Klara Wongtschowski geb. Deutschert

Verlegeort
Bleibtreustr. 33
Bezirk/Ortsteil
Charlottenburg
Verlegedatum
24. September 2010
Geboren
14. Mai 1886 in Berlin
Deportation
am 12. Januar 1943 nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz

Klara Wongtschowski kam als Clara Deutschert am 14. Mai 1886 in Berlin zur Welt. Sie war die Tochter von Wilhelm Deutschert und seiner Frau Anna, geb. Steiner. Wilhelm Deutschert betrieb eine Leder-Treibriemenfabrik plus Lager technischer Artikel in der Kreuzberger Waldemarstraße 42 und wohnte in der nicht weit entfernten Brandenburgstraße 6, heute Lobeckstraße. Kurz nach Claras Geburt zog die Familie in die Skalitzer Straße 33, später in die Alte-Jakob-Straße 172. Erst um 1914, als sich Wilhelm Deutschert wohl zur Ruhe setzte, verließ die Familie Kreuzberg und zog zunächst nach Schöneberg, schließlich nach Wilmersdorf in die Prinzregentenstraße 85. Clara erhielt eine Ausbildung als Krankenschwester, im Ersten Weltkrieg kam sie als solche zum Einsatz. Außerdem war sie musisch interessiert, sie ist auf einer (nicht datierten) Liste von Schülern des Stern’schen Konservatoriums aufgeführt, einer privaten jüdischen Musikschule, die später, 1936, nach Entlassung aller jüdischen Lehrer, in „Konservatorium der Reichshauptstadt Berlin“ umbenannt wurde. <br />
<br />
Um 1918 starb Wilhelm Deutschert und seine Witwe Anna zog wenig später nach Charlottenburg in die Kuno-Fischer-Straße 15. Es spricht einiges dafür, dass Clara –vermutlich noch ledig – weiterhin bei der Mutter wohnte. Vielleicht lernte sie durch die Arbeit als Krankenschwester den zwölf Jahre jüngeren Zahnarzt Karl Georg Wongtschowski kennen, vielleicht aber auch über die Musik, denn Karl war ein leidenschaftlicher Violinist. Wann genau sie heirateten, wissen wir nicht. Am 30. Juni 1928 brachte Clara einen Sohn, Thomas, zur Welt, obwohl sie schon über 40 Jahre alt war. Wongtschowskis wohnten in der Kurfürstenstraße 102, dort war auch die Zahnarztpraxis. Karl Wongtschowski spezialisierte sich auf Kiefernorthopädie und zog 1932 mit seiner Praxis als „Facharzt für Zahnrichtung“ an den Kurfürstendamm 182/183. <br />
<br />
Die Ehe hielt nicht lange, am 26. Juni 1933 wurde sie geschieden. Thomas blieb wohl bei der Mutter. Clara zog zunächst, wahrscheinlich zur Untermiete, in die Düsseldorfer Straße 32, ab 1935 mietete sie eine eigene Wohnung in der Emser Straße 39. Sie war als Krankenschwester bei der jüdischen Gemeinde angestellt. Mit Karl blieb sie noch in Kontakt bis zu dessen Auswanderung nach England im November 1937, sicherlich auch des Sohnes wegen. Karl hinterließ ihr nach eigener Aussage „eine beträchtliche Summe“ Geldes. <br />
<br />
Indes wurden die Lebensumstände unter dem NS-Regime für Juden durch Diskriminierungen und dekretierte Einschränkungen immer schwieriger. Die Lage verschärfte sich noch mal drastisch nach den Pogromen vom November 1938. Binnen weniger Wochen wurde eine Flut von antisemitischen Verordnungen erlassen, die Juden nicht nur aus dem wirtschaftlichen sondern überhaupt aus dem öffentlichen Leben ausschloss. Clara gelang es, vermutlich mit Hilfe Karls, den elfjährigen Thomas im März 1939 ebenfalls nach England emigrieren zu lassen. Dies war vielleicht auch der Anlass, warum sie, nun allein, ihre Wohnung 1939 aufgab und in die Bleibtreustraße 33 zog, zur Untermiete bei Doris Walther. <br />
<br />
In den folgenden Jahren musste Clara Wongtschowski weitere verschärfte antijüdische Maßnahmen erleben: Beschlagnahmungen, Sperrstunden, Tragen des Judensterns, Zwangsarbeit. Wie ihre Vermieterin auch, wurde Clara genötigt, noch einmal umzuziehen, und zwar in die Regensburger Straße 14a, bei Charlotte Oppenheimer. Von dort wurde sie im Januar 1943 in das Sammellager Große Hamburger Straße 26 gebracht und am 12. Januar nach Auschwitz deportiert. In dem Deportationszug befanden sich 1196 Opfer, unter ihnen auch Doris Walther. Vielleicht fanden beide Frauen trotz der großen Menschenmenge zueinander und konnten sich einen letzte Trost erweisen, denn, in Auschwitz angekommen, suchte man nur wenige Männer zur Arbeit aus, alle anderen Menschen wurden sofort ermordet. Clara Wongtschowskis Tod ist auf den 13. Januar 1943 oder kurz danach zu datieren.<br />
<br />
Wenige Wochen später, am 12. März 1943, wurde auch Claras letzte Vermieterin, Charlotte Oppenheimer geb. Fels, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.<br />
<br />
Karl Wongtschowski machte in England erneut Karriere als Kiefernorthopäde und wurde 102 Jahre alt. Er überlebte seinen und Claras Sohn Thomas, der 1988 starb. Karls Eltern - Claras Schwiegereltern - Adolf Wongtschowski und Bianca geb. Pniower wurden am 14. September 1942 nach Theresienstadt verschleppt und erlagen den dortigen unmenschlichen Lebensumständen.<br />

Klara Wongtschowski kam als Clara Deutschert am 14. Mai 1886 in Berlin zur Welt. Sie war die Tochter von Wilhelm Deutschert und seiner Frau Anna, geb. Steiner. Wilhelm Deutschert betrieb eine Leder-Treibriemenfabrik plus Lager technischer Artikel in der Kreuzberger Waldemarstraße 42 und wohnte in der nicht weit entfernten Brandenburgstraße 6, heute Lobeckstraße. Kurz nach Claras Geburt zog die Familie in die Skalitzer Straße 33, später in die Alte-Jakob-Straße 172. Erst um 1914, als sich Wilhelm Deutschert wohl zur Ruhe setzte, verließ die Familie Kreuzberg und zog zunächst nach Schöneberg, schließlich nach Wilmersdorf in die Prinzregentenstraße 85. Clara erhielt eine Ausbildung als Krankenschwester, im Ersten Weltkrieg kam sie als solche zum Einsatz. Außerdem war sie musisch interessiert, sie ist auf einer (nicht datierten) Liste von Schülern des Stern’schen Konservatoriums aufgeführt, einer privaten jüdischen Musikschule, die später, 1936, nach Entlassung aller jüdischen Lehrer, in „Konservatorium der Reichshauptstadt Berlin“ umbenannt wurde.

Um 1918 starb Wilhelm Deutschert und seine Witwe Anna zog wenig später nach Charlottenburg in die Kuno-Fischer-Straße 15. Es spricht einiges dafür, dass Clara –vermutlich noch ledig – weiterhin bei der Mutter wohnte. Vielleicht lernte sie durch die Arbeit als Krankenschwester den zwölf Jahre jüngeren Zahnarzt Karl Georg Wongtschowski kennen, vielleicht aber auch über die Musik, denn Karl war ein leidenschaftlicher Violinist. Wann genau sie heirateten, wissen wir nicht. Am 30. Juni 1928 brachte Clara einen Sohn, Thomas, zur Welt, obwohl sie schon über 40 Jahre alt war. Wongtschowskis wohnten in der Kurfürstenstraße 102, dort war auch die Zahnarztpraxis. Karl Wongtschowski spezialisierte sich auf Kiefernorthopädie und zog 1932 mit seiner Praxis als „Facharzt für Zahnrichtung“ an den Kurfürstendamm 182/183.

Die Ehe hielt nicht lange, am 26. Juni 1933 wurde sie geschieden. Thomas blieb wohl bei der Mutter. Clara zog zunächst, wahrscheinlich zur Untermiete, in die Düsseldorfer Straße 32, ab 1935 mietete sie eine eigene Wohnung in der Emser Straße 39. Sie war als Krankenschwester bei der jüdischen Gemeinde angestellt. Mit Karl blieb sie noch in Kontakt bis zu dessen Auswanderung nach England im November 1937, sicherlich auch des Sohnes wegen. Karl hinterließ ihr nach eigener Aussage „eine beträchtliche Summe“ Geldes.

Indes wurden die Lebensumstände unter dem NS-Regime für Juden durch Diskriminierungen und dekretierte Einschränkungen immer schwieriger. Die Lage verschärfte sich noch mal drastisch nach den Pogromen vom November 1938. Binnen weniger Wochen wurde eine Flut von antisemitischen Verordnungen erlassen, die Juden nicht nur aus dem wirtschaftlichen sondern überhaupt aus dem öffentlichen Leben ausschloss. Clara gelang es, vermutlich mit Hilfe Karls, den elfjährigen Thomas im März 1939 ebenfalls nach England emigrieren zu lassen. Dies war vielleicht auch der Anlass, warum sie, nun allein, ihre Wohnung 1939 aufgab und in die Bleibtreustraße 33 zog, zur Untermiete bei Doris Walther.

In den folgenden Jahren musste Clara Wongtschowski weitere verschärfte antijüdische Maßnahmen erleben: Beschlagnahmungen, Sperrstunden, Tragen des Judensterns, Zwangsarbeit. Wie ihre Vermieterin auch, wurde Clara genötigt, noch einmal umzuziehen, und zwar in die Regensburger Straße 14a, bei Charlotte Oppenheimer. Von dort wurde sie im Januar 1943 in das Sammellager Große Hamburger Straße 26 gebracht und am 12. Januar nach Auschwitz deportiert. In dem Deportationszug befanden sich 1196 Opfer, unter ihnen auch Doris Walther. Vielleicht fanden beide Frauen trotz der großen Menschenmenge zueinander und konnten sich einen letzte Trost erweisen, denn, in Auschwitz angekommen, suchte man nur wenige Männer zur Arbeit aus, alle anderen Menschen wurden sofort ermordet. Clara Wongtschowskis Tod ist auf den 13. Januar 1943 oder kurz danach zu datieren.

Wenige Wochen später, am 12. März 1943, wurde auch Claras letzte Vermieterin, Charlotte Oppenheimer geb. Fels, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Karl Wongtschowski machte in England erneut Karriere als Kiefernorthopäde und wurde 102 Jahre alt. Er überlebte seinen und Claras Sohn Thomas, der 1988 starb. Karls Eltern - Claras Schwiegereltern - Adolf Wongtschowski und Bianca geb. Pniower wurden am 14. September 1942 nach Theresienstadt verschleppt und erlagen den dortigen unmenschlichen Lebensumständen.