Gertrud Müller geb. Blumenthal

Verlegeort
Martinstr. 3
Bezirk/Ortsteil
Steglitz
Verlegedatum
29. Oktober 2020
Geboren
30. September 1892 in Bromberg / Bydgoszcz
Deportation
am 15. November 1943 nach Theresienstadt
Später deportiert
am 15. Mai 1944 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Gertrud Blumenthal, kam am 30. September 1892 in Bromberg (heute Bydgoszcz, Polen) auf die Welt. Ihre Eltern waren Meta Blumenthal, geborene Salinger und Simon Blumenthal. <br />
Gertrud war die Älteste von fünf Töchtern des Ehepaares. Ihre vier Schwestern waren: <br />
• Edith, geboren am 2. Mai 1894,<br />
• Lucie, geboren am 11. September 1896,<br />
• Käthe, geboren am 29. März 1900<br />
• Margot, geboren am 13. April 1904.<br />
Gertrud war in Berlin als Sekretärin in einer Anwaltskanzlei berufstätig. Von 1913 bis 1939 zahlte sie Beiträge in die Rentenversicherung. <br />
Sie heiratete Gustav Adolf Müller, geboren am 7. Juni 1886, der Kaufmann für Bürobedarf und nicht jüdischer Abstammung war.<br />
Für ihn war es die zweite Ehe; aus erster Ehe stammten seine Kinder Martin und Inge.<br />
Das Ehepaar Gertrud und Adolf Müller lebte in Steglitz in der Martinstr. 3. Aus dem Berliner Adressbuch geht hervor, dass Adolf Müller langjährig dort lebte: Bis 1927 als Mieter, ab 1928 als Eigentümer des Hauses Martinstr. 3. <br />
Als Adolf Müller am 15. März 1942 verstarb, erbten die Ehefrau Gertrud Müller und seine beiden Kinder Martin und Inge, wobei Inge ihren Hausanteil an den Bruder abtrat.<br />
Mit dem Tod ihres "arischen" Ehemannes im Frühjahr 1942 verlor jedoch die 50-jährige Gertrud den Schutz der sogenannten Mischehe. <br />
1939 war ihr eine persönliche "Juden-Kennkarte" vom Polizeipräsidenten Berlin ausgestellt worden. Infolge dessen drohten ihr nun die Judenvermögensabgabe sowie weitere Diskriminierungen. <br />
Ob unter Druck gesetzt oder freiwillig - Gertrud Müller verkaufte wenige Wochen nach dem Tod ihres Gatten Adolf Müller am 23. Juli 1942 ihren Hausanteil an den Sohn ihres Ehemannes aus erster Ehe, Martin Müller-Wirth, für 8.000 Reichsmark. Dieser zahlte die Summe auf ein Sperrkonto des Bankhauses Scheurmann. <br />
Wenige Monate nach dem Verkauf ihres Anteils am Haus musste Gertrud Müller im Mai 1943 ihre Wohnung in der Martinstr. räumen. Aus der vormals ehelichen Wohnung konnte oder durfte sie nichts mitnehmen.<br />
Für vier Monate lebte sie dann in Berlin Prenzlauer Berg, Jostystr. 10, Vorderhaus , 2. Stock links zur Untermiete bei Neumann in einem möblierten Zimmer. Die Straße verlief zwischen Neuer Königstraße und Prenzlauer Straße (Prenzlauer Tor) auf der Trasse der heutigen Mollstraße. 1969 verschwand die Straße aufgrund des Neubau-Programms der DDR im Zentrum von Ost-Berlin.<br />
<br />
Am 1. September 1943 befand sich Gertrud Müller bereits in der Sammelstelle der Großen Hamburger Straße. Dort wurde ihr die Zustellungsurkunde über die Einziehung ihres Vermögens "persönlich zugestellt". <br />
Am 29. Oktober 1943 füllte Gertrud Müller die mehrseitige Vermögenserklärung aus, damit stand die Deportation kurz bevor. In der Vermögenserklärung gab sie an, für <br />
"1 möbliertes Zimmer zu monatl. 150 RM incl. Pension bis 31.12.1943 bezahlt" zu haben, eigenes Wohnungsinventar sei nicht vorhanden, sowie, dass sie ein Vermögen bei Bankhaus Scheurmann in Höhe von 3.000 RM aus dem Verkauf der Martinstr. 3 habe.<br />
Am 15. November 1943 wurde Gertrud Müller vom Anhalter Bahnhof mit 44 Menschen in das Ghetto Theresienstadt deportiert.<br />
Am 15. Mai 1944 wurde Gertrud Müller von Theresienstadt nach Auschwitz "überstellt", wie es in der Bescheinigung vom Internationalen Rotes Kreuz ausgedrückt ist.<br />
Nach Gottwaldt/Schulle befanden sich in diesem Transport von Theresienstadt nach Auschwitz 707 männliche und 1736 weibliche Deportierte. Am 16. und am 18. Mai 1944 wurden weitere jeweils rund 2.500 Menschen aus Theresienstadt nach Auschwitz gebracht. Aus diesen drei Transporten mit insgesamt etwa 7.500 Menschen wurden Anfang Juli 3.000 bis 3.500 als Zwangsarbeiter in weitere Lager verteilt, während die übrigen 4.000 bis 4.500 am 11. und 12. Juli 1944 in den Gaskammern von Birkenau ermordet wurden. <br />
Gertrud Müller wurde zum 8.Mai 1945 für tot erklärt. Tatsächlich wurde sie sofort nach ihrer Ankunft ermordet.<br />
Gertruds Mutter Meta Blumenthal wurde am 25. Juli 1869 in Neustettin / Pommern geboren. Ihr letzter bekannter Wohnsitz war Kaiserdamm 23. Auch die beiden unverheirateten Töchter Käthe und Margot - die Schwestern von Gertrud - wohnten zum Zeitpunkt der Volkszählung 1939 mit ihrer Mutter Meta in einem Haushalt. <br />
Am 3. Oktober 1942 wurde Meta Blumenthal mit dem 3. großen Alterstransport (Transport I/71, Zug Da 523) ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Mit ihr fuhren 1020 weitere Menschen. Als "offizielles" Todesdatum von Meta Blumenthal wurde der 20. März 1945 vermerkt.<br />
Käthe und Margot mussten nach der Deportation ihrer Mutter die Wohnung am Kaiserdamm 23 verlassen. Als letzte Adresse von Käthe und Margot Blumenthal ist Kaiserdamm 103/104 vermerkt.<br />
Am 3.Februar 1943 wurden Käthe und Margot Blumenthal mit dem 28.Osttransport (insgesamt 952 Menschen) nach Auschwitz deportiert und ermordet.<br />
Gertrud Müllers Schwestern Edith und Lucie überlebten: Lucie, verheiratete Steinfeld, in Paris, Edith war in Stolp mit dem nicht-jüdischen Arzt Carl Adolf Arthur Nasilowsi (geboren 1891) verheiratet und daher durch "Mischehe" vor Deportation geschützt.<br />
1951 stellten Edith und Lucie Anträge auf Rückerstattung der Judenvermögensabgaben sowie des Verkaufspreises für die Martinstr. 3. Dieser war auf ein Treuhandkonto beim Bankhaus Scheurmann überwiesen und durch das Deutsche Reich eingezogen worden. <br />
Über die Höhe des vom Deutschen Reich eingezogenen Betrages wurde jahrelang gestritten; erst im Oktober 1964 wurde das Verfahren gerichtlich entschieden. Da war Edith Nasilowski, geborene Blumenthal, bereits zwei Jahre verstorben. Die Schwester Lucie Steinfeld führte bis in die 1970ger Jahre die Verfahren weiter.<br />

Gertrud Blumenthal, kam am 30. September 1892 in Bromberg (heute Bydgoszcz, Polen) auf die Welt. Ihre Eltern waren Meta Blumenthal, geborene Salinger und Simon Blumenthal.
Gertrud war die Älteste von fünf Töchtern des Ehepaares. Ihre vier Schwestern waren:
• Edith, geboren am 2. Mai 1894,
• Lucie, geboren am 11. September 1896,
• Käthe, geboren am 29. März 1900
• Margot, geboren am 13. April 1904.
Gertrud war in Berlin als Sekretärin in einer Anwaltskanzlei berufstätig. Von 1913 bis 1939 zahlte sie Beiträge in die Rentenversicherung.
Sie heiratete Gustav Adolf Müller, geboren am 7. Juni 1886, der Kaufmann für Bürobedarf und nicht jüdischer Abstammung war.
Für ihn war es die zweite Ehe; aus erster Ehe stammten seine Kinder Martin und Inge.
Das Ehepaar Gertrud und Adolf Müller lebte in Steglitz in der Martinstr. 3. Aus dem Berliner Adressbuch geht hervor, dass Adolf Müller langjährig dort lebte: Bis 1927 als Mieter, ab 1928 als Eigentümer des Hauses Martinstr. 3.
Als Adolf Müller am 15. März 1942 verstarb, erbten die Ehefrau Gertrud Müller und seine beiden Kinder Martin und Inge, wobei Inge ihren Hausanteil an den Bruder abtrat.
Mit dem Tod ihres "arischen" Ehemannes im Frühjahr 1942 verlor jedoch die 50-jährige Gertrud den Schutz der sogenannten Mischehe.
1939 war ihr eine persönliche "Juden-Kennkarte" vom Polizeipräsidenten Berlin ausgestellt worden. Infolge dessen drohten ihr nun die Judenvermögensabgabe sowie weitere Diskriminierungen.
Ob unter Druck gesetzt oder freiwillig - Gertrud Müller verkaufte wenige Wochen nach dem Tod ihres Gatten Adolf Müller am 23. Juli 1942 ihren Hausanteil an den Sohn ihres Ehemannes aus erster Ehe, Martin Müller-Wirth, für 8.000 Reichsmark. Dieser zahlte die Summe auf ein Sperrkonto des Bankhauses Scheurmann.
Wenige Monate nach dem Verkauf ihres Anteils am Haus musste Gertrud Müller im Mai 1943 ihre Wohnung in der Martinstr. räumen. Aus der vormals ehelichen Wohnung konnte oder durfte sie nichts mitnehmen.
Für vier Monate lebte sie dann in Berlin Prenzlauer Berg, Jostystr. 10, Vorderhaus , 2. Stock links zur Untermiete bei Neumann in einem möblierten Zimmer. Die Straße verlief zwischen Neuer Königstraße und Prenzlauer Straße (Prenzlauer Tor) auf der Trasse der heutigen Mollstraße. 1969 verschwand die Straße aufgrund des Neubau-Programms der DDR im Zentrum von Ost-Berlin.

Am 1. September 1943 befand sich Gertrud Müller bereits in der Sammelstelle der Großen Hamburger Straße. Dort wurde ihr die Zustellungsurkunde über die Einziehung ihres Vermögens "persönlich zugestellt".
Am 29. Oktober 1943 füllte Gertrud Müller die mehrseitige Vermögenserklärung aus, damit stand die Deportation kurz bevor. In der Vermögenserklärung gab sie an, für
"1 möbliertes Zimmer zu monatl. 150 RM incl. Pension bis 31.12.1943 bezahlt" zu haben, eigenes Wohnungsinventar sei nicht vorhanden, sowie, dass sie ein Vermögen bei Bankhaus Scheurmann in Höhe von 3.000 RM aus dem Verkauf der Martinstr. 3 habe.
Am 15. November 1943 wurde Gertrud Müller vom Anhalter Bahnhof mit 44 Menschen in das Ghetto Theresienstadt deportiert.
Am 15. Mai 1944 wurde Gertrud Müller von Theresienstadt nach Auschwitz "überstellt", wie es in der Bescheinigung vom Internationalen Rotes Kreuz ausgedrückt ist.
Nach Gottwaldt/Schulle befanden sich in diesem Transport von Theresienstadt nach Auschwitz 707 männliche und 1736 weibliche Deportierte. Am 16. und am 18. Mai 1944 wurden weitere jeweils rund 2.500 Menschen aus Theresienstadt nach Auschwitz gebracht. Aus diesen drei Transporten mit insgesamt etwa 7.500 Menschen wurden Anfang Juli 3.000 bis 3.500 als Zwangsarbeiter in weitere Lager verteilt, während die übrigen 4.000 bis 4.500 am 11. und 12. Juli 1944 in den Gaskammern von Birkenau ermordet wurden.
Gertrud Müller wurde zum 8.Mai 1945 für tot erklärt. Tatsächlich wurde sie sofort nach ihrer Ankunft ermordet.
Gertruds Mutter Meta Blumenthal wurde am 25. Juli 1869 in Neustettin / Pommern geboren. Ihr letzter bekannter Wohnsitz war Kaiserdamm 23. Auch die beiden unverheirateten Töchter Käthe und Margot - die Schwestern von Gertrud - wohnten zum Zeitpunkt der Volkszählung 1939 mit ihrer Mutter Meta in einem Haushalt.
Am 3. Oktober 1942 wurde Meta Blumenthal mit dem 3. großen Alterstransport (Transport I/71, Zug Da 523) ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Mit ihr fuhren 1020 weitere Menschen. Als "offizielles" Todesdatum von Meta Blumenthal wurde der 20. März 1945 vermerkt.
Käthe und Margot mussten nach der Deportation ihrer Mutter die Wohnung am Kaiserdamm 23 verlassen. Als letzte Adresse von Käthe und Margot Blumenthal ist Kaiserdamm 103/104 vermerkt.
Am 3.Februar 1943 wurden Käthe und Margot Blumenthal mit dem 28.Osttransport (insgesamt 952 Menschen) nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Gertrud Müllers Schwestern Edith und Lucie überlebten: Lucie, verheiratete Steinfeld, in Paris, Edith war in Stolp mit dem nicht-jüdischen Arzt Carl Adolf Arthur Nasilowsi (geboren 1891) verheiratet und daher durch "Mischehe" vor Deportation geschützt.
1951 stellten Edith und Lucie Anträge auf Rückerstattung der Judenvermögensabgaben sowie des Verkaufspreises für die Martinstr. 3. Dieser war auf ein Treuhandkonto beim Bankhaus Scheurmann überwiesen und durch das Deutsche Reich eingezogen worden.
Über die Höhe des vom Deutschen Reich eingezogenen Betrages wurde jahrelang gestritten; erst im Oktober 1964 wurde das Verfahren gerichtlich entschieden. Da war Edith Nasilowski, geborene Blumenthal, bereits zwei Jahre verstorben. Die Schwester Lucie Steinfeld führte bis in die 1970ger Jahre die Verfahren weiter.