Henriette Minna Heidemann

Verlegeort
Windscheidstraße 9
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
15. August 2013
Geboren
30. Dezember 1936 in
Verhaftet
25. Mai 1943 in Westerbork
Deportation
am 20. Juli 1943 nach Sobibór
Ermordet
23. Juli 1943 in Sobibór

Arthur Heidemann kam in Frankfurt/Oder am 26. Juni 1891 als zweites Kind von Siegfried und Minna Heidemann, geb. Bergen, zur Welt. Der Vater war von Beruf Pferdehändler. Er starb 1931 in Berlin. Die Familie Heidemann stammt aus Schermeisel, einer Ortschaft im östlichen Brandenburg, nahe der damaligen polnischen Grenze. Im Laufe des 19. Jahrhunderts siedelte sie über Drossen und Frankfurt/Oder nach Berlin über. Arthur hatte drei Brüder: Hermann, Max und Benno. Wahrscheinlich gab es einen vierten Bruder Simon, dessen Spur sich nach 1933 verliert.<br />
<br />
Arthur war in erster Ehe (1913-24) mit Emma, geb. Bauke, verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Selma, geboren 1915, und Hermann (später Zwi), geboren 1917, beide in Berlin. Dort wohnten sie in der Zeit nach dem Tod der Mutter von 1924 bis 1933 in der Windscheidstraße 9 in Charlottenburg.<br />
<br />
Bald nach der Machtübernahme der Nazis im Januar 1933 flohen Arthur und Selma nach Amsterdam. Holland galt als sicheres Land für jüdische Migranten, ähnlich wie die Schweiz, da beide Länder im Ersten Weltkrieg neutral geblieben waren. Der Sohn Hermann folgte nach seinem Schulabschluss.<br />
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Von Beruf war Arthur Heidemann Kaufmann. Er war bei der damals schon weltweit operierenden Firma Wella (Haar-Kosmetik) tätig. Im November 1933 heiratete er Anna Abrahams, eine holländische Jüdin, geboren am 17. Juli 1891, von Beruf Krankenschwester. Die Ehe mit einer Holländerin bedeutete, dass er eine permanente Aufenthaltsberechtigung erhielt. Ab Juni 1934 bekam er die Erlaubnis, mit einem Stand auf dem Nieuwmarkt Kurzwaren und Wella-Produkte zu verkaufen. Am 30. Dezember 1936 wurde sein drittes Kind, Henriette Minna, geboren, benannt nach Arthurs Mutter Minna-Rosalie Bergen. Aus vorhandenen Unterlagen geht hervor, dass Arthur und seine Familie ab Frühjahr 1941 mehrmals umgezogen sind. Die letzte Adresse im November 1941 war in der Geulstraat 24. Es ist zu vermuten, dass dieser häufige Wohnungswechsel mit der sich zuspitzenden Lage der Juden in Holland ein Jahr nach dem Einmarsch deutscher Truppen im Mai 1940 zusammenhängt. Ab Mai 1941 wurde die Ausgrenzung der Juden in Holland schrittweise dem Niveau in Deutschland angepasst.<br />
<br />
Meine Mutter Selma und mein Onkel Hermann (Zwi) haben uns, den Enkeln von Arthur, erzählt, dass sich Arthur mit Anna und Henriette seit 1942 wie zehntausende Juden in Holland versteckt hielten. Vorausgegangen waren die Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942 mit dem Beschluss zur „Endlösung“ und das von dem Chef des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) Adolf Eichmann im Juni 1942 ausgegebene Ziel, zunächst 100 000 westeuropäische Juden nach Auschwitz zu deportieren, davon 40 000 aus den Niederlanden.<br />
<br />
Die erste Massendeportation aus Holland in die Konzentrationslager fand im Juli 1942 statt. Diese Deportation führte zu Panik unter den holländischen Juden, die ahnten, dass es von nun an ums nackte Überleben ging und die einzige Chance zu überleben darin bestand, in die Illegalität abzutauchen.<br />
<br />
Arthur, so wurde uns gesagt, habe es im Versteck nicht ausgehalten und trotz Ausgangssperre den Unterschlupf ab und zu verlassen. Dabei sei er in eine Kontrolle geraten. Unmittelbar darauf wurde er am 10. August 1942 aus dem Internierungslager Westerbork nach Auschwitz deportiert und am 30. September 1942 ermordet. Anna Heidemann hatte zwei erwachsene Geschwister, von denen eines ebenfalls dem Holocaust zum Opfer fiel. Sie und ihre siebenjährige Tochter Henriette Heidemann waren am 25 Mai 1943 in das Lager Westerbork eingeliefert und von dort am 20 Juli 1943 nach Sobibor deportiert worden, wo sie am 23. Juli 1943 ermordet wurden.<br />
<br />
Arthurs Neffe Rudolf Heidemann und dessen Ehefrau Hendrika, geb. de Wilde, wurden gemeinsam nach Sobibor deportiert und dort am 21. Mai 1943 ermordet. Ein zweiter Neffe, Rudolfs Bruder Günther Heidemann, wurde 1944 in Natzweiler ermordet. Seine Frau Lucia Heidemann, geb. Jäger, hat Auschwitz überlebt und ist 1948 nach Australien ausgewandert. Rudolfs und Günthers Mutter, Rosalie-Gertrud Heidemann, geb. Lewisohn, wurde am 9 Juli 1943, zwei Monate nach ihren Söhnen, in Sobibor ermordet. Die beiden Kinder aus Arthurs erster Ehe, Selma und Hermann (Zwi), sind 1935 bzw. 1937 nach Palä¬stina ausgewandert und haben deshalb den Holocaust überlebt.<br />
<br />
Seine Enkel Avital Siv, die in Israel lebt, Yael Schulamit Yadon, die heute in Australien lebt, und Maya Mosler, die heute in Deutschland lebt, haben sich 2012 in Berlin getroffen und den Wunsch verspürt, ihrem Großvater und seiner Familie, die nicht nach Palästina auswandern konnten, zum Gedenken Stolpersteine setzen zu lassen.

Arthur Heidemann kam in Frankfurt/Oder am 26. Juni 1891 als zweites Kind von Siegfried und Minna Heidemann, geb. Bergen, zur Welt. Der Vater war von Beruf Pferdehändler. Er starb 1931 in Berlin. Die Familie Heidemann stammt aus Schermeisel, einer Ortschaft im östlichen Brandenburg, nahe der damaligen polnischen Grenze. Im Laufe des 19. Jahrhunderts siedelte sie über Drossen und Frankfurt/Oder nach Berlin über. Arthur hatte drei Brüder: Hermann, Max und Benno. Wahrscheinlich gab es einen vierten Bruder Simon, dessen Spur sich nach 1933 verliert.

Arthur war in erster Ehe (1913-24) mit Emma, geb. Bauke, verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Selma, geboren 1915, und Hermann (später Zwi), geboren 1917, beide in Berlin. Dort wohnten sie in der Zeit nach dem Tod der Mutter von 1924 bis 1933 in der Windscheidstraße 9 in Charlottenburg.

Bald nach der Machtübernahme der Nazis im Januar 1933 flohen Arthur und Selma nach Amsterdam. Holland galt als sicheres Land für jüdische Migranten, ähnlich wie die Schweiz, da beide Länder im Ersten Weltkrieg neutral geblieben waren. Der Sohn Hermann folgte nach seinem Schulabschluss.

Von Beruf war Arthur Heidemann Kaufmann. Er war bei der damals schon weltweit operierenden Firma Wella (Haar-Kosmetik) tätig. Im November 1933 heiratete er Anna Abrahams, eine holländische Jüdin, geboren am 17. Juli 1891, von Beruf Krankenschwester. Die Ehe mit einer Holländerin bedeutete, dass er eine permanente Aufenthaltsberechtigung erhielt. Ab Juni 1934 bekam er die Erlaubnis, mit einem Stand auf dem Nieuwmarkt Kurzwaren und Wella-Produkte zu verkaufen. Am 30. Dezember 1936 wurde sein drittes Kind, Henriette Minna, geboren, benannt nach Arthurs Mutter Minna-Rosalie Bergen. Aus vorhandenen Unterlagen geht hervor, dass Arthur und seine Familie ab Frühjahr 1941 mehrmals umgezogen sind. Die letzte Adresse im November 1941 war in der Geulstraat 24. Es ist zu vermuten, dass dieser häufige Wohnungswechsel mit der sich zuspitzenden Lage der Juden in Holland ein Jahr nach dem Einmarsch deutscher Truppen im Mai 1940 zusammenhängt. Ab Mai 1941 wurde die Ausgrenzung der Juden in Holland schrittweise dem Niveau in Deutschland angepasst.

Meine Mutter Selma und mein Onkel Hermann (Zwi) haben uns, den Enkeln von Arthur, erzählt, dass sich Arthur mit Anna und Henriette seit 1942 wie zehntausende Juden in Holland versteckt hielten. Vorausgegangen waren die Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942 mit dem Beschluss zur „Endlösung“ und das von dem Chef des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) Adolf Eichmann im Juni 1942 ausgegebene Ziel, zunächst 100 000 westeuropäische Juden nach Auschwitz zu deportieren, davon 40 000 aus den Niederlanden.

Die erste Massendeportation aus Holland in die Konzentrationslager fand im Juli 1942 statt. Diese Deportation führte zu Panik unter den holländischen Juden, die ahnten, dass es von nun an ums nackte Überleben ging und die einzige Chance zu überleben darin bestand, in die Illegalität abzutauchen.

Arthur, so wurde uns gesagt, habe es im Versteck nicht ausgehalten und trotz Ausgangssperre den Unterschlupf ab und zu verlassen. Dabei sei er in eine Kontrolle geraten. Unmittelbar darauf wurde er am 10. August 1942 aus dem Internierungslager Westerbork nach Auschwitz deportiert und am 30. September 1942 ermordet. Anna Heidemann hatte zwei erwachsene Geschwister, von denen eines ebenfalls dem Holocaust zum Opfer fiel. Sie und ihre siebenjährige Tochter Henriette Heidemann waren am 25 Mai 1943 in das Lager Westerbork eingeliefert und von dort am 20 Juli 1943 nach Sobibor deportiert worden, wo sie am 23. Juli 1943 ermordet wurden.

Arthurs Neffe Rudolf Heidemann und dessen Ehefrau Hendrika, geb. de Wilde, wurden gemeinsam nach Sobibor deportiert und dort am 21. Mai 1943 ermordet. Ein zweiter Neffe, Rudolfs Bruder Günther Heidemann, wurde 1944 in Natzweiler ermordet. Seine Frau Lucia Heidemann, geb. Jäger, hat Auschwitz überlebt und ist 1948 nach Australien ausgewandert. Rudolfs und Günthers Mutter, Rosalie-Gertrud Heidemann, geb. Lewisohn, wurde am 9 Juli 1943, zwei Monate nach ihren Söhnen, in Sobibor ermordet. Die beiden Kinder aus Arthurs erster Ehe, Selma und Hermann (Zwi), sind 1935 bzw. 1937 nach Palä¬stina ausgewandert und haben deshalb den Holocaust überlebt.

Seine Enkel Avital Siv, die in Israel lebt, Yael Schulamit Yadon, die heute in Australien lebt, und Maya Mosler, die heute in Deutschland lebt, haben sich 2012 in Berlin getroffen und den Wunsch verspürt, ihrem Großvater und seiner Familie, die nicht nach Palästina auswandern konnten, zum Gedenken Stolpersteine setzen zu lassen.