Dr. Alfred Orgler

Verlegeort
Elßholzstr. 30 -33
Bezirk/Ortsteil
Schöneberg
Verlegedatum
11. November 2010
Geboren
26. April 1876 in Breslau (Schlesien) / Wrocław
Beruf
Jurist
Deportation
im März 1943 nach Auschwitz
Für tot erklärt
in Auschwitz

Geboren am 26. April 1876 in Breslau (heute Wrocław / Polen), studierte Alfred Orgler in Heidelberg Jura. 1898 schloss er das Studium mit dem 1. Staatsexamen und der Promotion ab. Nach dem Referendariat kam er 1905 als Landrichter in das oberschlesische Beuthen (heute: Bytom / Polen). 1914–1918 diente Orgler als Soldat an der Front, erhielt als Auszeichnung das Eiserne Kreuz II. Klasse und wurde 1917 zum Landgerichtsrat ernannt. Nach Kriegsende kehrte er in den Justizdienst nach Beuthen zurück. Bei den Volksabstimmungen in Oberschlesien, wo am 21. März 1921 gemäß dem Versailler Friedensvertrag über den Verbleib im Deutschen Reich oder die Zuordnung zur neu entstandenen Republik Polen votiert wurde, engagierte sich Alfred Orgler für Deutschland. Beuthen, das mit 75 Prozent seiner Einwohner für das Deutsche Reich votierte, wurde 1921 Grenzstadt zum polnischen Teil Oberschlesiens. 1922 gehörte Orgler zu den Gründungsmitgliedern des Republikanischen Richterbundes, der sich gegen die antirepublikanischen Tendenzen in der Justiz einsetzte und deswegen von den Nationalsozialisten 1933 aufgelöst wurde. 1924 zählte er mit dem ehemaligen Vorsitzenden des Oberschlesischen Arbeiter- und Soldatenrates Otto Hörsing zu den Mitbegründern des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, einer linken Bürgerwehr gegen die Nationalsozialisten. Seit Januar 1923 Kammergerichtsrat und ab 1927 Senatspräsident des Kammergerichtes Berlin, verfasste er – teils unter Pseudonym – Artikel in der Tagespresse wie dem Berliner Tageblatt. 1929 wurde Orgler Mitglied der SPD und 1930 der pazifistischen Deutschen Liga für Menschenrechte. Ab 1930 stand er im Fokus antisemitischer Angriffe im „Stürmer“. 1932 verließ er die SPD zugunsten des Beitritts zu der Splitterbewegung „Sozial-Republikanische Partei“. Anfang 1933 übernahm er den Vorsitz des 15. Zivilsenats des Kammergerichtes. Orglers Ehe war nach nationalsozialistischer Definition eine „privilegierte Mischehe“. <br />
<br />
Nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums erfolgte im April 1933 die Zwangsbeurlaubung und am 20. Juli 1933 – obwohl seit 1905 im Justizdienst, Frontkämpfer und mit einer „Arierin“ verheiratet – die Entlassung, wohl zunächst primär aus politischen Gründen. 1939 lebte er mit seiner Frau in der Eisenacher Straße 98, 1942 in der Augsburger Straße 62. Der 67jährige Orgler wurde Anfang März 1943 nach Auschwitz deportiert. Ob dies im Rahmen der „Fabrikaktion“, der Verhaftungswelle jüdischer Zwangsarbeiter in kriegswichtigen Betrieben, geschah, ist unbekannt. Noch nicht einmal nachzuweisen ist, mit welchem der zehn Transporte, die zwischen 1. und 12. März aus Berlin in das Vernichtungslager starteten, Alfred Orgler deportiert wurde. <br />
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Am 11. November 2010 wurden, verbunden mit einer Ansprache von Monika Nöhre, der Präsidentin des Kammergerichtes Berlin, für Dr. Alfred Orgler und vier weitere jüdische Richter des Kammergerichtes, die deportiert und ermordet wurden, die Stolpersteine verlegt.

Geboren am 26. April 1876 in Breslau (heute Wrocław / Polen), studierte Alfred Orgler in Heidelberg Jura. 1898 schloss er das Studium mit dem 1. Staatsexamen und der Promotion ab. Nach dem Referendariat kam er 1905 als Landrichter in das oberschlesische Beuthen (heute: Bytom / Polen). 1914–1918 diente Orgler als Soldat an der Front, erhielt als Auszeichnung das Eiserne Kreuz II. Klasse und wurde 1917 zum Landgerichtsrat ernannt. Nach Kriegsende kehrte er in den Justizdienst nach Beuthen zurück. Bei den Volksabstimmungen in Oberschlesien, wo am 21. März 1921 gemäß dem Versailler Friedensvertrag über den Verbleib im Deutschen Reich oder die Zuordnung zur neu entstandenen Republik Polen votiert wurde, engagierte sich Alfred Orgler für Deutschland. Beuthen, das mit 75 Prozent seiner Einwohner für das Deutsche Reich votierte, wurde 1921 Grenzstadt zum polnischen Teil Oberschlesiens. 1922 gehörte Orgler zu den Gründungsmitgliedern des Republikanischen Richterbundes, der sich gegen die antirepublikanischen Tendenzen in der Justiz einsetzte und deswegen von den Nationalsozialisten 1933 aufgelöst wurde. 1924 zählte er mit dem ehemaligen Vorsitzenden des Oberschlesischen Arbeiter- und Soldatenrates Otto Hörsing zu den Mitbegründern des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, einer linken Bürgerwehr gegen die Nationalsozialisten. Seit Januar 1923 Kammergerichtsrat und ab 1927 Senatspräsident des Kammergerichtes Berlin, verfasste er – teils unter Pseudonym – Artikel in der Tagespresse wie dem Berliner Tageblatt. 1929 wurde Orgler Mitglied der SPD und 1930 der pazifistischen Deutschen Liga für Menschenrechte. Ab 1930 stand er im Fokus antisemitischer Angriffe im „Stürmer“. 1932 verließ er die SPD zugunsten des Beitritts zu der Splitterbewegung „Sozial-Republikanische Partei“. Anfang 1933 übernahm er den Vorsitz des 15. Zivilsenats des Kammergerichtes. Orglers Ehe war nach nationalsozialistischer Definition eine „privilegierte Mischehe“.

Nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums erfolgte im April 1933 die Zwangsbeurlaubung und am 20. Juli 1933 – obwohl seit 1905 im Justizdienst, Frontkämpfer und mit einer „Arierin“ verheiratet – die Entlassung, wohl zunächst primär aus politischen Gründen. 1939 lebte er mit seiner Frau in der Eisenacher Straße 98, 1942 in der Augsburger Straße 62. Der 67jährige Orgler wurde Anfang März 1943 nach Auschwitz deportiert. Ob dies im Rahmen der „Fabrikaktion“, der Verhaftungswelle jüdischer Zwangsarbeiter in kriegswichtigen Betrieben, geschah, ist unbekannt. Noch nicht einmal nachzuweisen ist, mit welchem der zehn Transporte, die zwischen 1. und 12. März aus Berlin in das Vernichtungslager starteten, Alfred Orgler deportiert wurde.

Am 11. November 2010 wurden, verbunden mit einer Ansprache von Monika Nöhre, der Präsidentin des Kammergerichtes Berlin, für Dr. Alfred Orgler und vier weitere jüdische Richter des Kammergerichtes, die deportiert und ermordet wurden, die Stolpersteine verlegt.