Katharina Abrahamsohn geb. Lubczynski

Verlegeort
Heilbronner Str. 21
Bezirk/Ortsteil
Schöneberg
Verlegedatum
29. November 2021
Geboren
20. Mai 1889 in Berlin
Beruf
Näherin
Deportation
am 25. Januar 1942 nach Riga
Ermordet
in Riga

Katharina Lubczynski kam am 20. Mai 1889 in Berlin als Tochter des Siegfried Lubczynski und seiner Frau Henriette zur Welt. <br />
Katharina hatte eine jüngere Schwester, Charlotte Wally, geboren am 8. Mai 1895 und eine ältere Schwester, Anna Irma, geboren am 27. Februar 1888 in Posen.<br />
<br />
Katharina wurde Näherin und heiratete 1919 den Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Abrahamsohn. Wie viele deutsche Juden hatte auch er im Ersten Weltkrieg gekämpft und war mit einem Orden ausgezeichnet worden.<br />
Die Tochter Daisy Hortense Natalie kam am 3. September 1921 zur Welt, es folgte der Sohn Günther Gerd Siegfried am 27. Oktober 1926. <br />
<br />
Katharinas Mann Wilhelm hatte seine Praxis in der Schellingstraße, privat wohnte die Familie ab 1930 in der Martin-Luther-Straße 54. Wilhelm unternahm Ausflüge mit den Kindern, ging mit ihnen schwimmen. Auch machte die Familie Urlaub auf den Inseln Norderney und Föhr.<br />
<br />
1932 beging Wilhelm Abrahamsohn Suizid. Nach dem Tod ihres Mannes erlitt Katharina einen Nervenzusammenbruch und hatte Depressionen. Sie suchte Linderung, indem sie reiste und sich in Kurbädern behandeln ließ. <br />
Während dieser Zeit befanden sich ihre Kinder bei befreundeten Nachbarn, dem Ehepaar Jacob und Bessy Ginsberger. Während sich die Familie Abrahamsohn zum reformierten Judentum bekannt hatte bzw. wenig religiös war, gehörte die Familie Ginsberger dem orthodoxen Judentum an. Daisy übernahm die orthodoxen Riten und Einstellungen, so dass es nach der Rückkehr in den mütterlichen Haushalt zu Spannungen kam. Daisy bestand auf koscherer Ernährung, während Katharina und Günther die religiösen Vorschriften lockerer befolgten.<br />
<br />
Auch nach dem Tod ihres Mannes war Katharina Abrahamsohn verhältnismäßig wohlhabend: So besaß sie eine Limousine der Marke Opel, die sie allerdings nicht selbst lenkte, hierfür nahm sie sich einen Chauffeur. Sie zog 1933 in die Heilbronner Straße 21 in eine 3 ½ Zimmer Wohnung mit gediegener Einrichtung. Auch besaß sie Schmuck, ein Wertpapierdepot und eine Lebensversicherung, ferner gehörten ihr Anteile von zwei Grundstücken in Berlin.<br />
<br />
Günther erinnerte sich nicht, während seiner Schulzeit antisemitisch bedroht worden zu sein. Auch fühlte er sich von seiner Mutter beschützt, die nie mit ihm über die Gefahr sprach, die von den Nazis drohte. Daisy, die ältere Schwester, fühlte sich sehr wohl bedroht von den Nazis. Einmal rebellierte sie still gegen den verlangten Hitlergruß in ihrer Schulklasse, indem sie ihn mit dem linken Arm machte.<br />
<br />
Katharina und ihr Freund Georg Ehrenfried bereiteten die Ausreise der Kinder vor, die die private Waldschule Kaliski besucht hatten. Daisy besuchte Hachschara-Lager, in denen Jugendliche auf das Leben in Palästina vorbereitet wurden und emigrierte im November 1938 nach Palästina. Sie war siebzehn Jahre alt. Ihre Mutter bezahlte die Kosten der Auswanderung und finanzierte eine zweijährige Ausbildung in Palästina.<br />
<br />
Günther konnte noch 1939 eine Aliya-Schule besuchen; im Juli organisierte Katharina für ihn einen Kindertransport nach England; er war zwölf Jahre alt.<br />
Katharina plante, ebenfalls zu emigrieren und lernte Englisch. In ihren Briefen fragte sie Daisy nach Möglichkeiten für sich selbst, ebenfalls nach Palästina zu emigrieren. Auch fragte sie danach, ob es möglich wäre, eine Einreise-Genehmigung für Amerika oder Frankreich zu bekommen.<br />
Ihre Guthaben bei der Bank waren eingezogen worden, alle Wertsachen hatte sie abgeben müssen. In ihren Briefen an die Kinder schrieb sie nicht, wie sie und andere Juden in Berlin drangsaliert wurden. <br />
<br />
Georg Ehrenfried, der Freund von Katharina, war in die Schweiz geflohen.<br />
<br />
Katharina hoffte bis zum Schluss, mit ihren Kindern wieder vereint zu werden.<br />
Katharina Abrahamsohn wurde am 25. Januar 1942 mit dem 10. Osttransport nach Riga deportiert. Sie steht auf der Transportliste der GESTAPO als „Nr.723“ von 1.000 Berliner Juden und Jüdinnen dieses Transports.<br />
Ihr Todesdatum ist unbekannt. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist Katharina Abrahamsohn unmittelbar nach ihrer Ankunft bei den Massenerschießungen in den Wäldern von Riga ermordet worden. <br />
Katharina und Wilhelm Abrahamsohn haben einen gemeinsamen Grabstein auf dem Friedhof Weißensee in Berlin.<br />
<br />
Charlotte Wally, die jüngere Schwester von Katharina, war mit ihrem Ehemann, dem Bankbeamten Siegmund Steilberg, nach Shanghai geflohen. 1947 konnten sie in die USA ausreisen. Charlotte starb dort 1984.<br />
<br />
1952 trafen sich Katharinas Kinder erstmals wieder. Daisy hatte 1943 Shlomo Denn geheiratet, der ebenfalls aus Deutschland stammte. Ihre Kinder sind Ruthi, Rachel, Mati und Avi.<br />
Daisy starb 2013. Im Jahr 1999 hatte sie ein Gedenkblatt für ihre Mutter in Yad Vashem hinterlegt.<br />
Günther zog nach Kanada und heiratete Inge Hamann, die ebenfalls aus Berlin stammte; er starb 2016 in Kanada.<br />
<br />
Daisy hatte die Briefe ihrer Mutter in einem Schuhkarton aufbewahrt. Nachdem Daisys älteste Tochter Ruthi im Jüdischen Museum Berlin Dokumente zum Leben ihrer Mutter Katharina gefunden hatte, erzählte Daisy ihrer Tochter von den Briefen. Ruthi übersetzte sie in Hebräisch und zeigte sie den Schauspielern und der Regisseurin des Heidelberger Theaters, die nach Tel Aviv gekommen waren, um für ein Stück über deutsche Juden in Israel zu recherchieren. Die Briefe von Katharina trugen zum Inhalt des Theaterstücks bei. Es hat den Titel: Sie nennen mich Jecke. Das dokumentarische Theaterstück wurde im Januar 2010 in Heidelberg und im gleichen Jahr im September in Tel Aviv gespielt. Einer der israelischen Schauspieler war Ruthis Sohn Shahar Gafni.

Katharina Lubczynski kam am 20. Mai 1889 in Berlin als Tochter des Siegfried Lubczynski und seiner Frau Henriette zur Welt.
Katharina hatte eine jüngere Schwester, Charlotte Wally, geboren am 8. Mai 1895 und eine ältere Schwester, Anna Irma, geboren am 27. Februar 1888 in Posen.

Katharina wurde Näherin und heiratete 1919 den Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Abrahamsohn. Wie viele deutsche Juden hatte auch er im Ersten Weltkrieg gekämpft und war mit einem Orden ausgezeichnet worden.
Die Tochter Daisy Hortense Natalie kam am 3. September 1921 zur Welt, es folgte der Sohn Günther Gerd Siegfried am 27. Oktober 1926.

Katharinas Mann Wilhelm hatte seine Praxis in der Schellingstraße, privat wohnte die Familie ab 1930 in der Martin-Luther-Straße 54. Wilhelm unternahm Ausflüge mit den Kindern, ging mit ihnen schwimmen. Auch machte die Familie Urlaub auf den Inseln Norderney und Föhr.

1932 beging Wilhelm Abrahamsohn Suizid. Nach dem Tod ihres Mannes erlitt Katharina einen Nervenzusammenbruch und hatte Depressionen. Sie suchte Linderung, indem sie reiste und sich in Kurbädern behandeln ließ.
Während dieser Zeit befanden sich ihre Kinder bei befreundeten Nachbarn, dem Ehepaar Jacob und Bessy Ginsberger. Während sich die Familie Abrahamsohn zum reformierten Judentum bekannt hatte bzw. wenig religiös war, gehörte die Familie Ginsberger dem orthodoxen Judentum an. Daisy übernahm die orthodoxen Riten und Einstellungen, so dass es nach der Rückkehr in den mütterlichen Haushalt zu Spannungen kam. Daisy bestand auf koscherer Ernährung, während Katharina und Günther die religiösen Vorschriften lockerer befolgten.

Auch nach dem Tod ihres Mannes war Katharina Abrahamsohn verhältnismäßig wohlhabend: So besaß sie eine Limousine der Marke Opel, die sie allerdings nicht selbst lenkte, hierfür nahm sie sich einen Chauffeur. Sie zog 1933 in die Heilbronner Straße 21 in eine 3 ½ Zimmer Wohnung mit gediegener Einrichtung. Auch besaß sie Schmuck, ein Wertpapierdepot und eine Lebensversicherung, ferner gehörten ihr Anteile von zwei Grundstücken in Berlin.

Günther erinnerte sich nicht, während seiner Schulzeit antisemitisch bedroht worden zu sein. Auch fühlte er sich von seiner Mutter beschützt, die nie mit ihm über die Gefahr sprach, die von den Nazis drohte. Daisy, die ältere Schwester, fühlte sich sehr wohl bedroht von den Nazis. Einmal rebellierte sie still gegen den verlangten Hitlergruß in ihrer Schulklasse, indem sie ihn mit dem linken Arm machte.

Katharina und ihr Freund Georg Ehrenfried bereiteten die Ausreise der Kinder vor, die die private Waldschule Kaliski besucht hatten. Daisy besuchte Hachschara-Lager, in denen Jugendliche auf das Leben in Palästina vorbereitet wurden und emigrierte im November 1938 nach Palästina. Sie war siebzehn Jahre alt. Ihre Mutter bezahlte die Kosten der Auswanderung und finanzierte eine zweijährige Ausbildung in Palästina.

Günther konnte noch 1939 eine Aliya-Schule besuchen; im Juli organisierte Katharina für ihn einen Kindertransport nach England; er war zwölf Jahre alt.
Katharina plante, ebenfalls zu emigrieren und lernte Englisch. In ihren Briefen fragte sie Daisy nach Möglichkeiten für sich selbst, ebenfalls nach Palästina zu emigrieren. Auch fragte sie danach, ob es möglich wäre, eine Einreise-Genehmigung für Amerika oder Frankreich zu bekommen.
Ihre Guthaben bei der Bank waren eingezogen worden, alle Wertsachen hatte sie abgeben müssen. In ihren Briefen an die Kinder schrieb sie nicht, wie sie und andere Juden in Berlin drangsaliert wurden.

Georg Ehrenfried, der Freund von Katharina, war in die Schweiz geflohen.

Katharina hoffte bis zum Schluss, mit ihren Kindern wieder vereint zu werden.
Katharina Abrahamsohn wurde am 25. Januar 1942 mit dem 10. Osttransport nach Riga deportiert. Sie steht auf der Transportliste der GESTAPO als „Nr.723“ von 1.000 Berliner Juden und Jüdinnen dieses Transports.
Ihr Todesdatum ist unbekannt. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist Katharina Abrahamsohn unmittelbar nach ihrer Ankunft bei den Massenerschießungen in den Wäldern von Riga ermordet worden.
Katharina und Wilhelm Abrahamsohn haben einen gemeinsamen Grabstein auf dem Friedhof Weißensee in Berlin.

Charlotte Wally, die jüngere Schwester von Katharina, war mit ihrem Ehemann, dem Bankbeamten Siegmund Steilberg, nach Shanghai geflohen. 1947 konnten sie in die USA ausreisen. Charlotte starb dort 1984.

1952 trafen sich Katharinas Kinder erstmals wieder. Daisy hatte 1943 Shlomo Denn geheiratet, der ebenfalls aus Deutschland stammte. Ihre Kinder sind Ruthi, Rachel, Mati und Avi.
Daisy starb 2013. Im Jahr 1999 hatte sie ein Gedenkblatt für ihre Mutter in Yad Vashem hinterlegt.
Günther zog nach Kanada und heiratete Inge Hamann, die ebenfalls aus Berlin stammte; er starb 2016 in Kanada.

Daisy hatte die Briefe ihrer Mutter in einem Schuhkarton aufbewahrt. Nachdem Daisys älteste Tochter Ruthi im Jüdischen Museum Berlin Dokumente zum Leben ihrer Mutter Katharina gefunden hatte, erzählte Daisy ihrer Tochter von den Briefen. Ruthi übersetzte sie in Hebräisch und zeigte sie den Schauspielern und der Regisseurin des Heidelberger Theaters, die nach Tel Aviv gekommen waren, um für ein Stück über deutsche Juden in Israel zu recherchieren. Die Briefe von Katharina trugen zum Inhalt des Theaterstücks bei. Es hat den Titel: Sie nennen mich Jecke. Das dokumentarische Theaterstück wurde im Januar 2010 in Heidelberg und im gleichen Jahr im September in Tel Aviv gespielt. Einer der israelischen Schauspieler war Ruthis Sohn Shahar Gafni.