Siegfried Elkan Pincus

Verlegeort
(Stolperstein is virtual)
Michaelkirchstr. 13
Historischer Name
Michaelkirchstr. 13
Bezirk/Ortsteil
Mitte
Verlegedatum
09. November 2021
Geboren
20. Januar 1867 in Landsberg an der Warthe / Gorzów Wielkopolski (Polen)
Beruf
Kaufmann und Hersteller von Industriemaschinen
Deportation
am 24. Oktober 1941 nach Łódź / Litzmannstadt (Ghetto)
Ermordet
07. Februar 1942 in Łódź / Litzmannstadt (Ghetto)

Elkan Pincus wurde am 20.01.1867 in Landsberg an der Warthe (heute: Gorzów Wielkopolski, Polen) unter dem Namen Siegfried Pincus als Sohn von Bertha Philippsohn und Moritz Pincus geboren. Seine Stiefmutter war Cäcilie Pincus geb. Silbermann. Er hatte vier Geschwister, Rosa, Max, Wilhelm und Theodor. Das Gymnasium in Landsberg schloss er mit dem Mittleren Schulabschluss ab. Um 1885 verließ Elkan Pincus seine Geburtsstadt und nahm in Berlin eine langjährige Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter der Firma Philippsohn und Leschziner auf, deren Bevollmächtigter er später wurde. Am 29.03.1916 heiratete er die Berlinerin Anna Pincus, geb. Zacharias (*1878), die als Krankenpflegerin tätig war. Annas Mutter, Jeanette Zacharias geb. Silbermann war eine Cousine von Elkans Stiefmutter, Cäcilie Pincus geb. Silbermann. Das Ehepaar hatte einen gemeinsamen Sohn, Rudi Moritz Pincus (*1917). Die Familie lebte in der Michaelkirchstr. 13 in Berlin-Mitte in einer Wohnung im ersten Obergeschoss des Vorderhauses und verfügte über einen eigenen Telefonanschluss (Tel. 674675).<br />
<br />
1915 oder 1916 gründete Elkan Pincus sein eigenes Unternehmen, welches Zuschneidemaschinen für industriell genutzte Stoffrollen herstellte. Zur gewerblichen Tätigkeit und dem Betrieb seines Vaters sowie der Konstruktion der Zuschneidemaschinen erklärt Rudi Pincus 1959 in einer eidesstattlichen Versicherung: <br />
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"Die Fabrikation wurde in der Weise betrieben, dass er das Rohmaterial einkaufte und es dann mehreren von ihm in Berlin beschäftigen Mechaniker-Werkstätten zur Ausarbeitung nach seinen Angaben und Zeichnungen übertrug. Außerdem betrieb er einen Handel mit Ersatzteilen, wovon er auch ein ständiges sortiertes Lager unterhielt. Seine Kunden waren zum großen Teil in Berlin (Konfektionsbetriebe, Tapeziergeschäfte, Herstellerfirmen von Schnittmustern usw.), wie auch recht zahlreich in verschiedenen Teilen Deutschlands. Er hatte in den Zeiten bis Hitlers Regierungsantritt einen recht verzweigten, gutgehenden Betrieb."<br />
<br />
Ab 1933 konnte Elkan Pincus seine unternehmerische Tätigkeit aufgrund der Gesetze und Verordnungen zur Beschneidung jüdischen Lebens nur noch eingeschränkt wahrnehmen. Ab November 1938 erfolgte die vollumfängliche Verdrängung aus der Erwerbstätigkeit. Bis zum Inkrafttreten des Personenstandsgesetzes vom 3. November 1937 und des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 5. Januar 1938, führte Elkan Pincus seinen Geburts- und Erstnamen Siegfried. Er änderte diesen in Elkan um und musste auf diese Weise nicht den Zweitnamen Israel annehmen. <br />
<br />
Anfang 1939 emigrierte sein Sohn Rudi Pincus auf Anraten seines in Chile lebenden Cousins Bernie Pincus via England in das südamerikanische Land. Zwischen Eltern und Sohn bestand nach dessen Ankunft in Chile regelmäßiger Briefkontakt, in dessen Rahmen Alternativen zur Emigration von Anna und Elkan Pincus erörtert wurden. Aus dem von der Gestapo mitgelesenen Briefwechsel wird auch das elterliche Bedauern ersichtlich, nicht schon 1939 gemeinsam mit dem Sohn ausgereist zu sein. 1941 wurden dem Ehepaar bereits erteilte chilenische Visa annulliert. Daraufhin besorgten Rudi und seine Cousins Bernie Pincus und Kurt Abraham für Anna und Elkan Einreisevisa für Ecuador, welche jedoch nicht mehr rechtzeitig eintrafen.<br />
<br />
Am 22.10.1941 wurden Anna und Elkan Pincus aufgefordert ihre Wohnung in der Michaelkirchstraße zu verlassen und sich in der Synagoge in der Lewetzowstraße Berlin-Tiergarten einzufinden. Die Gestapo hatte der Jüdischen Gemeinde Berlin angeordnet, die Synagoge als Sammellager für 1.000 Personen herzurichten. Von dort mussten Anna und Elkan Pincus zwei Tage später, am 24.Oktober 1941, mit Gepäck sieben Kilometer zu Fuß durch die Stadt zum Bahnhof Grunewald gehen. Wer nicht laufen konnte, wurde auf Lastwägen transportiert. Angekommen am Bahnhof wurde Ihnen zusammen mit etwa 980 Jüdinnen und Juden befohlen, einen bewachten Passagierzug zu besteigen, mit welchem sie noch am selben Tag im Rahmen des sog. „II. Transport" bzw. „II. Osttransport" von Berlin in das Ghetto von Litzmannstadt (Łódź) deportiert wurden. Auf einer dort erstellten Liste von Personen, die in diesem Zusammenhang im Ghetto „eingesiedelt" wurden, sind hinter dem Namen von Elkan Pincus neben seinem Todesdatum, der Begriff „Greisenheim II" und die Adresse „Gnesener Str. 26" vermerkt. An besagter Anschrift befand sich im Ghetto von Litzmannstadt eine Unterbringung für ältere Menschen sowie für Personen, die aus Gebieten außerhalb Polens deportiert worden waren. Siegfried Elkan Pincus kam am 07.02.1942 im Alter von 75 Jahren im Ghetto von Litzmannstadt (Łódź) ums Leben. Anna Pincus wurde vermutlich am 12.05.1942 [nach anderen Angaben<br />
am 13.05.1942] aus dem Ghetto von Litzmannstadt in das etwa 70 km entfernt liegende Vernichtungslager in Kulmhof (Chełmno nad Nerem) gebracht und dort in einem umgebauten Lastwagen vergast. Ihr genaues Todesdatum ist nicht bekannt.<br />

Elkan Pincus wurde am 20.01.1867 in Landsberg an der Warthe (heute: Gorzów Wielkopolski, Polen) unter dem Namen Siegfried Pincus als Sohn von Bertha Philippsohn und Moritz Pincus geboren. Seine Stiefmutter war Cäcilie Pincus geb. Silbermann. Er hatte vier Geschwister, Rosa, Max, Wilhelm und Theodor. Das Gymnasium in Landsberg schloss er mit dem Mittleren Schulabschluss ab. Um 1885 verließ Elkan Pincus seine Geburtsstadt und nahm in Berlin eine langjährige Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter der Firma Philippsohn und Leschziner auf, deren Bevollmächtigter er später wurde. Am 29.03.1916 heiratete er die Berlinerin Anna Pincus, geb. Zacharias (*1878), die als Krankenpflegerin tätig war. Annas Mutter, Jeanette Zacharias geb. Silbermann war eine Cousine von Elkans Stiefmutter, Cäcilie Pincus geb. Silbermann. Das Ehepaar hatte einen gemeinsamen Sohn, Rudi Moritz Pincus (*1917). Die Familie lebte in der Michaelkirchstr. 13 in Berlin-Mitte in einer Wohnung im ersten Obergeschoss des Vorderhauses und verfügte über einen eigenen Telefonanschluss (Tel. 674675).

1915 oder 1916 gründete Elkan Pincus sein eigenes Unternehmen, welches Zuschneidemaschinen für industriell genutzte Stoffrollen herstellte. Zur gewerblichen Tätigkeit und dem Betrieb seines Vaters sowie der Konstruktion der Zuschneidemaschinen erklärt Rudi Pincus 1959 in einer eidesstattlichen Versicherung:

"Die Fabrikation wurde in der Weise betrieben, dass er das Rohmaterial einkaufte und es dann mehreren von ihm in Berlin beschäftigen Mechaniker-Werkstätten zur Ausarbeitung nach seinen Angaben und Zeichnungen übertrug. Außerdem betrieb er einen Handel mit Ersatzteilen, wovon er auch ein ständiges sortiertes Lager unterhielt. Seine Kunden waren zum großen Teil in Berlin (Konfektionsbetriebe, Tapeziergeschäfte, Herstellerfirmen von Schnittmustern usw.), wie auch recht zahlreich in verschiedenen Teilen Deutschlands. Er hatte in den Zeiten bis Hitlers Regierungsantritt einen recht verzweigten, gutgehenden Betrieb."

Ab 1933 konnte Elkan Pincus seine unternehmerische Tätigkeit aufgrund der Gesetze und Verordnungen zur Beschneidung jüdischen Lebens nur noch eingeschränkt wahrnehmen. Ab November 1938 erfolgte die vollumfängliche Verdrängung aus der Erwerbstätigkeit. Bis zum Inkrafttreten des Personenstandsgesetzes vom 3. November 1937 und des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 5. Januar 1938, führte Elkan Pincus seinen Geburts- und Erstnamen Siegfried. Er änderte diesen in Elkan um und musste auf diese Weise nicht den Zweitnamen Israel annehmen.

Anfang 1939 emigrierte sein Sohn Rudi Pincus auf Anraten seines in Chile lebenden Cousins Bernie Pincus via England in das südamerikanische Land. Zwischen Eltern und Sohn bestand nach dessen Ankunft in Chile regelmäßiger Briefkontakt, in dessen Rahmen Alternativen zur Emigration von Anna und Elkan Pincus erörtert wurden. Aus dem von der Gestapo mitgelesenen Briefwechsel wird auch das elterliche Bedauern ersichtlich, nicht schon 1939 gemeinsam mit dem Sohn ausgereist zu sein. 1941 wurden dem Ehepaar bereits erteilte chilenische Visa annulliert. Daraufhin besorgten Rudi und seine Cousins Bernie Pincus und Kurt Abraham für Anna und Elkan Einreisevisa für Ecuador, welche jedoch nicht mehr rechtzeitig eintrafen.

Am 22.10.1941 wurden Anna und Elkan Pincus aufgefordert ihre Wohnung in der Michaelkirchstraße zu verlassen und sich in der Synagoge in der Lewetzowstraße Berlin-Tiergarten einzufinden. Die Gestapo hatte der Jüdischen Gemeinde Berlin angeordnet, die Synagoge als Sammellager für 1.000 Personen herzurichten. Von dort mussten Anna und Elkan Pincus zwei Tage später, am 24.Oktober 1941, mit Gepäck sieben Kilometer zu Fuß durch die Stadt zum Bahnhof Grunewald gehen. Wer nicht laufen konnte, wurde auf Lastwägen transportiert. Angekommen am Bahnhof wurde Ihnen zusammen mit etwa 980 Jüdinnen und Juden befohlen, einen bewachten Passagierzug zu besteigen, mit welchem sie noch am selben Tag im Rahmen des sog. „II. Transport" bzw. „II. Osttransport" von Berlin in das Ghetto von Litzmannstadt (Łódź) deportiert wurden. Auf einer dort erstellten Liste von Personen, die in diesem Zusammenhang im Ghetto „eingesiedelt" wurden, sind hinter dem Namen von Elkan Pincus neben seinem Todesdatum, der Begriff „Greisenheim II" und die Adresse „Gnesener Str. 26" vermerkt. An besagter Anschrift befand sich im Ghetto von Litzmannstadt eine Unterbringung für ältere Menschen sowie für Personen, die aus Gebieten außerhalb Polens deportiert worden waren. Siegfried Elkan Pincus kam am 07.02.1942 im Alter von 75 Jahren im Ghetto von Litzmannstadt (Łódź) ums Leben. Anna Pincus wurde vermutlich am 12.05.1942 [nach anderen Angaben
am 13.05.1942] aus dem Ghetto von Litzmannstadt in das etwa 70 km entfernt liegende Vernichtungslager in Kulmhof (Chełmno nad Nerem) gebracht und dort in einem umgebauten Lastwagen vergast. Ihr genaues Todesdatum ist nicht bekannt.