Meta Pohle geb. Silberstein

Verlegeort
Bismarckstraße 108
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
21. April 2016
Geboren
15. April 1898 in Neumark (Westpreußen) / Nowe Miasto
Deportation
am 26. Oktober 1942 nach Riga
Ermordet
29. Oktober 1942 in Riga

Meta Pohle geb. Silberstein wurde am 15. April 1898 als ältestes überlebendes Kind von Schmul und Ernestine Silberstein in Neumark (Nowe Miasto) bei Löbau / Westpreußen geboren. Nach der Geburt zweier weiterer Kinder siedelte die Familie nach Berlin um. Einer der Brüder war Hermann; der andere starb als junger Mann an einer Lungenentzündung. Genau an Metas 9. Geburtstag kam noch ein Zwillingspärchen zur Welt, Bianka und Martin.<br />
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Metas Vater war selbständiger Kaufmann in der Bekleidungsindustrie; die Familie war wohlsituiert und bewohnte eine große Wohnung in der Fritschestraße in Charlottenburg. Der älteste Bruder Hermann etablierte sich selbst bald als erfolgreicher Kaufmann und Hersteller von Damenkonfektionen. Er vergrößerte seine Ladengeschäfte mehrmals und hatte zuletzt rund 10 Angestellte. Am 10. November 1938 erlebten er und sein Vater in seinem Ladengeschäft an der Kronenstraße im Konfektions-Viertel die Reichspogromtage. Hermann entkam dem knüppelnden Mob nur knapp mit schwersten Kopfverletzungen; blutüberströmt wurde er von einem Taxifahrer in ein Krankenhaus gebracht. Hermann überlebte, aber ertaubte aufgrund innerer Blutungen fast völlig; sein Geschäft wurde geplündert und zerstört. Das wenige, das sein Vater mit viel Mühe noch retten konnte, insbesondere aus dem Warenlager, musste auf Anordnung kurz später zu Schleuderpreisen verkauft werden.<br />
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Dies dürfte eines der einschneidendsten Erlebnisse der Familie gewesen sein, das nicht nur den Höhepunkt von systematischer Entrechtung und Demütigung markierte, sondern auch den Beginn eines drastischen sozialen Abstiegs und des Zerfalls der Familie. Hermann, Martin und Bianka gelang zwischen 1938 und 1940 die Flucht ins Ausland; später nahmen alle drei den Familiennamen „Spencer“ auf. Bianka lebte fortan als Bianca Spencer in London. Hermann floh zunächst nach Shanghai; nach fast 10 Jahren Exil wurde bekam er die Einreisegenehmigung in die USA. Als Herman Spencer lebte er zunächst in New York und zog schließlich nach San Francisco. Martin Spencer gelang es, direkt in die USA auszuwandern; seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Los Angeles. Aller dreier Weg blieb aber bis zum Ende sehr steinig, geprägt vom Verlust ihrer Existenz und fehlenden beruflichen Perspektiven, wirtschaftlichen Notlagen und erheblichen verfolgungs-bedingten gesundheitlichen Problemen.<br />
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Meta blieb als einzige der Geschwister in Deutschland, vermutlich um sich um ihre Eltern zu kümmern. Meta war bereits einmal verheiratet, als sie Bruno kennenlernte. Als „letzte Beschäftigung“ gab Meta Pohle in der von ihr verlangten Vermögenserklärung an, sie habe für 40 Reichsmark netto im Monat im jüdischen Altersheim Artilleriestraße 31 gearbeitet. Dort war Brunos Mutter Lina untergebracht. Sie heirateten 1942. Kurz darauf, am 8. Oktober 1942, zogen Bruno und Meta Pohle zwangsweise in die Philippistraße 8 um. Nur zwei Wochen später, am 26. Oktober 1942, wurden Bruno und Meta mit 798 weiteren Menschen in Güterwaggons gepfercht und nach Riga gebracht. Sofern sie die dreitägige Reise überlebten, wurden sie noch am Tag der Ankunft in einem Wald bei Riga durch Erschießen ermordet.<br />
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Metas Eltern mussten die Deportation ihrer Tochter noch miterleben. Damit war ihr Leid aber nicht beendet. Weniger als zwei Monate später, am 16. Dezember 1942, wurden sie in einem der 123 sogenannten Alterstransporte nach Theresienstadt deportiert. Die Mutter starb im August 1943 angeblich an einer „Herzmuskelentartung“; der Vater überlebte bis zum Mai 1944.<br />
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Stolpersteine für Metas Eltern, Hermann, Bianka, Martin und dessen Frau Kato wurden am 25.2.2020 vor dem Haus der Familienwohnung in der Fritschestraße 54 verlegt.<br />
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Meta Pohle geb. Silberstein wurde am 15. April 1898 als ältestes überlebendes Kind von Schmul und Ernestine Silberstein in Neumark (Nowe Miasto) bei Löbau / Westpreußen geboren. Nach der Geburt zweier weiterer Kinder siedelte die Familie nach Berlin um. Einer der Brüder war Hermann; der andere starb als junger Mann an einer Lungenentzündung. Genau an Metas 9. Geburtstag kam noch ein Zwillingspärchen zur Welt, Bianka und Martin.

Metas Vater war selbständiger Kaufmann in der Bekleidungsindustrie; die Familie war wohlsituiert und bewohnte eine große Wohnung in der Fritschestraße in Charlottenburg. Der älteste Bruder Hermann etablierte sich selbst bald als erfolgreicher Kaufmann und Hersteller von Damenkonfektionen. Er vergrößerte seine Ladengeschäfte mehrmals und hatte zuletzt rund 10 Angestellte. Am 10. November 1938 erlebten er und sein Vater in seinem Ladengeschäft an der Kronenstraße im Konfektions-Viertel die Reichspogromtage. Hermann entkam dem knüppelnden Mob nur knapp mit schwersten Kopfverletzungen; blutüberströmt wurde er von einem Taxifahrer in ein Krankenhaus gebracht. Hermann überlebte, aber ertaubte aufgrund innerer Blutungen fast völlig; sein Geschäft wurde geplündert und zerstört. Das wenige, das sein Vater mit viel Mühe noch retten konnte, insbesondere aus dem Warenlager, musste auf Anordnung kurz später zu Schleuderpreisen verkauft werden.

Dies dürfte eines der einschneidendsten Erlebnisse der Familie gewesen sein, das nicht nur den Höhepunkt von systematischer Entrechtung und Demütigung markierte, sondern auch den Beginn eines drastischen sozialen Abstiegs und des Zerfalls der Familie. Hermann, Martin und Bianka gelang zwischen 1938 und 1940 die Flucht ins Ausland; später nahmen alle drei den Familiennamen „Spencer“ auf. Bianka lebte fortan als Bianca Spencer in London. Hermann floh zunächst nach Shanghai; nach fast 10 Jahren Exil wurde bekam er die Einreisegenehmigung in die USA. Als Herman Spencer lebte er zunächst in New York und zog schließlich nach San Francisco. Martin Spencer gelang es, direkt in die USA auszuwandern; seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Los Angeles. Aller dreier Weg blieb aber bis zum Ende sehr steinig, geprägt vom Verlust ihrer Existenz und fehlenden beruflichen Perspektiven, wirtschaftlichen Notlagen und erheblichen verfolgungs-bedingten gesundheitlichen Problemen.

Meta blieb als einzige der Geschwister in Deutschland, vermutlich um sich um ihre Eltern zu kümmern. Meta war bereits einmal verheiratet, als sie Bruno kennenlernte. Als „letzte Beschäftigung“ gab Meta Pohle in der von ihr verlangten Vermögenserklärung an, sie habe für 40 Reichsmark netto im Monat im jüdischen Altersheim Artilleriestraße 31 gearbeitet. Dort war Brunos Mutter Lina untergebracht. Sie heirateten 1942. Kurz darauf, am 8. Oktober 1942, zogen Bruno und Meta Pohle zwangsweise in die Philippistraße 8 um. Nur zwei Wochen später, am 26. Oktober 1942, wurden Bruno und Meta mit 798 weiteren Menschen in Güterwaggons gepfercht und nach Riga gebracht. Sofern sie die dreitägige Reise überlebten, wurden sie noch am Tag der Ankunft in einem Wald bei Riga durch Erschießen ermordet.

Metas Eltern mussten die Deportation ihrer Tochter noch miterleben. Damit war ihr Leid aber nicht beendet. Weniger als zwei Monate später, am 16. Dezember 1942, wurden sie in einem der 123 sogenannten Alterstransporte nach Theresienstadt deportiert. Die Mutter starb im August 1943 angeblich an einer „Herzmuskelentartung“; der Vater überlebte bis zum Mai 1944.

Stolpersteine für Metas Eltern, Hermann, Bianka, Martin und dessen Frau Kato wurden am 25.2.2020 vor dem Haus der Familienwohnung in der Fritschestraße 54 verlegt.