Siegfried Katzenstein

Verlegeort
Helgoländer Ufer 6
Bezirk/Ortsteil
Moabit
Verlegedatum
17. November 2015
Geboren
12. Januar 1875 in Rothenburg an der Fulda
Beruf
Kaufmann für Altwaren
Flucht in den Tod
11. Oktober 1936 in Berlin

Siegfried Katzenstein wurde als Sohn des Kaufmanns Salomon Katzenstein in Rotenburg a.d. Fulda geboren. Er war eines von zwölf Kindern. Sein Vater Salomon stammte aus Heinebach, zog jedoch lange Zeit vor Siegfrieds Geburt nach Rotenburg. Dort kaufte er das Haus, in dem Siegfried lange Jahre mit seiner eigenen Familie leben sollte. Siegfried Katzenstein trat in die Fußstapfen seines Vaters und absolvierte eine kaufmännische Lehre. So wie es damals meist üblich war, übernahm der Sohn das Geschäft seines Vaters, der einen Betrieb mit Altwaren aufgebaut hatte. 1905 heiratete Siegfried Katzenstein die aus Erfurt stammende Christin Wilhelmine (genannt Wyla) Grimmer. Sie war gelernte Putzmacherin (Hutmacherin). Siegfried lernte Wyla in Rotenburg kennen und lieben.<br />
Die Hochzeit Siegfrieds mit einer Nichtjüdin sorgte innerhalb der Katzenstein'schen Familie für große Konflikte. Siegfried Katzenstein machte sich jedoch frei von religiösen Zwängen und setzte sich seiner Familie gegenüber durch. Nach den Schilderungen seiner ältesten Tochter Ruth war Siegfried Katzenstein stark durch seinen freien Willen geprägt, in die Synagoge z.B. ging er nur zu Rosch Haschana (dem Neujahrsfest der Juden) und zu Jom Kippur (dem Versöhnungsfest). Ebenso verrichtete er sonnabends trotz des Sabbat Arbeiten. Mit seiner Frau hatte Siegfried Katzenstein drei Kinder. Ruth, die älteste Tochter, wurde 1906 geboren, Sohn Rolf 1909 und schließlich das Nesthäkchen Ester – kam 1913 zur Welt. Katzenstein war human, großzügig und gutmütig. Er trug humanistisches Gedankengut in sich, und so erzog er auch seine Kinder. Unter humanistischem Denken verstand Katzenstein vor allem das vorurteilslose Herangehen an einen unbekannten Menschen. Katzenstein war auch politisch sehr aktiv. Er war Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). So wurde er 1919 in den Magistrat gewählt. Auch in den Jahren zuvor und danach war er politisch aktiv, wie Anzeigen aus dem Rotenburger Tageblatt zeigen. Obwohl er für Krieg nichts übrig hatte, konnte er sich 1915 seiner Einberufung als Landsturmmann nicht entziehen. Er diente bis 1918 in Frankreich. Während dieser Zeit musste seine Frau mit ihrer jüngeren Schwester das Geschäft am Leben erhalten. Dies gelang ihnen nur mit größter Anstrengung und Mühe. Das Fehlen Katzensteins bedeutete einen erheblichen Rückschlag für das Geschäft. Ende der 1920er Jahre kam es zum Konkurs. Katzenstein verkaufte zwar noch das Haus, um das Geschäft zu retten – sein Versuch war jedoch vergebens. Bis 1933 wohnten Wyla und er in einer kleinen Wohnung in einem Haus in der Nachbarschaft. Die Kinder waren schon längst ausgezogen. Am 1. April 1933 wurde Katzenstein bei den ersten NS-Massenausschreitungen schwer misshandelt. Seine Tochter Ruth beschrieb dies rückblickend so: „… sie haben den Vater rausgeholt, auf den Misthaufen geworfen und haben ihn halbtot geschlagen.“ Daraufhin floh Siegfried Katzenstein mit seiner Frau nach Berlin zu seiner ältesten Tochter Ruth in das Haus Helgoländer Ufer 6. Nachdem Katzenstein 1933 von den Nazis auf das Übelste misshandelt worden war, verfiel er in tiefe Depressionen. Zwei Monate sprach er kein Wort mehr und dieser Zustand besserte sich kaum. Am 11. Oktober 1936 nahm er sich schließlich im Haus am Helgoländer Ufer das Leben. Sein Grab ist auf dem Jüdischen Friedhof Berlin Weißensee: H7 Reihe 28.<br />

Siegfried Katzenstein wurde als Sohn des Kaufmanns Salomon Katzenstein in Rotenburg a.d. Fulda geboren. Er war eines von zwölf Kindern. Sein Vater Salomon stammte aus Heinebach, zog jedoch lange Zeit vor Siegfrieds Geburt nach Rotenburg. Dort kaufte er das Haus, in dem Siegfried lange Jahre mit seiner eigenen Familie leben sollte. Siegfried Katzenstein trat in die Fußstapfen seines Vaters und absolvierte eine kaufmännische Lehre. So wie es damals meist üblich war, übernahm der Sohn das Geschäft seines Vaters, der einen Betrieb mit Altwaren aufgebaut hatte. 1905 heiratete Siegfried Katzenstein die aus Erfurt stammende Christin Wilhelmine (genannt Wyla) Grimmer. Sie war gelernte Putzmacherin (Hutmacherin). Siegfried lernte Wyla in Rotenburg kennen und lieben.
Die Hochzeit Siegfrieds mit einer Nichtjüdin sorgte innerhalb der Katzenstein'schen Familie für große Konflikte. Siegfried Katzenstein machte sich jedoch frei von religiösen Zwängen und setzte sich seiner Familie gegenüber durch. Nach den Schilderungen seiner ältesten Tochter Ruth war Siegfried Katzenstein stark durch seinen freien Willen geprägt, in die Synagoge z.B. ging er nur zu Rosch Haschana (dem Neujahrsfest der Juden) und zu Jom Kippur (dem Versöhnungsfest). Ebenso verrichtete er sonnabends trotz des Sabbat Arbeiten. Mit seiner Frau hatte Siegfried Katzenstein drei Kinder. Ruth, die älteste Tochter, wurde 1906 geboren, Sohn Rolf 1909 und schließlich das Nesthäkchen Ester – kam 1913 zur Welt. Katzenstein war human, großzügig und gutmütig. Er trug humanistisches Gedankengut in sich, und so erzog er auch seine Kinder. Unter humanistischem Denken verstand Katzenstein vor allem das vorurteilslose Herangehen an einen unbekannten Menschen. Katzenstein war auch politisch sehr aktiv. Er war Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). So wurde er 1919 in den Magistrat gewählt. Auch in den Jahren zuvor und danach war er politisch aktiv, wie Anzeigen aus dem Rotenburger Tageblatt zeigen. Obwohl er für Krieg nichts übrig hatte, konnte er sich 1915 seiner Einberufung als Landsturmmann nicht entziehen. Er diente bis 1918 in Frankreich. Während dieser Zeit musste seine Frau mit ihrer jüngeren Schwester das Geschäft am Leben erhalten. Dies gelang ihnen nur mit größter Anstrengung und Mühe. Das Fehlen Katzensteins bedeutete einen erheblichen Rückschlag für das Geschäft. Ende der 1920er Jahre kam es zum Konkurs. Katzenstein verkaufte zwar noch das Haus, um das Geschäft zu retten – sein Versuch war jedoch vergebens. Bis 1933 wohnten Wyla und er in einer kleinen Wohnung in einem Haus in der Nachbarschaft. Die Kinder waren schon längst ausgezogen. Am 1. April 1933 wurde Katzenstein bei den ersten NS-Massenausschreitungen schwer misshandelt. Seine Tochter Ruth beschrieb dies rückblickend so: „… sie haben den Vater rausgeholt, auf den Misthaufen geworfen und haben ihn halbtot geschlagen.“ Daraufhin floh Siegfried Katzenstein mit seiner Frau nach Berlin zu seiner ältesten Tochter Ruth in das Haus Helgoländer Ufer 6. Nachdem Katzenstein 1933 von den Nazis auf das Übelste misshandelt worden war, verfiel er in tiefe Depressionen. Zwei Monate sprach er kein Wort mehr und dieser Zustand besserte sich kaum. Am 11. Oktober 1936 nahm er sich schließlich im Haus am Helgoländer Ufer das Leben. Sein Grab ist auf dem Jüdischen Friedhof Berlin Weißensee: H7 Reihe 28.