Heinz Jacobi

Verlegeort
Hohenzollerndamm 4
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
22. Oktober 2015
Geboren
24. Juli 1902 in Stettin / Szczecin
Zwangsarbeit
Kohlearbeiter (Walther Thomany, Kies- und Kohlenhandlung, Schmargendorf)
Verhaftet
November 1938 bis 21. Dezember 1938 in Sachsenhausen
Deportation
am 28. März 1942 nach Piaski
Ermordet
in Trawniki

Heinz Jacobi wurde am 24. Juli 1902 in Stettin geboren. Er war der Sohn wohlhabender Eltern und hatte zwei Schwestern, Margarete und Käte. Die Eltern waren mehrfache Millionäre, besaßen eines der größten Warenhäuser in Stettin und bewohnten eine große Villa (sie soll 11 oder 14 Zimmer gehabt haben) in der Dohrnstraße 1 (jetzt: Zygmunta Starego). Diese führt auf die berühmte Hakenterrasse. Das von ihnen geführte Warenkonfektionshaus „Lewinsky & Jacobi“ in der Breitestraße 62-63 (heute: Szczecin, Ks. Kardinal Wyszynskiego) übernahm Heinz Jacobi nach dem Tod seines Vaters Anfang der 1930er Jahre. <br />
Die Villa wurde nach dem Tod des Vaters aufgelöst. Die Mutter Marta, geb. Oppel, heiratete wieder und nahm den Namen Wittkower an. Sie kam im KZ Bergen-Belsen am 29. Januar 1945 um, wenige Wochen vor der Befreiung des KZ durch die Briten am 12. April 1945. Die Familie Jacobi war gebildet und es wurde musiziert. Unter anderem waren ein Bechstein-Flügel, eine wertvolle Geige sowie Blasinstrumente vorhanden. Heinz spielte in einem Quartett und hatte eine Freundin in Berlin.<br />
Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 fing der Terror gegen jüdische Mitbewohner und Geschäftsinhaber an. Der erste Hass entlud sich an den „Warenhausjuden“, zu denen auch Heinz Jacobi gehörte. Die SA-Angehörigen plünderten das Warenhaus und misshandelten ihn schwer. Er musste ein halbes Jahr (!) im Krankenhaus verbringen. Als er entlassen wurde, war die gesamte Wohnungseinrichtung weg. Es konnte aus den Akten nicht entnommen werden, ob sie durch die SA und ihre Sympathisanten geplündert wurde oder ob besorgte Verwandte sie sicherstellen ließen. Auf Grund der Misshandlung sowie dem Druck der Arisierung jüdischer Unternehmen übergab Heinz Jacobi das Warenhaus an den arischen Nachfolger Kitter. Der zahlte anfangs noch die vereinbarte Pacht, stellte die Zahlungen dann aber ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging Kitter nach Bayern und eröffnete mit Hilfe des erhaltenen „Lastenausgleichs“ ein Konfektionsgeschäft in München, das später in Konkurs ging. <br />
<br />
Heinz Jacobi zog 1933 nach Berlin und kaufte die Firma „Georg Feige & Co.“ samt Maschinen und Inventar für die Konfektion von Blusen und Kleidern. Geschäftssitz war die Markgrafenstraße 50 am Hausvogteiplatz in Berlin-Mitte, dem damaligen Konfektionsstandort in Berlin. Ab 1935 war er Alleininhaber des Unternehmens. Es ging ihm wirtschaftlich gut, er hatte sogar eines der wenigen Autos in Berlin. Zugleich traf er Hochzeitsvorbereitungen mit seiner Verlobten, die am Hohenzollerndamm 4 wohnte (die Geschwister gaben an, dass es sich um eine große 3- oder 4-Zimmer-Wohnung im Vorderhaus gehandelt haben soll). Heinz Jacobi mietete in dem Haus eine kleine 1-Zimmer-Wohnung im linken Seitenflügel im 1. Stock, für die er monatlich 55 RM Miete bezahlte. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies Anmietung eine „Tarnwohnung“ war, da sich abzeichnete, dass die Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden Repressalien auslösen könnten. <br />
<br />
Am 14. November 1935 wurden die „Nürnberger Rassengesetze“ erlassen (Erste Verordnung zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre). Die Eheschließung mit seiner nichtjüdischen Verlobten war nun ausgeschlossen, sexuelle Beziehungen wurden unter Strafe gestellt. <br />
<br />
In der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wiederholte sich, was Jacobi in Stettin erlebt hatte: wieder zog der organisierte Mob durch die Stadt und plünderte jüdische Geschäfte und Unternehmen – darunter auch sein Unternehmen – und steckte Synagogen in Brand und verhaftete wahllos jüdische Mitbürger. Auch Jacobi war unter den Verhafteten und kam in das KZ Sachsenhausen bei Oranienburg. Wieder wurde er misshandelt, kam aber am 21. Dezember 1938 frei. Seine Gewerbeerlaubnis war ihm inzwischen entzogen worden.<br />
<br />
Seine beiden Schwestern wanderten noch im selben Jahr aus. Margarete hatte inzwischen geheiratet und hieß mit Nachnamen Putzinger. Sie fand Zuflucht in Südafrika und zog nach Johannisburg. Käte heiratete ebenfalls und hieß mit Nachnamen Graven. Sie war unter den wenigen „glücklichen“ Verfolgten, denen die USA Aufnahme gewährten. In Baltimore, Maryland war sie in Sicherheit. 1938 betrug die „Reichsfluchtsteuer“ bereits 90% des Vermögens, ab September 1939 sogar 96%!<br />
<br />
Aus der Akteneinsicht ergaben sich Hinweise, dass Heinz Jacobi eine Ausreise aus dem NS-Staat in Erwägung zog. Konkret ließ er sich eine schwere Goldkette (250 g) anfertigen. Er hoffte diese in das Ausland schmuggeln zu können, damit er dort nicht gänzlich mittellos ankäme. Ausreisewilligen Juden war nur die Mitnahme von 10 RM erlaubt. Wohin er ausreisen wollte, ist nicht bekannt.<br />
<br />
Nach der Zerschlagung seines Betriebes fand Heinz Jacobi Anstellung als Berater und Buchhalter bei einem Bekannten, später musste er Zwangsarbeit leisten: er wurde als Kohlenarbeiter bei der Firma Walter Thomany, Kies- und Kohlenhandlung, Friedrichsruher Straße 30 in Schmargendorf zwangsverpflichtet. Sein Wochenlohn betrug 32 RM.<br />
Am 20. Januar 1942 wurden auf der Wannsee-Konferenz die Maßnahmen zur Endlösung der Judenfrage beschlossen. Heinz Jacobi wird am 28. März 1942 von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) vom Güterbahnhof Grunewald in das Ghetto Piaski bei Lublin (Ostpolen) deportiert. In der Nähe in Trawniki wurde er im Alter von 40 Jahren umgebracht.<br />
<br />
Die Schwestern Margarete Putzinger und Käte Graven haben über Rechtsanwälte beim Entschädigungsamt Berlin ein langjähriges Entschädigungsverfahren geführt, um zumindest eine materielle Wiedergutmachung für das geraubte mehrfache Millionenvermögen der Jacobis zu erhalten. Die Bundesrepublik Deutschland zahlte ihnen wenige tausend DM für den erlittenen Vermögensschaden. <br />
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Heinz Jacobi wurde am 24. Juli 1902 in Stettin geboren. Er war der Sohn wohlhabender Eltern und hatte zwei Schwestern, Margarete und Käte. Die Eltern waren mehrfache Millionäre, besaßen eines der größten Warenhäuser in Stettin und bewohnten eine große Villa (sie soll 11 oder 14 Zimmer gehabt haben) in der Dohrnstraße 1 (jetzt: Zygmunta Starego). Diese führt auf die berühmte Hakenterrasse. Das von ihnen geführte Warenkonfektionshaus „Lewinsky & Jacobi“ in der Breitestraße 62-63 (heute: Szczecin, Ks. Kardinal Wyszynskiego) übernahm Heinz Jacobi nach dem Tod seines Vaters Anfang der 1930er Jahre.
Die Villa wurde nach dem Tod des Vaters aufgelöst. Die Mutter Marta, geb. Oppel, heiratete wieder und nahm den Namen Wittkower an. Sie kam im KZ Bergen-Belsen am 29. Januar 1945 um, wenige Wochen vor der Befreiung des KZ durch die Briten am 12. April 1945. Die Familie Jacobi war gebildet und es wurde musiziert. Unter anderem waren ein Bechstein-Flügel, eine wertvolle Geige sowie Blasinstrumente vorhanden. Heinz spielte in einem Quartett und hatte eine Freundin in Berlin.
Unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 fing der Terror gegen jüdische Mitbewohner und Geschäftsinhaber an. Der erste Hass entlud sich an den „Warenhausjuden“, zu denen auch Heinz Jacobi gehörte. Die SA-Angehörigen plünderten das Warenhaus und misshandelten ihn schwer. Er musste ein halbes Jahr (!) im Krankenhaus verbringen. Als er entlassen wurde, war die gesamte Wohnungseinrichtung weg. Es konnte aus den Akten nicht entnommen werden, ob sie durch die SA und ihre Sympathisanten geplündert wurde oder ob besorgte Verwandte sie sicherstellen ließen. Auf Grund der Misshandlung sowie dem Druck der Arisierung jüdischer Unternehmen übergab Heinz Jacobi das Warenhaus an den arischen Nachfolger Kitter. Der zahlte anfangs noch die vereinbarte Pacht, stellte die Zahlungen dann aber ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging Kitter nach Bayern und eröffnete mit Hilfe des erhaltenen „Lastenausgleichs“ ein Konfektionsgeschäft in München, das später in Konkurs ging.

Heinz Jacobi zog 1933 nach Berlin und kaufte die Firma „Georg Feige & Co.“ samt Maschinen und Inventar für die Konfektion von Blusen und Kleidern. Geschäftssitz war die Markgrafenstraße 50 am Hausvogteiplatz in Berlin-Mitte, dem damaligen Konfektionsstandort in Berlin. Ab 1935 war er Alleininhaber des Unternehmens. Es ging ihm wirtschaftlich gut, er hatte sogar eines der wenigen Autos in Berlin. Zugleich traf er Hochzeitsvorbereitungen mit seiner Verlobten, die am Hohenzollerndamm 4 wohnte (die Geschwister gaben an, dass es sich um eine große 3- oder 4-Zimmer-Wohnung im Vorderhaus gehandelt haben soll). Heinz Jacobi mietete in dem Haus eine kleine 1-Zimmer-Wohnung im linken Seitenflügel im 1. Stock, für die er monatlich 55 RM Miete bezahlte. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies Anmietung eine „Tarnwohnung“ war, da sich abzeichnete, dass die Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden Repressalien auslösen könnten.

Am 14. November 1935 wurden die „Nürnberger Rassengesetze“ erlassen (Erste Verordnung zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre). Die Eheschließung mit seiner nichtjüdischen Verlobten war nun ausgeschlossen, sexuelle Beziehungen wurden unter Strafe gestellt.

In der Reichspogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wiederholte sich, was Jacobi in Stettin erlebt hatte: wieder zog der organisierte Mob durch die Stadt und plünderte jüdische Geschäfte und Unternehmen – darunter auch sein Unternehmen – und steckte Synagogen in Brand und verhaftete wahllos jüdische Mitbürger. Auch Jacobi war unter den Verhafteten und kam in das KZ Sachsenhausen bei Oranienburg. Wieder wurde er misshandelt, kam aber am 21. Dezember 1938 frei. Seine Gewerbeerlaubnis war ihm inzwischen entzogen worden.

Seine beiden Schwestern wanderten noch im selben Jahr aus. Margarete hatte inzwischen geheiratet und hieß mit Nachnamen Putzinger. Sie fand Zuflucht in Südafrika und zog nach Johannisburg. Käte heiratete ebenfalls und hieß mit Nachnamen Graven. Sie war unter den wenigen „glücklichen“ Verfolgten, denen die USA Aufnahme gewährten. In Baltimore, Maryland war sie in Sicherheit. 1938 betrug die „Reichsfluchtsteuer“ bereits 90% des Vermögens, ab September 1939 sogar 96%!

Aus der Akteneinsicht ergaben sich Hinweise, dass Heinz Jacobi eine Ausreise aus dem NS-Staat in Erwägung zog. Konkret ließ er sich eine schwere Goldkette (250 g) anfertigen. Er hoffte diese in das Ausland schmuggeln zu können, damit er dort nicht gänzlich mittellos ankäme. Ausreisewilligen Juden war nur die Mitnahme von 10 RM erlaubt. Wohin er ausreisen wollte, ist nicht bekannt.

Nach der Zerschlagung seines Betriebes fand Heinz Jacobi Anstellung als Berater und Buchhalter bei einem Bekannten, später musste er Zwangsarbeit leisten: er wurde als Kohlenarbeiter bei der Firma Walter Thomany, Kies- und Kohlenhandlung, Friedrichsruher Straße 30 in Schmargendorf zwangsverpflichtet. Sein Wochenlohn betrug 32 RM.
Am 20. Januar 1942 wurden auf der Wannsee-Konferenz die Maßnahmen zur Endlösung der Judenfrage beschlossen. Heinz Jacobi wird am 28. März 1942 von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) vom Güterbahnhof Grunewald in das Ghetto Piaski bei Lublin (Ostpolen) deportiert. In der Nähe in Trawniki wurde er im Alter von 40 Jahren umgebracht.

Die Schwestern Margarete Putzinger und Käte Graven haben über Rechtsanwälte beim Entschädigungsamt Berlin ein langjähriges Entschädigungsverfahren geführt, um zumindest eine materielle Wiedergutmachung für das geraubte mehrfache Millionenvermögen der Jacobis zu erhalten. Die Bundesrepublik Deutschland zahlte ihnen wenige tausend DM für den erlittenen Vermögensschaden.