Liselotte Voss geb. Katz

Verlegeort
Thomasiusstraße 5
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
08. August 2014
Geboren
25. Dezember 1911 in Eisleben (Sachsen)
Deportation
am 12. März 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Lieselotte Katz wurde am 25. Dezember 1911 im sächsischen Eisleben geboren. Die Stadt und ihre Entwicklung war seit dem Mittelalter stark abhängig vom Bergbau im Mansfelder Land. In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg stieg der allgemeine Wohlstand in Eisleben bedingt durch den florierenden Bergbau in der Umgebung stark an, die Einwohnerzahl wuchs auf mehr als 25.000 und Eisleben wurde kreisfreie Stadt. Ihre 1889 geborene Mutter Frieda Katz, geborene Stern, stammte aus Mühlheim an der Ruhr. Sie hatte Lieselottes Vater, den Kaufmann Louis Katz, im August 1908 im thüringischen Bleicherode geheiratet. Lieselotte wuchs im Kreis von mindestens zwei Schwestern namens Gerda und Paula auf, deren Geburtsdaten aus den vorliegenden Quellen nicht hervorgehen. Zwischen ihrem Geburtsjahr und 1919 verstarb Lieselottes Vater – möglicherweise fiel er als Soldat im Ersten Weltkrieg, darüber haben sich allerdings keine Zeugnisse erhalten. 1919 lebte die Witwe Frieda Katz mit ihren Kindern in Magdeburg in der Moltkestraße 12, als sie in zweiter Ehe den Magdeburger Kaufmann Albert Goldschmidt heiratete. Über die Kindheit und Jugend von Lieselotte Katz und ihren Geschwistern in Magdeburg der Weimarer Republik haben sich sonst keine Quellen erhalten. Es ist auch nicht bekannt, welche schulische Ausbildung Lieselotte Katz erhielt und welchen Beruf sie nach ihrem Schulabschluss ergriff. Spätestens in den 1930er-Jahren zog sie nach Berlin. Ihre Mutter bewohnte seit September 1933 eine Wohnung in der Lothringer Straße 67 (heutige Torstraße) in Mitte.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch staatliche Zwangsmaßnahmen gegen Lieselotte Katz und ihre Familienangehörigen. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. 1938 heiratete Lieselotte Katz den Berliner Kaufmann Werner Willy Voss. Zum Zeitpunkt der Volkszählung im Mai 1939 lebte das Ehepaar in einer Wohnung in der Thomasiusstraße 5 im Ortsteil Tiergarten. Zuletzt waren beide bei der Reichsvereinigung der Juden beschäftigt, Werner Voss als Monteur; Lieselotte als Köchin in der Kinderküche. In den 1930er-Jahren wanderte Lieselottes Schwester Gerda aus Deutschland aus und lebte später in Neuseeland. Ob auch Lieselotte und Werner Voss Pläne verfolgten aus Deutschland zu entkommen, ist nicht bekannt. Sollten sie konkrete Schritte unternommen haben, so scheiterten diese. Spätestens Anfang der 1940er-Jahre wurde das Leben für die Eheleute Voss zum Existenzkampf. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. 1941 heiratete Lieselottes Mutter in dritter Ehe Siegmund Oster. Anfang 1943 mussten Werner und Lieselotte Voss umziehen und bezogen ein Zimmer im Verwaltungsbau des ehemaligen Jüdischen Krankenhauses in der Auguststraße 14/16.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Lieselotte und Werner Voss wurden im Zuge der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 in Berlin verhaftet und in eines der Berliner Sammellager verschleppt. Von dort wurden sie am 12. März 1943 mit dem „36. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Laut Angaben von Familienangehörigen wurde Werner Voss als Häftlinge in das Lager selektiert und musste unter unmenschlichen Bedingungen in den Buna-Werken schwerste körperliche Zwangsarbeit leisten („Vernichtung durch Arbeit“). Viele der Gefangenen überlebten nur wenige Wochen, bevor sie durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung mittels planvoller Mangelernährung, Arbeitsstrapazen, versagter Medikamente und körperlichen Misshandlungen ermordet wurden. Werner Voss überlebte bis 1944 in Monowitz-Buna, bevor sich der 40-Jährige einer Typhusinfektion nicht mehr erwehren konnte. Von Lieselotte Voss gibt es keine Zeugnisse, ob die damals 31-Jährige in das Lager selektiert und später ermordet wurde oder unmittelbar nach Ankunft des Deportationstransports. In jedem Fall gehörte sie nicht zu den wenigen Überlebenden von Auschwitz.

Lieselottes Mutter Frieda war bereits im Januar 1943 aus ihrer Wohnung in der Lothringerstraße in das Sammellager in der Großen Hamburger Straße 26 verschleppt worden und von dort aus mit dem „27. Osttransport“ am 29. Januar 1943 ebenfalls nach Auschwitz deportiert worden. Die zum Zeitpunkt der Deportation 53-Jährige wurde in Auschwitz ermordet. Lieselottes Schwester Paula ist laut der Vermögenserklärung ihrer Mutter, die sie kurz vor ihrer Deportation ausfüllen musste, bereits vor 1943 deportiert worden. Ihr Schicksal lässt sich aus den vorliegenden Quellen nicht rekonstruieren. Lieselottes Schwester Gerda überlebte die NS-Verfolgung im Exil in Neuseeland.