten Stolpersteine für Martin und Anna Matzdorf. <br />

Geboren am 12. Februar 1888 in Berlin als Tochter von Reinhold und Rosa Michaelis, studierte Anna Michaelis an der Berliner Kunstgewerbeschule. Sie heiratete den Juristen Dr. Martin Matzdorf. Die beiden Töchter Eva und Hilda wurden 1914 in Berlin und 1920 in Guben geboren. Von 1917 bis 1926 lebte die Familie in Guben, wo Martin Matzdorf zunächst Richter beim Landgericht und ab November 1919 beim Amtsgericht war. Mit der Versetzung an das Amtsgericht Berlin-Tempelhof zog die Familie 1926 zurück nach Berlin und wohnte in der Fregestraße 78, 2. Etage. Insbesondere Anna hatten in Guben kulturelle Angebote gefehlt, nun konnten Ausstellungen, Theater und Konzerte auch Anregungen für ihre Töchter sein. Die Familie gehörte zur liberalen Gemeinde in der Prinzregentenstraße 69–70.
Seit 1926 Richter beim Arbeitsgericht, wurde Dr. Martin Matzdorf Anfang 1929 Vorsitzender der Kammer 8 für Handlungsgehilfen und -lehrlinge.

Als am 7. April die Gesetze der Nationalsozialisten zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in Kraft traten und damit Dr. Martin Matzdorf als Jude nicht mehr in öffentlichen Ämter arbeiten durfte, wurde er zuerst zeitweise beurlaubt bzw. suspendiert. Im November 1933 erfolgte dann die endgültige Entlassung als Richter am Arbeitsgericht; lediglich mit einem kleinen Ruhegehalt, da er im August 1914 zu Beginn des Ersten Weltkrieges noch keine feste Planstelle gehabt hatte und kein Frontsoldat aufgrund seiner Sehschwäche gewesen war.
Ab 1936 bemühte sich Anna Matzdorf über einen Studienfreund des Vaters um Affidavits (Bürgschaften) zur Einreise in die USA. Dr. Martin Matzdorfs Geburtsort wurde nach dem Ersten Weltkrieg ein Teil Polens, so dass er von von da an unter polnisches Recht gestellt wurde und die für Polen geltenden Einreisebestimmungen in die USA einhalten musste. Dies bedeutete eine Frist von fünf Jahren bis zur Einreise in die USA. Die Geldbeträge, die die New Yorker Freunde als Sicherheit für die Einreise der Familie überwiesen wurden von London aus, aufgrund eines Fehlers an sie zurücktransferiert. So zerschlug sich die Hoffnung auf die Ausreise.
Den Töchtern gelang im November 1938 auf Vermittlung einer Freundin von Anna Matzdorf die Emigration nach Großbritannien. Im Februar 1941 mussten die Matzdorfs in Berlin eine Untermieterin namens Emma Matzdorff aufnehmen, die jedoch nicht mit den Matzdorf´s verwandt war.
Dr. Martin Matzdorf wurde Zwangsarbeiter bei der Reinickendorfer Maschinenbaufirma W. Schubert. Zum 1. November 1942 mussten die Eheleute die Wohnung aufgeben, die Möbel und den Haushalt bei einer Steglitzer Spedition einlagern. Sie wurden als Untermieter bei Max Gutter in der Kirchstraße 25 (heute: Schmiljahnstraße) eingewiesen.

Anfang Dezember 1942 kamen Anna und Martin Matzdorf, inzwischen 54 und 65 Jahre alt, in das seit April 1942 eröffnete Sammellager Große Hamburger Straße 26. Nach einer letzten Vermögenserklärung wurde ihnen am 14. Dezember 1942 die Enteignung mitgeteilt. Am Tag darauf wurden Anna und Martin Matzdorf mit 850 Menschen über den Güterbahnhof Moabit-Putlitzbrücke nach Auschwitz deportiert. Hier wurden sie wahrscheinlich bei der Ankunft am 15. Dezember zum Tod in den Gaskammern selektiert.

Nach Kriegsende suchten die Töchter vergeblich nach den Eltern und ließen sie 1948 für tot erklären. Beide heirateten in England, ebenfalls aus Deutschland zur Emigration gezwungene Männer.
1959 erreichten Eva und Hilda nach jahrelangen Auseinandersetzungen eine Wiedergutmachungszahlung.
Hilda und ihr Mann Gerard Tichauer bekamen ein Kind namens Lydia Anne, geboren 1958. Eva und ihr Mann Benno Weill zogen nach ihrer Berentung zurück in seinen Geburtsort Münchren im Jahr 1970. Beide Ehemänner sind verstorben, ebenfalls Eva Weill am 2. August 2015 im Alter von 100 Jahren in München.
Hilda, mittlerweile ebenfalls 100 Jahre alt und Lydia leben weiterhin in Harrow, London, England.

Am 28. November 2012 wurde für Martin Matzdorf und drei weitere Arbeitsrichter auf dem Magdeburger Platz 1, Arbeitsgericht Berlin-Tiergarten, Stolpersteine verlegt und eine Gedenktafel enthüllt.
Am 28. März 2013 von einer Anwohnerin Stolpersteine für Anna und Martin Matzdorf vor dem ehemaligen Wohnhaus verlegt.
Hilda und ihre Tochter Lydia Tichauer konnten im April 2013 anlässlich der Buchvorstellung "Jüdische Richter in der Berliner Arbeitsgerichtbarkeit 1933" am Arbeitsgericht Berlin teilnehmen. In diesem Buch wird auch die Biographie von Dr. Martin Matzdorf mit Anmerkungen seiner Tochter Hilda beschrieben. Im Zusammenhang mit dieser Reise besuchten die beiden Frauen auch die verlegten Stolpersteine für Martin und Anna Matzdorf.