Hermann Cohn

Verlegeort
Stargarder Straße 38 /38a
Bezirk/Ortsteil
Prenzlauer Berg
Verlegedatum
30. März 2013
Geboren
01. Oktober 1888 in Wronke / Wronki
Deportation
am 17. November 1941 nach Kowno (Kauen)
Ermordet
25. November 1941 in Kowno (Kauen)

Hermann Cohn wurde am 1. Oktober 1888 in Wronke (dem heutigen Wronki) an der Warthe – einer Kleinstadt etwa 55 Kilometer nordwestlich von Posen (Poznań) – geboren. Er war der Sohn des ortsansässigen Schneiders Fabian (Fabig) Cohn und der Rosalie Cohn, geborene Schweriner. Es ist nicht bekannt, ob Hermann im Kreis von Geschwistern aufwuchs, da sich aus der Zeit seiner Kindheit und Jugend in Wronke keine Quellen erhalten haben. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Hermann knapp 560 der etwa 2800 Einwohner der Stadt zählten. Deren Mitglieder bestritten ihren Lebensunterhalt zumeist im Handwerk, als Weber, Schneider und Gold- oder Silberschmiede. In den 1820er-Jahren hatte die Gemeinde eine neue Synagoge errichtet sowie eine jüdische Elementarschule eingerichtet, die in ihrer Blütezeit von fast 140 Schülern besucht wurde und vermutlich auch von Hermann Cohn. Mehrere neugegründete jüdische Vereine bereicherten im 19. Jahrhundert das gesellschaftliche und kulturelle Stadtleben. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte, wie überall in den kleineren Landstädten der Region, eine Landflucht in die größeren wirtschaftlichen Zentren ein – vor allem nach Berlin und Breslau (Wrocław). Besonders stark war die Abwanderung aus Wronke unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkrieges.

In dieser Zeit, in den letzten Jahren der 1900er-Jahre bis spätesten 1918/1919, hatte auch Hermann Cohn seine Geburtsstadt verlassen und war nach Berlin gezogen. Nach seiner Schulausbildung arbeitete er als Kaufmann in der Hauptstadt. Am 26. Juni 1919 heiratete er in Berlin die drei Jahre jüngere, gebürtige Berlinerin Helene Klein. Die Tochter des Händlers Moses Klein und der wenige Tage nach ihrer Geburt verstorbenen Chaje Klein, geborene Sandelmann, lebte in der Putbusser Straße 54 im Wedding und bestritt ihren Unterhalt als Lageristin. Zum Zeitpunkt der Hochzeit war Hermanns Vater in Wronke verstorben. Seine verwitwete Mutter lebte in Berlin, ebenso wie Helenes zwei ältere Brüder, die 1885 und 1886 geborenen Josef und Hirsch Klein. Ersterer wohnte zuletzt mit seiner 1920 angetrauten Ehefrau Frieda Hahn in Schöneberg. Nach der Hochzeit nahmen sich Hermann und Helene Cohn eine gemeinsame Wohnung und bekamen knapp ein Jahr später, am 9. Mai 1920, einen Sohn, dem sie den Namen Fritz gaben. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Cohn und ihre Angehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden und Anfang der 1930er-Jahre nahm die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen zu. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mithilfe staatlicher Autorität. In der Position von Rechtlosen wurden die Familie Cohn fast täglich durch neue Erlasse und Sondergesetze drangsaliert. Eine neue Stufe der Eskalation und offenen Gewalt wurde mit den Pogromen in Berlin im Mai und November 1938 erreicht. Ob die Cohns in diesen Jahren konkrete Schritte verfolgten, Deutschland zu verlassen, ist nicht bekannt. Sollten Pläne bestanden haben, so scheiterten sie letztlich. Im Mai 1939 lebte das Ehepaar Cohn zusammen mit ihrem inzwischen erwachsenen Sohn Fritz in einer Wohnung in der Stargarder Straße 38 im Prenzlauer Berg. Spätestens Anfang der 1940er-Jahre wurde das Leben in Berlin zum Existenzkampf: Alle drei Cohns mussten Zwangsarbeit für in Berlin ansässige Unternehmen leisten und konnten sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlins mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Hermann, Helene und Fritz Cohn erhielten den Deportationsbescheid Anfang November 1941. Sie wurden aus ihrer Wohnung in das für diesen Zweck provisorisch hergerichtete Sammellager in der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße 7–8 verbracht. Von dort wurden sie am 17. November 1941 mit dem „6. Osttransport“ über den Bahnhof Grunewald in das Ghetto Kaunas (Kowno) im heutigen Litauen deportiert. Nach ihrer Ankunft am 25. November 1941 wurden Hermann, Helene und Fritz Cohn durch das geteilte Ghetto zum Fort IX der historischen Stadtbefestigung geführt und dort erschossen. Hermann Cohn war zu diesem Zeitpunkt 53 Jahre alt, sein Sohn 21.

Das Schicksal von Hermanns Schwager Hirsch Klein ist ungeklärt. Sein zweiter Schwager Josef Klein wurde mit seiner Frau Frieda am 28. Mai 1943 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Frieda Klein, geborene Hahn, überlebte die unmenschlichen Bedingungen in Theresienstadt knapp ein Jahr. Sie starb im April 1944 in Theresienstadt. Josef Klein wurde am 9. Oktober 1944 aus Theresienstadt weiter nach Auschwitz deportiert, wo er vermutlich unmittelbar nach seiner Ankunft am 12. Oktober 1944 im Vernichtungslager ermordet wurde.

Hermann Cohn wurde am 1. Oktober 1888 in Wronke (dem heutigen Wronki) an der Warthe – einer Kleinstadt etwa 55 Kilometer nordwestlich von Posen (Poznań) – geboren. Er war der Sohn des ortsansässigen Schneiders Fabian (Fabig) Cohn und der Rosalie Cohn, geborene Schweriner. Es ist nicht bekannt, ob Hermann im Kreis von Geschwistern aufwuchs, da sich aus der Zeit seiner Kindheit und Jugend in Wronke keine Quellen erhalten haben. Seine Eltern gehörten aber aller Wahrscheinlichkeit nach zur jüdischen Gemeinde der Stadt, zu der zum Zeitpunkt der Geburt von Hermann knapp 560 der etwa 2800 Einwohner der Stadt zählten. Deren Mitglieder bestritten ihren Lebensunterhalt zumeist im Handwerk, als Weber, Schneider und Gold- oder Silberschmiede. In den 1820er-Jahren hatte die Gemeinde eine neue Synagoge errichtet sowie eine jüdische Elementarschule eingerichtet, die in ihrer Blütezeit von fast 140 Schülern besucht wurde und vermutlich auch von Hermann Cohn. Mehrere neugegründete jüdische Vereine bereicherten im 19. Jahrhundert das gesellschaftliche und kulturelle Stadtleben. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte, wie überall in den kleineren Landstädten der Region, eine Landflucht in die größeren wirtschaftlichen Zentren ein – vor allem nach Berlin und Breslau (Wrocław). Besonders stark war die Abwanderung aus Wronke unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkrieges.

In dieser Zeit, in den letzten Jahren der 1900er-Jahre bis spätesten 1918/1919, hatte auch Hermann Cohn seine Geburtsstadt verlassen und war nach Berlin gezogen. Nach seiner Schulausbildung arbeitete er als Kaufmann in der Hauptstadt. Am 26. Juni 1919 heiratete er in Berlin die drei Jahre jüngere, gebürtige Berlinerin Helene Klein. Die Tochter des Händlers Moses Klein und der wenige Tage nach ihrer Geburt verstorbenen Chaje Klein, geborene Sandelmann, lebte in der Putbusser Straße 54 im Wedding und bestritt ihren Unterhalt als Lageristin. Zum Zeitpunkt der Hochzeit war Hermanns Vater in Wronke verstorben. Seine verwitwete Mutter lebte in Berlin, ebenso wie Helenes zwei ältere Brüder, die 1885 und 1886 geborenen Josef und Hirsch Klein. Ersterer wohnte zuletzt mit seiner 1920 angetrauten Ehefrau Frieda Hahn in Schöneberg. Nach der Hochzeit nahmen sich Hermann und Helene Cohn eine gemeinsame Wohnung und bekamen knapp ein Jahr später, am 9. Mai 1920, einen Sohn, dem sie den Namen Fritz gaben. Leider haben sich keine weiteren Quellen erhalten, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen die Familie Cohn und ihre Angehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden und Anfang der 1930er-Jahre nahm die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen zu. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mithilfe staatlicher Autorität. In der Position von Rechtlosen wurden die Familie Cohn fast täglich durch neue Erlasse und Sondergesetze drangsaliert. Eine neue Stufe der Eskalation und offenen Gewalt wurde mit den Pogromen in Berlin im Juni und November 1938 erreicht. Ob die Cohns in diesen Jahren konkrete Schritte verfolgten, Deutschland zu verlassen, ist nicht bekannt. Sollten Pläne bestanden haben, so scheiterten sie letztlich. Im Mai 1939 lebte das Ehepaar Cohn zusammen mit ihrem inzwischen erwachsenen Sohn Fritz in einer Wohnung in der Stargarder Straße 38 im Prenzlauer Berg. Spätestens Anfang der 1940er-Jahre wurde das Leben in Berlin zum Existenzkampf: Alle drei Cohns mussten Zwangsarbeit für in Berlin ansässige Unternehmen leisten und konnten sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlins mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Hermann, Helene und Fritz Cohn erhielten den Deportationsbescheid Anfang November 1941. Sie wurden aus ihrer Wohnung in das für diesen Zweck provisorisch hergerichtete Sammellager in der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße 7–8 verbracht. Von dort wurden sie am 17. November 1941 mit dem „6. Osttransport“ über den Bahnhof Grunewald in das Ghetto Kaunas (Kowno) im heutigen Litauen deportiert. Nach ihrer Ankunft am 25. November 1941 wurden Hermann, Helene und Fritz Cohn durch das geteilte Ghetto zum Fort IX der historischen Stadtbefestigung geführt und dort erschossen. Hermann Cohn war zu diesem Zeitpunkt 53 Jahre alt, sein Sohn 21.

Das Schicksal von Hermanns Schwager Hirsch Klein ist ungeklärt. Sein zweiter Schwager Josef Klein wurde mit seiner Frau Frieda am 28. Mai 1943 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Frieda Klein, geborene Hahn, überlebte die unmenschlichen Bedingungen in Theresienstadt knapp ein Jahr. Sie starb im April 1944 in Theresienstadt. Josef Klein wurde am 9. Oktober 1944 aus Theresienstadt weiter nach Auschwitz deportiert, wo er vermutlich unmittelbar nach seiner Ankunft am 12. Oktober 1944 im Vernichtungslager ermordet wurde.