Lotte Weisstein geb. Klein

Verlegeort
Thomasiusstraße 3
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
08. August 2014
Geboren
13. Januar 1908 in Nürnberg
Deportation
am 03. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Lotte Klein wurde am 13. Januar 1908 in Nürnberg geboren. Sie war die Tochter des Kaufmanns Sigmund Klein (1871–1942), der ursprünglich aus der bayerischen Ortschaft Roth, etwa 22 Kilometer südlich von Nürnberg stammte und um die Jahrhundertwende mit seinen Eltern und Geschwistern nach Nürnberg gekommen war. Im November 1905 verlobte er sich mit Lottes Mutter, der aus Straßfurt nahe Magdeburg stammenden Gertrud Salinger (1878–1935), heiratete sie bald darauf und gründete mit ihr einen Haushalt in Nürnberg. In den 1910er-Jahren lebte die Familie in einer Wohnung in der Hochstraße in Nürnberg-Rosenau unweit der Pegnitz, zunächst in der Hochstraße 41 und ab 1915/1916 an der Adresse Hochstraße 20. Lotte Klein sollte das einzige Kind ihrer Eltern bleiben. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs wurden ihre beiden Onkel väterlicherseits, Max und David Klein, die genauso wie ihre drei Tanten väterlicherseits ebenfalls in Nürnberg lebten, eingezogen. Ob auch Lottes Vater in dieser Zeit im Krieg eingesetzt wurde, geht aus den erhaltenen Quellen nicht hervor. Nach Kriegsende zogen Sigmund, Gertrud und Lotte Klein, vermutlich Anfang der 1920er-Jahre, nach Berlin. Hier lernte Lotte Klein ihren späteren Ehemann kennen, den aus Oertelsburg (dem heutigen Szczytno) stammenden Kaufmann Walter Wolfgang Weisstein (geb. 1900). Leider sind keine weiteren Quellen erhalten geblieben, die einen Einblick in das Leben der Familie im Berlin der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Lotte Weisstein und ihre Familienangehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. Bereits in der Zeit der Weimarer Republik war Berlin zum Schauplatz antisemitischer Ausschreitungen geworden und Anfang der 1930er-Jahre hatte die sichtbare Brutalität in Form von Straßenkämpfen, Saalschlachten und SA-Aufmärschen in den Straßen massiv zugenommen. Ab 1933 institutionalisierte sich der Rassismus mit Hilfe staatlicher Autorität, Erlasse und Sondergesetze drängten Lotte Weisstein zunehmend in die Position einer Rechtlosen. Am 8. November 1935 starb Lottes Mutter Gertrud in Berlin. Ihr Vater lebte als Witwer alleinstehend in Berlin, bis er am 1. Januar 1939 mit Lotte und ihrem Ehemann eine gemeinsame Wohnung in der vierten Etage der Thomasiustraße 3 in Moabit bezog. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, die das Leben der Familienmitglieder in Berlin zunehmend einschränkten, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Sowohl Lotte als auch Walter wurden außerdem zu Zwangsarbeit herangezogen: Beide mussten zuletzt als Arbeiter im als kriegswichtig eingestuften Glühlampenwerk (Werk S) der Siemens & Halske AG in der Charlottenburger Helmholtzstraße 4/8 Zwangsarbeit verrichten.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 hatte die Gestapo die Jüdische Gemeinde Berlins informiert, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Lottes 71-jähriger Vater Sigmund wurde im August 1942 aus der gemeinsamen Wohnung in der Thomasiustraße in das Sammellager in der Gerlachstraße 18–21 nahe dem Alexanderplatz verbracht. Von dort wurde er am 14. September 1942 mit dem „2. großen Alterstransport“ in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Er überlebte nur wenige Wochen, bevor er dort am 8. Dezember 1942 ermordet wurde – entweder durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung mittels planvoller Mangelernährung, versagter Medikamente, Kälte und körperlichen Misshandlungen. Lotte und Walter Weisstein wurden im Zuge der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 in Berlin verhaftet und in die als Sammelstelle missbrauchte Reithalle der Rathenower Kaserne in der Moabiter Feldzeugmeisterstraße verschleppt. Von dort wurde die 35-jährige Lotte Weisstein gemeinsam mit ihrem Ehemann am 1. März 1943 mit dem „31. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.