Margarete Meyer geb. Fabian

Verlegeort
Yorckstraße 60
Bezirk/Ortsteil
Kreuzberg
Verlegedatum
22. März 2014
Geboren
27. Dezember 1881 in Neustettin (Pommern) / Szczecinek
Deportation
am 28. März 1942 nach Piaski
Ermordet

Margarete Meyer wurde am 27. Dezember 1881 in Neustettin in Pommern (heute: Szczecinek / Polen) als Margarete Fabian geboren. Sie war mit dem am 27. Januar 1872 im westpreußischen Neuenburg (heute: Nowe / Polen) geborenen Nathan Meyer verheiratet. Ihr Mann starb 1922 und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee beerdigt. Zu diesem Zeitpunkt war der 1915 geborene Sohn Heinz erst sieben Jahre alt. Dieser wurde 1943 zunächst in das KZ Auschwitz und später nach Buchenwald deportiert. Er überlebte und wohnte nach dem Krieg in Hamburg und seit 1947 in Stockholm.<br />
<br />
Margarete Meyer war bis 1938 Inhaberin von zwei Geschäften mit Seifenartikeln in der Großbeerenstraße 11 und in der Reichenberger Straße 25. Außerdem war sie als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes Mitinhaberin der Firma Heymann und Meyer (Fabrikation und Großhandel von Holzwaren, Kleiderbügel etc.) in der Brandenburgstraße 29 (heute: Lobeckstraße).<br />
<br />
Am 3. Dezember 1938 trat die „Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens“ in Kraft. Auf dieser Grundlage wurden 1938 und 1939 alle drei Betriebe enteignet. Zusätzlich musste Margarete Meyer eine Vermögensabgabe in Höhe von 25 000 Reichsmark leisten. 1941 wurde die nun 60 Jahre alte Margarete Meyer zum „Reichsarbeitsdienst“ verpflichtet.<br />
<br />
Bis etwa 1939 bewohnte sie eine 5-Zimmer-Wohnung in der Ritterstraße 62, aus der sie wahrscheinlich im Rahmen der 1938 beginnenden Wohnungsräumungs- und Enteignungsmaßnahmen auf Veranlassung des Generalinspekteurs für die Hauptstadt, Albert Speer, exmittiert wurde.<br />
<br />
Sie fand zunächst Unterkunft in der Wohnung Ceciliengärten 1b in Berlin-Schöneberg, die ihrer Schwägerin Frida Simon-Fabian gehörte.<br />
<br />
Wann Margarete Meyer in ein möbliertes Zimmer bei Selma Latz in der Yorckstraße 60 zog, ist nicht bekannt. Vermutlich geschah dies durch Vermittlung des ebenfalls dort lebenden Ehepaares Georg und Helene Rosenstock. Georg Rosenstock war ein Onkel von Margarete Meyers Schwiegertochter.<br />
<br />
Am 28. März 1942 wurde Margarete Meyer in das Ghetto Piaski unweit von Lublin deportiert. Piaski hatte keinen eigenen Bahnhof. Die Züge hielten in Trawniki, die Menschen mussten von dort 12 km zu Fuß nach Piaski laufen. In Piaski gab es seit Frühjahr 1940 ein geschlossenes Ghetto, in dem außer den etwa 3000 polnischen Juden nun auch Deportierte aus dem „Reich“ leben mussten. Die Ortschaften waren nicht darauf vorbereitet, Tausende von Deportierten aufzunehmen. 10 bis 20 Menschen mussten sich einen Raum teilen. Viele starben schon hier an Unterernährung.<br />
<br />
Das Ghetto diente als „Durchgangsstation“ für die Deportationen in die Vernichtungslager Belzec und Sobibor und ab Anfang 1943 auch in das Zwangsarbeiterlager in Trawniki. Es gibt keinen konkreten Hinweis auf den Ort und den Tag, an dem Margarete Meyer starb.<br />
<br />
Fast sieben Monate nach ihrer Deportation wurde im Oktober 1942 die „Vermögenseinziehung“ eines Grund- und Hausbesitzes in Neuenburg, der aus dem Erbe von Nathan Meyer stammte, amtlich bescheinigt. Damit verbunden war die „Ausbürgerung“ von Margarete Meyer. Das Grundstück war von einem Apotheker aus Neuenburg übernommen worden.<br />
<br />
Tana Ross, die Enkelin von Margarete Meyer und Tochter ihres Sohnes Heinz, wurde am 8. Mai 1940 in Berlin geboren und lebt heute in New York.<br />
<br />
Ihre Mutter wurde 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Tana selbst, die über das Schicksal ihrer Mutter bisher nicht sprechen wollte, wurde am 10. März 1944 mit dem Transport I/109 nach Theresienstadt deportiert. In diesem Transport befanden sich 56 Menschen, darunter einige Kinder. Sammelpunkt für diesen Transport war das Jüdische Krankenhaus in der Iranischen Straße, die Abfahrt erfolgte vom Anhalter Bahnhof.<br />
<br />
Zwei Monate zuvor, am 11. Januar 1944, war Charlotte Ulrika Abelt, geborene Rosenstock, ihre Großmutter mütterlicherseits, ebenfalls nach Theresienstadt deportiert worden. Sie hat ihre Enkelin mit Klugheit und Erfindungsreichtum beschützt und versteckt. Beide wurden aus Theresienstadt befreit, Tana verbrachte ihre weitere Kindheit und Jugend bei Verwandten in Schweden. Es gibt einen sehr eindrucksvollen und berührenden Film mit dem Titel „Silence“ über ihr Schicksal, der im Internet bei YouTube angesehen werden kann.<br />
<br />
Tana Ross war im Frühjahr 2014 in Berlin und hat sich mit Mitgliedern der Stolpersteininitiative getroffen. Es war für alle Beteiligten eine sehr bewegende Erfahrung.

Margarete Meyer wurde am 27. Dezember 1881 in Neustettin in Pommern (heute: Szczecinek / Polen) als Margarete Fabian geboren. Sie war mit dem am 27. Januar 1872 im westpreußischen Neuenburg (heute: Nowe / Polen) geborenen Nathan Meyer verheiratet. Ihr Mann starb 1922 und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee beerdigt. Zu diesem Zeitpunkt war der 1915 geborene Sohn Heinz erst sieben Jahre alt. Dieser wurde 1943 zunächst in das KZ Auschwitz und später nach Buchenwald deportiert. Er überlebte und wohnte nach dem Krieg in Hamburg und seit 1947 in Stockholm.

Margarete Meyer war bis 1938 Inhaberin von zwei Geschäften mit Seifenartikeln in der Großbeerenstraße 11 und in der Reichenberger Straße 25. Außerdem war sie als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes Mitinhaberin der Firma Heymann und Meyer (Fabrikation und Großhandel von Holzwaren, Kleiderbügel etc.) in der Brandenburgstraße 29 (heute: Lobeckstraße).

Am 3. Dezember 1938 trat die „Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens“ in Kraft. Auf dieser Grundlage wurden 1938 und 1939 alle drei Betriebe enteignet. Zusätzlich musste Margarete Meyer eine Vermögensabgabe in Höhe von 25 000 Reichsmark leisten. 1941 wurde die nun 60 Jahre alte Margarete Meyer zum „Reichsarbeitsdienst“ verpflichtet.

Bis etwa 1939 bewohnte sie eine 5-Zimmer-Wohnung in der Ritterstraße 62, aus der sie wahrscheinlich im Rahmen der 1938 beginnenden Wohnungsräumungs- und Enteignungsmaßnahmen auf Veranlassung des Generalinspekteurs für die Hauptstadt, Albert Speer, exmittiert wurde.

Sie fand zunächst Unterkunft in der Wohnung Ceciliengärten 1b in Berlin-Schöneberg, die ihrer Schwägerin Frida Simon-Fabian gehörte.

Wann Margarete Meyer in ein möbliertes Zimmer bei Selma Latz in der Yorckstraße 60 zog, ist nicht bekannt. Vermutlich geschah dies durch Vermittlung des ebenfalls dort lebenden Ehepaares Georg und Helene Rosenstock. Georg Rosenstock war ein Onkel von Margarete Meyers Schwiegertochter.

Am 28. März 1942 wurde Margarete Meyer in das Ghetto Piaski unweit von Lublin deportiert. Piaski hatte keinen eigenen Bahnhof. Die Züge hielten in Trawniki, die Menschen mussten von dort 12 km zu Fuß nach Piaski laufen. In Piaski gab es seit Frühjahr 1940 ein geschlossenes Ghetto, in dem außer den etwa 3000 polnischen Juden nun auch Deportierte aus dem „Reich“ leben mussten. Die Ortschaften waren nicht darauf vorbereitet, Tausende von Deportierten aufzunehmen. 10 bis 20 Menschen mussten sich einen Raum teilen. Viele starben schon hier an Unterernährung.

Das Ghetto diente als „Durchgangsstation“ für die Deportationen in die Vernichtungslager Belzec und Sobibor und ab Anfang 1943 auch in das Zwangsarbeiterlager in Trawniki. Es gibt keinen konkreten Hinweis auf den Ort und den Tag, an dem Margarete Meyer starb.

Fast sieben Monate nach ihrer Deportation wurde im Oktober 1942 die „Vermögenseinziehung“ eines Grund- und Hausbesitzes in Neuenburg, der aus dem Erbe von Nathan Meyer stammte, amtlich bescheinigt. Damit verbunden war die „Ausbürgerung“ von Margarete Meyer. Das Grundstück war von einem Apotheker aus Neuenburg übernommen worden.

Tana Ross, die Enkelin von Margarete Meyer und Tochter ihres Sohnes Heinz, wurde am 8. Mai 1940 in Berlin geboren und lebt heute in New York.

Ihre Mutter wurde 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Tana selbst, die über das Schicksal ihrer Mutter bisher nicht sprechen wollte, wurde am 10. März 1944 mit dem Transport I/109 nach Theresienstadt deportiert. In diesem Transport befanden sich 56 Menschen, darunter einige Kinder. Sammelpunkt für diesen Transport war das Jüdische Krankenhaus in der Iranischen Straße, die Abfahrt erfolgte vom Anhalter Bahnhof.

Zwei Monate zuvor, am 11. Januar 1944, war Charlotte Ulrika Abelt, geborene Rosenstock, ihre Großmutter mütterlicherseits, ebenfalls nach Theresienstadt deportiert worden. Sie hat ihre Enkelin mit Klugheit und Erfindungsreichtum beschützt und versteckt. Beide wurden aus Theresienstadt befreit, Tana verbrachte ihre weitere Kindheit und Jugend bei Verwandten in Schweden. Es gibt einen sehr eindrucksvollen und berührenden Film mit dem Titel „Silence“ über ihr Schicksal, der im Internet bei YouTube angesehen werden kann.

Tana Ross war im Frühjahr 2014 in Berlin und hat sich mit Mitgliedern der Stolpersteininitiative getroffen. Es war für alle Beteiligten eine sehr bewegende Erfahrung.