Dr. Wilhelm Kroner

Verlegeort
Hardenbergstraße 31
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
14. November 2016
Geboren
18. August 1870 in Aurich
Beruf
Landgerichtsrat
Deportation
am 03. Oktober 1942 nach Theresienstadt
Ermordet
15. Oktober 1942 in Theresienstadt

Wilhem Kroner wurde am 14. August 1870 in Aurich geboren.<br />
<br />
Als „Landgerichtsrat Kroner“ trat der Sohn eines promovierten Rabbiners erstmals am 30. Dezember 1921 an die Öffentlichkeit — und zwar mit dem Aufruf in der SPD-Zeitung „Vorwärts“ und in der Juristischen Wochenschrift, dem Republikanischen Richterbund beizutreten. Zusammen mit zwei Berliner Kollegen plädierte er für ein Richtertum frei von Standesdünkel, „unabhängig nach oben wie nach unten“, ein von allen „kleinlichen und veralteten Methoden und Einflüssen der Justizverwaltung“ und von untergeordneten Auf-gaben entlastetes und ein „politisch neu interessiertes Richtertum“. Der Aufruf hatte Erfolg. Wilhelm Kroner wurde Vorsitzender des Bundes.<br />
<br />
Während des Jahres 1922 stieg die Mitgliederzahl auf etwa 500. Am 24. Juni 1922 war Walther Rathenau ermordet worden — ein Ereignis, das viele bis dahin eher passive Republikaner aufrüttelte und etliche Richter und Anwälte dazu veranlasste, sich deutlicher zu engagieren und dem Bund beizutreten.<br />
<br />
Im Oktober 1925 erschien das erste Heft der justizpolitischen Zeitschrift „Die Justiz“, die Wilhelm Kroner zusammen mit den Professoren Mittermaier, Radbruch und Sinzheimer als Organ des Republikanischen Richterbundes herausgab. Wie Kroner selbst, gehörten viele Autoren der SPD an oder standen ihr nahe, aber auch die Zahl der DDP-Mitglieder ist gewichtig. „Die Justiz“ wurde zur „farbigsten und engagiertesten Rechtszeitschrift der Weimarer Republik“. Dort schrieben alle, die unter liberalen und linken Juristen Rang und Namen hatten, und auch Thomas Mann, Ernst Toller und Walter Gropius lieferten gele-gentlich Beiträge. Kroner war als Herausgeber, Schriftleiter und Autor die treibende Kraft, redigiert wurde in seiner Wohnung im Hause Kurfürstendamm 146.<br />
<br />
Ebenfalls im Oktober 1925 wurde Dr. Kroners Beförderung zum Richter am Preußischen Oberverwaltungsgericht beschlossen. Der Präsident des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Bill Drews hörte erst Anfang Oktober 1925 das „Gerücht“ von Kroners bevorstehender Ernennung. Sofort setzte er alle Hebel in Bewegung, um diese Beförderung zu stoppen, und legte dem Minister des Innern persönlich seine „schweren allgemeinen Beden-ken“ dar. Es gehe nicht an, eine Persönlichkeit zum Mitglied eines höchsten Gerichtshofs zu ernennen, die im politischen Kampf gegen einen Richter wegen seiner amtlichen Tätig-keit Vorwürfe wie „jammervoll, feige, schamlos, verächtlich“ usw. erhoben habe. Drews bezog sich dabei auf einen Artikel Kroners in der Vossischen Zeitung vom 24. Dezember 1924. Darin hatte Kroner ein am Vortag ergangenes Urteil im Prozess des als Nebenklä-ger beteiligten Reichspräsidenten Friedrich Ebert juristisch zerpflückt, dem in der Presse Landesverrat vorgeworfen worden war, und die Magdeburger Richter entsprechend be-zeichnet. Drews' Protest gegen Kroners Ernennung blieb ohne Erfolg.<br />
<br />
Nach dem Erlass des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 stellte Präsident Bill Drews bereits Mitte Mai 1933, als hätte er schon seit lan-gem auf diese Möglichkeit gewartet, Wilhelm Kroner (respektive „Ew. Hochwohlgeboren“) „anheim“, die Beurlaubung von seinen Amtspflichten selbst zu beantragen. Kroner lehnte „gehorsamst“ das Ansinnen ab und verwies u. a. auf seine Stellung als Sohn des 1907 in Berlin verstorbenen Rabbiners und Gymnasialprofessors Dr. Philipp Kroner, dem seiner-zeit der König von Preußen den Roten Adlerorden vierter Klasse verliehen habe. Er wird nicht angenommen haben, wegen dieser Herkunft von Drews geschützt zu werden – viel-leicht wollte er zeigen, dass sein Stolz ungebrochen war.<br />
<br />
„Nachdem Sie meiner Anregung, um Urlaub nachzusuchen, nicht Folge geleistet haben, sehe ich mich auf Grund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. 4. 1933 genötigt, Ew. Hochwohlgeboren meinerseits bis auf weiteres zu beurlau-ben“ verfügte Drews - der „Hüter des Beamtenrechts“ - am 19. Mai 1933, ohne hierzu et-wa Paragraphen oder die für ihn maßgeblichen Gründe anzuführen. Diese Gründe teilte er hingegen unter demselben Datum dem Preußischen Minister des Innern — Hermann Gö-ring — mit: Er verwies nicht etwa auf Kroners Position beim Republikanischen Richterbund oder auf dessen SPD-Zugehörigkeit, sondern nahm Bezug auf seinen Protest gegen Kro-ners Ernennung zum Oberverwaltungsgerichtsrat im Jahre 1925. „K. hat im Jahre 1924 durch Presseangriffe (Vossische Zeitung Nr. 610 vom 24. Dez.1924), deren Auswirkungen zu seiner Beförderung zum OVGRat geführt haben, national gesinnte Richter auf das schwerste beleidigt und sie geschädigt“, erläuterte er. Mit Bescheid vom 13. Juni 1933, unterzeichnet von Göring persönlich, wurde Wilhelm Kroner mit sofortiger Wirkung aus dem Dienst entlassen. <br />
<br />
Die drei Kinder Kroners waren 1933 noch Studenten. 1935 und 1938 gelang ihnen die Emigration. Im Frühjahr 1939 begannen Adelheid und Wilhelm Kroner endlich, ihre eigene Emigration zu planen. Zu dieser Zeit hatten sie gerade ihre Wohnung am Kurfürstendamm 146 aufgeben müssen. Das Gebäude war von der Total-KG erworben worden, einem Rüstungsbetrieb. Albert Speer hatte dafür gesorgt, dass der Betrieb die Genehmigung er-hielt, die Wohnräume in Werk- und Büroräume umzuwandeln, und Egon Eiermann, später — in den 50er Jahren — „Stararchitekt“ von West-Berlin, projektierte den Umbau. Sämtli-chen Mietern wurde gekündigt. Eine neue eigene Wohnung zu mieten, erwies sich für Kroners als unmöglich. <br />
<br />
Unter diesem Zeitdruck entschieden sie sich für ein möbliertes Zimmer in Wannsee. Ihren Briefen an den im November 1938 in die Schweiz geflüchteten Sohn Fritz ist zu entnehmen, dass eine Flucht nach Kopenhagen (zum Sohn Ernst), nach Vaduz/Liechtenstein und insbesondere in die Schweiz erwogen wurde. Dort bemühten sich ihre Kinder Ruth und Fritz Kroner indes vergeblich, über die jüdische Gemeinde und christliche Freunde hierfür Geld aufzutreiben oder Unterstützungszusagen zu erhalten. Auch der nach Skan-dinavien geflohene Sohn Ernst Kroner blieb ohne Erfolg. <br />
<br />
Am 3. Oktober 1942 wurden Wilhelm Kroner und seine Ehefrau Adelheid mit dem sog. Dritten Alterstransport nach Theresienstadt deportiert. Der 72 jährige Wilhelm Kroner verstarb dort laut Todesfallanzeige des Ältestenrats des Ghettos am 15. Oktober 1942 an einem Lungenödem im Verlauf eines Darmkatarrhs, der sog. „Theresienstädter Krankheit“. Adelheid Kroner, damals 55 Jahre alt, folgte ihrem Mann nur 16 Tage später: Sie starb am 31. Oktober 1942 in den „Zentralkrankenstuben“ an Lungenentzündung und Herzschwä-che.<br />
<br />
Für Wilhelm und Adelheid Kroner wurden am 8. Mai 2012 vor ihrem letzten frei gewählten Wohnhaus am Kurfürstendamm 146 Stolpersteine verlegt. (https://www.berlin.de/ba-charlotte… />
<br />
<br />

Wilhem Kroner wurde am 14. August 1870 in Aurich geboren.

Als „Landgerichtsrat Kroner“ trat der Sohn eines promovierten Rabbiners erstmals am 30. Dezember 1921 an die Öffentlichkeit — und zwar mit dem Aufruf in der SPD-Zeitung „Vorwärts“ und in der Juristischen Wochenschrift, dem Republikanischen Richterbund beizutreten. Zusammen mit zwei Berliner Kollegen plädierte er für ein Richtertum frei von Standesdünkel, „unabhängig nach oben wie nach unten“, ein von allen „kleinlichen und veralteten Methoden und Einflüssen der Justizverwaltung“ und von untergeordneten Auf-gaben entlastetes und ein „politisch neu interessiertes Richtertum“. Der Aufruf hatte Erfolg. Wilhelm Kroner wurde Vorsitzender des Bundes.

Während des Jahres 1922 stieg die Mitgliederzahl auf etwa 500. Am 24. Juni 1922 war Walther Rathenau ermordet worden — ein Ereignis, das viele bis dahin eher passive Republikaner aufrüttelte und etliche Richter und Anwälte dazu veranlasste, sich deutlicher zu engagieren und dem Bund beizutreten.

Im Oktober 1925 erschien das erste Heft der justizpolitischen Zeitschrift „Die Justiz“, die Wilhelm Kroner zusammen mit den Professoren Mittermaier, Radbruch und Sinzheimer als Organ des Republikanischen Richterbundes herausgab. Wie Kroner selbst, gehörten viele Autoren der SPD an oder standen ihr nahe, aber auch die Zahl der DDP-Mitglieder ist gewichtig. „Die Justiz“ wurde zur „farbigsten und engagiertesten Rechtszeitschrift der Weimarer Republik“. Dort schrieben alle, die unter liberalen und linken Juristen Rang und Namen hatten, und auch Thomas Mann, Ernst Toller und Walter Gropius lieferten gele-gentlich Beiträge. Kroner war als Herausgeber, Schriftleiter und Autor die treibende Kraft, redigiert wurde in seiner Wohnung im Hause Kurfürstendamm 146.

Ebenfalls im Oktober 1925 wurde Dr. Kroners Beförderung zum Richter am Preußischen Oberverwaltungsgericht beschlossen. Der Präsident des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Bill Drews hörte erst Anfang Oktober 1925 das „Gerücht“ von Kroners bevorstehender Ernennung. Sofort setzte er alle Hebel in Bewegung, um diese Beförderung zu stoppen, und legte dem Minister des Innern persönlich seine „schweren allgemeinen Beden-ken“ dar. Es gehe nicht an, eine Persönlichkeit zum Mitglied eines höchsten Gerichtshofs zu ernennen, die im politischen Kampf gegen einen Richter wegen seiner amtlichen Tätig-keit Vorwürfe wie „jammervoll, feige, schamlos, verächtlich“ usw. erhoben habe. Drews bezog sich dabei auf einen Artikel Kroners in der Vossischen Zeitung vom 24. Dezember 1924. Darin hatte Kroner ein am Vortag ergangenes Urteil im Prozess des als Nebenklä-ger beteiligten Reichspräsidenten Friedrich Ebert juristisch zerpflückt, dem in der Presse Landesverrat vorgeworfen worden war, und die Magdeburger Richter entsprechend be-zeichnet. Drews' Protest gegen Kroners Ernennung blieb ohne Erfolg.

Nach dem Erlass des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 stellte Präsident Bill Drews bereits Mitte Mai 1933, als hätte er schon seit lan-gem auf diese Möglichkeit gewartet, Wilhelm Kroner (respektive „Ew. Hochwohlgeboren“) „anheim“, die Beurlaubung von seinen Amtspflichten selbst zu beantragen. Kroner lehnte „gehorsamst“ das Ansinnen ab und verwies u. a. auf seine Stellung als Sohn des 1907 in Berlin verstorbenen Rabbiners und Gymnasialprofessors Dr. Philipp Kroner, dem seiner-zeit der König von Preußen den Roten Adlerorden vierter Klasse verliehen habe. Er wird nicht angenommen haben, wegen dieser Herkunft von Drews geschützt zu werden – viel-leicht wollte er zeigen, dass sein Stolz ungebrochen war.

„Nachdem Sie meiner Anregung, um Urlaub nachzusuchen, nicht Folge geleistet haben, sehe ich mich auf Grund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. 4. 1933 genötigt, Ew. Hochwohlgeboren meinerseits bis auf weiteres zu beurlau-ben“ verfügte Drews - der „Hüter des Beamtenrechts“ - am 19. Mai 1933, ohne hierzu et-wa Paragraphen oder die für ihn maßgeblichen Gründe anzuführen. Diese Gründe teilte er hingegen unter demselben Datum dem Preußischen Minister des Innern — Hermann Gö-ring — mit: Er verwies nicht etwa auf Kroners Position beim Republikanischen Richterbund oder auf dessen SPD-Zugehörigkeit, sondern nahm Bezug auf seinen Protest gegen Kro-ners Ernennung zum Oberverwaltungsgerichtsrat im Jahre 1925. „K. hat im Jahre 1924 durch Presseangriffe (Vossische Zeitung Nr. 610 vom 24. Dez.1924), deren Auswirkungen zu seiner Beförderung zum OVGRat geführt haben, national gesinnte Richter auf das schwerste beleidigt und sie geschädigt“, erläuterte er. Mit Bescheid vom 13. Juni 1933, unterzeichnet von Göring persönlich, wurde Wilhelm Kroner mit sofortiger Wirkung aus dem Dienst entlassen.

Die drei Kinder Kroners waren 1933 noch Studenten. 1935 und 1938 gelang ihnen die Emigration. Im Frühjahr 1939 begannen Adelheid und Wilhelm Kroner endlich, ihre eigene Emigration zu planen. Zu dieser Zeit hatten sie gerade ihre Wohnung am Kurfürstendamm 146 aufgeben müssen. Das Gebäude war von der Total-KG erworben worden, einem Rüstungsbetrieb. Albert Speer hatte dafür gesorgt, dass der Betrieb die Genehmigung er-hielt, die Wohnräume in Werk- und Büroräume umzuwandeln, und Egon Eiermann, später — in den 50er Jahren — „Stararchitekt“ von West-Berlin, projektierte den Umbau. Sämtli-chen Mietern wurde gekündigt. Eine neue eigene Wohnung zu mieten, erwies sich für Kroners als unmöglich.

Unter diesem Zeitdruck entschieden sie sich für ein möbliertes Zimmer in Wannsee. Ihren Briefen an den im November 1938 in die Schweiz geflüchteten Sohn Fritz ist zu entnehmen, dass eine Flucht nach Kopenhagen (zum Sohn Ernst), nach Vaduz/Liechtenstein und insbesondere in die Schweiz erwogen wurde. Dort bemühten sich ihre Kinder Ruth und Fritz Kroner indes vergeblich, über die jüdische Gemeinde und christliche Freunde hierfür Geld aufzutreiben oder Unterstützungszusagen zu erhalten. Auch der nach Skan-dinavien geflohene Sohn Ernst Kroner blieb ohne Erfolg.

Am 3. Oktober 1942 wurden Wilhelm Kroner und seine Ehefrau Adelheid mit dem sog. Dritten Alterstransport nach Theresienstadt deportiert. Der 72 jährige Wilhelm Kroner verstarb dort laut Todesfallanzeige des Ältestenrats des Ghettos am 15. Oktober 1942 an einem Lungenödem im Verlauf eines Darmkatarrhs, der sog. „Theresienstädter Krankheit“. Adelheid Kroner, damals 55 Jahre alt, folgte ihrem Mann nur 16 Tage später: Sie starb am 31. Oktober 1942 in den „Zentralkrankenstuben“ an Lungenentzündung und Herzschwä-che.

Für Wilhelm und Adelheid Kroner wurden am 8. Mai 2012 vor ihrem letzten frei gewählten Wohnhaus am Kurfürstendamm 146 Stolpersteine verlegt. (https://www.berlin.de/ba-charlotte…