Selma Cyzner geb. Karfiol

Verlegeort
Büschingstraße 2
Bezirk/Ortsteil
Friedrichshain
Verlegedatum
08. Juni 2024
Geboren
22. August 1894 in Głogów Małopolski (Galizien)
Flucht
1939 Polen
Interniert
von 1941 bis bis 1943 in Ghetto Chrzanów
Deportation
am 18. Februar 1943 von Ghetto Chrzanów nach Auschwitz
Ermordet
in Auschwitz
Biografie

Sara, genannt Selma, Karfiol kam am 22. August 1894 in Głogów Małopolski in Galizien, das damals zum Kaisertum Österreich gehörte, in einer jüdischen Familie zur Welt. Die kleine Stadt Głogów Małopolski liegt heute im Südosten Polens, etwa 160 km östlich von Krakau. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Selma Karfiol haben sich keine Informationen erhalten. 

Sie übersiedelte zu einem unbekannten Zeitpunkt nach Berlin und heiratete dort am 19. April 1927 den jüdischen Kaufmann Josef Cyzner, geb. am 23. Dezember 1891 in Chrzanów (Galizien). Er war verwitwet und brachte die Tochter Debora (*1924) mit in die Ehe. Am 16. Juli 1930 kam die gemeinsame Tochter Ruth zur Welt.

Seit etwa 1932 betrieb Josef Cyzner in der Gollnowstraße 19-20 ein Geschäft für Leder- und Berufsbekleidung. Diese Straße, die die Bezirksgrenze zwischen Mitte und Friedrichshain bildete, existiert seit 1963 nicht mehr. Sie begann an der Neuen Königstraße (heute Otto-Braun-Straße) und verlief in etwa dort, wo sich die Mollstraße heute befindet. Die Familie lebte etwa seit 1935 in der Büschingstraße 2 in einer 4-Zimmer-Wohnung.

Aufgrund der zunehmenden Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 entschloss sich die Familie, auszuwandern. Angehörige, die in den USA lebten, schickten die notwendigen Papiere zur Visumserteilung nach Berlin. Da Josef und Selma Cyzner aber aus Galizien stammten, besaßen sie die polnische Staatsangehörigkeit und fielen unter die polnische Quote, was eine jahrelange Wartezeit bedeutete.

Selmas Ehemann Josef Cyzner wurde am 28. Oktober 1938 im Rahmen der „Polenaktion“ aufgrund seiner polnischen Staatsangehörigkeit verhaftet und in die Grenzstadt Bentschen (polnisch Zbąszyń) abgeschoben. Von dort schlug er sich in seine Geburtsstadt Chrzanów durch.

Die Töchter Debora und Ruth wurden im Mai 1939 mit einem Kindertransport nach England geschickt. Kurz danach wanderte Selma Cyzner zu ihrem Ehemann nach Polen aus.

Am 4. September 1939 wurde Chrzanów von der Wehrmacht besetzt, die Stadt wurde in „Krenau“ umbenannt. Im November 1941 errichteten die Deutschen in Chrzanów ein Ghetto, in das alle jüdischen Bewohner umgesiedelt wurden. Josefs Halbbruder Samson Gross, der mit dem Ehepaar Cyzner im Ghetto inhaftiert war, schildert nach dem Krieg, dass sie dort zu verschiedenen Zwangsarbeiten herangezogen wurden und u.a. auch in einem Steinbruch arbeiten mussten. 1942 begannen die Deportationen in das nur 20 km entfernte Auschwitz.

Das Ghetto Chrzanów wurde am 18. Februar 1943 endgültig aufgelöst. Die meisten der dort inhaftierten Juden, unter ihnen auch Josef und Selma Cyzner, wurden nach Auschwitz verschleppt und ermordet. Einige Ghetto-Bewohner wurden in Arbeitslager deportiert, darunter war anscheinend auch Josefs Halbbruder Samson Gross, der die Shoa überlebte.

Selmas Töchter Debora und Ruth Cyzner emigrierten im Juli 1947 von England in die USA.

Christiana Hoppe