Rosalie Sonja Okun

Verlegeort
Meiningenallee 7
Bezirk/Ortsteil
Westend
Verlegedatum
15. Oktober 2013
Geboren
26. Januar 1899 in Minsk
Deportation
am 26. Januar 1944 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 28. Oktober 1944 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Rosalie Okun kam am 26. Januar 1899 im russischen Minsk als Tochter von Meer Oscheroff, geboren am 12. Juni 1867 in Minsk, und dessen Frau Fanny, geboren 1871, zur Welt. Diana war die ältere Schwester, Arsene der jüngere Bruder. Dem jüdischen Glauben fühlte sich Rosalie nur locker verbunden.<br />
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Die Familie floh vor Judenpogromen in Minsk, das einst polnisch, dann russisch war, zuerst nach Moskau, wo der Vater, obwohl erfolgreicher Kaufmann, eine Zahnarztausbildung machte. 1905, wieder aus Angst vor Pogromen, ging es über Berlin nach Hamburg. Hier arbeitete der Vater als Zahnarzt und Speditionskaufmann; so konnte er seine Familie relativ gut versorgen.<br />
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Rosalie lernte in Hamburg Anfang der 1920er Jahre Erich Engel, einen der bedeutendsten Regisseure und Theaterdirektoren Deutschlands, kennen und lieben. 1923 zog sie zu dem verheirateten Mann nach Berlin, lebte mit ihm zusammen und beeindruckte mit ihrem Charme und Witz berühmte Theaterleute wie Fritz Kortner und Bertolt Brecht. Engels Ehefrau lebte mit den zwei gemeinsamen Kindern in München und schien die Beziehung ihres Mannes zu dulden.<br />
<br />
1933 – sie hatte sich inzwischen den Vornamen Sonja zugelegt – stand sie noch unter dem Schutz Engels, doch 1936 reichte er für eine Volljüdin nicht mehr aus. Sie selbst ging nun, um Engel zu schützen, auf Distanz, als Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, einer der wahnhaftesten Judenhasser der NS-Führung, den selbst als Vierteljude eingestuften Engel drängte, diese Beziehung in seinem eigenen Interesse zu beenden.<br />
<br />
Rosalie Sonja Okun erkrankte an Kehlkopf-Tbc und hatte die Chance, diese mit Hilfe von Professor Ferdinand Sauerbruch in der Schweiz auszukurieren. Ganz brach der Kontakt zu Engel nicht ab. 1938 kehrte sie, gesundheitlich wiederhergestellt, aus freiem Willen nach Deutschland zurück. Alle ihre Künstlerfreunde und Verwandten rieten ihr dringend von diesem Entschluss ab. Sie jedoch beharrte auf ihrer Entscheidung. Sie wollte all ihre Energie der Jugend-Alijah, einer Unterorganisation der Jewish Agency, widmen. Deren Aktivitäten hatte sie schon vor ihrer Erkrankung so stark unterstützt, dass sie als Seele des Berliner Büros in der Meinekestraße 10 galt. Die Aufgabe der Jugend-Alijah bestand darin, jüdische Jugendliche aus Nazi-Deutschland zu retten und auf ein Leben in Palästina vorzubereiten.<br />
<br />
1939 verhalf sie ihren Eltern zur Ausreise in die USA, wo sie sich mit Hilfe von Verwandten in New York niederließen. Sie selbst fühlte sich ihrer Arbeit verpflichtet, wollte und konnte Deutschland nicht mehr verlassen. Ihre Schwester Diana lebte seit langem in England, ihrem Bruder Arsene war 1933 mit seiner Frau Detta die Flucht nach Frankreich und 1940 in die USA gelungen. Nun war sie völlig auf die Hilfe ihrer Freunde angewiesen. Unter ihnen war Hilde Roters, die sie nicht nur einmal als Untermieterin in ihrer Wohnung in der Meiningenallee 7 aufnahm. Ab 1. Mai 1940, als Hilde Roters selbst über Schweden in die USA flüchtete, bestand diese Möglichkeit nicht mehr.<br />
<br />
Für Rosalie Sonja Okun begann nun eine Odyssee von einem Judenhaus ins nächste – hier wurden aus ihren Wohnungen vertriebene jüdische Menschen zusammengepfercht. Ihre letzte Unterkunft befand sich in der Uhlandstraße 62 bei Frau von Hook. Ihre letzte Anstellung, nachdem die „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ ihre Arbeit einstellen musste, fand sie als Schreibkraft des Arztes Dr. Benno Klein. Am 26. Januar 1944 wurde sie von dort aus direkt nach Theresienstadt deportiert, wo sie mit herzlicher Natürlichkeit besonders Trude Simonsohn zur Seite stand. Beide wurden am 28. Oktober 1944 mit dem letzten Frauentransport nach Auschwitz gebracht. Während Trude Simonsohn das Grauen überlebte, wurde Rosalie Sonja Okun dort ermordet.<br />
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„Das kurze Leben dieser so wunderbar heiteren Jüdin war ein tieftrauriges Martyrium. So starb sie auch. Da es an höchster Stelle versäumt wurde, spreche ich sie heilig“, schrieb der Regisseur Fritz Kortner in seinen Memoiren.

Rosalie Okun kam am 26. Januar 1899 im russischen Minsk als Tochter von Meer Oscheroff, geboren am 12. Juni 1867 in Minsk, und dessen Frau Fanny, geboren 1871, zur Welt. Diana war die ältere Schwester, Arsene der jüngere Bruder. Dem jüdischen Glauben fühlte sich Rosalie nur locker verbunden.

Die Familie floh vor Judenpogromen in Minsk, das einst polnisch, dann russisch war, zuerst nach Moskau, wo der Vater, obwohl erfolgreicher Kaufmann, eine Zahnarztausbildung machte. 1905, wieder aus Angst vor Pogromen, ging es über Berlin nach Hamburg. Hier arbeitete der Vater als Zahnarzt und Speditionskaufmann; so konnte er seine Familie relativ gut versorgen.

Rosalie lernte in Hamburg Anfang der 1920er Jahre Erich Engel, einen der bedeutendsten Regisseure und Theaterdirektoren Deutschlands, kennen und lieben. 1923 zog sie zu dem verheirateten Mann nach Berlin, lebte mit ihm zusammen und beeindruckte mit ihrem Charme und Witz berühmte Theaterleute wie Fritz Kortner und Bertolt Brecht. Engels Ehefrau lebte mit den zwei gemeinsamen Kindern in München und schien die Beziehung ihres Mannes zu dulden.

1933 – sie hatte sich inzwischen den Vornamen Sonja zugelegt – stand sie noch unter dem Schutz Engels, doch 1936 reichte er für eine Volljüdin nicht mehr aus. Sie selbst ging nun, um Engel zu schützen, auf Distanz, als Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, einer der wahnhaftesten Judenhasser der NS-Führung, den selbst als Vierteljude eingestuften Engel drängte, diese Beziehung in seinem eigenen Interesse zu beenden.

Rosalie Sonja Okun erkrankte an Kehlkopf-Tbc und hatte die Chance, diese mit Hilfe von Professor Ferdinand Sauerbruch in der Schweiz auszukurieren. Ganz brach der Kontakt zu Engel nicht ab. 1938 kehrte sie, gesundheitlich wiederhergestellt, aus freiem Willen nach Deutschland zurück. Alle ihre Künstlerfreunde und Verwandten rieten ihr dringend von diesem Entschluss ab. Sie jedoch beharrte auf ihrer Entscheidung. Sie wollte all ihre Energie der Jugend-Alijah, einer Unterorganisation der Jewish Agency, widmen. Deren Aktivitäten hatte sie schon vor ihrer Erkrankung so stark unterstützt, dass sie als Seele des Berliner Büros in der Meinekestraße 10 galt. Die Aufgabe der Jugend-Alijah bestand darin, jüdische Jugendliche aus Nazi-Deutschland zu retten und auf ein Leben in Palästina vorzubereiten.

1939 verhalf sie ihren Eltern zur Ausreise in die USA, wo sie sich mit Hilfe von Verwandten in New York niederließen. Sie selbst fühlte sich ihrer Arbeit verpflichtet, wollte und konnte Deutschland nicht mehr verlassen. Ihre Schwester Diana lebte seit langem in England, ihrem Bruder Arsene war 1933 mit seiner Frau Detta die Flucht nach Frankreich und 1940 in die USA gelungen. Nun war sie völlig auf die Hilfe ihrer Freunde angewiesen. Unter ihnen war Hilde Roters, die sie nicht nur einmal als Untermieterin in ihrer Wohnung in der Meiningenallee 7 aufnahm. Ab 1. Mai 1940, als Hilde Roters selbst über Schweden in die USA flüchtete, bestand diese Möglichkeit nicht mehr.

Für Rosalie Sonja Okun begann nun eine Odyssee von einem Judenhaus ins nächste – hier wurden aus ihren Wohnungen vertriebene jüdische Menschen zusammengepfercht. Ihre letzte Unterkunft befand sich in der Uhlandstraße 62 bei Frau von Hook. Ihre letzte Anstellung, nachdem die „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ ihre Arbeit einstellen musste, fand sie als Schreibkraft des Arztes Dr. Benno Klein. Am 26. Januar 1944 wurde sie von dort aus direkt nach Theresienstadt deportiert, wo sie mit herzlicher Natürlichkeit besonders Trude Simonsohn zur Seite stand. Beide wurden am 28. Oktober 1944 mit dem letzten Frauentransport nach Auschwitz gebracht. Während Trude Simonsohn das Grauen überlebte, wurde Rosalie Sonja Okun dort ermordet.

„Das kurze Leben dieser so wunderbar heiteren Jüdin war ein tieftrauriges Martyrium. So starb sie auch. Da es an höchster Stelle versäumt wurde, spreche ich sie heilig“, schrieb der Regisseur Fritz Kortner in seinen Memoiren.