Fritz Lachotzki

Verlegeort
Paulsborner Str. 3
Bezirk/Ortsteil
Wilmersdorf
Verlegedatum
06. Oktober 2021
Geboren
14. Oktober 1928 in Berlin
Flucht
1938 England, USA
Überlebt

Fritz Lachotzki wurde am 14. Oktober 1928 als Sohn von Bruno und Selma Lachotzki in Berlin geboren. Die ersten Jahre seiner Kindheit verliefen sehr glücklich. Die Familie war wohlhabend, weil der Vater als Teilhaber in einer äußerst erfolgreichen Damenoberbekleidungsfirma arbeitete. Da seine Eltern viel Zeit außerhalb des Hauses bei der Arbeit verbrachten, sorgten seine Tante Thea und die Nanny Lina sowie seine Schwester Rosemarie für ihn. <br />
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Fritz begann seine Schulausbildung in der öffentlichen Schule in der Sybelstraße, nicht weit von seinem Zuhause entfernt. Doch wurden jüdische Kinder aus öffentlichen Schulen verdrängt, bevor ihnen 1938 gänzlich verboten wurde, öffentliche Schulen zu besuchen. Bruno und seine Schwester gingen deshalb ab 1936 auf eine private jüdische Schule in Dahlem, die Private Waldschule Kaliski (PWK).<br />
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1936 war ebenso das Jahr der Olympischen Sommerspiele und Fritz hatte sich sehr auf die Eröffnungszeremonie gefreut. Als ihm sein Vater sagte, es sei äußerst gefährlich, als Jude an derartigen öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen, war er sehr enttäuscht.<br />
<br />
Fritz erinnerte sich später immer an die Nazi-Braunhemden, die durch die Straßen Berlins zogen, um nach Juden Ausschau zu halten, die sie angreifen konnten. Und er erinnerte sich an die schrecklichen Poster von dem „hässlichen Juden“ und an das nationalsozialistische Propagandablatt „Der Stürmer“, das von Zeitungsjungen verkauft wurde. <br />
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Die Väter seiner Freunde wurden verhaftet und ganze Familien verschwanden. Wenigstens seine Schule, die PWK, war eine Art Refugium, wo die Kinder nicht nur die normalen Unterrichtsfächer hatten, sondern auch die Dinge lernten, die ihnen in Palästina das Überleben ermöglichen würden, wenn sie so viel Glück hätten, dorthin zu emigrieren.<br />
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In der Pogromnacht am 9. November 1938 wurde der Friedenstempel, die Synagoge in der Markgraf-Albrecht-Straße, zu der die Familie regelmäßig ging, angegriffen. Fritz’ Vater war Gemeindevorsteher, weshalb er gerufen wurde, zu helfen die Torahrollen zu retten. Er nahm Fritz mit, der sich später erinnerte, dass die Synagoge schon brannte, als sie dort ankamen und die Torahrollen nicht mehr zu retten waren. Am nächsten Morgen wurde sein Vater verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht.<br />
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Kurze Zeit später gelang es seiner Mutter Selma, genug Lösegeld zu zahlen, um Bruno aus dem Lager zu holen, aber die Familie musste Deutschland innerhalb von 48 Stunden verlassen. Selma hatte die nötigen Papiere erhalten, um mit der Familie nach England einzureisen, wo Cousins ein kleines Sommerhaus an der Küste von Sussex gemietet hatten. Es hatte keine Heizung und war deshalb kein Platz, wo man den Winter 1939/40 hätte verbringen können. Fritz besuchte in dem winzigen Dorf Shoreham-by-the-Sea die Schule.<br />
<br />
Sie konnten alle kein Wort Englisch als sie in England ankamen, aber als sie im Frühjahr 1940 das Land verließen, um in die USA zu gehen, war das Englisch schon ziemlich passabel.<br />
<br />
Sie ließen sich in Minneapolis nieder, wo Selma einen Cousin hatte, der sie anfangs bei sich und seiner Familie wohnen ließ.<br />
<br />
Die Familie änderte ihren Namen zu Lyon und Fritz nannte sich nun Fred. Er blieb fast sein ganzes Leben in Minneapolis, absolvierte dort die Highschool und diente in der US-Marine, machte einen Abschluss an der Universität von Minnesota in Biologie und wurde Arzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. Nach einem weiteren Abschluss, ebenfalls an der Universität von Minnesota, beendete er seine Assistenzzeit dort und wurde Partner in einer Praxis für Gynäkologie und Geburtshilfe. Er war ein beliebter Arzt in der jüdischen Community.<br />
<br />
Er heiratete Naomi Mlnarik, mit der er drei Kinder hatte: Heidi Wagner, Dan und Gregory Lyon.<br />
<br />
Während der Jahre der Bürgerrechtsbewegung engagierten sich Fred und Naomi in der eigenen Stadt und setzten sich für die Rechte der Afro-Amerikaner*innen für bessere Wohnverhältnisse und deren Wahlrecht ein. Fred fuhr auch nach Selma, Alabama, um mit Martin Luther King zu demonstrieren. Als dies bekannt wurde, kamen viele afro-amerikanische Frauen zu Fred und wurden seine Patientinnen. Er war ein Vertreter für den Kampf um das Recht auf Abtreibung und richtete zwischen Denver und Chicago besondere Zentren ein.<br />
<br />
Seine Praxis hatte großen Erfolg, er wurde zudem noch Chefarzt für Gynäkologe im Mount Sinai Hospital und im Methodist Hospital sowie außerordentlicher Professor für diesen Fachbereich an der Universität von Minnesota. Er setzte sich 1989 zur Ruhe. Die letzten zehn Jahre ihres Lebens verbrachten Fred und Naomi einen großen Teil des Jahres in Tucson, Arizona.

Fritz Lachotzki wurde am 14. Oktober 1928 als Sohn von Bruno und Selma Lachotzki in Berlin geboren. Die ersten Jahre seiner Kindheit verliefen sehr glücklich. Die Familie war wohlhabend, weil der Vater als Teilhaber in einer äußerst erfolgreichen Damenoberbekleidungsfirma arbeitete. Da seine Eltern viel Zeit außerhalb des Hauses bei der Arbeit verbrachten, sorgten seine Tante Thea und die Nanny Lina sowie seine Schwester Rosemarie für ihn.

Fritz begann seine Schulausbildung in der öffentlichen Schule in der Sybelstraße, nicht weit von seinem Zuhause entfernt. Doch wurden jüdische Kinder aus öffentlichen Schulen verdrängt, bevor ihnen 1938 gänzlich verboten wurde, öffentliche Schulen zu besuchen. Bruno und seine Schwester gingen deshalb ab 1936 auf eine private jüdische Schule in Dahlem, die Private Waldschule Kaliski (PWK).

1936 war ebenso das Jahr der Olympischen Sommerspiele und Fritz hatte sich sehr auf die Eröffnungszeremonie gefreut. Als ihm sein Vater sagte, es sei äußerst gefährlich, als Jude an derartigen öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen, war er sehr enttäuscht.

Fritz erinnerte sich später immer an die Nazi-Braunhemden, die durch die Straßen Berlins zogen, um nach Juden Ausschau zu halten, die sie angreifen konnten. Und er erinnerte sich an die schrecklichen Poster von dem „hässlichen Juden“ und an das nationalsozialistische Propagandablatt „Der Stürmer“, das von Zeitungsjungen verkauft wurde.

Die Väter seiner Freunde wurden verhaftet und ganze Familien verschwanden. Wenigstens seine Schule, die PWK, war eine Art Refugium, wo die Kinder nicht nur die normalen Unterrichtsfächer hatten, sondern auch die Dinge lernten, die ihnen in Palästina das Überleben ermöglichen würden, wenn sie so viel Glück hätten, dorthin zu emigrieren.

In der Pogromnacht am 9. November 1938 wurde der Friedenstempel, die Synagoge in der Markgraf-Albrecht-Straße, zu der die Familie regelmäßig ging, angegriffen. Fritz’ Vater war Gemeindevorsteher, weshalb er gerufen wurde, zu helfen die Torahrollen zu retten. Er nahm Fritz mit, der sich später erinnerte, dass die Synagoge schon brannte, als sie dort ankamen und die Torahrollen nicht mehr zu retten waren. Am nächsten Morgen wurde sein Vater verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht.

Kurze Zeit später gelang es seiner Mutter Selma, genug Lösegeld zu zahlen, um Bruno aus dem Lager zu holen, aber die Familie musste Deutschland innerhalb von 48 Stunden verlassen. Selma hatte die nötigen Papiere erhalten, um mit der Familie nach England einzureisen, wo Cousins ein kleines Sommerhaus an der Küste von Sussex gemietet hatten. Es hatte keine Heizung und war deshalb kein Platz, wo man den Winter 1939/40 hätte verbringen können. Fritz besuchte in dem winzigen Dorf Shoreham-by-the-Sea die Schule.

Sie konnten alle kein Wort Englisch als sie in England ankamen, aber als sie im Frühjahr 1940 das Land verließen, um in die USA zu gehen, war das Englisch schon ziemlich passabel.

Sie ließen sich in Minneapolis nieder, wo Selma einen Cousin hatte, der sie anfangs bei sich und seiner Familie wohnen ließ.

Die Familie änderte ihren Namen zu Lyon und Fritz nannte sich nun Fred. Er blieb fast sein ganzes Leben in Minneapolis, absolvierte dort die Highschool und diente in der US-Marine, machte einen Abschluss an der Universität von Minnesota in Biologie und wurde Arzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. Nach einem weiteren Abschluss, ebenfalls an der Universität von Minnesota, beendete er seine Assistenzzeit dort und wurde Partner in einer Praxis für Gynäkologie und Geburtshilfe. Er war ein beliebter Arzt in der jüdischen Community.

Er heiratete Naomi Mlnarik, mit der er drei Kinder hatte: Heidi Wagner, Dan und Gregory Lyon.

Während der Jahre der Bürgerrechtsbewegung engagierten sich Fred und Naomi in der eigenen Stadt und setzten sich für die Rechte der Afro-Amerikaner*innen für bessere Wohnverhältnisse und deren Wahlrecht ein. Fred fuhr auch nach Selma, Alabama, um mit Martin Luther King zu demonstrieren. Als dies bekannt wurde, kamen viele afro-amerikanische Frauen zu Fred und wurden seine Patientinnen. Er war ein Vertreter für den Kampf um das Recht auf Abtreibung und richtete zwischen Denver und Chicago besondere Zentren ein.

Seine Praxis hatte großen Erfolg, er wurde zudem noch Chefarzt für Gynäkologe im Mount Sinai Hospital und im Methodist Hospital sowie außerordentlicher Professor für diesen Fachbereich an der Universität von Minnesota. Er setzte sich 1989 zur Ruhe. Die letzten zehn Jahre ihres Lebens verbrachten Fred und Naomi einen großen Teil des Jahres in Tucson, Arizona.