Hans Rudolf Growald

Verlegeort
Ludwigkirchstr. 11
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
21. September 2013
Geboren
13. April 1902 in Berlin
Deportation
am 18. Oktober 1941 nach Łódź / Litzmannstadt
Später deportiert
am 13. Mai 1942 nach Chełmno / Kulmhof
Ermordet
13. Mai 1942 in Chełmno / Kulmhof

Das Haus steht noch, solide bürgerlich wie etliche Häuser in dieser Gegend, große Balkons zur Straßenfront, heller Innenhof, Gartenhaus: Ludwigkirchstraße 11, zwischen Fasanenplatz und Uhlandstraße.<br />
<br />
Hier wohnte von 1934 bis 1941 das Ehepaar Hans Rudolf Growald, geboren am 13. April 1902 in Berlin und Edith Growald, geb. Baumgarten, geboren am 29. Dezember 1904, auch in Berlin.<br />
<br />
Hans Rudolf Growald war Graphiker, er arbeitete als Reklamezeichner und Karikaturist unter dem Künstlernamen Rudo; Edith Growald war als Modezeichnerin tätig. Sie hatten einen Sohn, Ernst, der 1926 geboren wurde.<br />
<br />
Vor dem Haus in der Ludwigkirchstraße sind zwei Stolpersteine im Andenken an Hans Rudolf und Edith Growald in das Pflaster des Bürgersteigs eingelassen. Am 18. Oktober 1941 wurde das Ehepaar in das Ghetto Litzmannstadt (heute Lόdź) und von dort am 13. Mai 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof (heute Chelmno) deportiert.<br />
<br />
Wenn wir heute mehr als die Daten der Geburt und des furchtbaren Todes dieser beiden Menschen wissen, so verdanken wir das dem Sohn Ernst Growald. Er schrieb einen Antwortbrief an “Berlin aktuell”, eine Publikation des Berliner Senats, die halbjährlich erscheint und seit etwa 40 Jahren an ehemalige Berliner Bürger verschickt wird, die während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland aus Berlin vertrieben wurden.<br />
<br />
In diesem Brief von 2007 bezieht sich Ernst Growald auf eine vorhergehende Veröffentlichung, die von Wannsee handelte. Er schreibt:<br />
<br />
„Von wegen Wannsee wäre es auch berechtigt zu erwähnen, dass es dort eine jüdische Schule für Taubstumme gab, die als eine der besten der Welt anerkannt war. Einer der Schüler war auch mein Vater, der Zeichner Hans Rudolf Growald. Meine Eltern, so wie auch die meisten anderen jüdischen Taubstummen, viele aus derselben Schule und in unserem Freundeskreis, konnten die drohende Gefahr, in der sie sich befanden, sehr gut erkennen. Der Beweis ist, dass mich meine Eltern per Kindertransport nach England schickten und mir dadurch das Leben gerettet haben. Aber sie erlitten ein doppeltes Unglück, einerseits die Verfolgung der Nazis, anderseits die enttäuschenden Ablehnungen sämtlicher Länder, einem Taubstummen ein Einreisevisum zu genehmigen! Meine sehr gut hörende Mutter, Edith Growald, geb. Baumgarten, hätte möglicherweise auswandern können, jedoch zog sie es vor, in treuer Liebe, an der Seite von ihrem Mann zu bleiben, bis beide zusammen ihrem grausamen Tod in Lodz begegneten.<br />
Hier muss ich erwähnen, dass die Eltern meiner Frau, Robert und Maria Kohn, geb. Glaser aus Wien, ihre Tochter Lily, mit der ich schon seit über 60 Jahren glücklich verheiratet bin, ebenfalls per Kindertransport nach England geschickt haben und denselben grausamen Tod wie meine Eltern erlitten haben, in ihrem Fall in Minsk. So sind unsere drei Kinder die Enkel von vier ermordeten Großeltern! Es ist sehr zu befürchten, dass der größte Teil der Eltern, dessen Kinder per Kindertransport gerettet wurden, sich nie wieder mit ihren Kindern getroffen hat, weil die meisten Eltern ebenso umgebracht wurden.<br />
Ich wünsche den heutigen Deutschen nichts schlechtes, nur – weder darf, noch kann dieser schreckliche Schandfleck in der Deutschen Geschichte jemals ausgewischt werden!<br />
<br />
Die Israelitische Taubstummenanstalt hatte ihren Sitz allerdings nicht in Berlin-Wannsee, sondern in Berlin – Weißensee – nach Jahrzehnten fern von Berlin kann es zu solch einer Verwechslung der Stadtteile natürlich kommen.<br />
<br />
Hans Rudolf Growald schrieb und zeichnete in den 20er und 30er Jahren für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, auch für Veröffentlichungen der Jüdischen Gemeinde in Berlin; besonders kunstvoll und teilweise bis heute erhalten sind seine zeichnerischen Ausgestaltungen der Bücher seines Vaters, Ernst Growald.<br />
<br />
Der Großvater wurde 1867 im heutigen Polen geboren und lebte seit 1896 in Berlin. Bereits um die Jahrhundertwende wurde er zum Initiator einer neuartigen Reklamekunst. Bis heute gelten seine Sachbücher zu Qualität und Werbewirkung von Plakaten bei Kennern und Experten dieses Fachs als richtungweisend, noch immer ist einer seiner Leitsätze aus dem Jahr 1910: “Erzähle auf den Plakaten keinen Roman, denn niemand will sich auf der Straße kalte Füße holen.” Motto für Plakatausstellungen.<br />
<br />
Enkel Ernst Growald in Sao Paulo kann sich an den Großvater noch erinnern. Heute ist er selbst Großvater. Er konnte überleben und die Familie Growald weiterführen. Sohn André ist Psychoanalytiker und Jazzmusiker, Sohn Robert Ingenieur, beide leben in Brasilien, Tochter Debora ist Konzertpianistin und lebt in Paris. Und in drei Enkelkindern lebt der Name Growald weiter.<br />

Das Haus steht noch, solide bürgerlich wie etliche Häuser in dieser Gegend, große Balkons zur Straßenfront, heller Innenhof, Gartenhaus: Ludwigkirchstraße 11, zwischen Fasanenplatz und Uhlandstraße.

Hier wohnte von 1934 bis 1941 das Ehepaar Hans Rudolf Growald, geboren am 13. April 1902 in Berlin und Edith Growald, geb. Baumgarten, geboren am 29. Dezember 1904, auch in Berlin.

Hans Rudolf Growald war Graphiker, er arbeitete als Reklamezeichner und Karikaturist unter dem Künstlernamen Rudo; Edith Growald war als Modezeichnerin tätig. Sie hatten einen Sohn, Ernst, der 1926 geboren wurde.

Vor dem Haus in der Ludwigkirchstraße sind zwei Stolpersteine im Andenken an Hans Rudolf und Edith Growald in das Pflaster des Bürgersteigs eingelassen. Am 18. Oktober 1941 wurde das Ehepaar in das Ghetto Litzmannstadt (heute Lόdź) und von dort am 13. Mai 1942 in das Vernichtungslager Kulmhof (heute Chelmno) deportiert.

Wenn wir heute mehr als die Daten der Geburt und des furchtbaren Todes dieser beiden Menschen wissen, so verdanken wir das dem Sohn Ernst Growald. Er schrieb einen Antwortbrief an “Berlin aktuell”, eine Publikation des Berliner Senats, die halbjährlich erscheint und seit etwa 40 Jahren an ehemalige Berliner Bürger verschickt wird, die während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland aus Berlin vertrieben wurden.

In diesem Brief von 2007 bezieht sich Ernst Growald auf eine vorhergehende Veröffentlichung, die von Wannsee handelte. Er schreibt:

„Von wegen Wannsee wäre es auch berechtigt zu erwähnen, dass es dort eine jüdische Schule für Taubstumme gab, die als eine der besten der Welt anerkannt war. Einer der Schüler war auch mein Vater, der Zeichner Hans Rudolf Growald. Meine Eltern, so wie auch die meisten anderen jüdischen Taubstummen, viele aus derselben Schule und in unserem Freundeskreis, konnten die drohende Gefahr, in der sie sich befanden, sehr gut erkennen. Der Beweis ist, dass mich meine Eltern per Kindertransport nach England schickten und mir dadurch das Leben gerettet haben. Aber sie erlitten ein doppeltes Unglück, einerseits die Verfolgung der Nazis, anderseits die enttäuschenden Ablehnungen sämtlicher Länder, einem Taubstummen ein Einreisevisum zu genehmigen! Meine sehr gut hörende Mutter, Edith Growald, geb. Baumgarten, hätte möglicherweise auswandern können, jedoch zog sie es vor, in treuer Liebe, an der Seite von ihrem Mann zu bleiben, bis beide zusammen ihrem grausamen Tod in Lodz begegneten.
Hier muss ich erwähnen, dass die Eltern meiner Frau, Robert und Maria Kohn, geb. Glaser aus Wien, ihre Tochter Lily, mit der ich schon seit über 60 Jahren glücklich verheiratet bin, ebenfalls per Kindertransport nach England geschickt haben und denselben grausamen Tod wie meine Eltern erlitten haben, in ihrem Fall in Minsk. So sind unsere drei Kinder die Enkel von vier ermordeten Großeltern! Es ist sehr zu befürchten, dass der größte Teil der Eltern, dessen Kinder per Kindertransport gerettet wurden, sich nie wieder mit ihren Kindern getroffen hat, weil die meisten Eltern ebenso umgebracht wurden.
Ich wünsche den heutigen Deutschen nichts schlechtes, nur – weder darf, noch kann dieser schreckliche Schandfleck in der Deutschen Geschichte jemals ausgewischt werden!

Die Israelitische Taubstummenanstalt hatte ihren Sitz allerdings nicht in Berlin-Wannsee, sondern in Berlin – Weißensee – nach Jahrzehnten fern von Berlin kann es zu solch einer Verwechslung der Stadtteile natürlich kommen.

Hans Rudolf Growald schrieb und zeichnete in den 20er und 30er Jahren für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, auch für Veröffentlichungen der Jüdischen Gemeinde in Berlin; besonders kunstvoll und teilweise bis heute erhalten sind seine zeichnerischen Ausgestaltungen der Bücher seines Vaters, Ernst Growald.

Der Großvater wurde 1867 im heutigen Polen geboren und lebte seit 1896 in Berlin. Bereits um die Jahrhundertwende wurde er zum Initiator einer neuartigen Reklamekunst. Bis heute gelten seine Sachbücher zu Qualität und Werbewirkung von Plakaten bei Kennern und Experten dieses Fachs als richtungweisend, noch immer ist einer seiner Leitsätze aus dem Jahr 1910: “Erzähle auf den Plakaten keinen Roman, denn niemand will sich auf der Straße kalte Füße holen.” Motto für Plakatausstellungen.

Enkel Ernst Growald in Sao Paulo kann sich an den Großvater noch erinnern. Heute ist er selbst Großvater. Er konnte überleben und die Familie Growald weiterführen. Sohn André ist Psychoanalytiker und Jazzmusiker, Sohn Robert Ingenieur, beide leben in Brasilien, Tochter Debora ist Konzertpianistin und lebt in Paris. Und in drei Enkelkindern lebt der Name Growald weiter.