Berl Goldberg

Verlegeort
Barbarossastr. 22
Bezirk/Ortsteil
Schöneberg
Verlegedatum
25. August 2014
Geboren
11. Oktober 1875 in Złoty Potok (Galizien)
Beruf
Kaufmann
Flucht in den Tod
29. Dezember 1938

Berl Goldberg kam am 11. Oktober 1875 in Zloty Potok/Galizien zur Welt. Über seine Kindheit und Jugend ist uns nichts Näheres bekannt. Er erlernte den Beruf eines Kaufmanns und heiratete zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts Malke Rosenthal, die am 24. Juni 1877 in Lemberg/Galizien geboren worden war. 1903 kam in Zloty Potok die Tochter Sabine zur Welt, am 13. Januar 1906 folgte der Sohn Jacob. Anfang des Ersten Weltkriegs verließ die Familie Goldberg Galizien, vermutlich, weil russische Truppen bereits kurz nach Kriegsbeginn das zu Österreich-Ungarn gehörende Gebiet besetzte. Außerdem hatten sich schon Ende des 19. Jahrhunderts die wirtschaftlichen Boykottaufrufen gegen Juden vermehrt gehäuft. Die Familie Goldberg zog mit ihren Kindern und den Eltern von Malke nach Wien. Hier gingen die Kinder der Goldbergs zur Schule. Im Jahre 1924 zog der Sohn Jacob zum Studium alleine nach Berlin. In Berlin besuchte er die Handelshochschule und übernahm bereits im Jahre 1926 als Zwanzigjähriger die Verwaltung der Grundstücke und Häuser der Familie sowie von fremden Haus- und Grundstückseigentümern. Die Familie Goldberg besaß mindestens 18 Mietshäuser in mehreren Bezirken Berlins. Die Mieteinnahmen betrugen monatlich ca. 31.000,-- RM. Die Verwaltungsbüros befanden sich ab 1933 am Kurfürstendamm 224 und ab dem 1. Januar 1935 in der Neuen Bayreuther Straße 2 (heute: Welserstraße). Die Familie lebte in wirtschaftlich ausgesprochen wohlhabenden Verhältnissen. 1937 betrug das zu versteuernde Einkommen aus Privatbesitz von Jacob Goldberg allein 32.878,-- RM. Wir wissen nicht, ob Berl Goldberg seinem jungen Sohn von Anfang an die Verwaltung dieses Besitzes überlassen hatte oder selbst noch mitarbeitete. Es ist aber zu vermuten, dass er seinem Sohn von Beginn an die Verwaltung anvertraute, denn er und seine Frau zogen vermutlich erst 1936 von Wien nach Berlin. In Berlin wohnten sie nicht etwa in einem ihrer vielen Mietshäuser, sondern zur Miete in der Barbarossastraße 22. Im Jahre 1938 erschienen zwei Gestapo-Beamte bei Jacob Goldberg, beschlagnahmten die Verwaltungsakten und erklärten, dass man Jacob Goldberg die Verwaltung der Häuser entziehen müsse und diese ab sofort von "Ariern" übernommen würde. Außerdem wurden die eigenen Häuser teilweise zwangsenteignet. Als polnische Staatsbürger drohte den Goldbergs des Weiteren die Abschiebung nach Polen. <br />
Dem zunehmenden Druck hielt Malke Goldberg nicht mehr stand. Es ist anzunehmen, dass vor allem der Verlust ihres gesamten Eigentums sie zu dem Entschluss führte, ihrem Leben selbst ein Ende zu setzen. Am 11. August 1938 beging sie Selbstmord, indem sie sich in der Barbarossastraße 22 eine Treppe hinabstürzte. Sie wurde am 12. August 1938 auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee im Feld L, Abt. IV, Reihe 14, Grab Nr. 98806 beigesetzt. Die Tochter Sabine hatte die Beerdigung ausgerichtet. Nach dem Tod seiner Frau und wegen der bedrohlichen Lage wollte Berl Goldberg auch nicht mehr weiterleben. In einem Schreiben an das Entschädigungsamt schrieb der Sohn Jacob später: "Die Beschlagnahme der Verwaltung am 11. Nov. 1938 hat dazu beigetragen, daß mein Vater einen Monat später den freiwilligen Tod gewählt hat." Nur etwas über vier Monate nach dem Tod von Malke Goldberg öffnete Berl einen Gashahn und ging auf diese Weise freiwillig in den Tod. Sein Sohn Jacob kümmerte sich um die Beerdigung. Berl Goldberg fand am 2. Januar 1939 seine letzte Ruhestätte auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee im Feld V, Abt. I, Reihe 16, Grab Nr. 99750. <br />
Nach dem Tod seiner Eltern forcierte Jacob Goldberg seine Pläne zur Flucht mit seiner Frau Ella Nagler und seinen beiden Kindern Paula und Herbert. Er besorgte sich ein Durchreisevisum durch Frankreich und emigrierte mit seiner Familie im Februar 1939 nach Paris, wurde aber nach der Invasion der Deutschen im Juni 1940 gezwungen, seine Flucht fortzusetzen. Größtenteils zu Fuß ging es nach Bayonne und von dort mit einem Frachtdampfer nach Marokko. Sie kamen in französisch Marokko in der Nähe von Casablanca in ein Konzentrationslager, wurden aber bald wieder entlassen. Dort wurde ein weiteres Kind geboren, das aber 1943 verstarb. Im Juli 1940 gelang ihnen von Marokko aus die Emigration in die USA. Hier kam ihr viertes Kind, die Tochter Bernice, im September 1942 zur Welt. <br />
Jacob Goldberg stellte zu Beginn der 1950er Jahre mehrere Entschädigungs-anträge für den Verlust mehrerer Häuser und Grundstücke seiner Familie. Am 30. April 1953 gab er eine eidesstattliche Versicherung ab, in der er alle Grundstücke und Mietshäuser aus Familienbesitz und die fremder Hauseigentümer detailliert aufzählt. Er führt auf, dass die monatlichen Mieteinnahmen fremder Mietshäuser mindestens monatlich 25.000,-- RM betrugen und er dafür eine Verwaltergebühr von mindestens 1.250,-- RM erhielt. Die Mieteinnahmen der ihm bzw. seiner Familie gehörigen Häuser betrugen ca. 31.000,-- RM, von denen ihm mindestens 1.550,-- RM an monatlichem Verwalterhonorar zustand. Im Jahre 1937 versteuerte er beim Finanzamt Schöneberg für sein Einkommen aus Familienbesitz 32.878,-- RM. Er kommt schließlich nach Aufzählung aller Posten zu einem erlittenen Schaden in Höhe von 1.032.226,-- RM. Hinzu käme der Verlust seiner Sechszimmer-Wohnung, für deren Inventaranschaffung mindestens 10.000,-- RM aufgewendet worden seien. Außerdem seien als "Judenbuße" 75.750,-- RM gezahlt worden, für die Anfang 1940 bis 1941 mehrere Grundstücke verkauft wurden. Am 6. November 1953 stellte er einen Bedürftigkeitsantrag, weil seine Tochter das College besuchte. Dieser Antrag wurde aber abgelehnt. Am 31. März 1955 gab die Ehefrau von Jacob Goldberg ebenfalls eine eidesstattliche Versicherung über das Vermögen und das Einkommen ihres Ehemannes aus Verwaltertätigkeiten fremder und eigener Grundstücke ab. Sie gibt an, dass er die eigenen Grundstücke, den Grundbesitz seiner Eltern und seiner Schwester sowie einige weitere Häuser noch bis zu ihrer Emigration verwalten konnte. Für die von ihm verwalteten Gebäude fremder Eigentümer habe er als monatliches Verwalterhonorar zwischen 1.200,- und 1.500,-- RM erhalten, das nach der Arisierung weggefallen war. Weitere Anträge auf eine Vorschusszahlung wurden von den Ämtern ignoriert. Es folgt ein weiterer zermürbender Schriftwechsel zwischen dem Entschädigungsamt und dem beauftragten Rechtsanwalt. Am 5. Oktober 1956 beschwerte sich Jacob Goldberg über die Verschleppung des Entschädigungsantrags und die ständigen Vertröstungen. Das Amt reagierte darauf, indem es ihn aufforderte, den Tatbestand der Verschleuderung des Hausrats der Sechszimmer-Wohnung in der Neuen Bayreuther Straße 2 zu belegen. Darüber gaben am 29. November 1956 die Goldbergs nochmals eine eidesstattliche Erklärung ab. Im Einzelnen werden darin die Einrichtungsgegenstände der Privatwohnung und der Verwaltungsbüroräume aufgezählt. Außerdem wurden noch vier eidesstattliche Versicherungen von Personen beigefügt, die die qualitätvolle Ausstattung der Wohnung der Goldbergs bestätigten. Schließlich wurde ihm am 28. Mai 1957 in einem Vergleich eine Entschädigung in Höhe von 5.000,-- DM für die Verschleuderung seiner Wohnungseinrichtung zugesprochen. Wegen der Schadens an Eigentum erhielt er weitere 5.484,02 DM. In einem gerichtlichen Vergleich wurde ihm am 23. Februar 1960 nochmals 10.500,-- DM zum Ausgleich der Auswanderungskosten zugesprochen. Im Dezember 1958 schließlich erhielt er eine Kapitalentschädigung in Höhe von 7.992,-- DM. Die geltend gemachten Ansprüche auf Entschädigung wegen Beschlagnahme und Zwangsverkauf einiger Grundstücke hingegen wurden am 31. März 1960 abgelehnt. <br />
Deshalb machte Jacob Goldberg neben seinen Ansprüchen auf Entschädigung auch seine Ansprüche auf die Rückgabe seiner diversen Grundstücke und Häuser geltend. Dabei ging es insbesondere um die Devisenbewirtschaftung der Grundstücke und die Miet- und Darlehensabrechnungen. Die Häuser wurden nach der "Arisierung" durch die Grundstücksverwalter Johannes Guthjahr und Regierungsrat a.D. Erich Rogge administriert. Am 21. August 1939 hatte Johannes Guthjahr drei dieser Grundstücke verkauft, um angeblich die Steuerrückstände – gemeint ist insbesondere die Judenvermögensabgabe – bezahlen zu können. Angeblich sei Jacob Goldberg nicht in der Lage gewesen, in Paris die notwendigen Unterschriften zu leisten. Darüber hinaus hätte er auch nicht die Mittel besessen, die Kosten für die Beglaubigung in Höhe von 285,-- RM zu übernehmen. Am 1. September 1939 sei des Weiteren eine Hypothek auf ein Grundstück fällig gewesen, die der im Ausland wohnende Eigentümer nicht bezahlt habe. Deshalb erfolgte die Abtretung an einen neuen, inländischen Gläubiger. Am 17. November 1939 verkaufte Johannes Guthjahr ein weiteres Grundstück, wobei eine weitere Hypothek verrechnet wurde. Die Sparerbank für das Vogtland schrieb am 18. November 1939 an die Vermögensverwertungsstelle: "Der frühere Eigentümer Berl Goldberg ist Mitglied unserer Genossenschaft ... gewesen und ist gemäß der bekannten Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem Deutschen Wirtschaftsleben zum 31. Dezember 1938 als Mitglied ausgeschlossen worden." Diverse Anträge, Bescheide, Schreiben zur Klärung von Mietüberschüssen, Zinserträgen usw. folgten. Am 1. Februar 1940 gab Erich Rogge die Verwaltung der von ihm betreuten Grundstücke an Johannes Guthjahr ab. Am 6. April 1940 machte Guthjahr Ansprüche an Jakob Goldberg in Höhe von 22.000,-- RM aus Darlehen und Zinsen geltend, da die vertraglichen Raten angeblich nicht von ihm bezahlt worden seien. Deshalb hatte die Schwester Sabine Schaechter in Wien für ihren Bruder eine Bürgschaft übernommen. Am 1. Juni 1940 wurden zur Abdeckung der Steuerforderungen des Finanzamtes Schöneberg drei weitere Grundstücke verkauft. In einem Schreiben vom 2. Juni 1940 verlangte der Generalbevollmöchtigte Dr. Walter Menzel die Beschlagnahme eines weiteren Grundstückes, "um eine Verschleuderung zu vermeiden und eine pflegliche Behandlung derartigen Eigentums zu gewährleisten." Der Antrag wurde am 19. April 1940 mit der Begründung abgelehnt, auf dem Grundstück würden Hypotheken in Höhe von 39.800,-- RM ruhen. Diese Hypotheken wurden gekündigt, denn eine Umschuldung hätte "eine Kreditgewährung an feindliche Ausländer, die dem Sinne der Verordnung über die Behandlung feindlichen Vermögens [widerspräche], und die Erhaltung des jüdischen Grundbesitzes" bedeutet. Am 21. Februar 1941 wurde ein weiteres Grundstück verkauft. Weitere Grundstücksverkäufe folgten im Verlauf der Jahre 1941 und 1942. Der Verkauf erfolgte an "arische" Besitzer, teilweise gingen die Grundstücke aber auch in das Eigentum des Deutschen Reiches über. Der Rest wurde für die angebliche rückständige Steuerschuld des Jacob Goldberg verwendet. <br />
Jacob Goldberg starb am 15. Februar 1975. <br />
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Berl Goldberg kam am 11. Oktober 1875 in Zloty Potok/Galizien zur Welt. Über seine Kindheit und Jugend ist uns nichts Näheres bekannt. Er erlernte den Beruf eines Kaufmanns und heiratete zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts Malke Rosenthal, die am 24. Juni 1877 in Lemberg/Galizien geboren worden war. 1903 kam in Zloty Potok die Tochter Sabine zur Welt, am 13. Januar 1906 folgte der Sohn Jacob. Anfang des Ersten Weltkriegs verließ die Familie Goldberg Galizien, vermutlich, weil russische Truppen bereits kurz nach Kriegsbeginn das zu Österreich-Ungarn gehörende Gebiet besetzte. Außerdem hatten sich schon Ende des 19. Jahrhunderts die wirtschaftlichen Boykottaufrufen gegen Juden vermehrt gehäuft. Die Familie Goldberg zog mit ihren Kindern und den Eltern von Malke nach Wien. Hier gingen die Kinder der Goldbergs zur Schule. Im Jahre 1924 zog der Sohn Jacob zum Studium alleine nach Berlin. In Berlin besuchte er die Handelshochschule und übernahm bereits im Jahre 1926 als Zwanzigjähriger die Verwaltung der Grundstücke und Häuser der Familie sowie von fremden Haus- und Grundstückseigentümern. Die Familie Goldberg besaß mindestens 18 Mietshäuser in mehreren Bezirken Berlins. Die Mieteinnahmen betrugen monatlich ca. 31.000,-- RM. Die Verwaltungsbüros befanden sich ab 1933 am Kurfürstendamm 224 und ab dem 1. Januar 1935 in der Neuen Bayreuther Straße 2 (heute: Welserstraße). Die Familie lebte in wirtschaftlich ausgesprochen wohlhabenden Verhältnissen. 1937 betrug das zu versteuernde Einkommen aus Privatbesitz von Jacob Goldberg allein 32.878,-- RM. Wir wissen nicht, ob Berl Goldberg seinem jungen Sohn von Anfang an die Verwaltung dieses Besitzes überlassen hatte oder selbst noch mitarbeitete. Es ist aber zu vermuten, dass er seinem Sohn von Beginn an die Verwaltung anvertraute, denn er und seine Frau zogen vermutlich erst 1936 von Wien nach Berlin. In Berlin wohnten sie nicht etwa in einem ihrer vielen Mietshäuser, sondern zur Miete in der Barbarossastraße 22. Im Jahre 1938 erschienen zwei Gestapo-Beamte bei Jacob Goldberg, beschlagnahmten die Verwaltungsakten und erklärten, dass man Jacob Goldberg die Verwaltung der Häuser entziehen müsse und diese ab sofort von "Ariern" übernommen würde. Außerdem wurden die eigenen Häuser teilweise zwangsenteignet. Als polnische Staatsbürger drohte den Goldbergs des Weiteren die Abschiebung nach Polen.
Dem zunehmenden Druck hielt Malke Goldberg nicht mehr stand. Es ist anzunehmen, dass vor allem der Verlust ihres gesamten Eigentums sie zu dem Entschluss führte, ihrem Leben selbst ein Ende zu setzen. Am 11. August 1938 beging sie Selbstmord, indem sie sich in der Barbarossastraße 22 eine Treppe hinabstürzte. Sie wurde am 12. August 1938 auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee im Feld L, Abt. IV, Reihe 14, Grab Nr. 98806 beigesetzt. Die Tochter Sabine hatte die Beerdigung ausgerichtet. Nach dem Tod seiner Frau und wegen der bedrohlichen Lage wollte Berl Goldberg auch nicht mehr weiterleben. In einem Schreiben an das Entschädigungsamt schrieb der Sohn Jacob später: "Die Beschlagnahme der Verwaltung am 11. Nov. 1938 hat dazu beigetragen, daß mein Vater einen Monat später den freiwilligen Tod gewählt hat." Nur etwas über vier Monate nach dem Tod von Malke Goldberg öffnete Berl einen Gashahn und ging auf diese Weise freiwillig in den Tod. Sein Sohn Jacob kümmerte sich um die Beerdigung. Berl Goldberg fand am 2. Januar 1939 seine letzte Ruhestätte auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee im Feld V, Abt. I, Reihe 16, Grab Nr. 99750.
Nach dem Tod seiner Eltern forcierte Jacob Goldberg seine Pläne zur Flucht mit seiner Frau Ella Nagler und seinen beiden Kindern Paula und Herbert. Er besorgte sich ein Durchreisevisum durch Frankreich und emigrierte mit seiner Familie im Februar 1939 nach Paris, wurde aber nach der Invasion der Deutschen im Juni 1940 gezwungen, seine Flucht fortzusetzen. Größtenteils zu Fuß ging es nach Bayonne und von dort mit einem Frachtdampfer nach Marokko. Sie kamen in französisch Marokko in der Nähe von Casablanca in ein Konzentrationslager, wurden aber bald wieder entlassen. Dort wurde ein weiteres Kind geboren, das aber 1943 verstarb. Im Juli 1940 gelang ihnen von Marokko aus die Emigration in die USA. Hier kam ihr viertes Kind, die Tochter Bernice, im September 1942 zur Welt.
Jacob Goldberg stellte zu Beginn der 1950er Jahre mehrere Entschädigungs-anträge für den Verlust mehrerer Häuser und Grundstücke seiner Familie. Am 30. April 1953 gab er eine eidesstattliche Versicherung ab, in der er alle Grundstücke und Mietshäuser aus Familienbesitz und die fremder Hauseigentümer detailliert aufzählt. Er führt auf, dass die monatlichen Mieteinnahmen fremder Mietshäuser mindestens monatlich 25.000,-- RM betrugen und er dafür eine Verwaltergebühr von mindestens 1.250,-- RM erhielt. Die Mieteinnahmen der ihm bzw. seiner Familie gehörigen Häuser betrugen ca. 31.000,-- RM, von denen ihm mindestens 1.550,-- RM an monatlichem Verwalterhonorar zustand. Im Jahre 1937 versteuerte er beim Finanzamt Schöneberg für sein Einkommen aus Familienbesitz 32.878,-- RM. Er kommt schließlich nach Aufzählung aller Posten zu einem erlittenen Schaden in Höhe von 1.032.226,-- RM. Hinzu käme der Verlust seiner Sechszimmer-Wohnung, für deren Inventaranschaffung mindestens 10.000,-- RM aufgewendet worden seien. Außerdem seien als "Judenbuße" 75.750,-- RM gezahlt worden, für die Anfang 1940 bis 1941 mehrere Grundstücke verkauft wurden. Am 6. November 1953 stellte er einen Bedürftigkeitsantrag, weil seine Tochter das College besuchte. Dieser Antrag wurde aber abgelehnt. Am 31. März 1955 gab die Ehefrau von Jacob Goldberg ebenfalls eine eidesstattliche Versicherung über das Vermögen und das Einkommen ihres Ehemannes aus Verwaltertätigkeiten fremder und eigener Grundstücke ab. Sie gibt an, dass er die eigenen Grundstücke, den Grundbesitz seiner Eltern und seiner Schwester sowie einige weitere Häuser noch bis zu ihrer Emigration verwalten konnte. Für die von ihm verwalteten Gebäude fremder Eigentümer habe er als monatliches Verwalterhonorar zwischen 1.200,- und 1.500,-- RM erhalten, das nach der Arisierung weggefallen war. Weitere Anträge auf eine Vorschusszahlung wurden von den Ämtern ignoriert. Es folgt ein weiterer zermürbender Schriftwechsel zwischen dem Entschädigungsamt und dem beauftragten Rechtsanwalt. Am 5. Oktober 1956 beschwerte sich Jacob Goldberg über die Verschleppung des Entschädigungsantrags und die ständigen Vertröstungen. Das Amt reagierte darauf, indem es ihn aufforderte, den Tatbestand der Verschleuderung des Hausrats der Sechszimmer-Wohnung in der Neuen Bayreuther Straße 2 zu belegen. Darüber gaben am 29. November 1956 die Goldbergs nochmals eine eidesstattliche Erklärung ab. Im Einzelnen werden darin die Einrichtungsgegenstände der Privatwohnung und der Verwaltungsbüroräume aufgezählt. Außerdem wurden noch vier eidesstattliche Versicherungen von Personen beigefügt, die die qualitätvolle Ausstattung der Wohnung der Goldbergs bestätigten. Schließlich wurde ihm am 28. Mai 1957 in einem Vergleich eine Entschädigung in Höhe von 5.000,-- DM für die Verschleuderung seiner Wohnungseinrichtung zugesprochen. Wegen der Schadens an Eigentum erhielt er weitere 5.484,02 DM. In einem gerichtlichen Vergleich wurde ihm am 23. Februar 1960 nochmals 10.500,-- DM zum Ausgleich der Auswanderungskosten zugesprochen. Im Dezember 1958 schließlich erhielt er eine Kapitalentschädigung in Höhe von 7.992,-- DM. Die geltend gemachten Ansprüche auf Entschädigung wegen Beschlagnahme und Zwangsverkauf einiger Grundstücke hingegen wurden am 31. März 1960 abgelehnt.
Deshalb machte Jacob Goldberg neben seinen Ansprüchen auf Entschädigung auch seine Ansprüche auf die Rückgabe seiner diversen Grundstücke und Häuser geltend. Dabei ging es insbesondere um die Devisenbewirtschaftung der Grundstücke und die Miet- und Darlehensabrechnungen. Die Häuser wurden nach der "Arisierung" durch die Grundstücksverwalter Johannes Guthjahr und Regierungsrat a.D. Erich Rogge administriert. Am 21. August 1939 hatte Johannes Guthjahr drei dieser Grundstücke verkauft, um angeblich die Steuerrückstände – gemeint ist insbesondere die Judenvermögensabgabe – bezahlen zu können. Angeblich sei Jacob Goldberg nicht in der Lage gewesen, in Paris die notwendigen Unterschriften zu leisten. Darüber hinaus hätte er auch nicht die Mittel besessen, die Kosten für die Beglaubigung in Höhe von 285,-- RM zu übernehmen. Am 1. September 1939 sei des Weiteren eine Hypothek auf ein Grundstück fällig gewesen, die der im Ausland wohnende Eigentümer nicht bezahlt habe. Deshalb erfolgte die Abtretung an einen neuen, inländischen Gläubiger. Am 17. November 1939 verkaufte Johannes Guthjahr ein weiteres Grundstück, wobei eine weitere Hypothek verrechnet wurde. Die Sparerbank für das Vogtland schrieb am 18. November 1939 an die Vermögensverwertungsstelle: "Der frühere Eigentümer Berl Goldberg ist Mitglied unserer Genossenschaft ... gewesen und ist gemäß der bekannten Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem Deutschen Wirtschaftsleben zum 31. Dezember 1938 als Mitglied ausgeschlossen worden." Diverse Anträge, Bescheide, Schreiben zur Klärung von Mietüberschüssen, Zinserträgen usw. folgten. Am 1. Februar 1940 gab Erich Rogge die Verwaltung der von ihm betreuten Grundstücke an Johannes Guthjahr ab. Am 6. April 1940 machte Guthjahr Ansprüche an Jakob Goldberg in Höhe von 22.000,-- RM aus Darlehen und Zinsen geltend, da die vertraglichen Raten angeblich nicht von ihm bezahlt worden seien. Deshalb hatte die Schwester Sabine Schaechter in Wien für ihren Bruder eine Bürgschaft übernommen. Am 1. Juni 1940 wurden zur Abdeckung der Steuerforderungen des Finanzamtes Schöneberg drei weitere Grundstücke verkauft. In einem Schreiben vom 2. Juni 1940 verlangte der Generalbevollmöchtigte Dr. Walter Menzel die Beschlagnahme eines weiteren Grundstückes, "um eine Verschleuderung zu vermeiden und eine pflegliche Behandlung derartigen Eigentums zu gewährleisten." Der Antrag wurde am 19. April 1940 mit der Begründung abgelehnt, auf dem Grundstück würden Hypotheken in Höhe von 39.800,-- RM ruhen. Diese Hypotheken wurden gekündigt, denn eine Umschuldung hätte "eine Kreditgewährung an feindliche Ausländer, die dem Sinne der Verordnung über die Behandlung feindlichen Vermögens [widerspräche], und die Erhaltung des jüdischen Grundbesitzes" bedeutet. Am 21. Februar 1941 wurde ein weiteres Grundstück verkauft. Weitere Grundstücksverkäufe folgten im Verlauf der Jahre 1941 und 1942. Der Verkauf erfolgte an "arische" Besitzer, teilweise gingen die Grundstücke aber auch in das Eigentum des Deutschen Reiches über. Der Rest wurde für die angebliche rückständige Steuerschuld des Jacob Goldberg verwendet.
Jacob Goldberg starb am 15. Februar 1975.