Dr. Ernst Isay

Verlegeort
Hardenbergstraße 31
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
14. November 2016
Geboren
04. August 1880 in Trier
Flucht
1940 Brasilien
Tot
17. Juli 1943 in Sao Paulo

Ernst Isay wurde am 4. August 1880 in Trier geboren.<br />
<br />
Dr. Ernst Isay galt in der Weimarer Republik als führender Spezialist auf den Gebieten des Fremden- und des Staatsangehörigkeitsrechts. Disziplinen, für die er die venia legendi an der Universität Bonn und später an der Universität Münster besaß.<br />
<br />
Im Mai 1933 stand zunächst Isays Entlassung wegen seiner jüdischen Abstammung an. Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (BBG) waren Beamte, die „nicht arischer“ Abstammung waren, in den Ruhestand zu versetzen. Eine Ausnahme galt gemäß Absatz 2 u. a. für diejenigen, die im Weltkrieg an der Front für das Deutsche Reich oder für seine Verbündeten gekämpft hatten. Nach langem Schriftwechsel gelang es Isay, seine Frontkämpfereigenschaft während des Ersten Weltkrieges zu belegen.<br />
<br />
Viel gewonnen war mit dieser Bestätigung allerdings nicht. Das Innenministerium stellte schließlich Ernst Isay vor die Alternative, sich gemäß § 5 Abs.1 BBG in ein geringerwertiges Amt — Regierungsrat in der Provinz — oder gemäß § 5 Abs. 2 BBG in den Ruhestand versetzen zu lassen.<br />
Isay entschied sich trotz damit verbundener finanzieller Einbußen für den Ruhestand; sicherlich ging er zu diesem Zeitpunkt noch davon aus, weiterhin forschen und publizieren zu können. <br />
Mit Bescheid vom 18. Oktober 1933 wurde Ernst Isay in den endgültigen Ruhestand versetzt. <br />
Parallel zu den Geschehnissen in Berlin wurde Ernst Isay von der Universität Münster verdrängt. Im Herbst 1933 entzog man ihm dort seine Lehrbefugnis. <br />
<br />
Im Jahr 1934 konnte noch Isays Buch „Internationales Finanzrecht“ im Kohlhammer-Verlag erscheinen. <br />
<br />
Nach Vollendung dieses Buches hatte Isay auf Vorschlag des Kohlhammer-Verlages mit einem Werk über Internationales Privatrecht begonnen. Nachdem er bereits drei Jahre lang daran gearbeitet hatte, trat der Verlag vom Vertrag zurück.<br />
<br />
Für derartige Vertragsauflösungen hatte das Reichsgericht mit seiner Entscheidung vom 27. Juni 1936 das Muster vorgegeben: Die Richter hatten das „Jüdischsein“ eines Vertragspartners wegen der aus „rassepolitischen“ Gesichtspunkten eingetretenen völligen Rechtlosigkeit seiner Person dem (im Vertrag erwähnten) Rücktrittsgrund des Todes gleichgesetzt.<br />
<br />
Eine Emigration kam für ihn zu jener Zeit jedoch noch nicht in Betracht: Da seine Bemühungen um eine Lehrtätigkeit im Ausland gescheitert waren, hätte er Deutschland ohne jede Perspektive verlassen müssen. Hierfür fehlte es ihm an finanziellen Ressourcen.<br />
<br />
Hinzu kam, dass er inzwischen — offenbar wegen der seit 1933 erlittenen Kränkungen — schwer herzleidend geworden war.<br />
<br />
So brachten die Isays nach dem Schock der „Reichspogromnacht “ zunächst nur ihre beiden 1922 bzw. 1925 geborenen Kinder in (vermeintliche) Sicherheit: Mit einem Kindertransport wurden Elisabeth und Herbert Isay im Januar 1939 in die Niederlande geschickt. <br />
<br />
Ende April 1939 hatte die Schwester seiner Frau, die bereits 1936 nach Brasilien emigriert war, in Sao Paulo Einreisevisa zum Familiennachzug für Ernst Isay, seine Frau und die zwei in Holland befindlichen Kinder beantragt. Das brasilianische Außenministerium bewilligte die Erteilung der Visa nur infolge des Zufalls, dass Isays Schwager mit einem Professor für Internationales Privatrecht an der Universität von Rio de Janeiro zusammen getroffen war, der Bücher von Ernst Isay kannte und vermittelnd eingriff. Mitte Juni 1940 konnten Isay und seine Frau Deutschland verlassen. Über Russland (Sibirien) gelangten sie nach Japan und von dort aus Ende September 1940 nach Santos bei Sao Paulo. Ihre Kin-der, damals 18 bzw. 15 Jahre alt, konnten erst ein halbes Jahr später als ihre Eltern nach Brasilien aufbrechen.<br />
<br />
Die Aufregungen — insbesondere um das Schicksal der Kinder – und die Beschwerlichkeit des eigenen monatelangen Fluchtwegs hatten Ernst Isays ohnehin angeschlagene Gesundheit stark geschwächt. Das Exil war für ihn mit weiteren bitteren Erfahrungen verbunden. Isay durfte nur Gastvorlesungen halten, deren Bezahlung für den Lebensunterhalt aber nicht ausreichte. Das ihm seit der Entlassung zustehende Ruhegehalt wurde nicht ins Ausland überwiesen, sondern landete auf einem „Sonderkonto Versorgungsbezüge“ und entfiel Ende 1941 vollends. Die Familie war auf Wohltätigkeiten seitens der deutsch-jüdischen Gemeinde von Sao Paulo angewiesen.<br />
<br />
Einen Tag, nachdem er die Korrekturen seiner letzten Veröffentlichung beendet hatte, erlitt er schwere Kreislaufstörungen, an denen er drei Tage später - am 17. Juli 1943 - verstarb.<br />

Ernst Isay wurde am 4. August 1880 in Trier geboren.

Dr. Ernst Isay galt in der Weimarer Republik als führender Spezialist auf den Gebieten des Fremden- und des Staatsangehörigkeitsrechts. Disziplinen, für die er die venia legendi an der Universität Bonn und später an der Universität Münster besaß.

Im Mai 1933 stand zunächst Isays Entlassung wegen seiner jüdischen Abstammung an. Nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (BBG) waren Beamte, die „nicht arischer“ Abstammung waren, in den Ruhestand zu versetzen. Eine Ausnahme galt gemäß Absatz 2 u. a. für diejenigen, die im Weltkrieg an der Front für das Deutsche Reich oder für seine Verbündeten gekämpft hatten. Nach langem Schriftwechsel gelang es Isay, seine Frontkämpfereigenschaft während des Ersten Weltkrieges zu belegen.

Viel gewonnen war mit dieser Bestätigung allerdings nicht. Das Innenministerium stellte schließlich Ernst Isay vor die Alternative, sich gemäß § 5 Abs.1 BBG in ein geringerwertiges Amt — Regierungsrat in der Provinz — oder gemäß § 5 Abs. 2 BBG in den Ruhestand versetzen zu lassen.
Isay entschied sich trotz damit verbundener finanzieller Einbußen für den Ruhestand; sicherlich ging er zu diesem Zeitpunkt noch davon aus, weiterhin forschen und publizieren zu können.
Mit Bescheid vom 18. Oktober 1933 wurde Ernst Isay in den endgültigen Ruhestand versetzt.
Parallel zu den Geschehnissen in Berlin wurde Ernst Isay von der Universität Münster verdrängt. Im Herbst 1933 entzog man ihm dort seine Lehrbefugnis.

Im Jahr 1934 konnte noch Isays Buch „Internationales Finanzrecht“ im Kohlhammer-Verlag erscheinen.

Nach Vollendung dieses Buches hatte Isay auf Vorschlag des Kohlhammer-Verlages mit einem Werk über Internationales Privatrecht begonnen. Nachdem er bereits drei Jahre lang daran gearbeitet hatte, trat der Verlag vom Vertrag zurück.

Für derartige Vertragsauflösungen hatte das Reichsgericht mit seiner Entscheidung vom 27. Juni 1936 das Muster vorgegeben: Die Richter hatten das „Jüdischsein“ eines Vertragspartners wegen der aus „rassepolitischen“ Gesichtspunkten eingetretenen völligen Rechtlosigkeit seiner Person dem (im Vertrag erwähnten) Rücktrittsgrund des Todes gleichgesetzt.

Eine Emigration kam für ihn zu jener Zeit jedoch noch nicht in Betracht: Da seine Bemühungen um eine Lehrtätigkeit im Ausland gescheitert waren, hätte er Deutschland ohne jede Perspektive verlassen müssen. Hierfür fehlte es ihm an finanziellen Ressourcen.

Hinzu kam, dass er inzwischen — offenbar wegen der seit 1933 erlittenen Kränkungen — schwer herzleidend geworden war.

So brachten die Isays nach dem Schock der „Reichspogromnacht “ zunächst nur ihre beiden 1922 bzw. 1925 geborenen Kinder in (vermeintliche) Sicherheit: Mit einem Kindertransport wurden Elisabeth und Herbert Isay im Januar 1939 in die Niederlande geschickt.

Ende April 1939 hatte die Schwester seiner Frau, die bereits 1936 nach Brasilien emigriert war, in Sao Paulo Einreisevisa zum Familiennachzug für Ernst Isay, seine Frau und die zwei in Holland befindlichen Kinder beantragt. Das brasilianische Außenministerium bewilligte die Erteilung der Visa nur infolge des Zufalls, dass Isays Schwager mit einem Professor für Internationales Privatrecht an der Universität von Rio de Janeiro zusammen getroffen war, der Bücher von Ernst Isay kannte und vermittelnd eingriff. Mitte Juni 1940 konnten Isay und seine Frau Deutschland verlassen. Über Russland (Sibirien) gelangten sie nach Japan und von dort aus Ende September 1940 nach Santos bei Sao Paulo. Ihre Kin-der, damals 18 bzw. 15 Jahre alt, konnten erst ein halbes Jahr später als ihre Eltern nach Brasilien aufbrechen.

Die Aufregungen — insbesondere um das Schicksal der Kinder – und die Beschwerlichkeit des eigenen monatelangen Fluchtwegs hatten Ernst Isays ohnehin angeschlagene Gesundheit stark geschwächt. Das Exil war für ihn mit weiteren bitteren Erfahrungen verbunden. Isay durfte nur Gastvorlesungen halten, deren Bezahlung für den Lebensunterhalt aber nicht ausreichte. Das ihm seit der Entlassung zustehende Ruhegehalt wurde nicht ins Ausland überwiesen, sondern landete auf einem „Sonderkonto Versorgungsbezüge“ und entfiel Ende 1941 vollends. Die Familie war auf Wohltätigkeiten seitens der deutsch-jüdischen Gemeinde von Sao Paulo angewiesen.

Einen Tag, nachdem er die Korrekturen seiner letzten Veröffentlichung beendet hatte, erlitt er schwere Kreislaufstörungen, an denen er drei Tage später - am 17. Juli 1943 - verstarb.