Louis Behrendt

Verlegeort
Schreinerstraße 51
Bezirk/Ortsteil
Friedrichshain
Verlegedatum
09. April 2019
Geboren
29. November 1880 in Kolberg (Pommern) / Kołobrzeg
Beruf
Zigarrenmacher in Heimarbeit
Ermordet
23. Juli 1940 in der Tötungsanstalt Brandenburg an der Havel

Louis Behrendt kam am 29. November 1880 in Kolberg (Pommern, heute Kołobrzeg in Polen) als Sohn von Julius Behrendt und seiner Frau Frieda, geb. Tau, zur Welt. Die Eltern waren jüdisch und lebten sehr religiös. Louis war das zweite von zwölf Kindern, er hatte vier Brüder und sieben Schwestern. Um 1897 zog die Familie nach Berlin. <br />
Louis Behrendt arbeitete wie sein Vater als Zigarrenmacher in Heimarbeit. Seine erste Frau hieß Rosa Hirsch, mit ihr hatte er zwei Töchter: Hertha, geb. 1906, und Erna, geb. 1909. Die Familie wohnte nordöstlich des Alexanderplatzes und zog in diesem Viertel oft um: Im Berliner Adressbuch ist Louis Behrendt 1906 in der Barnimstr. 11, 1908 in der Höchste Str. 14, 1910 in der Weinstr. 23, 1911 in der Fliederstr. 17 und 1912 in der Lietzmannstr. 23 verzeichnet (die letzten beiden Straßen existieren heute nicht mehr).<br />
Rosa Behrendt starb 1912 in Berlin, sie wurde nur 29 Jahre alt. Die Töchter Hertha und Erna lebten danach zeitweise im Waisenhaus. Louis Behrendt war Soldat im Ersten Weltkrieg. 1915 wurde er leicht verwundet.<br />
1916 heiratete er die Christin Helene Haase. Helene nahm die Stieftöchter Hertha und Erna zu sich in die neue Familie. Das Ehepaar bekam noch drei weitere Kinder: Margarete, geb. 1917, Hans, geb. 1919, und Ingeborg, geb. 1925 in Berlin.<br />
1919 wohnte die Familie im Weidenweg 38, seit 1922 ist sie im Berliner Adressbuch in der Schreinerstr. 51 in Friedrichshain verzeichnet.<br />
Während der Nazizeit durfte Louis Behrendt nicht mehr als Zigarrenhersteller arbeiten.<br />
Im August 1938 kam er, nachdem er mehrere Jahre auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee gearbeitet hatte, als Geisteskranker in die Städtische Heil- und Pflegeanstalt Herzberge in Berlin-Lichtenberg. Er hatte auf die Nazi-Regierung geschimpft, weil seine Erwerbsquellen weggebrochen waren.<br />
Eines Tages traf die Familie Louis Behrendt in der Klinik Herzberge nicht mehr an. Er war in die Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde in der Nähe der Stadt Meseritz (Provinz Brandenburg, heute in Polen) verlegt worden. Die Familie wurde über seinen Verbleib im Ungewissen gelassen. <br />
Louis Behrendt wurde mit zahlreichen anderen Männern und Frauen am 22. Juli 1940 aus Meseritz-Obrawalde in die Heil- und Pflegeanstalt Berlin-Buch und von dort am folgenden Tag in die T4-Tötungsanstalt in Brandenburg an der Havel verlegt. Dort wurde er am 23. Juli 1940 mit Kohlenmonoxid vergast. <br />
Etwa im Februar/März 1941 erhielt Helene Behrendt per Post die Sterbeurkunde ihres Ehemanns. Laut dieser Urkunde soll Louis Behrendt, „wohnhaft Chelm“ bei Lublin im damaligen Generalgouvernement, „am 29. Januar 1941 um 19 Uhr in der Wohnung verstorben“ sein. „Eingetragen auf schriftliche Anzeige des Leiters der Irrenanstalt Chelm“. Diese Sterbeurkunde mit falschen Angaben diente der Verschleierung der Ermordung von Louis Behrendt. <br />
Ernst Klee schreibt zu dieser Praxis: „Zur Tarnung der Tötungen dient eine polnische ›Irrenanstalt‹, deren Postscheckkonto auffälligerweise in Berlin ist! [...] Da niemand den tatsächlichen Todestag kontrollieren, man also das Datum weit hinausschieben kann, werden bei der Tötung der Juden beträchtliche Gewinne erwirtschaftet. Die bürokratische Abwicklung erfolgt in Berlin. Dort sind [...] zwei Angestellte damit beschäftigt, Trostbriefe und Sterbeurkunden zu schreiben. Beurkundet wird die Tötung durch ein Standesamt ›Chelm‹ oder ›Cholm II‹. Die gesamte Post, sowohl der angeblichen Standesämter wie der angeblichen ›Irrenanstalt‹, wird durch einen Kurierdienst in die Lubliner Gegend gebracht und dort bei der Post aufgegeben.“<br />
Sohn Hans Behrendt wurde 1942 im KZ Sachsenhausen erschossen. Tochter Hertha wurde im KZ Auschwitz durch die Rote Armee befreit, starb aber am 2. März 1945 im Hospital Auschwitz-Birkenau an den Folgen der Lagerhaft. Die anderen drei Kinder überlebten den Krieg.<br />
Die Witwe Helene Behrendt starb 1958 in Berlin-Buch. Sie und die Kinder haben nie erfahren, wann, wo und wie Louis Behrendt wirklich ums Leben kam.<br />
Erst 2015 konnten mit Hilfe von Dr. Ute Hoffmann, Leiterin der Gedenkstätte für die Opfer der NS-“Euthanasie“ Bernburg, die wahren Todesumstände von Louis Behrendt aufgeklärt werden.

Louis Behrendt kam am 29. November 1880 in Kolberg (Pommern, heute Kołobrzeg in Polen) als Sohn von Julius Behrendt und seiner Frau Frieda, geb. Tau, zur Welt. Die Eltern waren jüdisch und lebten sehr religiös. Louis war das zweite von zwölf Kindern, er hatte vier Brüder und sieben Schwestern. Um 1897 zog die Familie nach Berlin.
Louis Behrendt arbeitete wie sein Vater als Zigarrenmacher in Heimarbeit. Seine erste Frau hieß Rosa Hirsch, mit ihr hatte er zwei Töchter: Hertha, geb. 1906, und Erna, geb. 1909. Die Familie wohnte nordöstlich des Alexanderplatzes und zog in diesem Viertel oft um: Im Berliner Adressbuch ist Louis Behrendt 1906 in der Barnimstr. 11, 1908 in der Höchste Str. 14, 1910 in der Weinstr. 23, 1911 in der Fliederstr. 17 und 1912 in der Lietzmannstr. 23 verzeichnet (die letzten beiden Straßen existieren heute nicht mehr).
Rosa Behrendt starb 1912 in Berlin, sie wurde nur 29 Jahre alt. Die Töchter Hertha und Erna lebten danach zeitweise im Waisenhaus. Louis Behrendt war Soldat im Ersten Weltkrieg. 1915 wurde er leicht verwundet.
1916 heiratete er die Christin Helene Haase. Helene nahm die Stieftöchter Hertha und Erna zu sich in die neue Familie. Das Ehepaar bekam noch drei weitere Kinder: Margarete, geb. 1917, Hans, geb. 1919, und Ingeborg, geb. 1925 in Berlin.
1919 wohnte die Familie im Weidenweg 38, seit 1922 ist sie im Berliner Adressbuch in der Schreinerstr. 51 in Friedrichshain verzeichnet.
Während der Nazizeit durfte Louis Behrendt nicht mehr als Zigarrenhersteller arbeiten.
Im August 1938 kam er, nachdem er mehrere Jahre auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee gearbeitet hatte, als Geisteskranker in die Städtische Heil- und Pflegeanstalt Herzberge in Berlin-Lichtenberg. Er hatte auf die Nazi-Regierung geschimpft, weil seine Erwerbsquellen weggebrochen waren.
Eines Tages traf die Familie Louis Behrendt in der Klinik Herzberge nicht mehr an. Er war in die Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde in der Nähe der Stadt Meseritz (Provinz Brandenburg, heute in Polen) verlegt worden. Die Familie wurde über seinen Verbleib im Ungewissen gelassen.
Louis Behrendt wurde mit zahlreichen anderen Männern und Frauen am 22. Juli 1940 aus Meseritz-Obrawalde in die Heil- und Pflegeanstalt Berlin-Buch und von dort am folgenden Tag in die T4-Tötungsanstalt in Brandenburg an der Havel verlegt. Dort wurde er am 23. Juli 1940 mit Kohlenmonoxid vergast.
Etwa im Februar/März 1941 erhielt Helene Behrendt per Post die Sterbeurkunde ihres Ehemanns. Laut dieser Urkunde soll Louis Behrendt, „wohnhaft Chelm“ bei Lublin im damaligen Generalgouvernement, „am 29. Januar 1941 um 19 Uhr in der Wohnung verstorben“ sein. „Eingetragen auf schriftliche Anzeige des Leiters der Irrenanstalt Chelm“. Diese Sterbeurkunde mit falschen Angaben diente der Verschleierung der Ermordung von Louis Behrendt.
Ernst Klee schreibt zu dieser Praxis: „Zur Tarnung der Tötungen dient eine polnische ›Irrenanstalt‹, deren Postscheckkonto auffälligerweise in Berlin ist! [...] Da niemand den tatsächlichen Todestag kontrollieren, man also das Datum weit hinausschieben kann, werden bei der Tötung der Juden beträchtliche Gewinne erwirtschaftet. Die bürokratische Abwicklung erfolgt in Berlin. Dort sind [...] zwei Angestellte damit beschäftigt, Trostbriefe und Sterbeurkunden zu schreiben. Beurkundet wird die Tötung durch ein Standesamt ›Chelm‹ oder ›Cholm II‹. Die gesamte Post, sowohl der angeblichen Standesämter wie der angeblichen ›Irrenanstalt‹, wird durch einen Kurierdienst in die Lubliner Gegend gebracht und dort bei der Post aufgegeben.“
Sohn Hans Behrendt wurde 1942 im KZ Sachsenhausen erschossen. Tochter Hertha wurde im KZ Auschwitz durch die Rote Armee befreit, starb aber am 2. März 1945 im Hospital Auschwitz-Birkenau an den Folgen der Lagerhaft. Die anderen drei Kinder überlebten den Krieg.
Die Witwe Helene Behrendt starb 1958 in Berlin-Buch. Sie und die Kinder haben nie erfahren, wann, wo und wie Louis Behrendt wirklich ums Leben kam.
Erst 2015 konnten mit Hilfe von Dr. Ute Hoffmann, Leiterin der Gedenkstätte für die Opfer der NS-“Euthanasie“ Bernburg, die wahren Todesumstände von Louis Behrendt aufgeklärt werden.