Elsbeth Cäcilie Wartenberg geb. Nathansohn

Verlegeort
Bregenzer Str. 9
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
07. Oktober 2020
Geboren
04. Mai 1875 in Berlin
Deportation
am 14. Januar 1943 nach Theresienstadt
Ermordet
15. Juni 1943 in Theresienstadt

Elsbeth Cäcilie Nathansohn kam am 4. Mai 1875 in Berlin auf die Welt. Ihre Eltern waren der Kaufmann und Fabrikbesitzer Jakob (Jacques) Nathansohn und seine Frau Ida, geborene Pincus. Das Ehepaar Nathansohn bekam neben Elsbeth vier weitere Kinder: Paul wurde am 7. Mai 1874 geboren, Charlotte am 17. Mai 1878, Katharina am 19. Juli 1879 und Albert am 12. Mai 1882. Jakob Nathansohn führte sein Geschäft in Berlin-Mitte unter der französischen Version seines Vornamens, passend zu der edlen Ware, die er vertrieb. Eine Anzeige im Berliner Adressbuch von 1890 lautet:<br />
„Jacques Nathansohn, Handl. Roher und gefärbter Seiden, Perlen u. Artikel für die Passementerie, Vert. v. J & T Brocklehurst & Sons i. Macelesfield, C Kurstr. 29 Inh. Jacques Nathansohn.“<br />
Die Privatwohnung der Familie befand sich zu dieser Zeit am Lützowufer 23, später in der Keithstraße 3.<br />
Im Jahr 1914 änderte sich die Situation der Familie Nathansohn dramatisch. Der Eintrag für die Firma war aus dem Adressbuch getilgt, sicher im Zusammenhang mit dem fast gleichzeitigen Tod der Eltern. Ida starb am 10. Januar und Jakob am 5. April 1914. Ihr Sohn Paul meldete den Tod seiner Eltern beim Standesamt. Zu dem Zeitpunkt wohnten sie schon in Wilmersdorf in der Sächsischen Straße 74, einer viel bescheideneren Wohngegend als zuvor. <br />
Elsbeth war bereits 1899 aus dem Elternhaus ausgezogen. Sie hatte am 11. Februar 1899 den Apotheker Dr. phil. Wilhelm Wartenberg geheiratet und lebte mit ihm in der Reichenberger Straße 63, in der sich auch dessen „Falkenapotheke“ befand. Ein Jahr später, am 21. Dezember 1900 kam die Tochter Elfriede auf die Welt, am 18. Januar 1906 der Sohn Fritz. 1907 wohnte die Familie in der Courbièrestraße 72. Elsbeths Mann hatte in diesem Jahr die „Marggraffsche Rothe Apotheke“ am Hackeschen Markt gekauft. Sie gilt heute als älteste Apotheke Berlins, die Innenräume stehen unter Denkmalschutz. Die Fassade des Hauses wurde Ende der 1920er-Jahre von Elsbeths Bruder Paul, der 1919 bei seiner Heirat seinen Nachnamen in Nansen geändert hatte und als Architekt tätig war, im Rahmen der „Neuen Sachlichkeit“ umgestaltet.<br />
Von der Courbièrestraße zog Elsbeth Wartenberg mit ihrer Familie ans Holsteiner Ufer 11 (1912 wurden die Hausnummern geändert, aus Nr. 11 wurde Nr. 20). Dort blieb die Familie bis 1933 wohnen.<br />
Die Tochter Elfriede trat in die Fußstapfen ihres Vaters und wurde eine der ersten jüdischen Apothekerinnen Berlins. Der Sohn Fritz studierte ebenfalls Pharmazie, nach dem Studium arbeitete er ab 1931 in der Apotheke seines Vaters. Seine Heiratsanzeige von 1933 wies ihn, wie auch seinen Vater, als Apotheker und Doktor der Philosophie aus. Wilhelm Wartenberg wurde 1933, gleich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, aller öffentlicher Ämter als Vorsitzender der Apothekerkammer und Mitglied des Reichsgesundheitsrats enthoben. Die Wartenbergs mussten ihre Wohnung am Holsteiner Ufer aufgeben und zogen in die Mommsenstraße 1. Es war nur eine vorübergehende Bleibe. Ab 1937 wohnten sie in der Bregenzer Straße 9, nahe dem Olivaer Platz. Nachdem das „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“ 1939 in Kraft getreten war, wurden Elsbeth und Wilhelm Wartenberg gezwungen, aus dieser Wohnung aus- und in eine ihnen zugewiesene Unterkunft in der Prinzregentenstraße 4 einzuziehen.<br />
Ihre Kinder waren zu diesem Zeitpunkt längst verheiratet. Am 27. November 1926 hatte Elfriede den Arzt Dr. med. Hans Jungmann geheiratet. Das Ehepaar wanderte nach London aus, wo Elfriede 1971 verstarb. Fritz Wartenberg heiratete am 26. April 1933 Elisabeth Franziska Buchmann. Er hatte von seinem Vater die Leitung der Rothen Apotheke übernommen. 1937 musste er sie verkaufen und flüchtete ohne seine Frau und seine 1934 geborene Tochter Carla nach London. <br />
Am 27. Januar 1942 kam der nächste Schicksalsschlag für Elsbeth Wartenberg. Ihr Mann Wilhelm wurde auf einer Parkbank vor dem Haus Aschaffenburger Straße 22 tot aufgefunden. Gedemütigt und entrechtet starb er in aller Öffentlichkeit an Herzversagen. Die Schwiegertochter Elisabeth meldete seinen Tod dem Wilmersdorfer Standesamt. <br />
Am 14. Januar 1943 wurde Elsbeth Wartenberg in das Ghetto Theresienstadt verschleppt und dort fünf Monate später, am 15. Juni, ums Leben gebracht. Als Todesursache wurde auf der Todesfallanzeige „Schenkelhalsbruch links“ und „Myokarditis“ vermerkt. Ihre Schwiegertochter Elisabeth und die Enkelin Carla flohen am Tag der Deportation Elsbeths aus Berlin und überlebten Verfolgung und Krieg in wechselnden Verstecken auf dem Land. Wann Carla zu ihrem Vater nach England übersiedelte, ist nicht bekannt. 1990 erbte Carla Wartenberg die Apotheke ihres Großvaters in der Rosenthaler Straße und ließ sie in die Form zurückbauen, die ihr der Großvater Wilhelm 1929 gegeben hatte. Fritz Wartenberg kehrte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt nach Deutschland zurück. Er starb 1983 in Donaueschingen. Carla starb 2019, ein Jahr vor der Verlegung der Stolpersteine ihrer Großeltern, in London.<br />
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Elsbeth Cäcilie Nathansohn kam am 4. Mai 1875 in Berlin auf die Welt. Ihre Eltern waren der Kaufmann und Fabrikbesitzer Jakob (Jacques) Nathansohn und seine Frau Ida, geborene Pincus. Das Ehepaar Nathansohn bekam neben Elsbeth vier weitere Kinder: Paul wurde am 7. Mai 1874 geboren, Charlotte am 17. Mai 1878, Katharina am 19. Juli 1879 und Albert am 12. Mai 1882. Jakob Nathansohn führte sein Geschäft in Berlin-Mitte unter der französischen Version seines Vornamens, passend zu der edlen Ware, die er vertrieb. Eine Anzeige im Berliner Adressbuch von 1890 lautet:
„Jacques Nathansohn, Handl. Roher und gefärbter Seiden, Perlen u. Artikel für die Passementerie, Vert. v. J & T Brocklehurst & Sons i. Macelesfield, C Kurstr. 29 Inh. Jacques Nathansohn.“
Die Privatwohnung der Familie befand sich zu dieser Zeit am Lützowufer 23, später in der Keithstraße 3.
Im Jahr 1914 änderte sich die Situation der Familie Nathansohn dramatisch. Der Eintrag für die Firma war aus dem Adressbuch getilgt, sicher im Zusammenhang mit dem fast gleichzeitigen Tod der Eltern. Ida starb am 10. Januar und Jakob am 5. April 1914. Ihr Sohn Paul meldete den Tod seiner Eltern beim Standesamt. Zu dem Zeitpunkt wohnten sie schon in Wilmersdorf in der Sächsischen Straße 74, einer viel bescheideneren Wohngegend als zuvor.
Elsbeth war bereits 1899 aus dem Elternhaus ausgezogen. Sie hatte am 11. Februar 1899 den Apotheker Dr. phil. Wilhelm Wartenberg geheiratet und lebte mit ihm in der Reichenberger Straße 63, in der sich auch dessen „Falkenapotheke“ befand. Ein Jahr später, am 21. Dezember 1900 kam die Tochter Elfriede auf die Welt, am 18. Januar 1906 der Sohn Fritz. 1907 wohnte die Familie in der Courbièrestraße 72. Elsbeths Mann hatte in diesem Jahr die „Marggraffsche Rothe Apotheke“ am Hackeschen Markt gekauft. Sie gilt heute als älteste Apotheke Berlins, die Innenräume stehen unter Denkmalschutz. Die Fassade des Hauses wurde Ende der 1920er-Jahre von Elsbeths Bruder Paul, der 1919 bei seiner Heirat seinen Nachnamen in Nansen geändert hatte und als Architekt tätig war, im Rahmen der „Neuen Sachlichkeit“ umgestaltet.
Von der Courbièrestraße zog Elsbeth Wartenberg mit ihrer Familie ans Holsteiner Ufer 11 (1912 wurden die Hausnummern geändert, aus Nr. 11 wurde Nr. 20). Dort blieb die Familie bis 1933 wohnen.
Die Tochter Elfriede trat in die Fußstapfen ihres Vaters und wurde eine der ersten jüdischen Apothekerinnen Berlins. Der Sohn Fritz studierte ebenfalls Pharmazie, nach dem Studium arbeitete er ab 1931 in der Apotheke seines Vaters. Seine Heiratsanzeige von 1933 wies ihn, wie auch seinen Vater, als Apotheker und Doktor der Philosophie aus. Wilhelm Wartenberg wurde 1933, gleich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, aller öffentlicher Ämter als Vorsitzender der Apothekerkammer und Mitglied des Reichsgesundheitsrats enthoben. Die Wartenbergs mussten ihre Wohnung am Holsteiner Ufer aufgeben und zogen in die Mommsenstraße 1. Es war nur eine vorübergehende Bleibe. Ab 1937 wohnten sie in der Bregenzer Straße 9, nahe dem Olivaer Platz. Nachdem das „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“ 1939 in Kraft getreten war, wurden Elsbeth und Wilhelm Wartenberg gezwungen, aus dieser Wohnung aus- und in eine ihnen zugewiesene Unterkunft in der Prinzregentenstraße 4 einzuziehen.
Ihre Kinder waren zu diesem Zeitpunkt längst verheiratet. Am 27. November 1926 hatte Elfriede den Arzt Dr. med. Hans Jungmann geheiratet. Das Ehepaar wanderte nach London aus, wo Elfriede 1971 verstarb. Fritz Wartenberg heiratete am 26. April 1933 Elisabeth Franziska Buchmann. Er hatte von seinem Vater die Leitung der Rothen Apotheke übernommen. 1937 musste er sie verkaufen und flüchtete ohne seine Frau und seine 1934 geborene Tochter Carla nach London.
Am 27. Januar 1942 kam der nächste Schicksalsschlag für Elsbeth Wartenberg. Ihr Mann Wilhelm wurde auf einer Parkbank vor dem Haus Aschaffenburger Straße 22 tot aufgefunden. Gedemütigt und entrechtet starb er in aller Öffentlichkeit an Herzversagen. Die Schwiegertochter Elisabeth meldete seinen Tod dem Wilmersdorfer Standesamt.
Am 14. Januar 1943 wurde Elsbeth Wartenberg in das Ghetto Theresienstadt verschleppt und dort fünf Monate später, am 15. Juni, ums Leben gebracht. Als Todesursache wurde auf der Todesfallanzeige „Schenkelhalsbruch links“ und „Myokarditis“ vermerkt. Ihre Schwiegertochter Elisabeth und die Enkelin Carla flohen am Tag der Deportation Elsbeths aus Berlin und überlebten Verfolgung und Krieg in wechselnden Verstecken auf dem Land. Wann Carla zu ihrem Vater nach England übersiedelte, ist nicht bekannt. 1990 erbte Carla Wartenberg die Apotheke ihres Großvaters in der Rosenthaler Straße und ließ sie in die Form zurückbauen, die ihr der Großvater Wilhelm 1929 gegeben hatte. Fritz Wartenberg kehrte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt nach Deutschland zurück. Er starb 1983 in Donaueschingen. Carla starb 2019, ein Jahr vor der Verlegung der Stolpersteine ihrer Großeltern, in London.