Alice Waserman geb. Winterheld

Verlegeort
Kommandantenstr. 68 /69
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Verlegedatum
Mai 2008
Geboren
23. Februar 1910 in
Beruf
Textilgeschäft
Deportation
am 29. Juni 1943 nach Theresienstadt
Überlebt
im Ghetto Theresienstadt

Alice Winterheld wurde 23. Februar 1910 im böhmischen Teplitz-Schönau (heute: Teplice / Tschechien) geboren, das damals zum Königreich Österreich-Ungarn und ab 1918 zur Tschechoslowakei gehörte. Ihr Vater Adolf Winterfeld war nicht jüdischen Glaubens, ihre Mutter Alice Winterheld geb. Turczinski war Jüdin. Nach der Geburt der Tochter ging die Familie nach Dresden. Beide Eltern waren dort Schauspieler am Theater. Als kleines Kind reiste Alice Waserman viel mit ihren Eltern. Als sie sieben Jahre alt war, starb ihre Mutter an einer Lungenentzündung. Sie wuchs fortan bei einer Tante auf. Ihr Vater heiratete erneut und bekam zwei weitere Kinder mit seiner zweiten Frau. <br />
<br />
Von 1916 bis 1919 besuchte Alice Winterheld die Volksschule Dresden. Danach verbrachte sie ein Jahr an einer „Höheren Töchterschule“ in Kiel und ging dann zurück nach Dresden an die Bürgerschule. Nach Abschluss der Schule begann sie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin und Kinderschwester. Zudem nahm sie Unterricht an der Schauspielschule Dresden. <br />
<br />
1927 zog Alice Winterheld nach Berlin und begann eine zweite Ausbildung als Schneiderin bei Abraham Waserman. Die beiden verliebten sich und heirateten am 5. Dezember 1927. Alice Waserman beendete 1930 ihre Ausbildung und arbeitete auch weiterhin in der Schneiderwerkstatt ihres Mannes. Ihr erster Sohn Benjamin kam am 21. Juni 1929 zur Welt. Die Familie bewohnte eine geräumige 4-Zimmer-Wohnung im 4. Stock in der Neuen Jakobstraße 7 in Berlin-Mitte, bestehend aus einem Wohn- und Esszimmer, einem Elternschlafzimmer, einem Kinderzimmer, einer Küche und einem Werkstattraum.<br />
<br />
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Januar 1933 versuchte das Ehepaar in die USA zu fliehen. Alice Waserman berichtete später, dass ihr Mann es zwar schaffte, Auswanderungspapiere für sich zu bekommen, nicht aber für sie und die Kinder. Daraufhin blieb auch er in Berlin.<br />
<br />
Ungefähr im Frühjahr 1939 musste Abraham Waserman die Schneiderwerkstatt aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung aufgeben und die Familie wurde aus ihrer Wohnung vertrieben. Alice Waserman war zu diesem Zeitpunkt erneut schwanger. Bei der Volkszählung am 17. Mai 1939 war die Familie in der Kommandantenstraße 68/69 gemeldet. Kurz bevor Alice Waserman im September 1939 ihren zweiten Sohn Jona zur Welt brachte, wurde ihr Mann von der Gestapo inhaftiert. Nach zwei Wochen wurde er zunächst wieder entlassen.<br />
<br />
Im Mai 1941 wurde Abraham Waserman erneut verhaftet und diesmal in das KZ Buchenwald deportiert, wo er wenig später ums Leben kam. Nach der Deportation ihres Mannes versuchte Alice Waserman, ihre Söhne in Sicherheit zu bringen, und schickte sie zu ihrem nichtjüdischen Großvater nach Dresden. Doch dieser wies die Kinder ab, die nach Berlin zurückkehren mussten. Die letzte Berliner Adresse von Alice Waserman und ihren Söhnen war die Brandenburgstraße 63 (heute Lobeckstraße) in Berlin-Kreuzberg. Am 18. Juni 1943 wurde die Familie verhaftet und am 29. Juni 1943 nach Theresienstadt deportiert.<br />
<br />
Im Ghetto Theresienstadt war Alice Waserman getrennt von ihren Kindern untergebracht. Wie die meisten der Häftlinge dort erkrankte sie mehrfach, unter anderem an Gelbsucht, Asthma und Lungenentzündung. Sie berichtete später, dass sie bei der Zwangsarbeit, vermutlich in einem Baukommando, schwere Bretter schleppen musste.<br />
<br />
Ihrem älteren Sohn Benjamin zufolge gelang es seiner Mutter, ihn in Theresienstadt vor einem Transport nach Auschwitz zu retten. Sie überzeugte einen SS-Offizier, dem sie von ihrer „halb-arischen“ Herkunft erzählte, den Jungen wieder aus dem Zug zu holen. <br />
<br />
Als die Rote Armee Theresienstadt am 8. Mai 1945 befreite, waren Alice Waserman und ihre beiden Söhne krank und geschwächt, aber am Leben. Etwa ein Jahr verbrachten sie nach der Befreiung im Lager für Displaced Persons im bayrischen Deggendorf, das sich in der amerikanischen Besatzungszone befand. Von dort wanderten sie im Juni 1946 über Bremen in die USA aus. Dort arbeitete Alice Waserman zunächst wieder als Näherin, aber sie konnte den Beruf nicht mehr lange ausüben. Sie litt ihr Leben lang an den psychischen und physischen Folgen der nationalsozialistischen Verfolgung. Am 8. September 1971 starb sie in Florida.<br />

Alice Winterheld wurde 23. Februar 1910 im böhmischen Teplitz-Schönau (heute: Teplice / Tschechien) geboren, das damals zum Königreich Österreich-Ungarn und ab 1918 zur Tschechoslowakei gehörte. Ihr Vater Adolf Winterfeld war nicht jüdischen Glaubens, ihre Mutter Alice Winterheld geb. Turczinski war Jüdin. Nach der Geburt der Tochter ging die Familie nach Dresden. Beide Eltern waren dort Schauspieler am Theater. Als kleines Kind reiste Alice Waserman viel mit ihren Eltern. Als sie sieben Jahre alt war, starb ihre Mutter an einer Lungenentzündung. Sie wuchs fortan bei einer Tante auf. Ihr Vater heiratete erneut und bekam zwei weitere Kinder mit seiner zweiten Frau.

Von 1916 bis 1919 besuchte Alice Winterheld die Volksschule Dresden. Danach verbrachte sie ein Jahr an einer „Höheren Töchterschule“ in Kiel und ging dann zurück nach Dresden an die Bürgerschule. Nach Abschluss der Schule begann sie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin und Kinderschwester. Zudem nahm sie Unterricht an der Schauspielschule Dresden.

1927 zog Alice Winterheld nach Berlin und begann eine zweite Ausbildung als Schneiderin bei Abraham Waserman. Die beiden verliebten sich und heirateten am 5. Dezember 1927. Alice Waserman beendete 1930 ihre Ausbildung und arbeitete auch weiterhin in der Schneiderwerkstatt ihres Mannes. Ihr erster Sohn Benjamin kam am 21. Juni 1929 zur Welt. Die Familie bewohnte eine geräumige 4-Zimmer-Wohnung im 4. Stock in der Neuen Jakobstraße 7 in Berlin-Mitte, bestehend aus einem Wohn- und Esszimmer, einem Elternschlafzimmer, einem Kinderzimmer, einer Küche und einem Werkstattraum.

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Januar 1933 versuchte das Ehepaar in die USA zu fliehen. Alice Waserman berichtete später, dass ihr Mann es zwar schaffte, Auswanderungspapiere für sich zu bekommen, nicht aber für sie und die Kinder. Daraufhin blieb auch er in Berlin.

Ungefähr im Frühjahr 1939 musste Abraham Waserman die Schneiderwerkstatt aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung aufgeben und die Familie wurde aus ihrer Wohnung vertrieben. Alice Waserman war zu diesem Zeitpunkt erneut schwanger. Bei der Volkszählung am 17. Mai 1939 war die Familie in der Kommandantenstraße 68/69 gemeldet. Kurz bevor Alice Waserman im September 1939 ihren zweiten Sohn Jona zur Welt brachte, wurde ihr Mann von der Gestapo inhaftiert. Nach zwei Wochen wurde er zunächst wieder entlassen.

Im Mai 1941 wurde Abraham Waserman erneut verhaftet und diesmal in das KZ Buchenwald deportiert, wo er wenig später ums Leben kam. Nach der Deportation ihres Mannes versuchte Alice Waserman, ihre Söhne in Sicherheit zu bringen, und schickte sie zu ihrem nichtjüdischen Großvater nach Dresden. Doch dieser wies die Kinder ab, die nach Berlin zurückkehren mussten. Die letzte Berliner Adresse von Alice Waserman und ihren Söhnen war die Brandenburgstraße 63 (heute Lobeckstraße) in Berlin-Kreuzberg. Am 18. Juni 1943 wurde die Familie verhaftet und am 29. Juni 1943 nach Theresienstadt deportiert.

Im Ghetto Theresienstadt war Alice Waserman getrennt von ihren Kindern untergebracht. Wie die meisten der Häftlinge dort erkrankte sie mehrfach, unter anderem an Gelbsucht, Asthma und Lungenentzündung. Sie berichtete später, dass sie bei der Zwangsarbeit, vermutlich in einem Baukommando, schwere Bretter schleppen musste.

Ihrem älteren Sohn Benjamin zufolge gelang es seiner Mutter, ihn in Theresienstadt vor einem Transport nach Auschwitz zu retten. Sie überzeugte einen SS-Offizier, dem sie von ihrer „halb-arischen“ Herkunft erzählte, den Jungen wieder aus dem Zug zu holen.

Als die Rote Armee Theresienstadt am 8. Mai 1945 befreite, waren Alice Waserman und ihre beiden Söhne krank und geschwächt, aber am Leben. Etwa ein Jahr verbrachten sie nach der Befreiung im Lager für Displaced Persons im bayrischen Deggendorf, das sich in der amerikanischen Besatzungszone befand. Von dort wanderten sie im Juni 1946 über Bremen in die USA aus. Dort arbeitete Alice Waserman zunächst wieder als Näherin, aber sie konnte den Beruf nicht mehr lange ausüben. Sie litt ihr Leben lang an den psychischen und physischen Folgen der nationalsozialistischen Verfolgung. Am 8. September 1971 starb sie in Florida.